Ende 2022 soll, so der Stand der Dinge, Scienceblogs enden. Das gilt dann auch für meinen Blog „Gesundheits-Check“. Wie schon bei der Ankündigung mitgeteilt, weiß ich noch nicht, ob ich irgendwo anders weitermache oder es nach all den Jahren des Bloggens zu Public Health-Themen und anderem Strandgut gut sein lasse. Es gibt ja genug Blogs in diesem Bereich.

In dem Zusammenhang mag eine Beobachtung am Rande von Interesse sein. Die öffentlichen Public Health-Institutionen, von der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung bis zum Robert Koch-Institut, sind praktisch alle bei twitter, facebook & Co aktiv. Viele haben auch einen regelmäßigen Newsletter. Das sind vor allem auf „Senden“ fokussierte Formate. Mit diskursiven Formaten wie Blogs tut man sich erkennbar schwer, vielleicht, weil Blogs nicht ganz so pflegeleicht sind wie ein twitter account. Sofern öffentliche Public Health-Institutionen überhaupt Blogs mit Kommentarfunktion anbieten, herrscht dort oft Stille.

Bei der Bundesvereinigung für Prävention und Gesundheitsförderung (BVPG) gibt es beispielsweise einen Blog, aber man muss lange suchen, bis man unter einem der Beiträge einen Kommentar findet.

Ähnlich schweigsam geht es irritierenderweise auch im Public-Health-Blogbereich von wissenschaftskommunikation.de zu, einem Gemeinschaftsprojekt von Wissenschaft im Dialog (WiD), dem Nationalen Institut für Wissenschaftskommunikation (NaWiK) und dem Karlsruher Institut für Technologie (KIT). Irritierend, weil Wissenschaftskommunikation ja das Kernanliegen dieses Projekts ist. Allerdings gibt es dort auch in den anderen Themenbereichen kaum Kommentare.

Der Blog „We CaRe“ des Deutschen Krebsforschungszentrums (dkfz) scheint über den Erstaufschlag 2016 gar nicht hinausgekommen zu sein: 1 Beitrag, 0 Kommentare.

Bei der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZga) findet sich noch ein Link zu einem Blog für das Alkoholpräventionsprojekt „Kenn dein Limit“, der Link führt allerdings nur noch zu einer Fehlermeldung: „Seite wurde nicht gefunden“.

Etwas mehr Leben ist auf der Seite „Wissen was wirkt – Cochrane bloggt auf deutsch“, allerdings ist das ein Blog ohne Kommentarfunktion, man kann hier nur Likes verteilen. Das geschieht immerhin regelmäßig, häufig mit sehr positiven Wertungen, eine freundliche Leserschaft.

Ein deutsches Problem ist der Mangel an Kommentaren auf institutionellen Public Health-Blogs nicht: Auch im CDC-Blog kann man reihenweise Beiträge durchklicken, ohne auf Kommentare zu stoßen.

Unabhängig davon, ob die hohe Zeit der Blogs vielleicht ohnehin vorbei ist, bei öffentlichen Public Health-Institutionen scheinen diskursive Formate der Wissenschaftskommunikation keine Selbstläufer zu sein. Ob hier eher eine Art „Public-Private-Partnership“ angesagt ist? Die Institutionen verlautbaren etwas, die Community bloggt und diskutiert?

Kommentare (19)

  1. #1 Alisier
    13. Dezember 2022

    Lieber Joseph,

    ich motiviere Dich hiermit ausdrücklich, Dich hinsichtlich Funktionieren einer Public-Private-Partnership einzusetzen.
    Manchmal braucht es den entscheidenden Impulsgeber.
    Natürlich nur wenn Du Zeit und Nerv (und Lust dazu) hast. Aber ohne sich einsetzende Einzelpersonen funktioniert fast gar nichts. Meine Erfahrung.

