Vor kurzem hatten wir hier vor dem Hintergrund von Protesten der „Letzten Generation“ in einem langen Thread darüber diskutiert, was Protest darf. Die Frage ist in den Medien anlässlich der Proteste in Lützerath erneut virulent geworden. Wiederum stehen sich Positionen gegenüber, bei denen auf der einen Seite betont wird, es ginge nicht an, gegen demokratisch zustande gekommene Entscheidungen geltendes Recht zu verletzen und auf der anderen Seite, so einfach könne man diese Proteste nicht delegitimieren.

Dazu sei auf zwei aktuelle Kommentare hingewiesen:

1. Maximilian Steinbeis kritisiert im aktuellen Editorial von „Verfassungsblog“ die von Innenministerin Nancy Faeser und in einem FAZ-Kommentar von Reinhard Müller propagierte Sicht, mit dem auf demokratischem Wege zustande gekommenen Kompromiss zwischen RWE und der Politik sei kein Platz mehr für Proteste gegen das Abbaggern von Lützerath. Faeser wird in den Medien mit diesen Worten zitiert:

„In einer Demokratie entscheiden Parlamente und demokratisch gewählte Regierungen. Wer seine Anliegen mit Gewalt erzwingen will, verlässt diesen Konsens.“

Da fehlt nur noch Schröders „Basta“. Und Reinhard Müller sieht in den Protesten in Lützerath „die kontinuierliche Desavouierung demokratisch legitimierter Entscheidungen“ und den „Traum von einem anderen Reich“, auch die polemische Formulierung vom „Klima-Terrorismus“ bringt er wieder ins Spiel.

Steinbeis wendet dagegen ein:

„Was man sicherlich nicht verlangen kann, ist Konsens. Demokratie ist dazu da, die Auseinandersetzung über das politisch Wünschenswerte unter Verschiedenen offen zu halten, nicht sie zu schließen. Die Überstimmten müssen gerade nicht zustimmen. Sie können und dürfen das Entschiedene weiterhin für falsch halten. Sie müssen sich nicht einreihen in den allgemeinen Volkswillen. Sie dürfen dagegen und nicht einverstanden bleiben. Sie dürfen protestieren. Natürlich darf man gegen demokratisch legitimierte Entscheidungen protestieren.“

Und weiter:

„Was daran rechtfertigt auch nur im Entferntesten eine Parallele zu irgendwelchen Reichsbürgern oder anderen autoritären Umsturzversuchen?“

Es gehe bei den Protesten ja gerade nicht darum, etwas ein für alle mal im eigenen Sinne zu bestimmen und demokratische Auseinandersetzungen zu beenden, wie es z.B. bei Trumps oder Bolsonaros Anhängern der Fall war, als die das Parlament stürmen wollten, oder bei den Rechten und ihren Phantasien eines autoritären Führerstaats, sondern im Gegenteil um das Offenhalten der Diskussion.

Auch in dieser Sache ist sicher mit der Positionierung von Maximilian Steinbeis nicht das letzte Wort gesprochen, aber mit einem „legal Entschieden, basta“ gewiss auch nicht.

2. Im aktuellen SPIEGEL 3/2023 gibt es einen Leitartikel von Sophie Garbe. Sie fragt, ob die gegenwärtige Haltung der Bundesregierung am Ende auf zwei unerwünschte Alternativen hinausläuft:

„Entweder die Proteste intensivieren sich, und die Gräben werden noch tiefer. Oder sie hören ganz auf, weil die Aktivisten resignieren, weil sie das Gefühl haben, nichts zu erreichen. Aus demokratischer Sicht wäre diese Option wohl noch fataler.“

Und auch Garbe weist darauf hin, dass die Motivation dieser Proteste demokratische Politik gar nicht grundsätzlich infrage stellt:

„Denn im Kern ist ein Großteil des Klimaaktivismus staatsgläubig, die Proteste sind immer auch ein Appell an die Politik.“

In dieser Debatte kommen verschiedene Problemkreise zur Sprache, die man auseinanderhalten sollte, unter anderem:

• Die Verbindlichkeit demokratisch bzw. legal hergestellter Entscheidungen
• Das Recht, solche Entscheidungen zu kritisieren und auch gegen solche Entscheidungen zu demonstrieren
• Die Legitimität, gegen solche Entscheidungen durch Regel- und Rechtsbrüche Widerstand zu leisten
• Die Legitimität von Gewalt bei solchen Widerstandsaktionen
• Die politische Klugheit auf der einen Seite, Protest hörbar zu gestalten, aber die Mehrheit der Bevölkerung nicht abzuschrecken
• Die politische Klugheit auf der anderen Seite, einen in der Sache berechtigten Protest nicht vorschnell zu kriminalisieren
• Die Pflicht des Staates, einen wirksamen Klimaschutz umzusetzen
• Das Verhältnis zwischen Protest gegen rechtsverbindliche Entscheidungen und der Ablehnung des Staates

———————————-
Zum Weiterlesen:
Maximilian Steinbeis (2023). Nichts ist gut. Editorial Verfassungsblog 13.1.2023.
Jörg Alt (2022). Widerstand! Gegen eine Ökonomie, die tötet. Vier-Türme-Verlag Münsterschwarzach.

Kommentare (176)

  1. #1 Alisier
    15. Januar 2023

    @ Joseph Kuhn
    Heißes Eisen…
    Ich denke, dass, wenn man sich schon mal entschlossen hat einen Kompromiss, der wirklich weh tut, mit zu tragen, der Blick auf diesen Konflikt ein anderer ist.
    Was mich stört ist die Tatsache, dass die meisten, mit denen ich rede, nicht nur über diesen Konflikt, zu wirklichem Verzicht nur in seltenen Fällen bereit sind.
    Wir könnten alle, und das sage ich ganz bewusst, weniger Energie verpulvern wenn wir denn wollten.
    Das gesagt, mache ich für heute den Rechner aus, und harre erstmal der Diskussion, die da kommt.

  2. #2 fauv
    15. Januar 2023

    Politische Klugheit,
    die politische Klugheit fehlt, wenn man einen Polizeisprecher im Fernsehen zeigt und wie er der Masse der Demonstranten droht.

    Die Verhältnismäßigkeit der Mittel ist verletzt, wenn eine Hundertschaft der Polizei ein Dorf umstellt.

    Der Appell an die Politik verhallt ungehört, wenn wir nur noch von Parteisekretären regiert werden.

    Folgen; Staatsverdrossenheit bei den Älteren, Proteshaltung bei den Jugendlichen.

  3. #3 Ludger
    15. Januar 2023

    Mir fehlt das Zitat von Herrn Latif:

    Der Klimaforscher und Meteorologe Mojib Latif ist der Meinung, dass die öffentliche Debatte rund um die Räumung des Braunkohledorfs Lützerath »derzeit ohne großen wissenschaftlichen Hintergrund« abläuft. Für das Weltklima sei die Verbrennung der Kohle unter Lützerath »völlig irrelevant«, sagte Latif der »Rheinischen Post«
    [ https://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/luetzerath-klimaforscher-latif-kritisiert-debatte-ueber-braunkohle-a-d328f9c2-3a83-400f-b32b-af80aa3ce43e ]

    Die dort demonstrierenden Klimaaktivisten benutzen den Rechtssstaat wenn ihnen die Urteile in den Kram passen (z.B. beim Hambacher Forst) und bekämpfen ihn, wenn ihnen die gerichtlichen Urteile nicht passen. Sie beklagen die Härte der Polizei, die sie selber angreifen. Ich finde es gefährlich, wenn es für legitim gehalten wird, Ordnungswidrigkeiten zu begehen, weil man sich im Besitz von übergeordneten Wahrheiten wähnt.

  4. #4 Herr ɟuǝs
    voll daneben
    15. Januar 2023

    “kleine” Mädchen tanzen in Lützerath auf der Abbruchkante, werden von der Polizei gerettet und freundschaftlich weggetragen. Allen macht dieser Blödsinn offensichtlich Spaß, zahlen tut der Steuerzahler und der Gebührenzahler. Heute dürfen die C-Sternchen bei Anne Will.
    Wenigstens Mojib Latif ist dabei, hat man als einzigen Gescheiten versus Schwurbel geholt.

  5. #5 wereatheist
    16. Januar 2023

    [Latif:]Für das Weltklima sei die Verbrennung der Kohle unter Lützerath »völlig irrelevant«

    Astreines AfD-Niveau.
    Für RWE ist es eigentlich auch irrelevant, ob sie für paar Jahre um das Dorf herumbaggern oder nicht.
    Oder sollte es sein.

  6. #6 Uli Schoppe
    16. Januar 2023

    @wereatheist: Das mit dem AfD Niveau hätte ich vieleicht nicht so leicht dahin gesagt, aber ansonsten Zustimmung.

  7. #7 Joseph Kuhn
    16. Januar 2023

    Ergänzungen:

    1. Weil Herr ɟuǝs in Kommentar #4 die Sendung “Anne Will” gestern abend ansprach, hier eine Zusammenfassung dazu bei der FAZ: https://www.faz.net/aktuell/feuilleton/medien/tv-kritik-zu-anne-will-wird-luetzerath-zur-zerreissprobe-18604867-p2.html

    2. Ein (nicht ganz neutraler) Kommentar der taz zur (nicht ganz überzeugenden) Neutralität des Staates in der Durchsetzung der Rechte von RWE: https://taz.de/Polizeigewalt-in-Luetzerath/!5906163/

    3. Und mit Blick auf den Umgang mit Wissenschaft vielleicht von Interesse, mit welch gelehrigen Schülern der Tabakindustrie man es bei der Ölindustrie zu tun hat: https://www.faz.net/aktuell/wissen/erde-klima/interne-daten-oelkonzern-exxon-wusste-frueh-vom-klimawandel-18599437.html

  8. #8 Echt?
    16. Januar 2023

    Wie und wo man unter welchen Voraussetzungen demonstrieren darf, ist in einem Rechtsstaat geregelt. Gegen die Anwendung dieser Regelungen kann man klagen. Man kann sich auch politisch engagieren, um solche Regelungen zu ändern. Man kann solche Regelungen auch ignorieren, muss dann aber die – geregelten – Konsequenzen tragen.

  9. #9 Ludger
    16. Januar 2023

    @wereatheist, @Uli Schoppe
    Die in Europa freigesetzte CO2 Menge ist vom EU-Emissionshandel abhängig (https://de.wikipedia.org/wiki/EU-Emissionshandel ) und nicht von der Menge der verfeuerten Braunkohle in einem bestimmten Revier. Es nützt dem Klima nichts, mit der Aktion Lützerath CO2 einzusparen, weil die dann freiwerdenden CO2 Zertifikate wo anders in Europa verbraucht werden. Insoferrn hat Latif recht, wenn er sagt, die Verbrennung der Kohle unter Lützerath sei für das Weltklima »völlig irrelevant«,

  10. #10 RPGNo1
    16. Januar 2023

    @Joseph Kuhn

    2. Ein (nicht ganz neutraler) Kommentar der taz zur (nicht ganz überzeugenden) Neutralität des Staates in der Durchsetzung der Rechte von RWE:

    *husthust* Das “nicht-ganz-neutral” ist sehr wohlwollend ausgedrückt, wenn z.B. Habeck eine Schuld zugewiesen wird, ohne zu erwähnen, dass der Kohleausstieg in NRW von 2038 auf 2030 vorgezogen wurde.

    https://www1.wdr.de/nachrichten/landespolitik/luetzerath-rwe-braunkohle-entscheidung-100.html

    Oder wenn die Autorin von mutigen De­mons­tran­t*in­nen spricht, die sich einem Apparat gegenüberstellen, aber vergisst zu erwähnen, dass unter zahlreichen friedlichen Klimademonstranten in den vergangenen tagen auch eine Reihe Personen unterwegs waren, die bewusst eine gewalttätige Auseinandersetzung mit der Polizei suchten.

