Der rechte Populismus hat es gerade nicht leicht. Zwar ist mit dem Lockdown eine Situation eingetreten, von der Prepper immer geträumt haben, aber ihre Klopapiervorräte haben sie aufgefüllt und darüber hinaus steckt der rechte Populismus in ideologischen Verwirrungen. Ausgerechnet Merkel hat die Grenzen geschlossen. Nicht zuletzt, damit nicht aus Ischgl und der Lombardei noch mehr Infektionen eingeschleppt werden, weil dort u.a. AfD-Freinderl Mist im Umgang dem Virus gebaut haben. Und dann fordert die AfD auch noch die Einreise osteuropäischer Erntehelfer. Merkel hilf!

Gut, die Stunde der rechten Populisten wird früh genug wieder schlagen. Gerade probieren sich Populismuslehrlinge von links in dem Metier. Die Tagesschau hat einen Tweet des Bundestagsabgeordneten Victor Perli von den Linken aufgegriffen. Der schreibt dort:

„Obacht! Die #Leopoldina, deren marktradikale Strategie in der #CoronaKrise (u.a. Steuersenkungen für Superreiche und Konzerne) gerade fast überall verbreitet wird, wollte uns vor ein paar Jahren noch erklären, dass 1300 Kliniken überflüssig sind.“

Klinikschließungen sind ein emotional hochbesetztes Thema. Die AfD hatte 2016 im Zusammenhang mit der geplanten Schließung der Geburtshilfestation in Wolgast gezeigt, wie man das populistisch nutzen und Wahlkampferfolge erzielen kann. Warum also jetzt nicht mal gegen die Überlegungen zur Klinikreform polemisieren: Jedem sein kleines Krankenhaus um die Ecke, ein Menschenrecht!

Nur leider geht es bei der Frage, welche Krankenhausstruktur Deutschland braucht, um ganz verschiedene Dinge. Die Wohnortnähe von Geburtshilfestationen ist primär eine ökonomische Frage. Die Wohnortnähe spezialisierter Operationen, z.B. bei Herzinfarkt oder Schlaganfall, ist primär eine Frage, wo man in welcher Menge die dafür nötige technische Ausstattung und erfahrenes Personal vorhalten soll. Erfahrung kommt durch Mindestmengen. Es macht z.B. keinen Sinn, wohnortnah alle möglichen Operationen anzubieten, wenn das Personal keine Möglichkeit hat, ausreichend Erfahrung zu sammeln. Das ökonomische Problem, dass teure Technik bei wenigen Operationen nicht ausgelastet ist, kommt obendrauf. Für mehr Herzinfarkte zu sorgen, damit jedes Krankenhaus genug Fälle hat, kann die Lösung nicht sein.

Wenn man also möchte, dass Schlaganfälle nicht in spezialisierten Stroke Units, sondern wohnortnah von Teams behandelt werden, die das ab und zu mal machen, dann sollte man das so sagen. Und zwar mit allen Konsequenzen: Das populistische Rezept „Alles überall für Alle“ würde dafür sorgen, dass die Versorgung überall schlechter wird, mehr Menschen sterben und dafür auch noch mehr Geld nötig wäre. Intensivbetten sind in den letzten Jahren übrigens gegen den Trend des Bettenabbaus mehr geworden. Niemand will die intensivmedizinische Versorgung schwächen, im Gegenteil.

Victor Perli hätte z.B. fordern können, dass die Regierung ein gutes Konzept für die künftige Organisation der intensivmedizinischen Versorgung vorlegt, mit den nötigen Pflegeressourcen, mit der nötigen Infrastruktur in der Peripherie, mit Vorsorge für künftige Pandemien, und wie das alles in ein gesundheitspolitisches Gesamtkonzept einzubetten ist, das den Krankenhäusern ein vernünftiges Wirtschaften ermöglicht und gleichzeitig keine Anreize in Richtung unnötiger Behandlungen setzt. „Einzubetten“ ist in dem Zusammenhang kein bloßes Wortspiel. Spezialisierte Versorgungseinrichtungen können nicht als medizinindustrielle Großfabriken mit Nichtsdrumrum in die Landschaft gesetzt werden.

Darüber müsste man natürlich nachdenken, auch nachlesen, was es dazu schon gibt. Da ist es einfacher, mal einen populistischen tweet rauszuhauen. Trump fährt damit ja auch ganz gut. Vermutlich hat Victor Perli dabei nicht gegen besseres Wissen getwittert, er hat wohl schlicht keine Ahnung von Gesundheitspolitik. Er ist Haushaltspolitiker und hat sich mit Mieten, Verkehr und Sicherheitspolitik beschäftigt, wobei auch da öffentlich nicht viel von ihm zu hören war. Wem Popularität fehlt, neigt vielleicht eher zu Populismus. Vertrauen schafft das nicht.

Kommentare (63)

  1. #1 wereatheist
    Berlin
    19. April 2020

    Im 6. Absatz, 1. Zeile, ist ein “nicht” zuviel (Kommentar dann wieder löschen).

    • #2 Joseph Kuhn
      19. April 2020

      @ wereatheist:

      Danke, ist korrigiert – eine tragische Verstrickung in eine doppelte Verneinung. 😉

  2. #3 Pflegekraft
    19. April 2020

    Schade, dass Sie als vermeintlicher Experte auf den fehlerhaften Text des Faktenfinders reinfallen. Der Freitag hat sich dem ausführlich gewidmet: https://www.freitag.de/autoren/der-freitag/auf-den-leim-gegangen

    • #4 Joseph Kuhn
      19. April 2020

      @ Pflegekraft:

      Ich bin weder als “vermeintlicher Experte” noch in anderer mir von Ihnen zugedachten Rolle auf einen “fehlerhaften Text des Faktenfinders” reingefallen, weil ich mich mit diesem Text in meinem Beitrag gar nicht beschäftigt habe. Ich habe lediglich darauf hingewiesen, dass die Tagesschau den Tweet des Abgeordneten Victor Perli kommentiert, danach kommentiere ich seinen Tweet. Meine Argumente habe ich ausgeführt bzw. durch Links zu den entsprechenden Ausführungen hinterlegt.

  3. #5 Pflegekraft
    19. April 2020

    Wird hier zensiert?

    • #6 Joseph Kuhn
      19. April 2020

      @ Ist das eine Serviceanfrage oder eine Beschwerde?

  4. #7 Tim
    19. April 2020

    Es ist ganz einfach: Wenn irgendwo in einem Text die Worte “neoliberal” oder “marktradikal” verwendet werden, sind sie in der Regel Quatsch.

    In den USA gibt es übrigens eine inverse Regel: Dort lautet das Signalwort “socialism”.

    • #8 Joseph Kuhn
      19. April 2020

      @ Tim:

      Es ist ganz einfach: Wenn irgendwo in einem Text die Worte “neoliberal” oder “marktradikal” verwendet werden, werden sie von manchen Leuten sofort als Quatsch abgetan. Diese Leute haben in der Regel nichts dazu gelesen, weder Harveys “Kleine Geschichte des Neoliberalismus” noch Butterwegge & Co’s “Kritik des Neoliberalismus” oder Veerkamps “Der Gott der Liberalen” oder was auch immer. Sie fühlen aber, dass da etwas thematisiert wird, was ihre Überzeugungen infrage stellt, also muss es Quatsch sein. Das ist in den USA mit “liberal”, “sozial” usw. in der Tat oft das Gleiche.

  5. #9 hto
    19. April 2020

    Ein sehr POPULÄRER Liberal-Konservativer, der sich allerdings links-liberal nennt, ist der Augstein-Erbe mit seiner “Zeitung Freitag” – Inszenierte GEGENTEILTAGE und …, das ist, angesichts von Konfusion und Schwäche der linken “Bewegung”, leider eine “sehr gute” Methode allem linken, bzw. der eindeutigen Wahrheit zu schaden.

  6. #10 RPGNo1
    19. April 2020

    @Pflegekraft

    Wird hier zensiert?

    Nein, weil eine Privatperson nicht zensieren kann.

    Joseph Kuhn moderiert aber, wenn ihm der Verdacht kommt, dass ein Kommentator den Blog missbrauchen möchte.

  7. #11 Wetterwachs
    19. April 2020

    Linker Populismus unterscheidet sich von rechtem Populismus nicht im Fehlen einer objektiven Erforschung der populistisch auszuschlachtenden Sachlage. Auch nicht in der Abwesenheit einer evidenzbasierten Beurteilung dieser Sachlage. Er unterscheidet sich erst recht nicht in der Zielsetzung: der populus, den jeder Populist bewusst oder unbewusst für doof hält, soll zum Vorteil der eigenen Popularität, schlimmstenfalls im Sinne des eigenen verqueren Weltbildes manipuliert werden.

    Einen Unterschied zwischen rechtem und linkem Populismus sehe ich in den jeweiligen Erfolgsaussichten: Zwar hat es der rechte Populismus situationsaktuell etwas schwer, aber grundsätzlich („die Stunde der rechten Populisten wird früh genug wieder schlagen“) ist er ein Erfolgsmodell in unserer Gesellschaft.
    Linker Populismus hat in der situationsaktuellen Gesellschaftslage wenig Erfolgsaussichten, einfach weil er links ist und weil der populus unreflektiert mit antisozialistischen Generalisierungen bis Oberkante Unterlippe abgefüllt ist, dass er alles erbricht, was einen Touch von „links“ im Zusammenhang mit Sozialpolitik aufweist.

