Die Telematik-Infrastruktur im Gesundheitswesen folgt der Baugeschichte des Berliner Flughafens. Seit mehr als 20 Jahren wird daran herumgewerkelt. Vor drei Jahren schien es dann einen großen Schritt voranzugehen, mit technischen Lösungen für die Datenspeicherung, die Datenübermittlung und den Datenzugang. Die elektronische Gesundheitskarte und die „Konnektoren“ für die Arztpraxen waren die Schlüsselelemente für eine digitale Zukunft.
„Ist heute schon morgen“, ist das sehr lesenswerte kleine Buch von Ivan Krastev über die Ambivalenzen der Coronakrise betitelt. Die Coronakrise lasse Konturen einer Zukunft jenseits alter Dichotomien sichtbar werden. Der Buchtitel fiel mir ein, als die Meldungen durch die Medien gingen, dass das Bundeskabinett am Donnerstag den Entwurf für ein „Digitale–Versorgung–und–Pflege–Modernisierungs–Gesetz (DVPMG)“ beschlossen hat. Ist das „Morgen“ vor drei Jahren, die bis heute nicht umgesetzte Telematik-Infrastruktur, schon das „Gestern“ von heute?
Das neue Gesetz schafft einerseits den Zugang zu digitalen Pflegeanwendungen, andererseits wird, ganz nebenbei, die gesamte Telematik-Infrastruktur neu aufgesetzt. Das hat sich schon zu Jahresbeginn angedeutet. Konnektoren waren gestern, jetzt sollen „Zukunftskonnektoren“ kommen, was immer das sein mag. Dazu eine zentrale Datenspeicherung in der Cloud und ein Datenzugang über alle möglichen Endgeräte. Das Gesetz würde die Datensicherheit verbessern, schreibt das Bundesgesundheitsministerium. Bis Ende 2023 sollen die Krankenkassen den Versicherten eine „sichere digitale Identität“ zur Verfügung stellen, barrierefrei.
Der Fortschritt ist unübersehbar. Das Gesetz hat einen technischen Bindestrich-Bandwurm-Namen der Generation 2.0., vor kurzem hätte es noch „Bessere-Daten-Gesetz“ geheißen. Die Versprechungen sind vollmundig, das Geschäftsfeld des ständigen Umbaus der Telematik-Infrastuktur im Gesundheitswesen wird intensivst gefördert, der Zugang zu zentralisierten Daten, dem Gold des Google-Facebook-Amazon-Zeitalters, vorangetrieben. Nur der Nutzen für die Patient/innen bliebt ungreifbar im Neuland des Morgens, das bald schon das nächste Gestern sein könnte. Ob die Flugtaxis je landen?
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