    Die Welt ist nun mal leider nicht schwarz-weiß, sondern oft auch von Grautönen durchzogen.

  11. #11 RPGNo1
    16. Januar 2023

    Die Integrationsverweigerer von Lützerath

    Parallelwelten gibt es nicht nur in migrantischen Milieus. Das größere Problem ist biodeutsch und radikalökologisch.

    https://www.spiegel.de/politik/deutschland/luetzerath-gewalt-gegen-polizei-integrationsverweigerer-unter-den-protestlern-a-ee9995d2-5c3a-4435-81d9-286c7d88c254

  12. #12 echt?
    16. Januar 2023

    “• Die Verbindlichkeit demokratisch bzw. legal hergestellter Entscheidungen”

    Öh, solche Entscheidung sind verbindlich.

    “• Das Recht, solche Entscheidungen zu kritisieren und auch gegen solche Entscheidungen zu demonstrieren”

    Im vorgegebenen gesetzlichen Rahmen sind Kritik und Demonstration natürlich zulässig.

    “• Die Legitimität, gegen solche Entscheidungen durch Regel- und Rechtsbrüche Widerstand zu leisten”

    Regel- und Rechtsbrüche können in unserem Rechtsstaat nicht legitim sein.

    “• Die Legitimität von Gewalt bei solchen Widerstandsaktionen”

    Siehe oben. Wenn jeder mal spontan seine eigenen Regeln aufstellt, was werfen wir den irren Querdenkern denn dann vor?

    “• Die politische Klugheit auf der einen Seite, Protest hörbar zu gestalten, aber die Mehrheit der Bevölkerung nicht abzuschrecken”

    Einfach mal an Regeln halten.

    “• Die politische Klugheit auf der anderen Seite, einen in der Sache berechtigten Protest nicht vorschnell zu kriminalisieren”

    Nicht der Protest wird kriminalisiert, sondern Rechtsbrüche.

    “• Die Pflicht des Staates, einen wirksamen Klimaschutz umzusetzen”

    Das ist sicher unstrittig.

    “• Das Verhältnis zwischen Protest gegen rechtsverbindliche Entscheidungen und der Ablehnung des Staates”

    Was soll denn daraus folgen? Dass wir den Rechtsstaat aufgeben?

  13. #14 Alisier
    16. Januar 2023

    @ RPGNo1
    Na. da erwartet euch ja dann einiges, wenn unsere Kinder. aus migrantischem Milieu UND(!) halbwegs grün sozialisiert erstmal alt genug sind Tunnel zu graben…
    Mir gefällt der Ton bei Blome ganz und gar nicht: es darf vielleicht irgendwann so weit verbal abgrüstet werden, dass nicht immer nur in Klischees geschrieben wird. Es hilft nämlich wenig Hohn und Spott über gefühlte Gegner auszukippen, statt in ehrlichen Dialog zu gehen.
    Argumente wären ja da. Zumindest teilweise.
    Und mir fällt es schwer hier im Thread überhaupt überzeugt reinzugrätschen.
    Wenn alles schon glasklar ist frage ich mich doch wieso JK überhaupt irgendwas verlinkt hat, das nicht die Meinung der bravsten Bürger wiedergibt?
    Weil die bravsten Bürger manchmal auch übelst falsch liegen können, z.B.?
    Kann ja gar nicht sein…….
    Und ich halte diesen Kompromiss, an dem ich nicht beteiligt war. für durchaus gelungen. Das nur nebenbei.
    Aber in Anbetracht der Tatsache, dass es Menschen wie Carl Schmitt gab und selbst die DDR ein Rechtssystem hatte finde ich manche Positionierung hier sehr vermessen.

  14. #15 Joseph Kuhn
    16. Januar 2023

    Ganz wichtiger Kommentar eines ganz wichtigen Mannes:

    “Bestens ausgeleuchtet oder mit Photoshop nachgeholfen? Hauptsache hoher Aufmerksamkeitsfaktor.”

    https://www.spiegel.de/politik/luisa-neubauer-ex-verkehrsminister-andreas-scheuer-blamiert-sich-mit-tweet-ueber-klimaschuetzerin-a-78a410a8-8def-4696-a08b-a0e8f719c68a

    A propos “bestens ausgeleuchtet”: Ob in der Maut-Sache schon alles bestens ausgeleuchtet ist?

  15. #16 rolak
    16. Januar 2023

    ganz wichtig

    Dieser Fehltritt wurde nicht nur im Spiegel kurz reflektiert, sondern +Bonus auch dort verpetzt.

  16. #17 Herr ɟuǝs
    schaumermal
    16. Januar 2023

    Es gibt ja auch Doppelgänger 😉 mal auf die Schatten achten.

  17. #18 wereatheist
    16. Januar 2023

    @Ludger:

    Es nützt dem Klima nichts, mit der Aktion Lützerath CO2 einzusparen, weil die dann freiwerdenden CO2 Zertifikate wo anders in Europa verbraucht werden.

    Das ist insofern irrelevant (ich fange an, dieses Wort zu lieben), weil es bei den Protesten nicht bloß um ein paar Millionen Tonnen Kohlendioxid geht, sondern um die ganze Politik des business almost as usual, wozu der ineffektive europäische Zertifikatenhandel gehört. Manche jüngeren Leute fühlen sich mit Recht verarscht, und machen jetzt ein bisschen Druck.
    Und wie sollte eine Bundesregierung für eine Änderung bzgl. Zertifikaten werben, wenn sie daheim nicht einmal ein Tempolimit, wie in zivilisierten Ländern üblich, durchsetzen kann?
    Ein solches ist eine der Forderungen aus der Klimaaktivistenszene.

  18. #19 Ludger
    17. Januar 2023

    Zitat von wereatheist:

    Das ist insofern irrelevant (ich fange an, dieses Wort zu lieben), weil es bei den Protesten nicht bloß um ein paar Millionen Tonnen Kohlendioxid geht, sondern um die ganze Politik des business almost as usual, […]

    Schöner hätte ich es nicht ausdrücken können.

  19. #20 Alisier
    17. Januar 2023

    @ wereatheist
    Aberaberaber….die schöne, einmalige Freiheit mit mindestens 260 das eigene und anderer Leben zu riskieren?
    Ist das etwa nichts?
    Da sollen sich die kleinen Schei.er mal nicht so haben und erst mal so viel arbeiten bis sie sich wenigstens einen Porsche leisten können. Sonst können die doch gar nicht mitreden.

  20. #21 Staphylococcus rex
    17. Januar 2023

    Ich bin innerlich bei dieser Frage zwischen zwei Stühlen. Intuitiv sympathisiere ich mit den Zielen, bin aber gegen die Ausübung von Gewalt seitens der Demonstranten. Nach meiner Einschätzung liegt der Hauptkonflikt in der Diskrepanz zwischen der Selbstwahrnehmung der Dringlichkeit des Anliegens der Protestierenden und der Akzeptanz in der breiten Bevölkerung. Wäre die Umweltbewegung eine Massenbewegung, bräuchten wir hier über viele Dinge nicht zu diskutieren.

    Grundsätzlich gibt es ein Grundrecht auf freie Meinungsäußerung und damit ein Grundrecht auf friedlichen Protest. Es gibt aber kein Grundrecht darauf von denen gehört zu werden, die nicht zuhören wollen. Werden hier Grenzen überschritten, ist jeder für seine eigenen Taten voll verantwortlich und ggf. auf einen wohlwollenden Richter angewiesen.

  21. #22 Alisier
    17. Januar 2023

    @ Staphylococcus rex
    Auch wenn viele nicht zuhören möchten: Genug Wasser haben und nicht in Bruthitze verschmachten wollen die meisten schon ganz gern, denke ich.
    Ein Teil der Reaktion auf die meist jungen Leute basiert auf Verdrängung, vermute ich.
    Der springende Punkt für mich ist, dass wir immer noch viele Möglichkeiten zur Reaktion auf die diversen Herausforderungen und Krisen haben. Wir sollten die Optionen aber schon kennen wollen.
    Und ich bin mir eben nicht sicher, ob die Bevölkerung in der Breite ausreichend informiert ist. Allein die Diskussion über die nötigen Veranderungen in Wald- und Landwirtschaft strotzt zum Teil vor Vorurteilen und Nichtwissen.
    Wir möchten einfach, dass es läuft, und wollen uns nicht wirklich kümmern. Vielleicht spielt bei den Reaktionen auf Lützerath auch einfach das schlechte Gewissen mit, wer weiß?
    Wir müssen uns aber kümmern, und zwar möglichst gemeinsam.

  22. #23 Staphylococcus rex
    17. Januar 2023

    @Alisier, bei denen, die nicht zuhören wollen, ist es wichtig den richtigen Schlüssel zu finden, um Aufmerksamkeit zu erregen. Wir haben in den nächsten Jahrzehnten drei Großbaustellen vor uns: den klimaneutralen Umbau der Wirtschaft, die Bewältigung der negativen Folgen des Klimawandels und die Überalterung der Gesellschaft (in Verbindung mit dem Renteneintritt der Babyboomer).

    Alle drei Großbaustellen werden Kosten verursachen, wo die Kosten der deutschen Einheit im Vergleich dazu als Peanuts erscheinen. Aus meiner persönlichen Sicht ist die einzige Stellschraube, um ohne soziale Kataklysmen an derartig viel Kapital zu kommen das Erbrecht. Wer nichts tut, muss damit rechnen, dass im Erbfall 80% des vererbten Eigenheims dem Staat gehört.

    Die einzige Stellschrauben, an der wir jetzt noch drehen können, sind das Tempo des Umbaus der Wirtschaft und die Reduzierung der negativen Umweltfolgen. Wenn wir jetzt entschieden handeln, dann gehört den Erben zumindest die Hälfte des Eigenheims.

    Ich will jetzt weder eine Diskussion ums Erbrecht beginnen noch mich um konkrete Zahlen streiten, es geht mir um die wesentlichen Konflikte und Handlungsoptionen. Vielleicht hat da jemand bessere Ideen?

  23. #24 Staphylococcus rex
    17. Januar 2023

    PS: Der Klimawandel ist eine Herausforderung für eine Demokratie, weil derjenige Berufspolitiker der zuerst die unangenehme Wahrheit verkündet, mit seiner Abwahl rechnen muss. Erst wenn der Klimawandel lagerübergreifend als Problem und Herausforderung akzeptiert ist, wird eine Demokratie wieder handlungsfähig. Die Einstellung “Wasch mit den Pelz aber mach mich nicht nass” ist dabei das Problem. Autokratische Gesellschaften sind hier zumindest in der Anfangsphase im Vorteil.

  24. #25 Alisier
    17. Januar 2023

    Ganz kurz zu Demokratien und gefühlten Vorteilen bei der Handlungsfähigkeit in (Halb)diktaturen:
    Fast jedes Gespräch über Klimawandel mit in China lebenden Menschen endet mit der Bemerkung, dass es ein vom Westen aufgebauschtes Thema ist, das schnell in den Griff zu kriegen wäre, und um das man sich eigentlich nicht kümmern müsse.
    Das erinnert mich immer sehr stark an das Thema DDR und Umweltschutz, und führt zu einer Einschätzung, die mich demokratische Strukturen umso mehr schätzen lässt.
    Umso bedauerlicher ist es dann wenn Protestkultur hier einseitig abgewatscht wird. Demokratie braucht Teilnahme, und daran hapert es zunehmend.
    Dialog kann furchtbar anstrengend sein, und Missverständnisse sind oft nicht zu vermeiden, aber die Verweigerung jedes Dialogs kann nicht die Lösung sein.
    Das gilt für alle Seiten.