  2. #2 rolak
    13. Dezember 2022

    hinsichtlich Funktionieren einer Public-Private-Partnership einzusetzen

    Da bedarf es aber schon mindestens dreier gerüttelt Maß an Umdeutung, um bei diesem PosterThingi des Neoliberalismus an etwas in diesem Falle Nützliches zu denken. Schwebt Dir vielleicht so etwas wie Sponsoring vor, d.h. eine Organisation mit Interesse an Kommunikation stellt Mittel&Wege zur Verfügung, um diese kosteneffizient an externe Josephs auszulagern, die im zeitlichen Mittel auch Themen der Organisation publizieren?

    die hohe Zeit der Blogs [ist] vielleicht ohnehin vorbei

    Djd² sagt man hier in K & in solchen Fällen. Gute blogs waren seit dem Aufkommen des Genres schon immer selten, auch wenn die Gesamtheit einige Zeit lang neben Firmen­Kommerziellem die Außenansicht des www bestimmte. Das war allerdings in grauer Vorzeit, bevor das Schlagwort web2.0 aufkam und die Idee dahinter bummelig zwei Jahre später mit dem iPhone und ‘sms2.0’ auch das passende Werkzeug bekam, diese Kombination aus ZockersDelight und Holzhammer zum Phrasendreschen.

    Richtig Kohle schaufeln geht wohl nur mit brachial geschwungener Schippe; ordentliche Inhalte wohl nur mit (Firmen|Privat)-Sponsoring und reichlich Enthusiasmus – egal, ob nun privat oder per GroßOrganisation mit Inhalt bestückt.
    Das Image der goldenen Badewanne ist eh schon beschädigt, doch auch so würde ich eher das Hochhalten thematischer Werte im eher ruhigen Rahmen bevorzugen. Wäre bestimmt auch amüsanter, wenn sich die wwwSteinzeitler irgendwann in einer Höhle zum Schnack träfen, standesgemäß in WolpertingerFell gewandet.

    ___________________
    ² apropos 2.0: das ist für mich Brings2.0, bin mit Bands wie Brings1.0 groß geworden.

    • #3 Joseph Kuhn
      13. Dezember 2022

      @ rolak:

      Hätte das PPP vielleicht in Anführungszeichen setzen sollen. Es war erst mal nur die Frage, ob es hier aus guten Gründen zu einer getrennten Entwicklung gekommen ist.

      Ob öffentliche Institutionen einen Raum für private Blogger anbieten sollten? Das wirft viele Fragen auf, auch rechtliche.

  3. #4 rolak
    13. Dezember 2022

    in Anführungszeichen

    Zugegeben, ob die Gänsefüßchen im Artikel eben ebenfalls schon vorhanden waren, kann ich mich nicht sicher erinnern – aber das vorhin mit Sicherheit bereits präsente ‘eine Art’ war mir ‘Verähnlichung’ genug. Daher ist das Zitat ja auch aus Alisiers Kommentar, in dem diese Klammerung fehlt.

    öffentliche/private

    Dergleichen bedarf immer einer Regelung, ob nun öffentlich-rechtlich oder WordPress-Usenet-Twitter-BBoard-etc, ob nun ‘safety first’ mittels Kommentarlosigkeit oder ‘loss jon’ wie bei 8kun (including hoster-hopping) dabei herauskommt.
    Das ist aber überhaupt nichts prinzipiell Neues, solch breite Spektren bei Rechtsrahmen und Inhaltsangebot gabs schon immer bei Zeitschrift, Radio und Fernsehen (mit&ohne freie Mitarbeiter:innen), von WalterCronkite bis AlexJones (ohne so Grenzen fixieren zu wollen).

    • #5 Joseph Kuhn
      13. Dezember 2022

      … ich werde alt, die Gänsefüßchen waren in der Tat da.

  4. #6 Tina
    13. Dezember 2022

    In meinen Augen ist eine Plattform wie ScienceBlogs nahezu perfekt für den Zweck der unabhängigen und vielfältigen Wissensvermittlung (und auch für die Unterhaltung der Leser und Kommentatoren). Viele Leser haben vermutlich ursprünglich mal wegen eines bestimmten Themas hierhergefunden und dann irgendwann festgestellt, dass es ja auch noch jede Menge andere interessante Themen und Blogs hier gibt. Eine natürliche Erweiterung des Interessenspektrums sozusagen.
    Die gleiche Reichweite woanders oder alleine zu erzielen, wird wahrscheinlich ungleich schwieriger als auf einer etablierten und bekannten Plattform zu bloggen. Aber das ist natürlich trotzdem besser als gar nicht zu bloggen.

