Was für ein Theater. Da schreibt jemand, bei der taz zuständig u.a. für Feminismus und Antirassismus, also für menschenfreundliches Denken, sowie Medienästhetik, also für kluge und schöne Texte, dummes Zeug über Polizisten: „Falls die Polizei abgeschafft wird, der Kapitalismus aber nicht: Was passiert dann mit all den Menschen, die heute bei der Polizei sind?“
Kapitalistische Alternativen werden in dem Text aber gar nicht überlegt, so weit hat die gedankliche Stringenz nicht gereicht, so dass man gar nicht weiß, was die Eingangsfrage soll. Stattdessen sind Polizisten, man hat ja keine Vorurteile, ist doch nur Satire, für alles ungeeignet, weil sie eh überall nur nazibraun unterwegs wären. Beispiel:
„Und wenn man sie einfach Keramik bemalen ließe? Nein. Zu naheliegend, dass sie unter der Hand Hakenkreuz-Teeservice herstellen und sich mit den Einnahmen das nächste Terrornetzwerk querfinanzieren.“
Als Schlussfolgerung kommt dann die umstrittene Entsorgungsphantasie:
„Spontan fällt mir nur eine geeignete Option ein: die Mülldeponie. Nicht als Müllmenschen mit Schlüsseln zu Häusern, sondern auf der Halde, wo sie wirklich nur von Abfall umgeben sind. Unter ihresgleichen fühlen sie sich bestimmt auch selber am wohlsten.“
Das ist dummes Gelaber, nicht witzig, sprachlich nicht gut, von der pauschalierenden Beschuldigung her sachlich falsch und vor allem menschenverachtend. Zu Recht regen sich viele Leute darüber auf, nicht nur die, die eigentlich die politische Korrektheit auf dem Müllhaufen der Geschichte entsorgt hatten und ihre ganz eigenen Entsorgungsphantasien pflegen.
Die taz diskutiert den Text. Gut so. Die als vermeintliche Kunstform zelebrierte Blindheit gegenüber der Menschenverachtung, wenn sie Gruppen trifft, von denen man sich abgrenzt, die man im nächsten Schritt ausgrenzt, die man zum Objekt macht und dehumanisiert, sollte gerade im linksalternativen Spektrum keinen Platz haben. Darüber nachzudenken, würde zwar auch den Rechtäußeren guttun, aber bei denen gehört Ausgrenzung bekanntlich zum Programm, da darf man in Sachen Selbstreflexion nicht so viel erwarten.
Dass sich Seehofer als Innenminister vor die Polizei stellt, ist richtig und notwendig, man mag ansonsten von Seehofer und dessen eigener Sprachmoral halten, was man will. Dass er Anzeige gegen die taz stellen will, ist falsch. Es nicht falsch, weil das ein „Anschlag auf die Pressefreiheit“ wäre, wie viele meinen, oder weil Strafanzeigen gegen Satire, gute oder schlechte Satire, sich meist als selbstschädigendes Verhalten erweisen, sondern weil es politisch dumm ist. Damit bekäme die Geschichte den Sound des Kulturkampfes für ein reaktionär buchstabiertes „anständiges Deutschland“, den sich die AfD so sehr wünscht. Die CSU, die in der Kolumne schon die „hässliche Fratze der hasserfüllten Linken“ zu sehen glaubte, ausgerechnet zum Auftakt des Prozesses gegen die Mörder Walter Lübckes, hat gerade noch die Kurve gekriegt, den tweet gelöscht und sich entschuldigt.
Seehofer sollte sich auch gedanklich etwas mehr anstrengen. Von mir aus der taz-Kolumnistin eine für sie geeignetere Anschlussverwendung empfehlen. Muss ja nicht gleich ein Praktikum in der Pressestelle der Polizei sein.
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