  25. #26 zimtspinne
    17. Januar 2023

    @ Staphylo

    wie meinstn du das “wer nichts tut”?
    Wer sich nicht wehrt?
    Sollte mir mein Erbe zu 80% weggeklaut werden vom Staat, werde ich aber entsprechend vorsorgen und das vorher beiseite schaffen oder verprassen. Oder für ein Niedrigenergiehaus möglichst weit im Norden, außerhalb der deutschen Erbrechtstentakel, verwenden.
    Der deutsche Staat bekommt das jedenfalls nicht. Dort versichert das eh nur dubios.

  26. #27 Alisier
    17. Januar 2023

    @ zimtspinne
    Hast Du Dich schon mal damit beschäftigt ab welcher Summe ein Erbe überhaupt besteuert wird? Und wie genau?
    Ansonsten wirst Du einiges zu verprassen haben, wenn Du dann wirklich so reich bist.
    Auch bei dem Thema sind Fehlinformationen eher die Regel. Und klar, die FDP z.B. wird nicht müde den Teufel gerade bei diesem Thema immer wieder an die Wand zu malen.
    Eine Bedienungsdemokratie ist aber wirklich nicht das, was irgendjemandem hilft. Letztendlich nicht mal den Wohlhabenden.

  27. #28 Staphylococcus rex
    17. Januar 2023

    @Zimtspinne uns Alisier, worauf ich hinaus will, ist das Problem des Selbstbetrugs, der Klimawandel wäre nur das Problem der Anderen. Sich jetzt für einen ökologischen Umbau der Gesellschaft einzusetzen, ist kein Zeichen für Altruismus, sondern ein Zeichen für einen rationalen Egoismus. Wenn wir jetzt als Gesellschaft nichts tun, werden wir uns später diesen Herausforderungen stellen müssen, nur werden dann diese Herausforderungen über uns hereinbrechen und wesentlich mehr kosten als wenn wir jetzt proaktiv uns diesen Problemen stellen.

    Mehr kosten, bedeutet größere Umverteilungen des Eigentums, ob Erbrecht, Reichensteuer oder einmalige Steuer als Lastenausgleich, da kann ich nur raten. Offensichtlich habe ich mit der polemischen Spitze des vererbten Eigenheims einen Nerv getroffen 😉

    Entscheidungsprozesse in einer Demokratie dauern nun einmal ihre Zeit, so nervig das für alle Beteiligten sein mag. Das mag daran liegen, dass eine funktionierende Demokratie nicht nur das Votum der Mehrheit benötigt, sondern auch die Akzeptanz und die Mitarbeit der Minderheit.

  28. #29 Joseph Kuhn
    17. Januar 2023

    Klimawandel und Erbschaftssteuer

    “dass im Erbfall 80% des vererbten Eigenheims dem Staat gehört … Sollte mir mein Erbe zu 80% weggeklaut werden vom Staat”

    Wie auch immer das Thema Erbschaftssteuer den Weg hierher gefunden hat: Wie der Klimawandel ist auch dieses Thema ideologisch hochaufgeladen und wird dementsprechend von “interessierten Narrativen” vernebelt.

    Nach derzeitigem Recht beträgt im privaten Bereich der Freibetrag 1/2 Mio. Euro für Ehepartner und eingetragene Lebenspartner und 400.000 Euro für Kinder, und dann kommen viele abgestufte Regelungen für andere Erben. Für die engere Familie beträgt der Erbschaftssteuersatz selbst bei einem zu versteuernden Erbe von mehr als 26 Mio. Euro nur 30 %. Niemand muss 80 % Erbschaftssteuer entrichten.

    Wird die Immobilie 10 Jahre vom Partner oder den Kindern selbst bewohnt, fällt gar keine Erbschaftssteuer an.

    Für Betriebsvermögen gelten ganz andere Regeln, aber 80 % Erbschaftssteuern werden auch hier nicht fällig.

    Natürlich gibt es in diesem Feld auch Ungerechtigkeiten und unerwünschte Effekte. Und ja, mir sind die Medienberichte über sozial engagierte Vermieter in München bekannt, die durch die Erbschaftssteuer die Mieten erhöhen müssen oder über einen Verkauf mit dem Risiko des Erwerbs durch einen renditeorientierten Investor nachdenken.

    Aber interessant ist schon, wie auch kleinen Leuten Angst um das Häuschen ihrer Eltern gemacht wird und wie selbstverständlich davon ausgegangen wird, dass Gewinne durch die irrsinnig gestiegenen Bodenpreise etwa in München den Erben belassen werden müssen, auch wenn sie eine Immobilie nur als Geldanlage behalten wollen.

    Die absichtliche Verwirrung der Bevölkerung bei der Erbschaftssteuer wiederum gleicht der durch die Ölindustrie, was den Umgang mit besserem Wissen angeht. War oben schon verlinkt: https://www.faz.net/aktuell/wissen/erde-klima/interne-daten-oelkonzern-exxon-wusste-frueh-vom-klimawandel-18599437.html

  29. #30 echt?
    17. Januar 2023

    “Ein Rechtskommentar: https://verfassungsblog.de/versammlungsfreiheit-in-lutzerath-zur-disposition-von-rwe-und-behorden/

    Sehr schräge Argumentation. Der Autor sieht die Besetzung des Privateigentums durch die Versammlungsfreiheit gedeckt. Den will ich mal lesen, wenn die NPD in einem Vorgarten eines Politikers steht.

    “Die Sicht der Regierung ist klar: https://www.evangelisch.de/inhalte/210845/16-01-2023/regierung-polizei-hat-luetzerath-geltendes-recht-durchgesetzt

    Sogar der o.g. Autor sieht das nicht anders.

    “Wem was gehört, ist weniger klar: https://www.zeit.de/news/2023-01/16/garzweiler-nrw-sieht-kein-enteignungsproblem-bei-abbau

    Sicher eine interessante Frage, die hier rechtlich aber nicht von Relevanz ist. Wenn da etwas nicht hasenrein sein sollte, könnte man es ja gerichtlich klären lassen. Bis dahin gilt …

    “Ob die Kohle unter Lützerath wirklich gebraucht wird, ist auch nicht ganz klar: https://www.focus.de/finanzen/news/braucht-wir-kohle-aus-luetzerath-ueberhaupt-zwei-grosse-studien-widersprechen-sich_id_182736464.html

    Das spielt bei der rechtlichen Klärung nur am Rande eine Rolle. Die Motivation der Demonstranten wird ins Strafmaß eingehen. Für die Frage der Legalität der “Besetzung” spielt das aber keine Rolle.

    §Wer welche Interessen verfolgt, dafür vielleicht wieder eher: https://www.spiegel.de/wissenschaft/mensch/luetzerath-warum-rwe-nicht-zu-trauen-ist-kolumne-a-5e8e3254-1665-4bc3-8d84-d402901d89ee

    Ob man RWE trauen kann oder nicht, spielt für die rechtliche Bewertung auch keine Rolle.

    Ich möchte davor warnen, dass “gut gemeint” über “rechtlich zulässig” siegt. Dann kommen als nächstes gut meinende Querdenker oder andere Verwirrte mit der gleichen Argumentation. Wenn man gesetzliche Regelungen ändern möchte, muss man sich halt politisch engagieren. Gerade das Beispiel der Partei der Grünen zeigt doch, dass so etwas funktioniert.

    • #31 Joseph Kuhn
      17. Januar 2023

      @ echt?

      Ob der Vergleich mit den Querdenkern trägt, oder ein Fall von false balance ist, wäre zu diskutieren, siehe von der Richtung der Problematik her die im Blogbeitrag oben kurz angesprochene Sicht von Maximilian Steinbeis.

      Auf jeden Fall aber sollte man das von Steinbeis hervorgehobene Recht, gegen einen demokratisch ausgehandelten Kompromiss zu demonstrieren, in welchen Grenzen auch immer, nicht vernebeln.

  30. #32 echt?
    17. Januar 2023

    Natürlich hat man das Recht gegen einen “demokratisch ausgehandelten” Kompromiss zu demonstrieren. Allerdings muss man eben das geltende Recht dabei beachten.

    Und wer sollte denn entscheiden, dass in einem speziellen Ausnahmefall geltendes Recht nicht zu beachten wäre? Etwa nach diesem Muster: https://www.spiegel.de/politik/der-knueller-a-1cc60d3e-0002-0001-0000-000013508573

    • #33 Joseph Kuhn
      17. Januar 2023

      @ echt?

      “Etwa nach diesem Muster”

      Für was wäre das ein Muster? Der Artikel ist insofern interessant, weil auch dort schon die Vergleichbarkeit von Blockaden diskutiert wird, ähnlich wie vor kurzem bei Straßenblockaden der “Letzten Generation” im Vergleich zu Bauernprotesten 2019 in Oldenburg. Von einem Polizei-Einsatz zur Räumung der LKW-Blockade damals in Kiefersfelden ist in dem SPIEGEL-Artikel übrigens nicht die Rede, statt dessen vom Unterstützungsbesuch seitens FJS und: “Gehilfe Strauß wird, das steht zu vermuten, kaum angeklagt werden, eher werden schon die Ermittlungen »in irgendeiner Form« abgewürgt (Leyrer).” So kam es dann auch.

      Nur, was sagt uns das jetzt? Da steh’ ich nun, ich armer Tor, Und bin so klug als wie zuvor!

      “Allerdings muss man eben das geltende Recht dabei beachten.”

      Andere sagen statt dessen, in bestimmten Fällen sei ziviler Ungehorsam geboten und man müsse dann eben die Folgen tragen. Und es scheint – ich bin kein Jurist – als käme man bei alldem nicht um das Abwägen von Rechtsgütern im konkreten Fall herum, statt alles über einen Kamm zu scheren. Ich bin jedenfalls auf die juristischen Kommentare und Urteile zu Lützerath gespannt, die demnächst kommen.

  31. #34 fauv
    17. Januar 2023

    zum Recht auf Boden
    “Bergfreie Bodenschätze hingegen, zu denen unter anderem die meisten Erze, Metalle und fossile Brennstoffe zählen, sind dem Grundstückseigentum entzogen.” So der Gesetzestext. §3BBerG

    Ich nehme mal an , dass Enteignungen auf dieser Grundlage gesetzeskonform sind.
    https://www.dnr.de/themen/glossar/klassifizierung-von-bodenschaetzen
    Im Gegensatz dazu gehören diese Bodenschätze in den USA dem Grundstückseigentümer.

    • #35 Joseph Kuhn
      17. Januar 2023

      @ fauv:

      Die Bestimmung der “bergfreien Bodenschätze” ist eine Regelung zum Eigentum an Bodenschätzen. Die Zulässigkeit einer Enteignung wird grundsätzlich in Art. 14 GG geregelt:

      “Eine Enteignung ist nur zum Wohle der Allgemeinheit zulässig. Sie darf nur durch Gesetz oder auf Grund eines Gesetzes erfolgen (…).”

      Das im Falle Lützerath einschlägige Gesetz ist das von Ihnen zitierte BBergG. Dort heißt es in § 79:

      “Die Grundabtretung ist im einzelnen Falle zulässig, wenn sie dem Wohle der Allgemeinheit dient, insbesondere die Versorgung des Marktes mit Rohstoffen, die Erhaltung der Arbeitsplätze im Bergbau, der Bestand oder die Verbesserung der Wirtschaftsstruktur oder der sinnvolle und planmäßige Abbau der Lagerstätte gesichert werden sollen (…).”

