Seit vier Wochen steht Friedrich Merz wieder im politischen Rampenlicht. Er möchte CDU-Vorsitzender werden. Seine rhetorischen Fähigkeiten werden immer wieder gerühmt, aber seine Kandidatur wird von einer merkwürdigen Serie von Patzern des öffentlichen Auftritts begleitet. Es fing schon damit an, dass er sich nach allen Seiten bündnisfähig zeigen wollte, sich dabei aber als richtungsloses Politchamäleon präsentierte: „Ich bin ein wirtschaftsliberaler, ein wertkonservativer und ein sozialpolitisch engagierter Mensch.“ Viel Spott hat geerntet, als er sich trotz Millioneneinkommens der „oberen Mittelschicht“ zurechnete. Dann die Behauptung, kein anderes Land hätte ein individuelles Asylrecht in der Verfassung – das war schlicht falsch. Bedenklich uninformiert ist auch sein Argument, das deutsche Grundrecht auf Asyl stehe dem europäischen Recht im Wege. Außer ihm hat das vermutlich niemand verstanden. Natürlich waren es die Journalisten, die ihn beim Thema Asyl nicht richtig zitiert hätten. Ein ungeschicktes Foul, weil nachweislich auch falsch. Damit nicht genug, vergrätzt er jetzt auch noch die gemäßigten CDU-Leute mit dem Vorwurf, sie hätten dem Aufstieg der AfD „achselzuckend“ zugesehen. Und das, nachdem er mit seinem gedankenlosen Asylrechtsgerede der AfD gerade neuen Zuwachs in den Umfragen beschert hat, obwohl er sie doch „halbieren“ wollte – und die AfD eigentlich auf dem besten Weg ist, durch ihre undurchsichtigen Spendengeschichten vom Selbstgerechtigkeitsthrönchen zu fallen.
Merz, mit „e“, wie er sich einführte, als ob das so wichtig wäre, hat in den vier Wochen seiner Kandidatur vor allem eine Fettnäpfchentour hingelegt. Kein Wunder, dass ihn alte Geschichten einholen, z.B. dass er sich 2004 bei einem Obdachlosen, der ihm sein verlorenes Notebook zurückgab, mit seinem Buch „Nur wer sich ändert, wird bestehen. Vom Ende der Wohlstandsillusion“ bedankt habe. Von viel Einführungsvermögen zeugt das nicht und seine Bemerkung mit der oberen Mittelschicht gibt der alten Sache neue Bedeutung: heute der gleiche Merz wie damals?
Angesichts dieses holprigen Starts ist es umso interessanter, dass seine Kandidatur trotzdem das Kräftespiel im Kampf um den CDU-Vorsitz so deutlich prägt. Jens Spahn ist im Moment abgeschlagen und wirkt wie der voreilige Lehrling, der bei den Großen mitspielen will, und Kramp-Karrenbauer wird mehr und mehr als Fortsetzung der Merkel-Linie wahrgenommen, obwohl auch sie konservativer ist als Merkel. Ein Fall von politisch-medialem Dreikörperproblem.
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