    Wenn die ScienceBlogs eingestellt werden, ist es so, als würde in der Natur ein ganzes Habitat plattgemacht. Bin immer noch sauer deswegen…

  5. #7 RainerO
    13. Dezember 2022

    @ Tina
    Jedes einzelne Wort: +1

  6. #8 Alisier
    13. Dezember 2022

    @ Tina
    Ich bin einfach gewohnt, das wichtige Biotope platt gemacht werden, immer mit superguten Gründen und auch legal, vom Gesetzgeber abgesegnet.
    Und ich bin inzwischen gewohnt nicht allzu lange zu jammern, sondern Wege zu finden, vielleicht doch etwas zu retten, manchmal vielleicht sogar besser als vorher zu machen. Zusammen mit vielen anderen.
    Initiatoren werden aber wirklich dringend gebraucht.

  7. #9 Tina
    13. Dezember 2022

    @Alisier

    In diesem Fall wüsste ich nicht, was ich tun könnte.

  8. #10 Alisier
    13. Dezember 2022

    @ Tina
    Ich auch nicht. Ist wirklich außerhalb meiner Kompetenzen.
    Aber ich bin sicher, dass es Menschen gibt, welche die Kompetenzen haben.
    Und wer weiß, vielleicht kann man sie doch irgendwie unterstützen?

  9. #11 Christian Meesters
    13. Dezember 2022

    @Joseph – ich sehe das 1:1 so wie Tina, es gibt ja auch Gegenbeispiele für das Fiasko von SB, das sicher Umständen geschuldet ist, die ihrerseits wieder Unsicherheit schafften. Noch ist nicht aller Tage Abend, ich hoffe sehr noch rechtzeitig eine Alternative zu finden. Das Eisen ist ja sehr heiß, wir werden es schon noch schmieden können. Bitte nicht den Kopf in den Sand stecken.

  10. #12 ajki
    13. Dezember 2022

    “Noch ist nicht aller Tage Abend”, heißt es weiter oben in einem Kommentar und gemeint ist damit, dass man noch (genügend o. reichlich) Zeit hätte, die Folgen des sb-Abschlusses zu bewältigen.

    Ich persönlich bin da nicht so optimistisch. Tatsächlich finde ich es äußerst unbefriedigend (aus reiner ausnutzend-gieriger Nutzersicht 😉 ), wenn so kurz vor Toresschluss erst ein einziger der wenigen verbliebenen aktiven Blogger auf dieser Plattform (Herr Freistetter) klar kommuniziert hat, wo seine Inhalte in der Zukunft zu finden sein werden. (ok, der Mann lebt ja auch schon lange ziemlich professionell von der Wissenschaftskommunikation und hat schon deswegen alle notwendigen Instrumente parat)

    Mir wäre angesichts der bevorstehenden Totzeit “Weihnachten/Neujahr” wohler, wenn die paar wenigen Blogger, die hier noch aktiv content und Diskussionen “liefern” und die man gerne auch in der Zukunft schamlos ausnutzend “konsumieren” möchte, zu einem jeweiligen persönlichen Schluss kämen und den dann zügig bekanntgeben könnten.

    … abernaklar muss das jeder Blogger selbst für sich entscheiden – auch wenn sich Schmarotzer wie ich das einbilden, gibt es nu mal kein Anrecht auf guten content 😉

  11. #13 Christian Meesters
    13. Dezember 2022

    @ajki

    Die Umstände sind sehr … besonders.

    “Allen Menschen recht getan, ist eine Kunst, die niemand kann”, sagt ein altes Sprichwort. Dies im Hinterkopf erklärt vielleicht, warum es so wenige Stellungnahmen bis zum heutigen Zeitpunkt gibt.