      Ein Gummiparagraf, der sicher durch die Rechtsprechung umfänglich ausgelegt ist. Ich kann dazu nichts beitragen. Und weiter:

      “Die Abtretung eines Grundstücks, das bebaut ist oder mit einem bebauten Grundstück in unmittelbarem räumlichem Zusammenhang steht und eingefriedet ist, setzt ferner die Zustimmung der nach Landesrecht zuständigen Behörde voraus. Die Zustimmung darf nur aus überwiegenden öffentlichen Interessen unter Berücksichtigung der Standortgebundenheit des Vorhabens erteilt werden.”

      Wie gesagt, zu alldem gibt es sicher Berge an Rechtsliteratur – darüber mögen also Juristen diskutieren.

  32. #36 fauv
    17. Januar 2023

    Joseph Kuhn,
    das öffentliche Interesse.
    Ich vermute mal, dass auf diesem Gebiet die Oberverwaltungsgerichte entscheiden. Und die entscheiden in vielen Fällen pro Land bzw. Bund.

  33. #37 echt?
    17. Januar 2023

    Die rechtliche Bewertung kann man aus der Erfahrung mit den “Klebern” vermuten. Trotz guter Beweggründe gab es Strafen.

    • #38 Joseph Kuhn
      17. Januar 2023

      @ echt?

      “Trotz guter Beweggründe gab es Strafen.”

      So ist das nun mal beim zivilen Ungehorsam: Legitim und legal sind nicht identisch. Oder paradox formuliert: Das Legitime kann geboten und verboten zugleich sein.

      Genauso gibt es Dinge, die sind legal, aber man “tut sie nicht”.

  34. #39 rolak
    17. Januar 2023

    beim zivilen Ungehorsam: Legitim und legal sind nicht identisch

    Beim Zivilen Ungehorsam: aber sicher doch. Denn nicht dieser als solches wird sanktioniert, sondern auschließlich in seinem Rahmen ausgeführte rechtswidrige und strafbare Aktionen wie zB Hausfriedensbruch oder Sitzblockaden. Bei letzteren hat sich allerdings ´95 einiges geändert.

    War aber zu spät für mich und ~3000 Andere…

    • #40 Joseph Kuhn
      17. Januar 2023

      @ rolak:

      Es ist der Kern zivilen Ungehorsams, aus Gewissensgründen, also aus Legitimitätsüberlegungen, gegen Recht, also gegen die legale Ordnung, zu verstoßen. Wikipedia definiert beispielsweise:

      “Durch einen symbolischen, aus Gewissensgründen vollzogenen und damit bewussten Verstoß gegen rechtliche Normen zielt der handelnde Staatsbürger mit einem Akt zivilen Ungehorsams auf die Beseitigung einer Unrechtssituation und betont damit sein moralisches Recht auf Partizipation.”

      Quelle: https://de.wikipedia.org/wiki/Ziviler_Ungehorsam.

      Dazu lohnt auch das oben erwähnte Büchlein von Jörg Alt, in dem z.B. der Unterschied zwischen zivilem Ungehorsam und Widerstand erläutert wird, oder zwischen Sachbeschädigung und Gewalt usw.

  35. #41 Herr ɟuǝs
    Wasnu
    17. Januar 2023

    Bauchgefühl

  36. #42 rolak
    18. Januar 2023

    der Kern zivilen Ungehorsams .. gegen die legale Ordnung zu verstoßen

    Durchaus, doch nicht nur verstößt er selber hierzuland nicht dagegen, sondern kann sogar die Strafbarkeit der in seinem Rahmen stattgefundenen konkreten Aktionen reduzieren. Aus demselben Dpedia-Artikel:

    Ziviler Ungehorsam als solcher ist im deutschen Recht weder eine Ordnungswidrigkeit noch ein Straftatbestand. Er äußert sich allerdings in Handlungen, die Gesetze, Verordnungen oder Verfügungen verletzen. Damit ist nicht der zivile Ungehorsam sanktionierbar, sondern jeweils die konkrete Rechtsverletzung (..)
    Während der zivile Ungehorsam nur mittelbar durch die Sanktionierung der begangenen Normverletzungen bestraft wird, hat die Motivation, die sich im zivilen Ungehorsam ausdrückt, Konsequenzen für die Strafzumessung: Nach § 46 Abs. 2 StGB sind Beweggründe, Ziele und Gesinnung in der Strafzumessung zu berücksichtigen; nach § 153 StPO kann das Verfahren eingestellt werden, „wenn die Schuld des Täters als gering anzusehen“ ist, und kein öffentliches Interesse an der Verfolgung anzunehmen ist.

    • #43 Joseph Kuhn
      18. Januar 2023

      @ rolak:

      “Robin-Hood-Aktionen als solche sind im deutschen Recht weder eine Ordnungswidrigkeit noch ein Straftatbestand. Sie äußern sich allerdings in Handlungen, die Gesetze, Verordnungen oder Verfügungen verletzen. Damit sind nicht Robin-Hood-Aktionen sanktionierbar, sondern jeweils die konkrete Rechtsverletzung (..)”

      Kleine Denksportaufgabe: Was könnte “ziviler Ungehorsam” ohne illegale Handlungen überhaupt sein?

      Wenn es keinen zivilen Ungehorsam ohne illegale Handlungen gibt, weil diese konstitutiv für den zivilen Ungehorsam sind, ist de facto ziviler Ungehorsam illegal, auch wenn es im Strafrecht keinen Paragrafen explizit zu “zivilem Ungehorsam” mit entsprechender Definition des Tatbestands gibt. Letzteres hat vermutlich nicht nur juristische Gründe. Cave: Meine Laienmeinung, Jurist:innen warten manchmal mit Überraschungen auf.

  37. #44 naja
    18. Januar 2023

    @echt? #30

    Ich finde, die Realität zeigt eher das Gegenteil. Das Beispiel der Grünen zeigt nicht, dass politisches Engagement klappt. Trotz Grüner im Bundestag und sogar jetzt zum dritten mal in der Regierung steigt die Umweltbelastung und wir haben, statt co2 Ausstoß zu reduzieren einen Markt für Zertifikate aufgebaut, der teilweise das Gegenteil bewirkt.
    Extinction Rebellion etc haben, anders als RWE halt keinen permanenten Zugang zum Bundestag, den sie für ihren Lobbyismus nutzen könnten.
    Es ist sozusagen kein ausgeglichener Zugang zu politischen Entscheidungsträgern da und das zeigt sich auch in der Realpolitik.

  38. #45 LasurCyan
    18. Januar 2023

    Kleine Denksportaufgabe: Was könnte “ziviler Ungehorsam” ohne illegale Handlungen überhaupt sein?

    Mal andersherum spekuliert: Ganz unzivil ist ‘Ungehorsam’ im militärischen Selbstverständnis eine Befehlsverweigerung. Uns Rekruten wurde das seinerzeit so erklärt: Ja, Befehlsverweigerung ist möglich, ihr müsst keine unbewaffneten Kinder erschiessen. Aber für die Verweigerung werdet ihr zur Verantwortung gebracht > Haft > Militärgericht > Ausgang des Verfahrens ungewiss.

    Also übertragen auf den zivilen Ungehorsam würde ich nicht von einer illegalen Handlung sprechen, sondern von einer Normverletzung, die durch höhere Dings wie Klimaschutz, Menschlichkeit etc. legalisiert wird.

  39. #46 Joseph Kuhn
    18. Januar 2023

    @ LasurCyan:

    “Also übertragen auf den zivilen Ungehorsam würde ich nicht von einer illegalen Handlung sprechen, sondern von einer Normverletzung, die durch höhere Dings wie Klimaschutz, Menschlichkeit etc. legalisiert wird.”

    Eher so: Es geht um illegale Handlungen, die durch wichtigere Rechtsgüter als die verletzten Rechtsgüter legitimiert werden sollen. Ob sie dadurch in bestimmten Fällen sogar legalisiert werden können, analog der klassischen Notwehr, wäre im Einzelfall zu prüfen. Der Satz, dass der Zweck die Mittel heiligt, ist für Juristen sicher besonders heikel.

    @ naja:

    “Es ist sozusagen kein ausgeglichener Zugang zu politischen Entscheidungsträgern da und das zeigt sich auch in der Realpolitik.”

    Dass die Mächtigen Macht haben, ist natürlich ein Stück weit trivial. Ihre Verbindungen zu den Entscheidungsträgern sind oft nicht sehr sichtbar und die wirklich mächtigen Leute müssen sich den Zugang zur Politik auch nicht erkaufen, wie es in NRW vor 10 Jahren mal angedacht war.

    Schon gar nicht müssen sie dafür auf der Straße demonstrieren. Dass sich die Vorstände der DAX-Konzerne schon einmal vor dem Kanzleramt festgeklebt hätten, ist nicht bekannt. Es wird seine Gründe haben.

  40. #47 rolak
    18. Januar 2023

    Jurist:innen warten manchmal mit Überraschungen auf

    Keine Gegenstimme von hier. Hängt wohl eher an den streng zu befolgenden Formalismen, weniger am Unterschied rechtmäßig/gerecht.
    Apropos Unterschied: kann es sein, daß es Dir bei ‘legitim’ die ganze Zeit um Duden(2) geht, dieses ethisch-moralisch-bauchgefühlige, jedwede Rechtslage resolut ignorierende ‘aber gut isses doch!’?

    Aufs juristische beschränkt ists (gleich-erklärendes weggelassen) ja ziemlich ähnlich:
     •-al: gesetzlich [erlaubt], mit behördlicher Genehmigung
     •-itim: gesetzlich anerkannt, im Rahmen bestimmter Vorschriften [erfolgend]
    Die beiden haben im Duden ulkigerweise identische Synonym-Listen, ohne selbst zueinander synonym zu sein…

    Ist so ähnlich wie beim KFZ-fahren (falls der passende Lappen sowohl dereinst erworben wurde als auch noch besessen wird): das ist per se legal/legitim, obgleich kein Mensch die Anforderungen StVO§1 dauerhaft zu 100% erfüllen kann – ne kleine Unaufmerksamkeit reicht. Dh obgleich KFZ-Fahren nicht immer ohne ordnungs/strafrechtliche Folgen ablaufen kann, ist es trotzdem an sich legal/legitim. Bei einem konkreten Unfall wird dann (wie auch immer entschieden), ob man schuldhaft beteiligt war oder nicht, also bestraft wird oder nicht – und im letzteren Falle wird ‘posthum’ das KFZ-Fahren in diesem Falle trotz ‘könnte evtl strafbar sein’ legitimiert.

  41. #48 LasurCyan
    18. Januar 2023

    analog der klassischen Notwehr

    Jein, Joseph. Notwehr inkludiert immer Angemessenheit, und ob die legalisierte Gewaltanwendung angemessen ist, ist (sofern die Fakten klar sind) juristisch einfach zu beurteilen (sagt der Laie^^). Also wenn ich Jemand* ne Kniescheibe zerschiesse, weil ich mit nem Messer bedroht werde, geht das wahrscheinlich als angemessen durch.

    Wenn ich mich aber auf die Autobahn klebe, um die Regierung an ihre KlimaVerpflichtungen zu erinnern, ist der Fall komplizierter: da passiert ja nichts, keine Gewalt, keine Sachbeschädigung. Nötigung vieleicht. Aber das ist alles konstruiert. Notwehr scheidet jedenfalls aus, weil sich die Angemessenheit nicht bemessen lässt.

  42. #49 Joseph Kuhn
    18. Januar 2023

    @ LasurCyan:

    “Angemessenheit”

    Ja klar. Anders wäre eine zunächst für legitim deklarierte Rechtsverletzung nicht in einer Rechtsgüterabwägung zu legalisieren – sagt der andere Laie 😉

    “Notwehr scheidet jedenfalls aus, weil sich die Angemessenheit nicht bemessen lässt.”