    Beim Lesen ist mir als Mitglied der in dem Beitrag kritisierten Linken die Peinlichkeit kehlezuschnürend den Hals rauf gekrochen. Es gibt dieser Kritik ja echt nichts entgegenzuhalten.

    • #12 Joseph Kuhn
      19. April 2020

      @ Wetterwachs:

      “Beim Lesen ist mir als Mitglied der in dem Beitrag kritisierten Linken die Peinlichkeit kehlezuschnürend den Hals rauf gekrochen.”

      Naja, ich glaube, alle Parteien haben immer wieder mit nicht ganz durchdachten Äußerungen ihrer Funktionäre zu kämpfen. Das gibt mir die Möglichkeit, gerecht zu allen Parteien zu sein. 😉

  8. #13 Victor Perli
    19. April 2020

    Ich bin auf die Polemik von Joseph Kuhn zu meinem Tweet aufmerksam gemacht worden. Leider unterschlägt Herr Kuhn den Mitlesenden zwei wesentliche Fakten.

    Erstens, dass ich die Süddeutsche Zeitung zitiere “Wissenschaftler halten 1300 Kliniken für überflüssig” (Quelle:
    https://www.sueddeutsche.de/gesundheit/medizin-wissenschaftler-halten-1300-kliniken-fuer-ueberfluessig-1.3221646).

    Zweitens, den zweiten Tweet, der direkt an den oben zitierten angefügt wurde: “Von zentraler Bedeutung für die medizinische Versorgung ist die Wohnortnähe für die wesentlichen Behandlungen. Keiner behauptet, dass jede Klinik alles können muss. Wer den Großteil der Kliniken schließen will, dem geht es um Kostensenkung zu Lasten der Versorgung.” (https://twitter.com/victorperli/status/1249768507077787650?s=20)

    Die Aussage der ersten beiden Sätze kommt diesem vermeintlichen Gegenargument von Herr Kuhn ziemlich nah: “Es macht z.B. keinen Sinn, wohnortnah alle möglichen Operationen anzubieten, wenn das Personal keine Möglichkeit hat, ausreichend Erfahrung zu sammeln.”

    Ich habe weder “alles für alle” gefordert, noch irgendeinen Indiz für die Behauptung geliefert, ich sei der Auffassung, dass jedes Krankenhaus jede Behandlung können muss, egal wie selten sie erforderlich ist. Meine Position wird somit mindestens verzerrt dargestellt, zum Teil sogar in ihr Gegenteil verkehrt. Manche nennen so eine Argumentation “populistisch”, Herr Kuhn!

    Im Übrigen ist es der Populismus-Vorwurf zu Tweets ziemlich billig. Twitter ist ein Medium, das nicht mehr als 280 Zeichen zulässt. Für seine polemische Antwort auf den einen meiner beiden Tweets hätte Herr Kuhn 15 Tweets gebraucht.

    • #14 Joseph Kuhn
      19. April 2020

      @ Victor Perli:

      1. Böse Süddeutsche. Dann ist die Süddeutsche an Ihrem Tweet schuld? Sie, Sie als Autor des Tweets, sprechen der Leopoldina pauschal die Glaubwürdigkeit und Vertrauenswürdigkeit ab, weil sie die Zahl der Kliniken in Deutschland infrage gestellt hat. Das ist Ihr Tweet, dafür können Sie sich nicht hinter der Süddeutschen Zeitung verstecken. Sie verunklaren den Sachverhalt, feige ist das auch noch, stehen Sie doch wenigstens zu Ihrer Meinung.

      2. Sie verweisen auf einen zweiten Tweet. Ich bitte um Nachsicht, dass ich Ihre Tweets nicht mit der gleichen Sorgfalt studiere wie die Studien zur Krankenhausplanung. Aber Ihr zweiter Tweet macht die Sache doch nicht besser. Er lautet, ich zitiere aus Ihrem Kommentar:

      “Von zentraler Bedeutung für die medizinische Versorgung ist die Wohnortnähe für die wesentlichen Behandlungen. Keiner behauptet, dass jede Klinik alles können muss. Wer den Großteil der Kliniken schließen will, dem geht es um Kostensenkung zu Lasten der Versorgung.”

      Zum ersten Satz: Von zentraler Bedeutung für die “wesentlichen Behandlungen”, was immer das sein mag, ist die Versorgungsqualität. Sie haben es offensichtlich noch immer nicht verstanden, dass eine Hirnchirurgie in Wohnortnähe nichts nützt, wenn dort nicht mit der nötigen Erfahrung auf hohem Niveau gearbeitet werden kann.

      Zum zweiten Satz: Dass nicht jede Klinik alles können muss, ist eine triviale Nullaussage. Natürlich unterstelle ich nicht einmal Ihnen, dass Sie gefordert hätten, eine Schönheitsklinik solle auch herzchirurgische Eingriffe vornehmen.

      Zum dritten Satz: Wer die Konzentration von komplexen Leistungen in dafür qualifizierten und gut ausgestatteten Zentren möchte, dem geht es nicht um “Kostensenkung zu Lasten der Versorgung”, das ist schlicht Unsinn. Dem geht es um eine bessere Versorgung. Lesen Sie halt mal, was z.B. Reinhard Busse dazu schreibt. Ist allerdings länger als ein Tweet.

      3. Bei twitter hätte ich nicht 15 Tweets für eine polemische Antwort auf Ihren Tweet gebraucht. Es hätte einer mit 6 Zeichen gereicht: “Unsinn”.

      4. Ich kann nachfühlen, dass es Sie ärgert, wenn Sie keinen billigen Beifall für Ihren Tweet bekommen. Wo doch jetzt jeder sieht – der nicht genau hinsieht – dass wir nicht weniger Krankenhäuser brauchen. Aber dass Sie nur Ihrem Ärger Ausdruck verleihen und kein einziges inhaltliches Argument bringen, spricht Bände. Für die offensichtlich von Ihnen empfundene Majestätsbeleidigung bitte ich daher untertänigst um Entschuldigung.

      5. Ob der Kurs, den die Leopoldina vorschlägt, richtig ist, darüber könnte man übrigens diskutieren. Es gibt gute Argumente dafür und dagegen.

  9. #15 rolak
    20. April 2020

    Leider unterschlägt Herr Kuhn den Mitlesenden zwei wesentliche Fakten

    Mal ganz davon abgesehen, daß, wenn dies zuträfe, es ebenso für alle nicht Mitlesenden zuträfe – es wird nichts unterschlagen:

    Erstens, dass ich die Süddeutsche Zeitung zitiere “Wissenschaftler halten 1300 Kliniken für überflüssig” (Quelle)

    [Umformatierung von mir]
    Das ist ein Zitieren der Süddeutschen, wörtliche Übernahme und Quellenangabe. Im tweet dagegen erfolgt eine Umformulierung der (freundlich euphemistisch) schon irreführenden Schlagzeile nebst Einsortieren in einen falschen Kontext.
    Doch selbst die Quellenangabe zum dortigen Nichtzitat ist keineswegs unterschlagen worden, da ein link zum tweet-thread angegeben wurde.

    Zweitens, den zweiten Tweet, der direkt an den oben zitierten angefügt wurde

    Eine Neuformulierung von ‘alles hängt mit allem zusammen’? Wahlverwandt­schaften ausschließlich rezensierbar bei ausführlicher Berücksichtigung des Werthers?
    Doch selbst wenn es tatsächlich wesentlich sein sollte: es ist keineswegs unterschlagen worden, da, wie bereits erwähnt, ein link zum tweet-thread angegeben wurde.

    Der Tweet hätte noch als frustinduziertes ‘à bras raccourcis’ mit versehentlich unsäglichem Ergebnis gewertet werden können, die hierhin kommentierte Ablenkung mit den beschriebenen Unterstellungen, Eigenimmunisierung (nur 280 Zeichen) und Fehldeutung von nicht Vorhandenem (‘populistisch’ ist kein Synonym für ‘verzerrt darstellen’ oder ‘ins Gegenteil verkehren’, selbst dann nicht, wenn die beiden letzteren für den Text oben zuträfen) etc ist schlicht unterirdisch.

  10. #16 RPGNo1
    20. April 2020

    @Victor Perli

    1) Können Sie eine scharf formulierte Kritik nicht von einer Polemik unterscheiden?

    2) Sie sind Politiker, da müssen Sie sich Kritik an Ihren Äußerungen gefallen lassen. Joseph Kuhn hat erläutert, wo Sie falsch liegen und Ihnen sogar Verbesserungsvorschläge unterbreitet, wie sie ihre Aussagen hätten besser untermauern können. Siese Vorschläge ignorieren Sie jedoch.
    3)

    Twitter ist ein Medium, das nicht mehr als 280 Zeichen zulässt

    Ist Ihnen nicht in den Sinn gekommen, dass Sie Ihre polemische Kritik dann nicht auf Twitter hätten bringen sollen, sondern ein anderes Medium z.B. ein Facebookeintrag besser geeignet wäre, wo Sie weitere Erläuterungen hätten bringen können?