  12. #14 Block_backuper
    13. Dezember 2022

    Ich habe die Komplette Seite Scienceblogs.de gesichert.
    mit httrack, das hat auch etwas gedauert, ist knapp
    9,4Gb groß.
    Trotzdem, je mehr Leute sich eine
    Sicherung ziehn, desto geringer ist die wahrscheinlichkeit,
    das Wissen verloren geht

  13. #15 naja
    13. Dezember 2022

    @Joseph Kuhn
    Gerade weil es nicht so viele kommentierte Public Health Blogs gibt, wollen wir wissen, wo Sie hinziehen, wenn kein scienceblogs Weihnachtswunder geschieht. Sie haben doch offensichtlich noch Themen, also wenn Sie mich fragen, sollten Sie weiter schreiben.
    Ich bin zum Beispiel nicht auf social media Plattformen unterwegs und möchte auch außer Reichweite der Datenkraken bleiben, so lange das meine Kreditwürdigkeit noch nicht beeinträchtigt. 😉 Auch das weiß/wusste ich bei den scienceblogs so zu schätzen, dass ich mich nirgends registrieren muss. Dass mir keine Vorauswahl entsprechend meines und anderer Nutzunsverhalten, sondern das gesamte neue Angebot an Blogbeiträgen angezeigt wird. Sogar, dass der Traffic insgesamt überschaubar war, war für den User ehrlich gesagt angenehm. Schadepomade.
    @ Tina #6
    Wow, welch akkurate Beschreibung meiner Entwicklung als Leser der science blogs.

    • #16 Joseph Kuhn
      13. Dezember 2022

      @ naja:

      “Gerade weil es nicht so viele kommentierte Public Health Blogs gibt”

      Es gibt schon viele, siehe u.a. Link am Ende des ersten Absatzes. Es gibt nur keine bei den bekannten öffentlichen Public Health-Institutionen wie BZgA & Co.

      “wollen wir wissen, wo Sie hinziehen”

      Ich grüble noch über das “ob”. Wenn ich weiß, ob ich woanders hinziehe, wird das “wo” nicht verborgen bleiben. Andere Scienceblogger sind schon etwas entschiedener, sie werden sich sicher demnächst outen.

  14. #17 naja
    13. Dezember 2022

    @Joseph Kehn
    Den Link hatte ich tatsächlich übersehen. Danke noch mal.

  15. #18 zimtspinne
    14. Dezember 2022

    Das dkfz wird von vielen Krebslern/Angehörigen regelmäßig als Infoquelle genutzt, auch deren Hotline bei speziellen fragen (zu laufenden Studien u.ä.).
    Vernetzung stellen sie dann aber lieber selbst auf die Beine, weil das ihren Bedürfnissen wohl eher gerecht wird.
    Der Alkohol-link funktioniert schon gar nicht mehr, aber auch dort gilt das eben gesagte…
    Für reine Wissensvermittlung ohne besondere persönliche Interessen, sind offenbar nicht allzu viele Menschen zu begeistern. Zumindest auf regelmäßiger Basis.
    Misstrauen wird auch noch (unbewusst?) im Spiel sein, wenn es um Blogs von Institutionen zu public health geht…. ist nur eine Vermutung.

    Interessant, wie unter irgendwelchen online-Magazin-Spalten seitenlang ellenlange Kommentare stehen – Zeit ist offenbar noch genug vorhanden.
    Vielleicht sind das die Leute, die früher auch gerne Leserbriefe geschrieben haben, die nachher gedruckt wurden (oder auch nicht).

  16. #19 squirrel
    Winnipeg
    15. Dezember 2022

    Hallo Joseph!
    Mir fallen zwei Moeglichkeiten ein, wo Kommentare (oft) noch einigermassen funktionieren: Wikipedia Discussion pages, und gute Reddits (nicht alle sind gut).
    Vielen Dank fuer deine Blogs ueber die Jahre. Deine Perspektive ueber die Lage der Dinge in DE hat mir oft einen anderen Blickwinkel gegeben, wenn ich ueber Healthcare in Kanada nachdenke. Alles Gute!

    T