    Ich schrieb ja auch explizit “analog zur klassischen Notwehr”, nicht dass es Notwehr ist. Hast du mal in den Rechtskommentar auf verfassungsblog geschaut, der in Kommentar #13 verlinkt ist? Vielleicht wird dann manches klarer.

    @ rolak:

    Ja natürlich habe ich sorgsam zwischen “legitim” und “legal” unterschieden. Sonst wären meine diesbezüglichen Kommentare ja unabhängig von ihrer juristischen Belastbarkeit rein sprachlich völlig wirr.

    Das Beispiel mit dem Autofahren verstehe ich nicht. Wenn jemand einen Unfall baut, wird dadurch nicht nachträglich seine Fahrerlaubnis illegal, also rechtswidrig. Ihm kann natürlich der Führerschein entzogen werden, wenn er den Unfall volltrunken verursacht hat, er hätte dann ja weder legaler- noch legitimerweise fahren dürfen.

    Ohne Führerschein kann er dann auch künftig legal nicht mehr fahren. Falls er aber, um einem Menschen das Leben zu retten, ausnahmsweise doch fährt, wird man das zumindest als legitim ansehen und ihn wohl auch nicht dafür bestrafen, also in einer Rechtsgüterabwägung das lebensrettende Fahren als legal durchgehen lassen.

    Ich würde diese kleine OT-Diskussion aber gerne wieder beenden, ich bin, wie gesagt, kein Jurist und will hier nicht fröhlich ins Dunning-Kruger-Land einreisen.

  43. #50 Echt?
    18. Januar 2023

    Die Grünen haben schon einigen Muff aus der Gesellschaft vertrieben und auch in Sachen Umweltschutz hat sich schon viel verbessert. Mein Argument war ja, dass eine Gesellschaft sich Regeln gibt und die beachtet werden sollen. Falls wir die Entscheidung über die Beachtung von Regeln jedem einzelnen Mitbürger überlassen, würdet ihr euch über das Ergebnis wundern. Lest mal die Leserbriefe bei welt.de, schaut euch eine Demo von Pegida an oder hört mal den Höckes dieser Welt zu.

  44. #51 RainerO
    18. Januar 2023

    …und will hier nicht fröhlich ins Dunning-Kruger-Land einreisen.

    Das wird nicht passieren, solange man sich seiner (juristischen) Inkompetenz bewusst ist.

  45. #52 Beobachter
    19. Januar 2023

    Es ist doch überall das Gleiche:
    Das sind doch alles Klima- und Naturschutz-Terroristen, diese linksextremen Protestierer und Baum-Hausbesetzer!
    Freie Fahrt für freie Bürger auf noch mehr Autobahnen!
    (das ist zynisch gemeint)

    https://taz.de/Protest-gegen-Abholzung/!5906525/

    “Protest gegen Abholzung
    Fecher wird geräumt
    In Frankfurt am Main sollen Hunderte Bäume für zwei Autobahnkilometer fallen. KlimaaktivistInnen protestieren.
    … “

  46. #53 naja
    19. Januar 2023

    @ Echt?

    Ich verstehe deinen Punkt schon gut.
    Aber wir müssen Welt Kommentare und Pegida Demos ja eh ertragen. Solange nicht zu verfassungsfeindlichen Handlungen aufgerufen wird und es sich um passiven Widerstand handelt. Und so ist es auch bei den Klimademos.
    Im übrigen argumentiert der erste Rechtskommentar, den du verlinkt hattest, dass Privateigentum wie Vorgärten nicht das selbe sind, wie öffentlich zugängliches Privateigentum (Wald, Fraport oder Lützerat).
    Also, der Kommentar gibt ja Kriterien an, die auf den Versammlungsort (zB öffentlich zugänglich) und den Grund für die Wahl (Ort ist inhaltlich relevant) zutreffen müssen, damit Versammlungsfreiheit dort überhaupt gegeben sein kann.

  47. #54 LasurCyan
    19. Januar 2023

    Hast du mal in den Rechtskommentar auf verfassungsblog geschaut, der in Kommentar #13 verlinkt ist? Vielleicht wird dann manches klarer.

    Danke, Joseph, hab ich inzwischen. Ob da manches klarer wird weiss ich allerdings nicht: kann sein, muss aber nicht sein^^

  48. #55 Echt?
    19. Januar 2023

    Dass mit dem Privatgelände ist lustig. Wie groß darf das Grundtück denn sein und wie hoch der Zaun? Und spielt es eine Rolle, ob es einer GbR, einer AG, einer GmbH oder einer Person gehört?

    • #56 Joseph Kuhn
      19. Januar 2023

      @ Echt?

      Auf der Ebene, wie hoch ein Zaun sein soll, wird das Ganze doch etwas albern, finden Sie nicht?

      Um was geht es im Kern: Unter welchen Bedingungen darf legitimer Protest, Protest aus Gewissensgründen, geltendes Recht verletzen und welche Folgen soll das wiederum legitimerweise haben? Und gibt es dabei Unterschiede je nach dem Motiv der Rechtsverletzer?

      Vielleicht muss man dazu Vergleichsfälle des Umgangs mit “Recht” anschauen:

      Sie sind vermutlich auch nicht der Meinung, dass Hans Filbingers trotziges Beharren “Was damals Recht war, kann heute nicht Unrecht sein” richtig war? Zumindest hat Gustav Radbruch darauf eine überzeugende Antwort gegeben. Und vermutlich halten auch Sie Graf Stauffenberg nicht einfach für einen Rechtsbrecher, der nur seine “gerechte Strafe” erhalten hat?

      Aber was ist z.B. mit den Protesten 2019/2020 in Hongkong? Waren sie legitim? Waren die (illegalen) Sachbeschädigungen dort gerechtfertigt? Oder hätten sich die Menschen dort an geltendes Recht halten müssen? Und wie sind z.B. die Proteste gegen das Arbeitsgesetz 2018 in Ungarn zu bewerten? Kann man auch da sagen, die Leute sollen sich eben politisch engagieren und anders wählen? Zumindest in Ungarn wäre es ja gegangen.

      Und warum werden mit Konzernen “Kompromisse” geschlossen, während man sich von Protestierenden, deren Motive seitens der Politik ja sogar als legitim anerkannt werden, “nicht erpressen” lässt?

  49. #57 Beobachter
    20. Januar 2023

    Was darf die Polizei?:

    https://taz.de/Polizeigewalt-in-Luetzerath/!5906671/

    “Polizeigewalt in Lützerath
    Demokratie erleben, Nase gebrochen
    Ein politischer Familienausflug endet mit Gesichtsverletzungen. In Lützerath hat nicht nur der Kampf gegen den Klimawandel eine Niederlage erlitten.
    … “

  50. #58 RPGNo1
    20. Januar 2023

    Was darf die taz?

    Zwei Knochenbrüche, eine Prellung: Während der Demonstration gegen den Abriss des Dorfes Lützerath gibt es offenbar doch weniger verletzte Aktivisten.

    https://www.zeit.de/gesellschaft/zeitgeschehen/2023-01/luetzerath-demonstration-raeumung-verletzte-klimaaktivisten-krankenhaus

    Vielleicht mal gründlicher recherchieren und nicht nur die eigene Klientel mit zweifelhaften Nachrichten beeindrucken, weil man ja zu den “Guten” gehört?

    Weiteres: Eine Einschätzung der fachlichen Qualifikation der Demo-Sanitäterin, die von einer hoher Zahl Schwer- und Schwersterletzer berichtet hat.

    Die Pressekonferenz der Lützerath-Aktivisten am Sonntag sorgte für großes Aufsehen. Sanitäterin Iza Hofmann sprach von “ungehemmter” Polizeigewalt, und einer Zahl der Verletzten im “hohen zwei- bis dreistelligen” Bereich. Doch Hofmann ist nicht nur Sanitäterin. Bei Twitter nennt sie sich selbst “Aktivistin” und sie ist alles andere als neutral: Bei der “Grünen Jugend Trier” war sie im Vorstand aktiv, laut “Spiegel” ist sie nach ihren eigenen Angaben außerdem bei Greenpeace und “Fridays for Future”.

    Anders als bei vielen kommerziellen Großveranstaltungen, werden bei Demonstrationen häufig Freiwillige als Demo-Sanitäter durch die jeweiligen Anmelder der Demonstrationen engagiert. Sie haben oft nur kurze medizinische Lehrgänge besucht, um sich dafür zu qualifizieren. Die “Demo-Sanis” stehen regelmäßig der politischen Ausrichtung der Demonstration nahe und unterstützen die Ziele und Forderungen der jeweiligen Aktivisten.

    https://www.zdf.de/nachrichten/politik/luetzerath-verletzte-demonstranten-polizeigewalt-100.html

    Der Zweck heiligt eben nicht die Mittel. Aber das wird Frau Hoffmann auch noch lernen.

  51. #59 Beobachter
    20. Januar 2023

    @ RPG, # 58:

    Was sind in dem verlinkten taz-Artikel # 57 besonders “zweifelhafte Nachrichten”?

    Weiteres:
    Und die “Polizei-Sanis” sind alle besonders hochqualifizierte Spezialfachkräfte, die alle politisch neutral oder auf Seiten der staatlichen Ordnungsmächte stehen?!

    Oder was unterscheidet einen “Demo-Sani” von einem “Polizei-Sani”?
    Zählen die einen Verletzungen anders als die anderen – je nach dem, zu welcher Seite die Verletzten gehören oder zugeordnet werden?
    Muss man als Sanitäter/in, um zählen oder gut einschätzen zu können, “politische Neutralität” oder ein bestimmtes Parteibuch oder Nicht-NGO-Zugehörigkeit nachweisen, um als “fachlich qualifiziert” zu gelten und glaubwürdig zu sein?

    Und was sagst du zu # 52 bzw. zum dort verlinkten Artikel?
    Sind das (für dich) auch “zweifelhafte Nachrichten” – nur weil es ein taz-Artikel ist?
    Vielleicht können sie bei der taz keine Bäume zählen?

    Jedenfalls haben sich die TAZ-Redakteure bisher keine solchen UN-“gründlichen” Recherchen geleistet wie deine bevorzugte Lieblingsquelle, der SPIEGEL, mit seinem Redakteur Relotius:

    https://de.wikipedia.org/wiki/Claas_Relotius

    Ganz im Gegenteil, es ist TAZ-Redakteur Malte Kreutzfeldt aufgefallen, dass man sich in wissenschaftlichen und Lungenarzt-Kreisen verrechnet hatte (daran war aber nur eine -fehlende- Sekretärin schuld):

    https://taz.de/Falsche-Angaben-zu-Stickoxid/!5572843/

  52. #60 Alisier
    20. Januar 2023

    Selbst wenn ein Taz-Redakteur oder eine Redakteurin irgendwann jemanden bewusst umgebracht hätte, so hieße das nicht, dass alle dort erscheinenden Artikel schlecht recherchiert oder unglaubwürdig wären.
    So viel zu Relotius und Spiegel.
    Und wer das nicht versteht (und solche Menschen gibt es wirklich), der sollte nicht erwarten, dass man ihm oder ihr weiter zuzuhören bereit ist.
    Wer noch viel weniger versteht, und das immer wieder belegt, der wird von den meisten ignoriert.
    Ich denke, dass das sinnvoll und fair ist.

  53. #61 RPGNo1
    20. Januar 2023

    @Beobachter(in)

    Es ist sehr bezeichnend, dass du mich unverzüglich attackierst und dann Nebelkerzen zündest/die Torpfosten verrückst, obwohl ich lediglich den taz-Artikel EINES Autors kritisiert habe. Du warst mir in dem Augenblick schnurzpiepegal, denn du bist nicht der Mittelpunkt der Welt oder auch nur dieses Blogs, auch wenn du diese Illusion gern pflegst.