    4) Joseph Kuhn ist Gesundheitswissenschaftler und arbeitet schon sehr lange in diesem Metier. Er weiß, wovon er redet, und belegt seine Aussagen. Sie hingegen besitzen einen M.A. und arbeiten im Haushaltsausschuss. Es muss Ihnen nicht gefallen, aber im Zweifelsfall halte ich Joseph Kuhns Aussagen für weitaus glaubhafter als ihre populistische Zuspitzung.

    • #17 Joseph Kuhn
      20. April 2020

      @RPGNo1:

      Polemisch ist mein Beitrag schon, aber wie ich mal irgendwo sinngemäß schrieb: Polemik darf ein Argument würzen, sie darf nur nicht das Argument ersetzen. Darum bemühe ich mich zumindest.

      Von Herrn Perli würde ich mir, ganz ohne Polemik, wünschen, dass er noch einmal darüber nachdenkt, wo es mehr auf Wohnortnähe und wo mehr auf Zentrenbildung ankommt. Damit wäre der Disput für mich auch erledigt.

  11. #18 hto
    20. April 2020

    Wenn Du mal ein sachdienliches Argument hättest, bei Dir geht es doch auch nur um den egozentrischen “Tanz um den heißen Brei”.

    • #19 Joseph Kuhn
      20. April 2020

      @ hto:

      Zu welcher Frage vermissen Sie denn ein “sachdienliches Argument”?

  12. #20 shader
    20. April 2020

    Sorry wenn ich diesen Thread missbrauche. Aber ich muss Euch fragen, wer gestern “Anne Will” gesehen hat. Ich habe mich sehr über den einzigen Wissenschaftler in der Runde geärgert. Michael Meyer-Hermann hat mit seinen Aussagen bei den Zuschauern einen völlig falschen Eindruck der Situation vermittelt. Er sprach davon, dass man durch Weiterführen der jetzigen Maßnahmen um einige Wochen den Virus “austrocknen” könnte. Er sprach sogar in einem Nebensatz davon, dass man die Reproduktionsrate auf 0,2 senken kann.

    Ich halte das zum jetzigen Zeitpunkt für völlig illusorisch. Und das müsste auch klar werden, wenn man sich ein bisschen mit den Zahlen und der Lebenswirklichkeit beschäftigt. Mit den jetzigen harten Maßnahmen haben wir es geschafft, eine Reproduktionsrate von aktuell 0,8 zu erzielen. Eine Senkung auf 0,2 bedeutet nichts anderes, dass man die Zahl der infektiösen Kontakte nochmal um 75% senkt. Wie soll das möglich sein, außer wir würden praktisch die nächsten Wochen zu Hause bleiben und gar nicht mehr vor der Tür gehen? Und selbst dann würde man diejenigen gefährden, die im selben Haus sind.

    Man muss sich auch verdeutlichen, dass eine jetzige Reproduktionsrate von aktuell 0,8 die Neuinfektionen sinken lässt, aber das seine Zeit braucht. Wenn man von einer Inkubationszeit von 5 Tagen ausgeht, könnte man vereinfacht sagen, dass innerhalb von 3 Wochen (=21 Tage) ca. 4 neue Infektionsgenerationen folgen. Das macht dann eine Senkung von 0,8^4= 0,4096 oder anders gesagt eine Senkung um 60%. Damit wären wir immer noch im hohen dreistelligen Bereich bei den Neuinfektionen pro Tag und das entspricht mit Sicherheit keinem Austrocknen des Virus.

    Diesen Ärger musste ich mal loswerden. Danke.

  13. #21 2xhinschauen
    20. April 2020

    Interessant und lehrreich, wie da bei Perli vs Kuhn auf engstem Raum zwei weitgehend inkompatible Diskussionsstile bzw sogar -kulturen aufeinandertreffen, die z.B. mit unterschiedlichen Regeln arbeiten, was überhaupt als zulässiges Argument gelten darf.

  14. #22 2xhinschauen
    20. April 2020

    @shader
    Habe die Sendung nicht gesehen. Es scheint um die “Theorie” (Wort im landläufigen Sinne gebraucht) zugehen, dass das Virus schlicht nicht mehr existiert, wenn man ein paar Wochen lang gar keine Sozialkontakte und damit keine Ansteckungen mehr hat. R=0,0. Und die Masern gleich miterledigt! Das ist per se nicht falsch. Illusorisch ist es natürlich trotzdem.

  15. #23 hto
    20. April 2020

    @2xhinschauen

    “weitgehend inkompatible …” – haha, das wäre ja schön, wenn’s wahr wäre, doch leider ist der Perli ein vom System assimilierter Linker, der offenbar von etwas Unaussprechlichem träumt, sich also nicht traut zu sagen was Sache ist wenn …, wenn er denn ein echter Linker wäre. Der macht den “Tanz um den heißen Brei” vielleicht auf einem Bein!?

  16. #24 shader
    20. April 2020

    Ergänzend dazu finde ich die Argumentation von Prof.Meyer-Hermann nicht wissenschaftlich fundiert. Da heißt es: “Meyer-Hermann nennt die Zahl „nichts anderes als ein Artefakt der Osterwoche“.
    Sie sei künstlich entstanden, da in der Osterwoche weniger Fälle gemeldet worden seien und steige jetzt bereits wieder an. Inzwischen liege sie bei 0,8.”

    https://www.msn.com/de-de/nachrichten/coronavirus/„wir-müssen-extrem-vorsichtig-sein“-drosten-und-helmholtz-forscher-warnen-vor-zweiter-infektionswelle/ar-BB12V6oS?ocid=spartanntp

    Das ist erstmal nur auf den ersten Blick plausibel. An den Osterfeiertagen wurden weniger Positivtests gemeldet, das wird schon so gewesen sein. Allerdings würden die Nachmeldungen spätestens am Dienstag oder Mittwoch in der Statistik gelandet sein. Diese Effekte, dass Testergebnisse erst 1-2 Tage später in der Statistik auftauchen, haben wir seit der Meldung der Fälle. Dieser Effekt “verschmiert” die Fälle auf spätere Tage, ändert aber an der Statistik und an der Berechnung von R nicht viel. Aktuell geht man von R=0,8 aus.

    Ich habe da eher den Eindruck, dass Meyer-Hermann so ein bissel nach Gefühl und nicht auf Grundlage von fundierten Daten/Studien argumentiert, wenn es um die Einschätzung geht, wo hoch R in den nächsten Tagen wachsen wird. Das ist ja okay, aber dann sollte man das auch so mitteilen. Genauso kann man nämlich auch argumentieren (anhand der Zahlen), dass wir schon Ende März bei R = 1 angelangt sind, als erst die harten Maßnahmen wie Kontaktsperre beschlossen wurden. Von daher ist gar nicht zu erwarten, dass R in den kommenden Wochen schlagartig über 1 gehen wird.

    “Die zweite Option, die der Epidemiologe bevorzugt, ist der Versuch, das Virus auszutrocknen. Dafür müssten strenge Kontaktverbote noch mehrere Wochen gelten. Wenn durch radikale Maßnahmen in einem relativ kurzen Zeitfenster Kontakte so sehr reduziert würden, dass sich das Virus nicht mehr verbreiten kann, gäbe es die Chance, die verbleibenden Fälle mit Methoden wie Kontakt-Tracing durch Apps und Tests zu kontrollieren. Die Epidemie wäre dann ein „beherrschbares Problem“, Wirtschaft und gesellschaftliches Leben könnten „zur alte Normalität“ zurückkehren.”

    Auch wenn ich mich jetzt in die Nesseln setze und er der Epidemiologe ist und ich nicht, aber die Argumentation ist für mich nicht schlüssig. Wenn es möglich sein sollte, mittels “Kontakt-Tracing durch Apps und Tests zu kontrollieren”, warum sollte das nur bei wenigen Infizierten möglich sein? Deutschland ist ein Land mit 83 Millionen Einwohnern. Ob wir jetzt 100 oder 1.000 Neuinfektionen am Tag haben sollten, macht für die Gesundheitsämter nicht den großen Unterschied, mein Eindruck. Und wenn die App wirklich funktioniert, dann auch für größere Infektionszahlen. Und ich muss es wieder bemängeln, Mayer-Hermann spricht von “austrocknen”, ohne das weiter zu spezifizieren. Er nennt kein Kriterium, ab wann wir problemlos mit wenigen Infektionsfällen zurecht kommen. Da ist in meinen Augen viel Bauchgefühl in seinen Aussagen dabei und wenig fundierte Fakten.

  17. #25 Clemens Krause
    20. April 2020

    @ Joseph Kuhn: die gelebte Überheblichkeit

    übrigens: viel “Substanz” hat Ihr Artikel nicht, was da steht, wußte ich als medizinischer Laie auch schon vorher

    • #26 Joseph Kuhn
      20. April 2020

      @ Clemens Krause:

      Es freut mich, so kluge Leser zu haben. Wie sehen Sie denn die Frage der Zentrenbildung in der Frühgeborenenversorgung?

  18. #27 Viktualia
    20. April 2020

    Warum gelten denn plötzlich die Regeln der Exponentialfunktion nicht mehr?
    Oder wie ist das zu verstehen, wenn plötzlich die Lockerung kaum noch Risiken bergen solle?

    Wenn die Chance, wirksame Massnahmen zur gezielten (lokalen) Kontrolle ergreifen zu können, verschenkt werden soll?

