Nicht dass ich das Ärzteblatt auf dem Kieker hätte, wirklich nicht, auch wenn ich die Kommentarmoderation dort nicht immer verstehe. Aber heute reibe ich mir bei der Lektüre dort doch die Augen: Da steht über eine Arzneimittelstudie: „Randomisierte Studien, die zur Zulassung von Arzneimitteln durchgeführt werden, erkennen in der Regel nur kurzfristige Risiken und Nebenwirkungen. Die langfristigen Folgen könnten mithilfe von phenomweiten Assoziationsstudien ermittelt werden.“

What the hell sind „phenomweite Assoziationstudien“? Ich kenne genomweite Assoziationsstudien, von „phenomweiten“ habe ich noch nie gehört. Google hilft auch nicht weiter. Das menschliche Phenom werde ich mir wohl am nächsten 1. April genauer ansehen. Und warum sollen randomisierte Studien nur kurzfristige Risiken erkennen? Das hängt doch von der Studiendauer ab und nicht vom Studientyp. Aber vielleicht fehlt mir einfach die Phantasie für solche Sachen.

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Nachtrag: Mir fehlte nicht nur die Phantasie für solche Sachen, sondern vor allem auch das Wissen. Es gib diese Studien, siehe Kommentare #2 und #3. Asche auf mein Haupt!

Kommentare (19)

  1. #1 Alisier
    9. Juli 2019

    “phenom” ist die Abkürzung von “phenomenal”.
    Sowas weiß man doch, Herrgott!
    Es sind also, auf deutsch übersetzt, phänomenal weite Assoziationsstudien, die aufgrund ihrer Phänomenalität sehr langfristige, wenn nicht längstfristige Risiken und Nebenwirkungen erkennen.
    Das Nonplusultra der Studien sozusagen.
    Und das Deutsche Ärzteblatt hat sie erfunden und entdeckt: wenn das nicht einen Nobelpreis wert ist……

  2. #2 roel
    9. Juli 2019

    @Joseph Kuhn Also, was es genau ist, dazu fehlt mir dann doch das Fachwissen. Aber der Begriff kommt hier vor https://www.researchgate.net/publication/334019906_Use_of_Genetic_Variants_Related_to_Antihypertensive_Drugs_to_Inform_on_Efficacy_and_Side_Effects
    ungefähr in der Mitte des Abstracts und siehe auch hier https://phewascatalog.org/ .

  3. #3 Alisier
    9. Juli 2019

    Roel hat natürlich recht:
    Es handelt sich um eine missglückte Nichtübersetzung:
    https://en.wikipedia.org/wiki/Phenome-wide_association_study

  4. #4 Joseph Kuhn
    9. Juli 2019

    @ roel:

    Danke, wieder was dazugelernt. Da muss ich mich also an den Eselsohren ziehen. Ich hatte den Begriff vorher wirklich noch nie gehört und hatte auch bei Google nichts dazu gefunden.

    Sorry Ärzteblatt für den unbegründeten Spott!

  5. #5 schorsch
    9. Juli 2019

    Jetzt bin ich neugierig: Was sind denn “genomweite Assoziationsstudien”?

  6. #7 roel
    10. Juli 2019

    @Schorsch und @Joseph Kuhn

    Hier https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5480096/ wird der unterschied zwischen GWAS und PheWAS erklärt.

    Schneller Überblick: https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC5480096/figure/F1/

  7. #8 borstel
    10. Juli 2019

    Aber schön wär’s trotzdem gewesen, das DÄB hätte uns Feld-Wald-und-Wiesen-Ärzte aufgeklärt, was das ist, anstatt uns erst mal ratlos zurückzulassen.

    • #9 Joseph Kuhn
      10. Juli 2019

      @ borstel:

      Vielleicht hält das “Phenom” ja noch Einzug in die deutsche Sprache – und wir waren ganz am Anfang dabei 😉

  8. #10 zimtspinne
    10. Juli 2019

    Das erinnert mich irgendwie an das “Mem”.
    Dieses Phenom fasst also genetische und umweltliche Faktoren zusammen und bezieht sich auf die Phänotypen.
    Trotzdem keine Ahnung, was diese Studien langzeitmäßig da jetzt großartig herausfinden möchten…. gäbe es dafür mal ein konkretes Beispiel, damit ich das erfassen kann? (oder andere evtl auch?)
    Medizinisch scheint “Phänotyp” auch leicht eine andere Bedeutung zu haben als biologisch.
    Da wird von verschiedenen Phänotypen mit einer Krankheit X gesprochen, “Phänotyp” bezieht sich dabei auf Patient samt Krankheit bzw der Ausprägung der Krankheit bei bestimmten Typen (zB hager und schmächtig, kachexieartig, füllig und aufgedunsen, schnaufend).
    Ich versuche es ja, aber so richtig komme ich da nicht mit.
    Muss ein Feld- und Wiesenarzt so was wirklich wissen?