    Die taz lässt Stand 2023 immer noch eine Hengameh Yaghoobifarah bei sich kommentieren. Du weist schon, das ist die “nette, zuvorkommende” Person, die “Cops” abschaffen will und sie gerne auf der Mülldeponie sieht. Wenn ich deiner “Argumentation” zum Spiegel folge, dann gehört die taz also auch auf die Mülldeponie.

  54. #62 Jolly
    20. Januar 2023

    @RPGNo1

    Torpfosten verrückst

    Wo stehen denn die von dir aufgestellten Torpfosten?

    obwohl ich lediglich den taz-Artikel EINES Autors kritisiert habe

    Nun, deine Frage lautete, “Was darf die taz?” nicht, “Was darf EIN Autor der taz?”

    Die taz lässt Stand 2023 immer noch eine Hengameh Yaghoobifarah bei sich kommentieren.

    Auch hier bezieht sich deine Aussage ja nicht darauf was die Autorin schreibt, sondern ob die taz Artikel von ihr veröffentlicht.

    Ich meine, die taz darf das! Du nicht?

    Ich meine im Übrigen auch, Protest darf mit Zahlen arbeiten, die von der Poizeistatistik abweichen, darf auch dramatisieren.

  55. #63 RPGNo1
    20. Januar 2023

    @Joseph Kuhn

    Ich denke, es ist mal wieder Bloghygiene gefragt. Gerne auch bei mir. Sonst artet das hier aus.

  56. #64 Herr ɟuǝs
    Natur
    20. Januar 2023

    Dafür beschweren sich jetzt die umliegenden Dörfer

    die von den *Aktivisten* zugeschissen wurden

    die hatten zwar Demo-Sanis, aber keine Demo-Klos dabei 😉
    für’s Klima Papier gespart und Wald gerettet

  57. #65 RainerO
    20. Januar 2023

    Ich meine im Übrigen auch, Protest darf mit Zahlen arbeiten, die von der Poizeistatistik abweichen, darf auch dramatisieren.

    Nein, darf er mMn nicht. Man kann nicht einfach irgendwelche Zahlen erfinden und maßlos übertreiben, nur weil es der “Sache” dient.
    Ich meine im Übrigen auch, dass das letztendlich der Sache eher schadet.

  58. #66 LasurCyan
    20. Januar 2023

    Ich denke, es ist mal wieder Bloghygiene gefragt. Gerne auch bei mir.

    Wie jetzt, RPGNo1, Du brauchst doch nicht ernsthaft Hilfe bei der Hygiene, oder?

    Dein taz-bashing empfinde ich als unnötig. Bei aller berechtigten Kritik an der Gazette (und das gilt praktisch für alle Medien) ist die taz nicht automatisch unqualifiziert für seriöse Berichterstattung, weil Du Meinung (‘Wahrheit’ hallo?) nicht als solche eintüten kannst. Oder willst?

  59. #67 Jolly
    20. Januar 2023

    @RainerO

    Man kann nicht einfach irgendwelche Zahlen erfinden und maßlos übertreiben, nur weil es der “Sache” dient.

    Zum Dramatisieren muss man nicht unbedingt Zahlen erfinden, und ob das, was gemacht wurde, maßlos ist, ist nochmal eine Sache, über die man geteilter Meinung sein kann.

    Jede Partei in einem politischen Konflikt wird einiges bagatellisieren, anderes dramatisieren. Emotionen müssen geweckt werden. Warum gerade die Seite des Protestes stets objektiv bleiben sollte, erschließt sich mir nicht.

    Selbstverständlich gehört auch dazu, dass die ein oder anderen Beteiligten, oder neutrale Beobachter – Journalisten? -, versuchen, genannte Zahlen zu validieren und Falsches zu korrigieren.

    Der Protest im Ganzen würde nur dann an Glaubwürdigkeit verlieren, wenn er auf den ersten, möglicherweise in der Hitze des Gefechts, gemachten Aussagen festhält, die sich im Nachhinein als haltlos herausgestellt haben.

  60. #68 zimtspinne
    20. Januar 2023

    @ Jolly

    Wie gestaltet sich das aus Sicht der Krankenkassen? Geht das in Richtung Versicherungsbetrug? (ich habe keine Ahnung, finde die Empfehlungen aber schon leicht brenzlig).

    Außerdem sei es das Ziel der Demo-Sanitäter, „dass Krankenhäuser nach Möglichkeit nicht erfahren, dass die Verletzungen im Rahmen der Proteste entstanden sind“, um die Verletzten vor Strafverfolgung zu schützen.

    Entsprechend empfehle man den Verletzten, die sich selbstständig und ohne Rettungswagen im Krankenhaus vorstellen, „lieber eine Unfall-im-Garten-Geschichte zu erzählen, als etwa eine Schlagstock-gegen-Kopf-Geschichte. Dass die Krankenhäuser und die Polizei keine genauen Zahlen über Verletzte haben, ist für uns also ein Qualitätsmerkmal unserer Arbeit“.”

    https://www.focus.de/politik/streit-um-braunkohle-dorf-im-ticker-anwohner-sauer-auf-luetzerath-aktivisten-haben-die-ganzen-doerfer-zugeschissen_id_182499947.html

  61. #69 naja
    20. Januar 2023

    @ Rainer O
    Polizeistatistiken kann man anscheinend auch nicht immer fraglos trauen.
    https://www.spiegel.de/panorama/justiz/g20-viel-weniger-verletzte-polizisten-als-angegeben-a-1157913.html

    Das soll jetzt nicht heißen, dass das deswegen alle machen sollen. Wollte ich nur mal reinwerfen, weil es mir wieder einfiel.

    Mein Nachbar ist Polizist und muss im Moment in Lützerath bei Minusgraden und Schnee “einen Haufen Matsch bewachen” , statt seiner normalen Arbeit nachzugehen. Er ist selbst dagegen, dass Lützerath abgebaggert wird, stell ich mir auch unangenehm vor, so einen Einsatz.

  62. #70 zimtspinne
    20. Januar 2023

    Nach weiteren Berichten sieht es wohl so aus, dass ein Großteil der Demonstranten friedlich war und das ganze korrekt verlief. Allerdings gab es wohl auch eine andere Gruppe dazwischen, die von Anfang an Gewalt eingeplant hatte.

    Sprüche wie: “Zwischen Bullenheim und Nasenbein passt immer noch ein Pflasterstein…. kann man beim Musikhören witzig finden, in der konkreten Demo-Situation eher nicht.

    Laut NRW-Innenminister Reul gab es fast 500 Straftaten in dem Zusammenhang.
    Was mich wütend macht: “Nahe der Tagebaukante sei ein Polizeipferd mit Decken so lange scheu gemacht worden, bis es unter allgemeinem Gejohle durchging. Die Polizistin (Reiterin) konnte das Tier erst kurz vor der Kante stoppen und abspringen.”

    Des weiteren hätten Aktivisten gezielt versucht, die Sicherungen der Holster zu lösen und die Waffen der Polizisten zu entwenden.
    Zitat Reul: ” Ich will nichts ausschließen und mir nicht ausmalen, was da hätte passieren können”.
    Es soll einen “schwarzen Block” mit ca 300 – 400 Personen gegeben haben, aus dem die gewalttätigen Auseinandersetzungen heraus provoziert wurden.
    Andererseits gibt es auch 5 Anzeigen gegen Polizisten, denen nun nachgegangen wird, darunter auch eine wegen sexueller Belästigung.

    https://www.ksta.de/politik/nrw-politik/neue-details-zu-luetzerath-ermittlungen-gegen-fuenf-polizisten-402637

    https://www.merkur.de/politik/500-straftaten-in-und-um-luetzerath-zr-92038017.html

    Jemand, der dort in der Nähe wohnt, berichtete, dass die “normalen” Demonstranten vor Ort ziemlich genervt vom Verhalten und Auftreten der Aktivisten waren.

    Die meisten Demonstranten hatten auf der Kundgebung im Grunde eine Art Woodstock gefeiert – mit Tanz und Gesang und die Stimmung war wohl sehr gut, trotz des miesen Wetters.

    Ein paar Hundert Meter weiter an der Abbruchkante hätten immer und immer wieder Aktivisten versucht, die Polizeiketten zu durchbrechen und Randale zu machen. Die “Normal”-Demonstranten fanden das wohl nicht so dolle.

    Von der Kundgebung wurde in den ‘normalen’ Nachrichten ja im Prinzip gar nix gezeigt – nur die aufgeheizte Stimmung an der Abbruchkante.

    Dass sicher auch die Normal-Demonstranten dort einen Haufen Dreck hinterließen und ihn nicht selbst wegräumen, davon kann man ausgehen.

    Was die Aktivisten dort an Klimashow veranstalteten, einschließlich Versuche, Polizeibeamten ihre Dienstwaffen zu entwenden, finde ich persönlich keine akzeptable Art von Protest.
    Dazu muss ich mich nicht mal für 3 Sekunden bedenken, das ist einfach … glasklar.
    Wird von weiten Teilen der Bevölkerung jeden Alters inzwischen auch abgelehnt, was die aktivistische Front da so alles treibt, mit Fokus auf maximale Aufmerksamkeit.

    Für die “0815-Demonstraten” hege ich hingegen schon gewisse Sympathie.

  63. #71 RainerO
    20. Januar 2023

    @ naja
    Wo habe ich geschrieben, dass ich einer Statistik “fraglos” traue?
    Aber zwischen “zwei Knochenbrüchen und einer Prellung” und “ungehemmter Polizeigewalt mit dreistelliger Anzahl von Verletzten” ist ein weites Feld.
    Beide können nicht Recht haben. Die Polizei ist vermutlich daran interessiert, es weniger dramatisch erscheinen zu lassen. Die Aktivisten wollen genau das Gegenteil. Ich tendiere dazu, keinem zu glauben.

  64. #72 naja
    20. Januar 2023

    @RainerO
    Ja, hab ich mir eh gedacht. Kann man nur in #65 anders /falsch verstehen.

  65. #73 zimtspinne
    20. Januar 2023

    @Rainer O.

    zumal die “Polizeigewalt” offenbar ihre Berechtigung hatte.

    Also, wenn mir als Polizeibematin im Einsatz ein Unbefugter versuchen würde, mir meine Dienstwaffe abzunehmen – der wäre schneller raus aus dem Spiel als seine Randale-Kumpane Mäh sagen könnten.
    Hab jahrelang Kampfsport gemacht, ich könnte das vermutlich noch immer 😉

    HIer würde ich gerne ein Überwachungsvideo am Ausgang eines US-Airports verlinken…
    darauf war eine anfänglich beinah idyllisch wirkendes Flughafen-Szenario zu sehen, wie man es aus Filmen kennt, wenn die Protagonisten sich Richtung Ausgang zum Abenteuer aufmachen.

    Alles friedlich, ein Radfahrer stellt sein Rad ab und urplötlich aus dem Nichts geht ein Typ auf ihn zu und fängt Krawall an.
    Nicht weit entfernt patroullieren zwei Cops und die Sekundenbruchteile, wie einer davon bei dem Krawallanten ist und ihn auch schon überwältigt am Boden liegen hat, war schier atemberaubend. Besser, nein viel besser als je in einem Film gesehen.
    So geht man mit gewaltbereiten (meist) Männern um. Mit gewaltbereiten und gewaltausführenden Frauen ebenfalls.

  66. #74 Jolly
    20. Januar 2023

    @zimtspinne

    Wie gestaltet sich das aus Sicht der Krankenkassen?

    Keine Ahnung, aber ich kann mir vorstellen, wenn es sich bei den Verletzten um Berufsdemonstranten handelt, wird das wie jeder andere Arbeitsunfall auch bewertet.