    Wofür schränk ich mich denn hier seit 6 Wochen ein, ärger mich mit dem Arbeitsamt rum, verzweifle an dem mathematischen Vakuum meiner Mitbürger und der Gier der großen Firmen, wenn, eine Woche bevor wieder Besuche möglich sind, solche Töne laut werden?

    Es stecken sich laufend neue Leute an, 1700 meldet das RKI heute, was soll die Überlegung von “100 am Tag” in einem solchen Kontext?

    Wir haben die App noch nicht und ich versteh beim besten Willen nicht, wie eine (noch) nicht vorhandene, “freiwillige” Überwachungsapp “Verfassungsgerecht” sein soll, die kontakteinschränkenden Massnahmen, die Leben retten, aber nicht.

    Mein Bauchgefühl hält das für eine gnadenlose, fakten- und mathematikbefreite Unvernunft, jetzt die Massnahmen zu schnell runter zu fahren.
    Die nur dazu führt, dass wir im Winter noch vor den Geschäften Schlange stehen müssen.

    Und es mag “Bauchgefühl” sein, aber ich habe einen ausgesprochen anarchistischen Bauch und ich bin froh über diese “Einschränkungen”. Denn es sind Massnahmen, die es ermöglichen, schneller wieder einen gesunden Austausch zuzulassen, der eine Chance auf Bestand hat.

    Sollte es da nicht zuerst mehr Planung darüber geben, wie man es in Zukunft anders machen will, mit den globalen Verflechtungen, dem Verkehr, den Grenzen, den kleinen und mittelgroßen Veranstaltungen, bevor dem Ruf nach Lockerungen statt gegeben wird?
    Entsteht so nicht einfach nur ein falsches Bild von “weiter wie bisher”?
    Hab ich irgendwas wesentliches nicht mitbekommen?

    Ich hätte keine fertigen oder gar funktionierenden Lösungen erwartet, aber definitiv ein anderes Signal, als diese Reaktion hier, die das wiederspiegelt, was ich so allgemein lese.
    Merkel habe sich “im Ton vergriffen” als sie den ihr eigenen mathematischen Verstand gebrauchte. (https://www.msn.com/de-de/nachrichten/coronavirus/%e2%80%9edie-kanzlerin-vergreift-sich-im-ton%e2%80%9c/ar-BB12V2Zr?ocid=spartanntp). “Massive Einschränkungen der Grundrechte”, wenn ich das höre muss ich an Kinder denken, die im Winter keine Mütze anziehen wollen.

    Die Massnahmen sind gerechtfertigt, durch die Situation und das Verhalten des Virus. Es gibt die unauffälligen Verläufe und dem muss Rechnung getragen werden. Dass die Lockerungen schwierig zu kommunizieren sind, nur Ziele und kein Datum genannt werden können, muss als “Lernchance” begriffen werden. Es ist kein Fehler an sich. Es ist eine Schwierigkeit, die unser aller Geduld erfordert.

  19. #28 RainerO
    20. April 2020

    @ Viktualia
    Ein “Weiter wie bisher” kann ich durch die aktuellen Lockerungen nicht erkennen. Es wird klar kommuniziert, welche Maßnahmen nach wie vor einzuhalten sind und dass, bei negativem Verlauf, das jederzeit wieder zurückgenommen werden kann.
    Man muss auch differenziert betrachten, wer von den Lockerungen betroffen ist. Bei Einhaltung aller noch immer gültigen Vorsichtsmaßnahmen ist es extrem unwahrscheinlich, sich z.B. in einem Baumarkt anzustecken. Gastronomie, Massenveranstaltungen, etc. sind ja nach wie vor nicht erlaubt.
    Was die Nachverfolgbarkeit in Deutschland betrifft, bin ich bei den derzeitigen Zahlen auch nicht sehr optimistisch. Anders sehe ich das inzwischen für Österreich. Hier haben wir inzwischen bei einer recht hohen Testrate weniger als 100 bestätigte Neuninfektionen pro Tag. Vorgestern und gestern waren es nur um die 60. Heute werden es vermutlich noch weniger sein. Ob sich das durch die Ladenöffnungen von voriger Woche ändern wird, werden wir in ein paar Tagen sehen.

  20. #29 shader
    20. April 2020

    Bauchgefühl hin oder her, aber das beißt sich dann schon, wenn man gleichzeitig von “fakten- und mathematikbefreite Unvernunft” bei der Politik spricht. Entweder man bleibt bei seinen Bauchgefühlen oder man bewertet die Situation sach- und faktenbezogen ohne viel Emotionalität. Dann stellt man u.a. fest, dass nur ein kleiner Teil unseres Lebens innerhalb der nächsten 3 Wochen gelockert werden wird. Die Kontaktsperre bleibt bis Anfang Mai noch bestehen, vermutlich noch länger und was eigentlich überfällig war, es kommt eine Maskenpflicht in den Bereichen dazu, wo Abstand halten schwer wird.

    Zwei Punkte stören mich derzeit in der Debatte. Das eine ist ein unterschwelliges Misstrauen der Politik, dass die Bevölkerung nicht verantwortungsvoll mit dem bisschen wiedergewonnener Freiheit umgehen. Die allermeisten Menschen, die ich kenne wissen, dass die Sache nicht in ein paar Wochen ausgestanden ist. Umgekehrt hatte man in der Politik unterschwellig das Bild gezeichnet, dass wir jetzt bis zu den Osterferien zu Hause bleiben und dann haben wir es überstanden. Das wiederum hat die Bevölkerung der Politik nicht ganz abgenommen. Und der zweite Punkt, der mich stört ist, dass die Anhänger von “noch x Wochen durchhalten” kein wirkliches Kriterium nennen, wann der richtige Zeitpunkt gegeben ist, zum einen Lockerungen durchzuführen und welche. So ist es natürlich leicht jedes Mal zu sagen, “noch nicht öffnen”.

    @RainerO, man sollte die Zahlen von Österreich und Deutschland schon in Relationen setzen. Deutschland hat ungefähr 10 mal mehr Einwohner. 100 Infizierte wären dann umgerechnet ca. 1.000 in Deutschland und so weit ist man davon nicht entfernt.

  21. #30 Viktualia
    20. April 2020

    @RainerO, ich schau grad den “presseclub: In Trippelschritten aus dem Lockdown…” und fühle mich in meinen Befürchtungen bestätigt.
    Mit “weiter wie bisher” meinte ich (sorry, war wohl unklar) weiter wie vorher, nicht weiter mit (meines Erachtens vernünftigen) Masssnahmen.
    https://www.youtube.com/watch?v=_bo8wds7ta0
    Ich muss dazu sagen, dass ich da eher über meine eigene, “linkspopulisische Seite” stolpere, weil mein “anarchistischer Bauch” so hochgradig mit den “Einschränkungen” einverstanden ist. Da mein Hirn sie vollkommen nachvollziehen kann und das Ziel, persönliche Freiheiten, nicht effektiver erreicht werden kann. Es geht nicht. No fuckin´way.

    Jetzt bin ich einmal in meinem Leben mit einer autoritäten Massnahme zufrieden – und dann das:
    Die sollen endlich mal aufhören, so zu tun, als hätte irgendwer auf der ganzen weiten Welt auch nur den Hauch einer Chance, nächstes Jahr zur “Normalität” zurück zu kehren.
    “Kein Masterplan”- Mimimimi.

    Wir brauchen jetzt keine Lockerungen, wir brauchen Lösungen, und die nicht nur für jetzt oder “danach”.
    Es ist “Covid-Time”, wir brauchen Lösungen für ein langes “dazwischen”.

    Bis wir uns auf Pandemien in einer globalisierten Welt eingestellt haben.

    (Ich bin so entsetzt darüber, wie die das Thema “Schule” anscheinend auf allerhöchsten 3 Quartale andenken. Aber um ne “Abwrackprämie” für die vorhandenen Computer zu organisieren, sind wahrscheinlich zu wenig alte Kisten vorhanden… )

    Jetzt ist endlich ein Zeitpunkt da, wo Zwischenlösungen nicht automatisch zur “Verschlimmbesserung” des Ganzen führen müssen – und keiner ergreift sie, die Chance, Lösungen auszuprobieren und anzupassen.

    Nicht nur bei der Versorgung mit Krankenhäusern ist es von Nachteil, wenn die flächendeckende Grundversorgung und die Aussstattung der Spezialisten in Konkurrenz gestellt werden – für eine “Bilanz”, die womöglich was ganz anderes kalkuliert.
    Wir brauchen “flächendeckende Ziele” und Überblick durch die “einzelnen Spezialisten”, kein entweder/oder.

    In Selbstverantwortung steckt ne Menge Anarchie, ich hoffe, das macht uns als Gesellschaft nicht zu viel Angst.
    Dass ich alte Anarchistin das noch erleben darf: eine Regierung, die auf´s Verwalten reduziert ist. Muss man sich erst mal dran gewöhnen.

  22. #31 Viktualia
    20. April 2020

    @shader: “Bauchgefühl” – fakten und mathematikbefreit empfinde ich die “Lockerungsbefürworter”, (Emotionalität entschuldige ich mit dem Fadenthema…), und mathematisch gesehen gibt es durch die Ladenöffnungen mehr Kontakte, die, bei Kontamination, in die Familien, aber nicht weit darüber hinaus verteilt werden. (Ausser bei Krankenschwestern/Pflegern…)
    (Und in zwei Wochen an die, die wir lange nicht gesehen haben – zwei Wochen. Mir graust es, ich hätt lieber 4 Wochen zwischen jedem “Schritt”.)