    • #11 Joseph Kuhn
      10. Juli 2019

      @ zimtspinne:

      “Dieses Phenom fasst also genetische und umweltliche Faktoren zusammen”

      Die englische Wikipedia bietet eine medizinische Definition für “phenome” an: https://en.wikipedia.org/wiki/Phenome. Im Deutschen scheint der Begriff in der Medizin bisher nicht gebräuchlich zu sein, jedenfalls spricht die deutsche Wikipedia nur über technische Dinge: https://de.wikipedia.org/wiki/Phenom. Vielleicht wissen mitlesende Biolog/innen oder Mediziner/innen mehr.

      Die Studie, über die das Ärzteblatt berichtet, hat u.a. untersucht, ob sich in den medizinischen Daten von 750.000 Menschen zwischen bestimmten Risikogenen, die beim Bluthochdruck eine Rolle spielen, auch noch ein Zusammenhang mit anderen Merkmalen der Patient/innen findet. Man hat also zu bestimmten Genvarianten nach Auffälligkeiten bei den Phänotypen gesucht, das in einer großen Datenmenge mit vielen Phänotypen, daher “phenomewide association study”. Gefunden wurde ein schwaches Signal, dass Menschen mit einer Genvariante, die Einfluss auf die Wirkung der Kalzium-Antagonisten hat, etwas öfter an einer Divertikulose (einer Darmveränderung) erkrankt waren. Klinische Relevanz scheint das noch nicht zu haben, aber das müssten fachlich kompetentere Mitleser/innen beurteilen.

  9. #12 M
    Bolivien
    13. Juli 2019

    @Alisier #3
    Missglückte Nicht-Übersetzungen sind ja eine Spezialität von Medizinern. Vor allem die absurde Verwendung des Begriffes “Evidenz” ist mehr als peinlich.

    “phenome” aber nicht einfach mit “Phänom” zu übersetzen ist der Gipfel der Angelsachsenhündigkeit (ha, ich kann auch absurde Begriffe erfinden). Zumindest die Biologen kennen das Wort:

    https://www.spektrum.de/lexikon/biologie/phaenom/50877

    Es scheint im Deutschen aber nur für einen Organismus oder organismische Teilsysteme zu gelten, nicht organismusübergreifend, anders als im Angelsächsischen. Oder die Leute, die das in der dt. Wikipedia und in Spektrum eingebracht haben, haben das übersehen.

  10. #13 Leopold
    13. Juli 2019

    bleibt der Beitrag “Was sind „phenomweite Assoziationsstudien“?” stehen, um das Unvermögen des Autors zu dokumentieren?

    peinlich, richtig peinlich.

    • #14 Joseph Kuhn
      13. Juli 2019

      @ Leopold:

      Der Beitrag bleibt stehen, um auf eine nicht nur mir bisher nicht bekannte Studienart aufmerksam zu machen, die im Deutschen noch keinen gängigen Namen zu haben scheint und auf eine ungewöhnliche Übersetzung aus dem Englischen. Mit meinem “Unvermögen” in diesem Zusammenhang habe ich kein Problem, ich lerne gerne dazu. Sie auch? Oder kannten Sie diese Studienart etwa? Auch den Begriff?

  11. #15 Leopold
    13. Juli 2019

    @ Joseph Kuhn

    Sie machen sich über das “Ärzteblatt” lustig, mit maximaler Arroganz. Das ist der eigentliche Fehler. Der nicht mehr zu korrigieren ist.

  12. #16 rolak
    13. Juli 2019

    der eigentliche Fehler

    Erstaunlich, war doch davon im ersten Leopoldschen Erguß gar nichts zu lesen.

    Befürchtung auf weniger Coupons oä?

    Gibts auch noch den eigentlich eigentlichen Fehler?

  13. #17 borstel
    13. Juli 2019

    Das arme arme Ärzteblatt – man weine!

  14. #18 Joseph Kuhn
    13. Juli 2019

    @ Leopold:

    “Fehler. Der nicht mehr zu korrigieren ist.”

    Ich gehe davon aus, dass mir das dereinst einer im Fegefeuer mit glühenden Augen und Pferdfuß vorhalten wird. Da bleibt nur die ewige Verdammnis. Ob ich dem Ärzteblatt künftig auch besser mit so was drohen sollte, was meinen Sie?

  15. #19 Leopold
    14. Juli 2019

    @ Joseph Kuhn

    apropos „Fegefeuer“:

    „Superbia“ ist, wie Sie ja sicher wissen …