  67. #75 zimtspinne
    21. Januar 2023

    @ Jolly

    .. und sollten sich bleibende Gesundheitsschäden ergeben (zB erfrorene Gliedmaßen), wäre das dann ein Arbeitsunfall –> Berufskrankheit und es gäbe eine Verletztenrente?

    Hab ich dir schon mal gesagt, dass ich bisweilen deinen Humor mag?
    Auch Joseph Kuhns Humor mag ich gerne.
    [habe mir vorgenommen, die Mitmenschen öfter mal zu loben. Natürlich nur, wenn das zu 100% ehrlich gemeint ist, niemals zu Einschleimzwecken. Also, wenn ich das ungefähr seit 2, 3 Jahren schon immer mal tun wollte, aber nie dazu kam]

  68. #76 Joseph Kuhn
    21. Januar 2023

    @ Jolly, @ zimtspinne:

    “Berufsdemonstranten … Arbeitsunfall”

    Auch wenn das mit den “Berufsdemonstranten” und dem “Arbeitsunfall” sicher ironisch gemeint war, bevor jemand noch auf eine falsch Spur gerät:

    Voraussetzung der Anerkennung eines Arbeitsunfalls bei der gesetzlichen Unfallversicherung ist, dass der Unfall bei einer versicherten Tätigkeit aufgetreten ist. In aller Regel ist das bei Erwachsenen die Arbeit im Rahmen eines Arbeitsvertrags. Es sind aber unter bestimmten Voraussetzungen auch ehrenamtliche Tätigkeiten versichert. Demonstrieren gehört nicht dazu. Unfälle hier fallen in die Zuständigkeit der Krankenversicherung (oder ggf. einer zusätzlichen privaten Unfallversicherung).

    “Joseph Kuhns Humor”

    Ich verwehre mich ausdrücklich gegen die Unterstellung, derart unsachliche Ausdrucksformen anzuwenden.

  69. #77 echt?
    21. Januar 2023

    “Joseph Kuhn
    19. Januar 2023
    @ Echt?

    Um was geht es im Kern: Unter welchen Bedingungen darf legitimer Protest, Protest aus Gewissensgründen, geltendes Recht verletzen und welche Folgen soll das wiederum legitimerweise haben?”

    Ja, das ist sicher der Kern der Diskussion, allerdings würde ich “geltendes Recht in einem Rechtsstaat” sagen.

    “Und gibt es dabei Unterschiede je nach dem Motiv der Rechtsverletzer?

    Vielleicht muss man dazu Vergleichsfälle des Umgangs mit “Recht” anschauen:

    Sie sind vermutlich auch nicht der Meinung, dass Hans Filbingers trotziges Beharren “Was damals Recht war, kann heute nicht Unrecht sein” richtig war? Zumindest hat Gustav Radbruch darauf eine überzeugende Antwort gegeben.”

    Ich habe Filbinger so verstanden, dass die korrekte Anwendung von Regeln eines Staates nie Unrecht sein könne. Das wäre natürlich Unsinn. Ich habe deshalb ausdrücklich von gesetzlichen Regeln eines Rechtsstaates – und dafür halte ich die Bundesrepublik Deutschland – gesprochen.

    “Und vermutlich halten auch Sie Graf Stauffenberg nicht einfach für einen Rechtsbrecher, der nur seine “gerechte Strafe” erhalten hat?”

    Das ist s.o. Blödsinn, da das 3. Reich kein Rechtststaat war.

    “Aber was ist z.B. mit den Protesten 2019/2020 in Hongkong? Waren sie legitim? Waren die (illegalen) Sachbeschädigungen dort gerechtfertigt? Oder hätten sich die Menschen dort an geltendes Recht halten müssen?

    Hongkong war und ist ebenfalls kein Rechtsstaat. Eigentlich halte ich Sie auch für ausreichend schlau, um zu sehen, dass das ein seltsames Argument ist.

  70. #78 Alisier
    21. Januar 2023

    @ echt
    Für viele war das dritte Reich ein Rechtsstaat. Nicht zuletzt für den bereits erwähnten Carl Schmitt.
    Und dass Hongkong kein Rechtsstaat ist sieht nicht zuletzt die chinesische Führung anders.
    Was Recht und Rechtsstaat in konkreten Fällen ist kann aus diversen Gründen kaum klar wie Kloßbrühe sein. Es hängt of stark von der Perspektive ab.
    Womit wir wieder beim Thema wären.

  71. #79 echt?
    21. Januar 2023

    Es mag ja sein, dass viele das 3. Reich für einen Rechtsstaat gehalten haben. Es gibt auch heute noch diverse Idioxen, die unseren Rechtsstaat für eine Diktatur halten. Ich hätte früher schon mal eine unabhängige Justiz vermisst.

    Ich sehe eine realistische Einschätzung von Tatsachen nicht als Frage der Perspektive an. Und eine solche Diskussion beleidigt eigentlich auch die Ofer von Diktaturen. Das ist ziemlich “Jana aus Kassel” – sorry ist nicht auf dich bezogen.

  72. #80 Alisier
    21. Januar 2023

    Dazu eine Frage:
    Sind die USA ein Rechtsstaat? Denn ohne ausreichende finanzielle Ressourcen um sein Recht durchzusetzen hat man dort manchmal verdammt schlechte Karten.
    Und wenn wir nicht sehr aufpassen bewegen wir uns in Deutschland und großen Teilen der EU genau da hin, wenn wir nicht sogar schon teilweise genau da sind.

  73. #81 echt?
    21. Januar 2023

    Warum sollte Deutschland denn kein Rechtsstaat sein? Ich habe mal die Definition nach Wiki nachgeschaut:

    “Ein Rechtsstaat ist ein Staat, der einerseits allgemein verbindliches Recht schafft und andererseits seine eigenen Organe zur Ausübung der staatlichen Gewalt an das Recht bindet.”

  74. #82 Alisier
    21. Januar 2023

    @ echt
    Es gibt auf dieser Welt viele verschiedene Staaten und Kulturen mit vielen verschiedenen Vorstellungen, was richtig und falsch ist.
    Wenn man nun bei anderen Kulturen in Diskussionen einsteigt mit der Bemerkung, dass beispielsweise Homosexualität und deren Akzeptanz eine “Tatsache” ist, an der nicht gerüttelt werden kann, kommt man u.U. nicht besonders weit.
    Auch wenn es Dich oder mich und andere stört: was richtig und falsch ist bleibt manchmal Verhandlungssache.
    Ich bin ja schon froh, wenn das Völkerrecht als halbwegs brauchbare Grundlage akzeptiert wird.

  75. #83 Alisier
    21. Januar 2023

    ….und ich habe Deutschland den Status als Rechtsstaat nicht im geringsten abgesprochen, und würde das auch nie tun.
    Trotzdem gibt es manchmal Korrekturen innerhalb dieses Rechtsstaates, die sich als nötig erweisen könnten. Eine konsequentere strafrechtliche Verfolgung von der Allgemeinheit schadenden Lobbyaktivitäten stünde z.B. diesem Rechtssaat gar nicht schlecht zu Gesicht, denke ich.

  76. #84 Beobachter
    21. Januar 2023

    Nach Protesten und Räumung von Lützerath will RWE “Schadenersatz”:

    https://taz.de/Nach-Raeumung-von-Luetzerath/!5910187/

    “Nach Räumung von Lützerath
    RWE will Schadenersatz
    Der Konzern plant, zivilrechtlich gegen Teil­neh­me­r des Lützerath-Protests vorzugehen. Ein RWE-Sprecher bestätigt, „Störer“ müssten mit Geldforderungen rechnen.
    … ”

    ” … „Natürlich müssen alle Störer mit einer Schadenersatzforderung rechnen“, sagte Konzernsprecher Guido Steffen der Neuen Osnabrücker Zeitung. Wie hoch diese Forderungen ausfallen könnten, sei allerdings noch nicht zu beziffern. Es liege noch keine endgültige Schadensbilanz zu der Räumung vor.

    Zuletzt hatte RWE nach Informationen des Blattes angekündigt, eine Person auf 1,4 Millionen Euro Schadenersatz zu verklagen, die sich 2021 an Gleise zum Kohlekraftwerk Neurath gekettet hatte.
    … ”

    Müssen jetzt und fürderhin alle “Störer”/störende Protestierende mit Schadensersatzklagen der “Gestörten” rechnen?
    Wer will/kann dann noch störend protestieren?
    Wenn Proteste nicht mehr stören, sind sie keine mehr und wirkungslos. Und eine Farce.

    Und wer zahlt all den Menschen Schadensersatz, die durch von den Verursachern billigend in Kauf genommene Klimawandelfolge-Schäden, Umweltverschmutzung, Umweltzerstörung ihre Gesundheit. ihr Leben, ihr Land, ihre Heimat verlieren?!

    Zum Thema “Rechtsstaat”, # 82::

    Warum soll das, was man als Rechtsstaat bezeichnet, eine “Definitionsfrage” und/oder “Verhandlungssache” (!) sein – je nach “Kultur, Richtig-Falsch-Vorstellungen”?
    Grundlage eines jeden Rechtsstaats sind doch die Menschenrechte – und die sind NICHT verhandelbar.
    Oder?

    https://de.wikipedia.org/wiki/Menschenrechte

  77. #85 naja
    21. Januar 2023

    @ echt?

    Du sagst die Gesellschaft hat sich Regeln gegeben und an die muss man sich halten. Der einzelne Bürger kann nicht entscheiden, wann ein Regelbruch legitim ist und wann nicht. Also du auch nicht.

    Der von dir verlinkte Rechtskommentar definiert Regeln, wann Versammlungsfreiheit auf Privatgelände trotzdem legitim sein kann. Und erwähnt Präzedenzfälle.

    Du als einzelner Bürger siehst da jetzt Regelbrüche, wo andere sagen, dass die Versammlungsfreiheit noch legitimierbar ist… Also muss sich in diesem Fall doch jeder selbst entscheiden, oder?

  78. #86 echt?
    21. Januar 2023

    Ob es Rechtsbrüche waren oder nicht wird gerichtlich geklärt, darüber haben wir nicht zu entscheiden. Und ja, auch das Recht entwickelt sich weiter und Gesetze sind – zum Glück – nicht in Stein gemeißelt. Es gilt jedoch der aktuelle Stand. Und zu Rechtskommentaren: wären die immer zutreffend, könnten wir uns die Gerichte sparen.

  79. #87 Joseph Kuhn
    21. Januar 2023

    @ echt?

    “Hongkong war und ist ebenfalls kein Rechtsstaat.”

    Verfassungsblog 27.5.2020: “Ein Vierteljahrhundert lang hat sich Hong Kong als liberale, rechtsstaatliche Insel in einem autoritären Staat gehalten.” (https://verfassungsblog.de/corona-constitutional-30-one-country-one-system/)

    “Eigentlich halte ich Sie auch für ausreichend schlau, um zu sehen, dass das ein seltsames Argument ist.”

    Ich halte es für ein gutes Argument. Die Proteste 2019/2020 in Honkong waren gegen das Sicherheitsgesetz der chinesischen Regierung gerichtet, gegen die Zerstörung der damals noch “liberalen, rechtsstaatlichen Insel”.

    Mit Hongkong und Ungarn wollte ich Grautöne ins Spiel bringen und eigentlich hatte ich damit auch Fragen verbunden und nicht so sehr ein “Argument”.

  80. #88 Ludger
    21. Januar 2023

    J.Kuhn, s.o.

    Um was geht es im Kern: Unter welchen Bedingungen darf legitimer Protest, Protest aus Gewissensgründen, geltendes Recht verletzen und welche Folgen soll das wiederum legitimerweise haben?