    -“Kein wirkliches Kriterium” die wunderbare Mai Li formuliert (s.o.) ganz klar:
    weiter unten halten, bis die mögliche Rückverfolgbarkeit erreicht ist, dann Lockerungen je nach Ausstattung der jeweiligen Gesundheitsämter mit Tests u. Laborkapazität. (Je weniger desto down, würd ich das mal ausformulieren.)
    Bei Rückverfolgbarkeit gibt es die Möglichkeit, lokal runter- und auch wieder hoch zufahren. Aber erst dann. Und dann auch noch mit einem Risiko, aber um Längen kontollierbarer als z.B. Mitte März. Wenn wir Ende Mai nicht sowieso schon wieder runter fahren müssen.

    Wir sind noch nicht aus dem Anfangsstadium heraus, aus “in zwei Wochen können wir sehen” ist ein “in einem Monat können wir sehen” geworden, was ein tolles Ergebnis ist, in meinen Augen. Weil wir mindestens ein Jahr im Blindflug bleiben werden müssen, selbst bei “Rückverfolgbarkeit”, bei der wir noch nicht sind.
    Wo wir aber in einem Monat sein könnten, wenn jetzt nicht alle ihre “persönliche Freiheit” feiern.
    Oder sich Sorgen um Legitimierungen machen.

  23. #32 RainerO
    20. April 2020

    @ Viktualia
    Das “Weiter wie bisher” habe ich schon richtig verstanden. Daher bleibt es auch bei meinem ersten Absatz in #28. Die Diskussionen in Deutschland habe ich nicht so genau verfolgt. In Österreich hatte ich nach dem Lockdown nicht den Eindruck, dass die Politik den Eindruck erwecken will, dass nach Ostern (oder ein paar Wochen) eh wieder alles wie vorher laufen wird. Das wäre auch völlig unglaubwürdig gewesen. Was ich beobachtet habe, war allerdings, dass offensichtlich versucht wurde, der Bevölkerung das wahre Ausmaß häppchenweise näher zu bringen.
    Was würdest du denn für (Zwischen-)Lösungen haben wollen? Ich bin froh keine Entscheidungsposition zu haben, denn ich habe ehrlich gesagt, keine Ahnung, wie man aus dieser Situation möglichst unbeschadet herauskommt.

    @ shader
    Mir ist der Unterschied in der Größenordnung natürlich bewusst. Aber die Zahlen in den letzten Tagen waren in Deutschland so, dass es da noch Tage mit einem Wachstum über 2% gegeben hat, als Österreich schon deutlich unter 1% war. Ich würde bei den deutschen Zahlen wieder mindestens den Dienstag abwarten, da es am Wochenende immer sinkende Zahlen gab.

  24. #33 Lercherl
    20. April 2020

    @rolak

    Der Tweet hätte noch als frustinduziertes ‘à bras raccourcis’ mit versehentlich unsäglichem Ergebnis gewertet werden können

    Ah, meinst du diesen hier, rolak?

  25. #34 shader
    20. April 2020

    @Viktualia, dass es mit den Laden-Öffnungen mehr Infektionen geben wird, muss man gar nicht abstreiten. Aber die entscheidende Frage in der Mathematik und Epidemiologie ist, um wie viel steigen die Infektionen an? Wenn der Anstieg kaum messbar ist, dann gibt es keinen Grund, kleine Geschäfte nicht zu öffnen. Ich finde es nicht wirklich evidenzbasiert, wenn man sagt, man müsse Geschäfte noch geschlossen halten, selbst aber nicht beziffern kann, wie hoch eigentlich dieser Effekt ist. Nur damit zu argumentieren “es wird mehr Infektionen geben” ist wirklich schwach, weil man dann jede Lockerung auf die Art abschmettern kann.

    Ich kann mich nur wiederholen, wer meint, dass ab einer bestimmten Zahl von Infektionen die Rückverfolgung von Infektionsketten wieder möglich ist, der soll diese Zahl nennen und nach Möglichkeit auch belegen.

    @RainerO, diesen Quantitätsunterschied zwischen 1% und 2% bei den Neuinfektionen sehe ich auch. Von daher verstehe ich auch, wenn Österreich mit den Lockerungen vorangeht und sich einiges mehr “erlauben” darf. Es würde aber nicht erklären, warum Deutschland gar nichts lockern darf, Österreich aber schon.

  26. #35 RainerO
    20. April 2020

    @ shader
    Ich will Deutschland eh nicht verbieten, wieder teilweise aufzusperren. Wie schon weiter oben erwähnt, halte ich das Risiko für Infektionen (sofern ich die Infektionswege richtig verstanden habe) in den Geschäften, die wieder aufsperren dürfen für sehr gering. Warum sollte das Risiko in einem Baumarkt, Bekleidungsgeschäft, oder Elektronikladen größer sein als in Lebensmittelläden, die ohnehin immer offen waren?
    Viel problematischer sind Gastronomie, jeglicher Sport mit Körperkontakt und alle Tätigkeiten/Unternehmungen, wo viele Menschen über längere Zeit eng beisammen sind. Dazu gehören mMn auch die Schulen. Die werden in meinen Augen der erste echte Knackpunkt sein. Deutschland lehnt sich da teilweise schon weiter aus dem Fenster als Österreich. Bei uns geht es frühestens Mitte Mai los, aber ich habe trotz der derzeit guten Entwicklung ein etwas mulmiges Gefühl, wenn ich meine Tochter wieder in die Schule schicke.

  27. #36 rolak
    21. April 2020

    meinst du diesen hier?

    Jein, Lercherl, gemeint war schon jenes dort in halbwörtlicher und üblich-übertragener Bedeutung, also ‘mit gekürzten Ärmchen'(~kommt nicht ran) als auch ‘mit voller Wucht'(~ohne Rücksicht auf [Eigen]Verluste).

    Doch selbstverständlich ist auch der gute Majestix, der Posterboy für einen so agierenden Politiker, aufgrund des Bezuges ein hilfreiches Hintergrundbild der genutzten Formulierung.

  28. #37 noch'n Flo
    Schoggiland
    21. April 2020

    @ RainerO:

    Die Entscheidung Österreichs, die Schulen nicht so schnell zu öffnen, beruht auf Simulationen der Uni Wien, bei denen ein zu frühes Öffnen praktisch immer in einer erneuten Explosion der Fallzahlen resultierte. Die Frage ist nur, ob die für die Simulation verwendeten Parameter überhaupt korrekt waren.

    Für Aufsehen sorgt da derzeit eine Fallbeobachtung (keine Studie, wie die Überschrift suggeriert) aus Frankreich, wo ein Corona-positives Kind mehr als 170 Kontaktpersonen nicht ansteckte:

    https://de.nachrichten.yahoo.com/studie-coronavirus-infiziertes-kind-steckte-keine-einzige-kontaktperson-170623055.html

    Klar, n=1 hat keine echte Aussagekraft, aber was, wenn unsere Annahmemn zu Kindern als Verbreiter der Pandemie grundfalsch sind? Sind wir es ihnen dann nicht schuldig, ihnen baldmöglichst wieder Zugang zu Bildung zu verschaffen (immerhin ein verbrieftes Menschenrecht, was derzeit gerade in bildungsfernen Familien kaum durchzuziehen ist)?

  29. #38 hto
    21. April 2020

    @JK #19

    Aber das habe ich doch schon, Du musst einfach nicht mehr soviel zensieren und weglassen!

    • #39 Joseph Kuhn
      21. April 2020

      @ hto:

      Sie meinen Ihre immer gleichen anarchosozialistischen Sprüche vom „imperialistisch-faschistischen Kreislauf“, die Sie ohne weitere Argumente in allen Foren absetzen, nicht selten mit Beleidigungen aller Art garniert? So was hole ich in der Tat nicht aus dem Trash-Ordner zurück, wo es das System automatisch hintut.

      Was auch immer Sie sich da konkret vorstellen mögen, wer würde da überhaupt noch Krankenhäuser planen?

  30. #40 Viktualia
    21. April 2020

    @RainerO, das “weiter so” steckt, für mich, in dem Gebetsmühlenartig wiederholten “zurück zur Normalität”, an die ich, in dem Sinne, nicht glauben kann.
    Direkt Kommuniziert wird es so nicht, das stimmt.

    “Zwischenlösungen” – so ganz pragmatisch wär´s mir lieber, wenn, wie geschrieben, mehr Abstand zwischen den Massnahmen läge.
    “Möglichst unbeschadet” ist in meinen Augen nicht das mögliche Ziel, sondern der nötige Weg: Schrittgröße der Sicht anpassen.
    (Und das zur Not auch unterschiedlich je nach Bundesland, je nach Kapazitäten, bzw. gekoppelt an Zustände in den Nachbarländern. Grob formuliert, sprich, nicht total durcheinander, sondern im Hinblick auf diese Einzelheiten/Gegebenheiten die ganze Strategie.)

    In diesem Sinne: @shader: “wer meint, dass ab einer bestimmten Zahl von Infektionen die Rückverfolgung von Infektionsketten wieder möglich ist, der soll diese Zahl nennen und nach Möglichkeit auch belegen.”
    Das ist geschehen, in aller “Eindeutigkeit”: Je nach Anzahl der Testkapazität.
    Das diese leider noch “uneindeutig” ist, ändert nix an Notwendigkeit oder Machbarkeit.

