Ulrich Kutschera hat bekanntlich vor einiger Zeit seinen Weg von biologistischer Borniertheit zu politischer Borniertheit weitgehend vollendet und ist Mitglied des Kuratoriums der AfD-Stiftung geworden. Auch mit dem rechtsklerikalen „kathnet“ hat der selbsterklärte Atheist und einst wackere Kämpfer gegen den Kreationismus schon lange seinen Frieden gemacht. Man hat schließlich gemeinsame Feinde.
Heute hat er auf „kathnet“ wieder seine Ansichten zu Homosexualität, Priestertum und Kindesmissbrauch zu Besten gegeben. Anlass waren die kürzlichen Äußerungen des Papstes, Homosexuelle sollten nicht als Priesteramtskandidaten akzeptiert werden. Das ist übrigens selbst dem religions- und kirchenfreundlich gesinnten Matthias Drobinski von der Süddeutschen zu viel. In seinem „Doppelmoral“ überschriebenen Kommentar kritisiert er im Zusammenhang mit den Missbrauchsfällen die verklemmte Sexualmoral der Kirche und die fehlende Achtung vor dem Anderen und stellt fest: „Dagegen hilft aber nicht, die schwulen Priesteramtskandidaten zu feuern. Es muss sich das Denken ändern.“ So kann man die Dinge sehen, wenn man nicht alles für biologisch determiniert hält.
Bei Kutschera ist das anders. Da geht es nicht um kirchliche Sexualmoral und überkommene Ausbildungsformen für angehende Priester, sondern um Biologie. Homosexuelle könnten zwar nichts für ihre Neigung, so Kutschera, es handle sich ja „um eine angeborene Veranlagung, die auf vorgeburtlich von der Norm abweichende hormonelle bzw. immunologische Prozesse basiert“, aber irgendwie macht sie das zugleich zu Gefährdern:
„Sexueller Missbrauch durch geborene Homoerotiker, die als Stiefväter genetisch nicht verwandter Jungen in ihre Obhut nehmen (hingebungsvolle Kleriker, analog schwuler Männer-Paare als „Adoptiveltern“), stellt eine nicht zu leugnende Gefährdung potenzieller Opfer dar (2).“
Die Literaturreferenz (2) ist sein Feminismus-Hasser-Buch „Das Gender-Paradoxon“. Einerseits sind die Homosexuellen also „eine nicht zu leugnende Gefährdung“, andererseits weiß Kutschera, dass man bei dem Thema vorsichtig sein muss:
„Mit diesen aus kirchlicher wie biowissenschaftlicher Sicht getroffenen Aussagen sollen aber keineswegs alle schwulen Männer (bzw. lesbischen Frauen) unter „Generalverdacht“ gestellt werden.“
Es gehe nur „um statistische Mittelwerte, ohne ein Individuum anzusprechen“. Sicherheitshalber wird das aber doch gleich noch mal als Gefährderansprache wiederholt, damit die Botschaft nicht verloren geht:
„Die Wahrscheinlichkeit, mit der ein junger Mann (heranwachsender Jugendlicher, Seminarist usw.), der im Schwule-Männer-Milieu aufwächst, als „Objekt der Begierde“ angesehen wird, ist höher als in der heteronormalen Durchschnittsbevölkerung.“
Darüber, dass kathnet die Kirche als „Schwule-Männer-Milieu“ schluckt, mag man sich wundern, die könnten sich ja mitangesprochen fühlen und im kathnet-Milieu würde man das sicher nicht als diskriminierungsfreie Klassifikation ansehen, aber gut, es geht hier nicht um Logik und Denken, sondern um Missbrauch der Biologie im AfD-Männer-Milieu. Ich will damit natürlich nicht die ganze AfD unter Generalverdacht stellen, aber die Wahrscheinlichkeit, dass ein Mann …
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