An Spannung bei der Landtagswahl in Bayern fehlt es diesmal wirklich nicht. Ein paar Spekulationen will ich vorher noch abgeben, mal sehen, in welchem Licht sie heute Abend nach den Hochrechnungen erscheinen.
• Die CSU zittert schon seit Tagen. Wenn sie unter 35 % fällt, wird es ernst für die Bundesregierung. Dann wird Seehofer unter starken Rücktrittsdruck kommen und Söder wird ihm die Schuld am Wahldebakel der CSU geben. Und in Bayern ist der Nimbus der Staatspartei dahin.
• Wenn die CSU ganz mies abschneiden sollte, sagen wir 32 % und weniger, wird Söder heute Abend ein ganz finsteres Gesicht haben.
• Wenn die CSU über 35 % bekommt, wird Söder ein Siegerlächeln auflegen: Seht ihr, wir haben doch besser abgeschnitten als in den Umfragen. Dann allerdings kann er nicht im gleichen Atemzug Seehofer zum Rücktritt drängen: Sieg und Niederlage gleichzeitig kann man nicht verkünden. Wenn Seehofer trotzdem zurücktritt, muss man fast unterstellen, dass er damit Söder die Stimmung ein letztes Mal verderben will.
• Die Grünen werden zittern, ob es wieder so kommt, dass sie in den Umfragen Bestwerte hatten und in der Wahl doch nicht so gut abschnitten. Wer für die Grünen stimmt, stimmt möglicherweise für den künftigen Koalitionspartner.
• Die SPD zittert zu Recht. Egal was kommt. Aber sie kann auch hoffen: Hier werden Oppositionsstimmen gesammelt.
• Die FDP sollte zittern. Warum sie wieder über 5 % gehandelt wird, erschließt sich zumindest mir nicht. Was sie in der Koalitionsregierung mit der CSU 2008-2013 erreicht hat, können vermutlich nicht mal ihre Parteispitzen sagen.
• Vor der Linken muss niemand zittern, sie bleibt wohl unter 5 %.
• Vor der AfD sollten alle zittern, denen etwas an anständiger Politik liegt.
• Und vor dem Chef der Freien Wähler sollten alle zittern, die sich in seine Arme begeben müssen. Das könnte Söder sein, je nachdem, wie die CSU abschneidet. Die Freien Wähler sind Fleisch vom Fleische der CSU, inhaltlich passt da kaum ein Blatt dazwischen. Daher droht Rippenbruch.
• Wenn die Grünen mit der CSU koalieren, werden sie traditionelle Stammwähler enttäuschen, weil sie in einer solchen Koalition viele grüne Kernthemen nicht durchsetzen können. Dafür werden sie noch mehr als bisher für wertkonservative Kreise, z.B. die Bauern, akzeptabel. Wenn dann künftig CSU, Freie Wähler und ÖDP Wähler noch mehr Wähler an die Grünen verlieren, könnten diese stimmenmäßig bei der nächsten Wahl sogar gestärkt aus einer solchen Koalition hervorgehen. Allerdings um den Preis einer inhaltlichen Verschiebung der Partei. Viel Konjunktiv, der Wähler ist heutzutage bekanntlich recht wechselhaft.
• Die SPD kommt für die CSU als Koalitionspartner nur im äußersten Notfall infrage. Söder hat immer wieder vor „Berliner Verhältnissen“ in Bayern gewarnt. Damit hat er nicht Seehofers Anti-Merkel-Position gemeint. Wenn er die „Berliner Verhältnisse“ also konkret benennen müsste, müsste dafür die SPD herhalten. Und dann in Bayern mit ihr koalieren? Schwierig.
• Auch Orban kommt als Koalitionspartner nicht infrage.
Gesundheitspolitisch haben leider alle Parteien keine richtig großen Würfe. Das Thema hat im Wahlkampf auch keine Rolle gespielt, von gelegentlichem Bedauern des Pflegenotstands einmal abgesehen. Dass Gesundheit „unser höchstes Gut“ sei, wie es immer wieder in Grußworten von Politikern heißt, gilt also zumindest nicht in der bayerischen Politik.
Heute Abend wissen wir mehr.
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