    Und: natürlich ist das Risiko größer in Läden, wo man mit den Verkäufern spricht, wie definiert sich für dich ein “Fachgeschäft”?
    Normal läuft es doch auch oft so, dass man sich im Laden informiert und dann im Netz bestellt, bin mal gespannt, ob das so bleibt….

    Dass es bei der Gastronomie nochmal “enger” wird, ist klar; da würde ich aber gerne über den Unterschied zwischen reinen Speiselokalen und denen mit alkoholischem Ausschank reden, da sehe ich ein höchst unterschiedliches “Gefahrenpotential”.

    – Stichwort “Schulen”. Da fällt mir als erstes ein, dass der Unterschied zwischen 7 und 17 jährigen bedeutend größer ist, als z.B. der zwischen 30 und 40jährigen.
    Und es springt mir ins Auge, dass es da ne Menge Probleme gibt, die zu lösen sowieso mal ganz gut wäre. Mehr Matheunterricht für alle! (Auch Erwachsene.)
    Wie beim Home-office hoffe ich, dass da neue Wege gegangen und nicht wieder verlassen werden.

    Ja, wie der Virus mit Kindern und Heranwachsenden umgeht ist eine der größten Unbekannten.
    Und ich erspar uns die Menge an “Linkspopulistischem”, die mir dazu einfällt, wie man die Herausforderung, unserem Nachwuchs das “selber Denken” nahe zubringen, meistern könnte.
    Das scheint mir auch eins der Probleme, die besser “vor Ort” gelöst werden, nur die Beispiele mögen aus allen Ecken kommen und auf Anwendbarkeit geprüft werden.

    (Das Motto – sich “gleichzeitig an Experten und an der Wirklichkeit orientieren und immer wieder nachregeln” ist mir aus Püschologie, regenerativer Landwirtschaft und dem Militär bekannt, darum hau ich hier so Dinger raus. Die Lösungen sind da, es geht um die Art der Anwendung, in meinen unbescheidenen Augen.)

  31. #41 RainerO
    21. April 2020

    @ noch’n Flo
    Diese eine Falluntersuchung kannte ich bisher nicht, aber Vermutungen, dass sich Kinder trotz gleicher Exposition deutlich weniger anstecken und vermutlich auch weniger weitergeben. In Österreich sind nur 2,7% der bestätigten Infektionen unter 14 Jahre alt. Wobei hier die Dunkelziffer vermutlich auch höher ist, da diese Verläufe häufiger symptomlos sind.
    Wie bei vielen anderen Themen auch, gilt es hier noch eine Menge herauszufinden.
    Natürlich will ich, dass die Schule bald wieder anläuft (auch wenn der Heimunterricht ganz gut läuft), nicht zuletzt, weil meine Tochter schon ziemlich mit den Hufen scharrt. Wir bereiten sie aber schon jetzt darauf vor, dass es dann nicht so wie vorher laufen wird.

  32. #42 noch'n Flo
    Schoggiland
    21. April 2020

    @ Viktualia:

    Mehr Matheunterricht für alle!

    Dem kann ich mich nach den erfahrungen der letzten Wochen nur anschliessen.

    Jüngstes Beispiel für eine eklatante Rechenschwäche – die Aussage von Karl Lauterbach zur Beendigung der Fussball-Bundesliga-Saison mit Geisterspielen. Da echauffiert sich der gute Mann darüber, dass dafür zehntausend Tests gemacht werden müssten, obwohl noch nicht alle Pflegekräfte und Lehrer getestet seien.

    Mal abgesehen davon, was vorsorgliche Tests dieser Berufsgruppen bringen sollen, wenn sich ihre Angehörigen jeden Tag aufs Neue infizieren können:

    Pro Tag werden in Deutschland derzeit bis zu 100’000 Tests gemacht. In den zwei Monaten, die man (mindestens) zur Beendigung der Saison bräuchte, wären das mehr als 6 Mio. Tests.

    Aufgabe für den Schüler Lauterbach: Wieviel Prozent von 6 Millionen sind 10’000? Zusatzaufgabe: berechne die Wahrscheinlichkeit, dass in zwei Monaten ausgerechnet die besagten 10’000 Tests einen Unterschied über Gelingen oder Scheitern des Pandemie-Managements machen.

    • #43 Joseph Kuhn
      21. April 2020

      @ noch‘n Flo:

      Lauterbach war in der Plasberg-Sendung auch sonst als Dunning-Kruger unterwegs. Er hat beispielsweise im Brustton der Überzeugung behauptet, es gebe keine Studien zur Rolle der Kinder bei der Verbreitung des Virus und er lese jeden Abend, was es an Studien gebe. Kinder seien vielleicht sogar Superspreader, so Lauterbach im Anschluss an eine SZ-Journalistin.

      Es gibt inzwischen einige Studien zur Rolle der Kinder für die Epidemie, die deuten eher darauf hin, dass Kinder anders als bei der Influenza keine besondere Rolle spielen.

  33. #44 shader
    21. April 2020

    Eine Ergänzung zu gestern, gestern ist die Zahl der Neuinfektionen in Deutschland unter 1% gefallen. Wir haben quasi Österreich-Niveau erreicht. 🙂

    Das Problem der derzeitigen Simulationen ist, dass viele Randbedingungen noch nicht klar sind. Zum Beispiel wie stark Kinder das Virus weitertragen. Wenn man die Werte von der Influenza 1:1 auf die Kinder überträgt, ist absehbar, dass die Simulationen sagen, dass Schulöffnungen schlecht sind. Aber es gibt immer mehr Hinweise, dass Kinder diesen Virus wenig übertragen. Das hat man u.a. durch Screening-Tests in Island gemerkt. Der Fall aus Frankreich wurde hier auch schon genannt. Und was wir auch nicht genau wissen, gibt es eine Grundimmunität durch “normale Corona-Viren”. Denn oft werden innerhalb eines Haushalts nicht alle infiziert, obwohl ständiger Kontakt vorhanden ist. Da kann sich in der Tat der saisonale Schnupfen mal lohnen. 😉

    @Viktualia, ich sehe überhaupt keine Zahlen, ab wann Einzelverfolgung von Infektionsketten wieder möglich ist. Wenn Du welche kennst, dann nenne sie ruhig. Das Risiko bei Fachgeschäften halte ich nicht für groß, wenn man die Verhaltensregeln einhält. Man kann sehr wohl mit einem Verkäufer in 3 Meter Abstand sprechen. Ich sehe überhaupt keinen Grund, warum der mir oder ich ihm auf die Pelle rücken muss.

    Nochmal zur Schule, vielleicht war die Idee der Leopoldina gar nicht so verkehrt, junge Kinder zuerst in die Schule zu lassen. Zum einen scheinen sie sich kaum zu infizieren. Und zum anderen brauchen sie wesentlich mehr Erwachsenen-Präsenz als ältere Kinder oder gar Studenten. Nur mit KIKA-Sendungen und Online-Lernen könnten die Kinder ein verlorenes Jahr erleben. Und es kann nicht sein, dass jetzt plötzlich Argumente wie fehlende Waschbecken gegen eine Schulöffnung gebracht werden. Bund und Länder machen mal so 1 Billion Euro locker und dann soll es an fehlendes Desinfektionsmitteln scheitern?

  34. #45 noch'n Flo
    Schoggiland
    21. April 2020

    @ shader:

    Da kann sich in der Tat der saisonale Schnupfen mal lohnen.

    Tja, da macht sich der Umstand, dass ich in den letzten Jahren quasi dauerverschnupft war (2-Fronten-Virenbombardement durch Kids und Patienten), endlich bezahlt.

  35. #46 noch'n Flo
    Schoggiland
    21. April 2020

    Da wiehert der Amtsschimmel – Niedersachsen erlässt Bestimmungen zum korrekten Verzehr von Speiseeis in Corona-Zeiten:

    https://www.sueddeutsche.de/panorama/coronavirus-eis-niedersachsen-1.4882807

  36. #47 Viktualia
    21. April 2020

    @shader: “Zahlen, ab wann Einzelverfolgung von Infektionsketten wieder möglich ist. Wenn Du welche kennst, dann nenne sie ruhig.”.
    shader, ich hab´s schon zweimal versucht: in dem Maße, wie Tests vorhanden sind, bzw. die Kapazität, sie auszuwerten. Und das dies nur ne “Größe”, aber leider noch keine Zahl ist, man sich aber an dieser “Größe” orientieren kann, was mir deine ursprüngliche Frage zu sein schien.
    Wenn nur wenig Tests vorhanden sind, fallen auch Verschlechterungen durch die Lockerung nicht so schnell auf. Das halte ich ebenfalls für eine “zu beachtende Größe”, ganz egal, wie die genauen Zahlen sind.
    Ich stell ja auch keine Kühe auf die Weide, wenn der Zaun noch nicht steht, egal, wieviel Meter ich brauche, bzw. was der Meter kostet.
    (Sprich, theoretisch könnte man das je nach Bundesland anders machen, praktisch wird man es je nach Staat anders machen.
    Und “60% Immunität” brauchen wir weltweit, bevor wir mit dieser “Größe rechen” können.)

