Heute ist im Wirtschaftsteil der Süddeutschen Zeitung ein Essay von Marc Beise zur Rolle des Lockdowns für die Wirtschaft erschienen. Beise leitet die Wirtschaftsredaktion der Süddeutschen und ist in normalen Zeiten marktliberal unterwegs. Daher mag es manchen irritieren, wenn er schreibt:
„Anders als viele denken, wurde die Wirtschaftskrise nicht durch den staatlich verordneten ‚Lockdown‘ ausgelöst. Tatsächlich ist sie eine zwangsläufige Folge der Corona-Pandemie.“
Beises Aufhänger ist ein Interview mit Paul Krugman, in dem dieser einen Zielkonflikt zwischen Wirtschaft und Pandemiebekämpfung bestritt: „You can’t recover until you beat the virus.“ Dies sei keineswegs eine exotische Meinung unter den Ökonomen:
„Die Mehrheit der Ökonomen sah von Anfang an, genauso wie Krugman, keinen Konflikt zwischen Epidemiebekämpfung und Wirtschaftsentwicklung, das zeigen Umfragen in den USA und in Europa. So sind zum Beispiel 65 Prozent der befragten europäischen Ökonomen der Meinung, dass ein strikter Lockdown mittelfristig für die Wirtschaft besser ist als weniger strenge Maßnahmen – und nur vier (!) Prozent widersprechen dieser Aussage.“
Diese Position, so Beise, würde nun zunehmend durch Studien bestätigt, die zeigen, dass Länder mit wenig wirtschaftlichen Einschränkungen nicht besser abschneiden als solche, die härter vorgegangen sind.
Ergänzend sei daran erinnert, dass bei uns z.B. VW die Schließung seiner Werke vor dem Lockdown angekündigt hat, ähnlich wie andere Unternehmen, und dass die Aktienmärkte schon im Januar auf Krise gestimmt waren.
Man kann jetzt darüber nachdenken, ob nicht nur der Gegensatz von Wirtschaft und Pandemiebekämpfung ein Mythos ist, sondern auch das Narrativ, der Lockdown sei der Politik allein von den Virologen nahegelegt worden und es sei stets nur um die Gesundheit der Menschen gegangen. Nicht dass es verwerflich wäre, wenn sich die Politik mehr als öffentlich kundgetan auch um die Wirtschaft gesorgt hätte, schließlich ist der Schutz der Wirtschaft auch Schutz des Lebens: Wir müssen, das ist wörtlich zu nehmen, unsere Lebensgrundlagen erwirtschaften. Aber zur Geschichte des Lockdowns gäbe es dann eine bisher wenig beachtete Seite mehr zu erzählen.
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