2018 hat die Süddeutsche Zeitung einen Kommentar zum Thema Wohnungsnot treffend mit der Überschrift versehen „Das wahre Problem der Nation heißt Wohnungsnot“. Eine Herausforderung also, bei der sprachliche Superlative nur angemessen sind. Horst Seehofer, damals Bundesbauminister, hatte im gleichen Jahr daher nach einem „Wohnungsgipfel“, bei dem es angeblich um Klotzen statt Kleckern ging, stolz verkündet, dass man bis 2021 zusätzlich 5 Milliarden Euro für den sozialen Wohnungsbau ausgeben wolle:
„Es ist nach meiner Kenntnis in der Politik die größte Anstrengung, die je in dieser Breite unternommen wurde, um mehr bezahlbaren Wohnraum in Deutschland zu schaffen.“
Im Februar 2021 zog das Bundesbauministerium dann eine positive Bilanz zur Umsetzung, allerdings sucht man in der Broschüre “Die Wohnraumoffensive und ihr Umsetzungsstand“ die Zahl der neu gebauten Sozialwohnungen vergebens. Dem Bundesverband GdW der Wohnungswirtschaft zufolge sank sie von ca. 27.000 im Jahr 2018 auf ca. 22.000 im Jahr 2021. Interessanterweise ist diese Zahl auch beim Statistischen Bundesamt oder auf der Internetseite des Bundesbauministeriums nicht zu finden. Warum eigentlich nicht?
Die neue Bundesregierung hat etwas mehr Geld in die Hand genommen, 14,5 Milliarden Euro bis 2026. Immerhin, das ist die Größenordnung dessen, was der Bund bisher für Corona-Bürgertests ausgegeben hat. Das sind dann sicher „allergrößte Anstrengungen“. Verglichen mit den hunderten Milliarden Euros für die Bewältigung der Finanzkrise nach 2007, den Kampf gegen Corona oder jetzt für Rüstung und Preisdeckel am Energiemarkt, könnte man aber auch von Peanuts sprechen, ein Begriff, den einst der Sprecher der Deutschen Bank ins finanzpolitische Vokabular eingeführt hatte. Jedenfalls zeigt der Vergleich, dass bezahlbarer Wohnraum so wenig wie Pflege oder die Energiewende bisher wirklich politischen Top-Prioritäten-Status hatte. Beim sozialen Wohnungsbau geht es nicht um „Wumms“ und „Doppel-Wumms“, sondern nur, um es in Seehofers Worten zu sagen, um „die größte Anstrengung, die je (…) unternommen wurde, um mehr bezahlbaren Wohnraum in Deutschland zu schaffen“.
Heute wird das „Bündnis für bezahlbaren Wohnraum“, sozusagen das Remake des Seehoferschen Wohnungsgipfels, Vorschläge für diese Legislaturperiode vorstellen. Ob gute Ideen für eine bessere Nutzung vorhandenen Wohnraums dabei sein werden, z.B. was Umzüge Älterer aus zu großen Wohnungen in altersgerechte Wohnformen, generationenübergreifendes Wohnen oder die Bodenpreisentwicklung in Ballungsregionen angeht? Manches ginge ja vielleicht auch ohne Wumms, dafür mit Grips.
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