    Ich sprach auch nicht von einem “großen”, sondern von einem “größeren” Risiko, da in Lebensmittelläden Scheiben zwischen Kunde und Personal möglich sind, in anderen Läden weniger, bzw. es wird auch mehr “interagiert”, nicht nur Geld über den Tresen geschoben.

    Hast du keine skurilen Szenen mit Rollator-Terroristen erlebt in den letzten Wochen?

  37. #48 RPGNo1
    21. April 2020

    @noch’n Flo

    Du hast aber schon bemerkt, dass der Amtsschimmel in diesem Fall einen Witz gemacht hat? 😉

    https://www.niedersachsen.de/Coronavirus/antworten_auf_haufig_gestellte_fragen_faq/antworten-auf-haufig-gestellte-fragen-faq-186686.html

    Und dass prompt einige Medienvertreter auf Schnappatmung umgestellt haben?

    https://www.google.com/search?q=so+lecken+sie+ihr+eis+richtig+niedersachsen&rlz=1C1GCEB_enDE863DE863&oq=&sourceid=chrome&ie=UTF-8

  38. #49 shader
    21. April 2020

    @Viktualia: “shader, ich hab´s schon zweimal versucht: in dem Maße, wie Tests vorhanden sind, bzw. die Kapazität, sie auszuwerten.”

    Wir werten schon deutlich mehr. Auf einen getesteten Positivfall kommen ca. 11 getestete Negativfälle.

    “Ich sprach auch nicht von einem “großen”, sondern von einem “größeren” Risiko, da in Lebensmittelläden Scheiben zwischen Kunde und Personal möglich sind, in anderen Läden weniger, bzw. es wird auch mehr “interagiert”, nicht nur Geld über den Tresen geschoben.”

    Das sagt gar nichts aus, solange man das größere Risiko nicht quantifizieren kann.

  39. #50 RainerO
    21. April 2020

    @ shader
    Das Verhältnis Positivfall zu Negativfall dürfte/sollte aktuell schon deutlich gegen 20:1 gehen. Die in worldometer angegebenen Testzahlen sind bereits ca. 1 Woche alt und da war das Verhältnis (Alle Tests)/(Alle Positivfälle) ca. 13:1. Aber in den letzten Tagen gab es weniger neue Fälle bei (vermutet) gleichbleibend hoher Testzahl pro Tag.
    In Österreich sind in den letzten Tagen 98-99% der Tests negativ gewesen.

  40. #51 shader
    21. April 2020

    Okay RainerO, das Problem dürfte sein, wenn man die Gesamtbilanz über alle Monate nimmt, dann ist der Quotient kleiner, aber aktuell kann es schon sein, dass noch mehr Menschen im Vergleich zu den Positivfällen getestet werden. Was ja auch gut ist. 🙂 Der Vorteil der sinkenden Fallzahlen ist ja auch, dass noch mehr Testkapazitäten zur Verfügung stehen.

  41. #52 Viktualia
    21. April 2020

    @shader, ich dachte, deine Frage zielte darauf, ab wann die “Einzelverfolgung (der Infektionsketten) möglich”, bzw. ab wann eine Lockerung risikoarm wäre.
    Darauf bezogen sich meine Antworten: Wenn genug Tests (auf Vorrat) da sind, können neu auftretende Herde gezielt kontrolliert, zurückverfolgt werden.
    Können Familienmitglieder, Arbeitskollegen, Freunde und Verwandte getestet und bei Bedarf in Quarantäne geschickt werden.
    (Und mit der App auch alle “Zufallsbekanntschaften”.)
    Bei der jetzigen Versorgungslage müsste wieder alles runter gefahren werden.

    Die Testungen, die du gerade ansprichst, beziehen sich doch auf die allgemeine Situation, sollen repräsentative Daten für die ganze Gesellschaft ergeben, über die aktuelle Verbreitung.

    Der “Vorrat” (für die Infektionskettenverfolgung) gäbe Daten, die dann repräsentativ für die Verbreitungs-Wege wären; würde lokal Verwendung finden, (vielleicht auch mehrfach bei einer Person, wg. der Inkubationszeit oder bei Angehörigen).

    Hatte ich dich so falsch verstanden oder du mich?

    “Quantifiziert” – ich bin ja immer noch keine Akademikerin, wie “quantifiziert” man z.B. die Gefahr, die durch eine Motorsäge entsteht? Ich denke, man quantifiziert leichter den Schaden, aber seine Vermeidbarkeit?

    Für mich ist der Unterschied zwischen “groß” und “größer” eine Quantifizierung. “Größer” ist mehr als nix und “Groß” ist viel. Größer als groß ist sehr viel.

    Wenn keine Trennscheibe zwischen Sprechenden ist, finde ich die Quantifizierung “Risiko ist größer als mit Trennscheibe” ausreichend.
    Man könnte evtl. den Feuchtigkeitsgehalt der Aussprache quantifizieren, da diese als Faktor dazu kommt. Mir reichte aber das “dazu kommen” der Feuchtigkeitsqualität.

    (Oder war das jetzt echt ein “Ergotherapie-Arbeitsauftrag”? Welche Gesten/Bewegungen sind in welchem Geschäft typisch, rsp. nötig, welche die Distanz zwischen den Personen verringern könnte? Häufigkeit vs. Vermeidbarkeit, bezogen auf Notwendigkeit?
    Relation der Tonuserhöhung (bei Annäherung an einen erfolgreichen Vertragsabschluss) zur Steigerung der Mundsekretion? Das wäre aber schon fast Logopädie.
    Sorry, das mussste jetzt sein.)

  42. #53 Viktualia
    21. April 2020

    Sorry, ich muss mich korigieren:
    “Können Familienmitglieder, Arbeitskollegen, Freunde und Verwandte getestet und
    bei Bedarf
    in Quarantäne geschickt werden.”
    Das “bei Bedarf” ist Quatsch.
    Natürlich würden alle Kontaktpersonen, so weit bekannt, erst mal “isoliert”, in welcher Form auch immer. Es könnte gezielter und schneller vorgegangen werden, das war gemeint,
    mehr nach Bedarf.

  43. #54 shader
    21. April 2020

    @Viktualia: “@shader, ich dachte, deine Frage zielte darauf, ab wann die “Einzelverfolgung (der Infektionsketten) möglich”, bzw. ab wann eine Lockerung risikoarm wäre.”

    Ja, genau. 🙂

    “Darauf bezogen sich meine Antworten: Wenn genug Tests (auf Vorrat) da sind, können neu auftretende Herde gezielt kontrolliert, zurückverfolgt werden.”

    Naja, ich hätte schon gerne eine konkrete Zahlenangabe gehört. Wenigstens eine Größenordnung. Die Aussage “wenn genug Tests da sind” ist so gummiartig und dehnbar, dass sie kein Kriterium darstellt, so lange nicht gesagt wird, wie viele Tests man nun wirklich braucht. Schon Stand heute können viele Kontaktpersonen von Infizierten getestet werden. Reicht das schon aus?

    “Die Testungen, die du gerade ansprichst, beziehen sich doch auf die allgemeine Situation, sollen repräsentative Daten für die ganze Gesellschaft ergeben, über die aktuelle Verbreitung.”

    Nein, da hast Du mich missverstanden.

    ““Quantifiziert” – ich bin ja immer noch keine Akademikerin, wie “quantifiziert” man z.B. die Gefahr, die durch eine Motorsäge entsteht? Ich denke, man quantifiziert leichter den Schaden, aber seine Vermeidbarkeit?”

    Das Problem was ich sehe ist, Du möchtest über Entscheidungsgrundlagen, die in der Epidemiologie erstellt werden, mitreden, interessierst Dich aber nicht wirklich für deren Arbeitsweise und die Basics. Gleichzeitig wirfst Du der Politik vor, sie sei fakten- und mathematikbefreit. Das ist schon eine interessante Kombi, muss ich sagen, aber nicht selten. 😉

    In diesem Sinne…
    shader

  44. #55 Willy
    21. April 2020

    Wie kann man garantieren, dass in einem Notfall der Patient rechtzeitig in eine entsprechende Klinik eingeliefert wird, wenn die Klinikdichte abnimmt?

    Bitte bedenken sie auch, was passiert wenn eine Klinik nicht in der Lage ist ein Patienten aufzunehmen. Als Grund könnte ich mir zum Beispiel eine technische Störung vorstellen, oder auch extremes Unwetter, so dass die Straße zur Klinik nicht passiertbar ist.

    In solchen Fällen, sucht dann das Rettungsteam eine alternative Klinik aus, wenn aber die nächste Klinik jetzt viel zu weit weg ist, dann verliert man kostbare Zeit.

    Ich rede jetzt nicht über Nachbehandlung oder geplante Operationen, wo man genug Zeit hat die Patienten zu transportieren, sondern von Notfällen wie Schlaganfall und Herzinfarkt wo jede Minute zählt.

    • #56 Joseph Kuhn
      21. April 2020

      @ Willy:

      “rechtzeitig in eine entsprechende Klinik”

      Das “entsprechende” ist das entscheidende Stichwort, gerade bei Notfällen wie Schlaganfall und Herzinfarkt. Es nützt Ihnen nur bedingt, wenn Sie dann schnell im Krankenhaus sind, dort aber nicht adäquat versorgt werden können. Die meisten kleinen Kliniken sind übrigens im städtischen Verdichtungsraum, ich hatte darauf vor einiger Zeit schon einmal hingewiesen.

  45. #57 Viktualia
    21. April 2020

    @shader, beim dritten Mal durchlesen klingt die “Bewegungsquantifizierung” in meinen Ohren total fies. Ich entschuldige mich für diese schräge Sachlichkeit.
    Es ist mit mir durchgegangen, als ich die Aufgabe “Quantifiziere!” plötzlich doch in Worte fassen konnte. Ich hatte es nicht halb so böse gemeint, wie es jetzt aussieht.
    (Nein, ich lese auch vor dem Abschicken nochmal drüber, immer; ich seh´s aber erst jetzt.)

  46. #58 Viktualia
    21. April 2020

    @shader, was soll das. Ich habe nicht die Politiker gemeint, dass liest du da rein. https://scienceblogs.de/gesundheits-check/2020/04/19/coronakrise-linker-populismus/#comment-96068 .
    Es ging in meinem Post über den “linkspopulistischen” Teil, also beschwer dich da nicht.

    “Lockerungen je nach Ausstattung der jeweiligen Gesundheitsämter mit Tests u. Laborkapazität.” war die Aussage von Mai Thi Nguyen-Kim, ich nehme an, die “Ausstattung der Gesundheitsämter” korreliert mit der Bevölkerungszahl, für die sie jeweils zuständig sind.
    60-80 Millionen? Lieferkapazität 100 Millionen? Ab 30 Millionen, je nach Laborkapazität? Ich weis nicht, warum du dich mit mir nicht über so Grundsätzlichkeiten einigen kannst. Genug für alle. Warum ist dir das “zu schwammig”?
    Ich gehe davon aus, dass es nicht mit einer festen/jetzigen Größe korreliert, sondern mit den Umständen der Lieferbarkeit, dafür muss ich kein Epidemieologe sein. Je mehr geliefert werden kann, desto früher können wir loslegen. Wenn wir jetzt 60 Milionen hätten, dann könnten wir. Aber auf Fahradketten wollen wir uns ja nicht einlassen.

    Wieviel Risiko bei weniger als (den 60M.) da wäre, scheint mir deine Frage zu sein.
    Aber halt nicht meine.
    Die Qualität der logistischen Umstände, das ist die Größe, um die ich angeblich “herumschwurbele”.
    Aber vielleicht bis du ja wirklich besser im Bilde.
    Erzähl doch mal, bist doch “vom Fach”.

    Nein, ich möchte nicht trollen. Ich bin halt so; halt mich zurück, wenn ich keine Ahnung habe und antworte, so gut ich kann.

  47. #59 shader
    21. April 2020

    @Viktualia, keine Sorge, egal wie hart oder weich manches formuliert wird, ich bin da nicht nachtragend. Ich weiß auch nicht immer, wie meine Postings ankommen. 😉

    “Es ging in meinem Post über den “linkspopulistischen” Teil, also beschwer dich da nicht.”

    Kein Problem, da habe ich Dich zu Beginn falsch verstanden.

    “Ich weis nicht, warum du dich mit mir nicht über so Grundsätzlichkeiten einigen kannst. Genug für alle. Warum ist dir das “zu schwammig”?”

    Das ist nicht böse von mir gemeint. “genügend Tests” klingt erstmal gut. Jeder von uns würde bestimmt sagen, wir brauchen genügend Tests in Deutschland. Damit man aber objektiv entscheiden kann, haben wir schon genügend Tests oder nicht, bleibt es einem nicht erspart, sich zumindest mit der Fragestellung auseinanderzusetzen, wie viele Tests brauchen wir konkret. Das bleibt in einem funktionierenden Gesundheitssystem nicht aus, sich mit Quantitäten zu befassen.

    Ich will es mal am Beispiel Südkorea festmachen. Südkorea ist vermutlich das Flächenland auf der Welt, was in den letzten 3 Monaten am besten die Epidemie bekämpft hat. Man schreibt es vor allem der hohen Testzahl zu. Wenn man sich die konkreten Zahlen anschaut, dann sind es aber gar nicht so viele. Was eigentlich eine gute Nachricht ist, denn dann können das andere Länder auch schaffen.

    In der Absolutzahl steht Südkorea nur auf Platz 8. Wenn man das Verhältnis pro Einwohnerzahl nimmt, ist man nicht mal in den Top 20 gelistet, obwohl auch viele kleine Länder und Kleinststaaten da stehen wie Island, Luxemburg oder San Marino. Interessanter ist, wie viele Tests leistet sich Südkorea über die Infizierten hinaus. Leistet man sich den Luxus auch Menschen zu testen, die vielleicht positiv sein könnten, aber es meist nicht sind? Ja! In Südkorea gab es bisher rund 571.000 Tests und 10.683 Infizierte. Das heißt um einen Infizierten zu finden, hat Südkorea es sich geleistet, 53 Menschen zu testen. Das ist enorm. Wenn man das auf Deutschland übertragen würde, dann bedeutet das bei 2.000 Infizierten am Tag sollte man mindestens 100.000 Menschen testen. Nach Angaben des RKI bestehen diese Kapazitäten in den deutschen Laboren, allerdings scheitert es oft am Labormaterial. Aber ich würde sagen, wir sind nicht weit weg. 🙂

    Die Angaben habe ich dieser Seite entnommen:
    https://www.worldometers.info/coronavirus/

  48. #60 RainerO
    21. April 2020

    @ shader
    Vorsicht mit der Umrechung. Wenn man die derzeitigen Neuinfektionen und Tests in Südkorea in Relation setzt, ist man eher bei 800:1. Heute hat Südkorea 7979 Tests gemeldet und gestern und heute waren es nur ca. 10 Neuinfektionen. Und damit sieht das für Deutschland ein klein wenig anders aus, dann wären das nämlich 1,6 Millionen Tests für 2000 Neuinfektionen.

  49. #61 shader
    22. April 2020

    @RainerO, danke für den Hinweis. Die Frage wäre allerdings, ob es aktuell unbedingt ein Verhältnis von 800 zu 1 braucht, um die Sache im Griff zu haben. Der Vorteil ist, wenn man nur wenige Neuinfektionen hat, bekommt man durch Ausschöpfung der eigenen Testkapazitäten schnell ein so gutes Zahlenverhältnis hin.

    Ich denke trotzdem, ein Verhältnis von 50:1 ist für Deutschland erstrebenswert und hilfreich. 🙂

  50. #62 Viktualia
    22. April 2020

    @shader, Danke, ich hab meinen Denkfehler gefunden – “Infektionsketten” findet man nicht, weil viele Tests da sind, sondern nur wenn viele Negativ wären…
    (Wenn es kein “Knäuel” aus vielen Strängen ist, sondern nur ein einzelner “Kettenstrang” vorhanden wäre.)
    Die Austattung mit Millionen Tests ist eher für den worst-case/zweite Welle und beantwortet somit nicht deine Frage. `Tschuldigung.

    Zu meiner Ehrenrettung kann ich nur anführen, dass es ein “linkspopulistischer Versuch” war, meine Empörung über die “Öffnungsdisskusionsorgie” zu formulieren.

    Ich versuch privat auch schon immer, den Leuten zu erzählen, dass es mehr um Mathe als um Medizin gehe bei der “Krankheit”.
    Das ist dann auch der eigentliche Grund, warum ich hier mit meinem Halbwissen versuche, mitzuhalten.

    Wenn ich das richtig verstehe, ist die Eigenschaft des Virus´, auch harmlos bis unentdeckt wirken zu können, auch für Epidemiologen schwierig zu handeln – sie versuchen also im Moment noch, wenn ich das richtig verstehe, den Ausgleich dafür zu schaffen, dass Covid19 sich “gut tarnen kann”, man sieht ja keine Pusteln oder so was.

    Da möcht ich aber noch was wissen:
    ist das der Grund, warum man mehr von Virologen hört?
    (Und die Epidemieexperten sind später dran, wenn belastbarere Daten vorliegen?
    Oder hab ich da so ein “Korrelation/Kausal-Ding”? Und wenn ja, wo?)
    Würden wir mehr von ihnen hören, wenn es “Pusteln” gäbe, die Zahl der Erkrankten offensichtlicher wäre?
    (Nur um die Berufsgruppe mal besser einordnen zu können.)
    Oder liegt es an meinem Bias, weil ich die Zahlen nicht selber übersetzen könnte, rsp. die einfach anders arbeiten/kommunizieren, als ich mir das vorstelle?
    (Was jetzt leider nix mehr mit dem Fadenthema zu tun hat, ich wäre aber für eine Antwort dankbar.)

  51. #63 user unknown
    https://demystifikation.wordpress.com/2020/04/15/cc-103-ablenkung/
    24. April 2020

    @shader et. al.

    Ich kann mich nur wiederholen, wer meint, dass ab einer bestimmten Zahl von Infektionen die Rückverfolgung von Infektionsketten wieder möglich ist, der soll diese Zahl nennen und nach Möglichkeit auch belegen.

    In den Kommentaren des UKW-Podcasts hat jmd. aus dem Gesundheitswesen behauptet, die Infektionskettenverfolgung sei nie gestoppt worden, sondern finde auch heute nach wie vor statt.

    Ich war auch zwischenzeitlich der Meinung, man habe das irgendwann aufgeben müssen und wolle dahin zurück.