    I.Kant, Kategorischer Imperativ:

    „Handle nur nach derjenigen Maxime, durch die du zugleich wollen kannst, dass sie ein allgemeines Gesetz werde.“

    Fundamentalisten werden ihren Protest immer als legitim und überragend wichtig einstufen. Ich denke da an Pro-Life-Aktivisten, die Patientinnen vor Praxen bedrängen, weil sie Schwangerschaftsabbrüche für Kindermord halten.
    Wenn jeder Aktivist selber entscheiden darf, wann sein Protest so wichtig ist, dass dadurch eine Rechtsübertretung legitimiert wird, bleibt der Rechtsstaat auf der Strecke.

    • #89 Joseph Kuhn
      21. Januar 2023

      @ Ludger:

      “Wenn jeder Aktivist selber entscheiden darf, wann sein Protest so wichtig ist, dass dadurch eine Rechtsübertretung legitimiert wird, bleibt der Rechtsstaat auf der Strecke.”

      Das ist so sicher richtig, beantwortet aber die Frage nicht, in welchen Situationen und in welchen Formen Protest legitim ist und in welchen nicht.

  81. #90 Herr Senf
    Anstalt
    21. Januar 2023

    Neuerdings muß man wohl zwischen *gutem* und *schlechtem* Protest unterscheiden.
    Dann versucht man einen “konformen Ungehorsam” zu basteln, jeder wie will, oder?
    Prof. Dr. Konsens und Prof. Dissens in der “Anstalt” bei der Historikerkommission, so

  82. #91 Uli Schoppe
    22. Januar 2023

    “Wenn jeder Aktivist selber entscheiden darf, wann sein Protest so wichtig ist, dass dadurch eine Rechtsübertretung legitimiert wird, bleibt der Rechtsstaat auf der Strecke.”

    Was legitimiert dann den Protest Ghandis? Oder war das britische Rechtssystem in Wirklichkeit ein Unrechtssystem?

    Und @zimtspinne:

    “Laut NRW-Innenminister Reul gab es fast 500 Straftaten in dem Zusammenhang.”

    Wie ist das denn da mit den Widerstandsdelikten? Du unterhältst Dich noch nett mit dem Demonstranten den Die gerade von der Strasse löst, keiner wird verletzt aber da die Diensthandlung erschwehrt worden ist -> Widerstandshandlung und damit in der Polizeistatistik Gewalt gegen Polizisten. Schönen Tag auch 🙂

    Das ist dann nicht legitim da Gewalt gegen Polizisten? Das landet nämlich dann so in den Zahlen, nochmal…

    Ich frags nochmal: Der Widerstand Ghandis war nicht legitim da Gerichte Rechtsbrüche festgestellt haben? Wirklich? @echt? …

  83. #92 Beobachter
    22. Januar 2023

    Und nochmal:
    Wenn dann noch Schadensersatzforderungen dazukommen, wie jetzt von RWE? Siehe # 84 !
    Wer verursacht welchen Schaden?

    Und wie ist es mit Streiks als Protestform und letztem Mittel, berechtigte Forderungen durchzusetzen?
    Sind sie nur dann legitim, wenn von einer vertretungsberechtigten Gewerkschaft und deren Mitgliedern organisiert und durchgeführt?

  84. #94 Ludger
    22. Januar 2023

    @J.Kuhn, @Uli Schoppe
    Die Zitate von Kuhn und Kant sind im Zusammenhang aufgeführt: sie scheinen sich zu widersprechen. Eine Handlung ist dann moralisch wenn sie zum Gesetz werden soll aber dabei das Gesetz verletzt? Ein Dilemma, welches sich m.E. nicht einfach auflösen lässt. Ghandi konnte sich auf universelle Menschenrechte berufen und auf diese Weise das geltende britische Recht, welches in Indien offenbar dem universellen Menschenrecht widersprach (Recht auf Selbstbestimmung) , also dieses Kolonialrecht abschaffen. Einen anderen demokratischen Weg hatte er nicht.
    Es gibt kleine Unterschiede zu Lützerath. Dort gab es eine demokratische Entscheidung, die rechtsstaatlich von Gerichten abgesichert war. Kein Kolonialrecht. Sich in Lützerath auf Ghandi zu berufen, zeigt schon eine gewisse Hybris. Und wie schon oben zitiert: Lützerath ist für das Weltklima irrelevant (Aussage des Klimawissenschaftlers Prof. Latif).

  85. #95 fauv
    22. Januar 2023

    Das Recht des Staates in der Form des Gewaltmonopols ist im Gundgesetz Artikel 20 verankert.
    „20 GG „Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus“ seinen Schutz und deren Durchsetzung ganz auf die staatlichen Judikativ- und Exekutivorgane; also an Gerichte beziehungsweise Polizei und Verwaltung. „

    In diesem Artikel ist schon das Spannungsverhältinis zwischen Volk und Staatsgewalt vorgezeichnet. Volk und Exekutivorgane sind nicht immer der gleichen Meinung, das hat sich ja bei den Montagsdemonstrationen in der ehemaligen DDR gezeigt.

    Wer soll der Schiedsrichter sein, bei gegensätzlichen Interessen ? Ich nenne es die politische Vernunft. Hier sind tatsächlich die Politiker gefordert, notfalls klärend /lenkend einzugreifen.

    Früher hatte man für diesen Fall den Reichspräsidenten, der mit Weisungsbefugnis ausgestattet war und der wie ein Dispatcher eingreifen konnte. Das Versagen von Hindenburg hatte dazu geführt, den Präsidenten zu entmachten und ihm nur noch repräsentative Pflichten aufzuerlegen.

    Wer könnte noch solche lenkenden Aufgaben übernehmen ? Die Kirchen. Die versagen auf diesem Gebiet, weil die sich zu wenig in aktuelle Konflikte einmischen.
    Man sollte die Ethikkommisionen auch zu aktuell politischen Problemen hören. !

  86. #96 Staphylococcus rex
    22. Januar 2023

    Irgendwie geht mir die Frage „Was darf Protest?“ in die falsche Richtung. Die Frage und das Ringen in dieser Diskussion vermitteln den Anschein, es gäbe eine objektive Antwort auf diese Frage. Das ist nach meiner Ansicht falsch.

    Wenn ein Protest durch den geltenden Rechtsrahmen nicht mehr gedeckt ist, ist er in jedem Fall illegal und der bzw. die Protestierende muss mit den Konsequenzen leben. Es ist in dem Fall eine Gewissensfrage für die protestierende Person sozusagen in Vorleistung zu gehen und auf einen erfolgreichen Ausgang der Proteste zu hoffen und damit in einem zweiten Schritt auf eine juristische Neubewertung der Proteste und letztendlich auf eine nachträgliche Legitimierung der Proteste und eine Rehabilitierung.

    Die Frage „Was darf Protest?“ ist somit immer eine subjektiv motivierte politische Entscheidung, sowohl zum Zeitpunkt des Beginns der Proteste als auch ggf. die Neubewertung zu einem späteren Zeitpunkt. Das persönliche Risiko und die optimale Taktik sind natürlich abhängig von den Rahmenbedingungen. Der Salzmarsch in Indien fand unter einem kolonialen Regime statt, welches aber durch rechtsstaatliche Prinzipien und die Stimmung im Mutterland beim Einsatz repressiver Mittel eingeschränkt war:
    https://de.wikipedia.org/wiki/Salzmarsch
    Die aktuellen Proteste im Iran sind dagegen ein offener Machtkampf mit einem theokratischen Regime, welches moralische Bedenken längst über Bord geworfen hat. Im Fall Iran wird es nicht ohne Blutvergießen abgehen und die Protestierenden dort sind sich im Klaren, dass viele von Ihnen einen möglichen Sieg nicht miterleben werden. Unter solchen Bedingungen ist ziviler Ungehorsam ein taktisches Mittel, bei einem Protest die juristische Angriffsfläche für Repressionen zu vermindern.

    Das ist auch der große Unterschied zu den aktuellen Protesten rund um Lützerath. Hier sind die Proteste grundsätzlich legal. Illegal sind nur spezielle Protestformen wie Besetzung von Grundstücken, Widerstand gegen die Staatsgewalt etc. Im kolonialen Indien und aktuell im Iran ist es die mutige Spitze der Gesellschaft, die protestiert, die Sympathie der Mehrheit ist bereits vorhanden. Aktuell in Deutschland ist es dagegen eine lautstarke Minderheit, die begreifen muss, dass nicht der Staat der Gegner ist, sondern die desinteressierte Mehrheit. Um diese Mehrheit für sich zu gewinnen, sollten nach meiner Einschätzung andere Protestformen bevorzugt werden. Welche Protestformen für diese Situation besser wären, darüber sollte hier diskutiert werden.

  87. #97 Staphylococcus rex
    22. Januar 2023

    PS: Die Berufung auf universelle Menschenrechte ist eine starke Motivationshilfe für die Gewissensentscheidung und ein wichtiges Argument für eine spätere juristische Neubewertung, ist aber irrelevant für die juristische Bewertung zu Beginn der Proteste. Der Zweck darf niemals die Mittel heiligen, die Rechtmäßigkeit des Zwecks unterliegt immer einer subjektiven Bewertung. Auch wer sich im Recht fühlt, sollte sehr genau auf die Wahl der Mittel achten. Das ist zwar etwas off topic, ist aber aus meiner Sicht eine spannende moralische Frage: Ist der Attentäter von Sarajevo im Jahr 1914 mitschuldig an den Toten des ersten Weltkriegs?

  88. #98 Echt?
    22. Januar 2023

    Ich finde die Beispiele aus Indien, Hongkong und dem 3. Reich an den Haaren herbei gezogen. Zutreffender wäre die Strafverfolgung von Homosexuellen oder der Radikalenerlass.

    Ich gehe jetzt wieder meiner Fronarbeit nach und wünschemunteres diskutieren.

  89. #99 Joseph Kuhn
    22. Januar 2023

    @ Echt?

    “Ich finde die Beispiele aus Indien, Hongkong und dem 3. Reich an den Haaren herbei gezogen.”

    Warum? Und Ungarn auch?

    “Zutreffender wäre die Strafverfolgung von Homosexuellen oder der Radikalenerlass.”

    Inwiefern? Und was wären Ihre Schlussfolgerungen daraus für Lützerath?

    @ Staphylococcus rex:

    “Das ist zwar etwas off topic, ist aber aus meiner Sicht eine spannende moralische Frage: Ist der Attentäter von Sarajevo im Jahr 1914 mitschuldig an den Toten des ersten Weltkriegs?”

    So off topic ist das gar nicht, siehe die kürzliche Diskussion darum, ob die Klimaaktivisten in Berlin Mitschuld am Tod der Radfahrerin haben.

    Hier wird man kausale bzw. anlassgebende Aspekte und Aspekte der moralischen Verantwortung auseinanderhalten müssen und auch bei solchen Fragen kommt es sehr auf den konkreten Fall an: Wenn jemand als Reaktion auf Ihren Kommentar hier das Auto seines Nachbarn demoliert, hatten Sie dann Mitschuld? Eher nicht. Hätte der Attentäter von Sarajewo vorhersehen können, was er auslöst? Dann vielleicht schon. Hätten die Klimaaktivitäten damit rechnen müssen, dass eine Radfahrerin womöglich durch ihren Protest nicht rechtzeitig Hilfe erhält?

    Und welche hypothetischen Gefahren muss man propyhlaktisch in Rechnung stellen? Wo endet “Unglück”, wo beginnt “Verantwortung”?

    @ Ludger:

    Die Klimaaktivisten berufen sich für ihre Legitimation auf ihr Recht und das anderer Menschen an einer Zukunft ohne Klimakatastrophe. Absurd ist das ja nicht, schon heute sterben tausende, auch in Europa, infolge des Klimawandels.

    Und gerade weil wir in einer Demokratie leben, sind politische Entscheidungen durch Proteste anfechtbar und ggf. auch revidierbar, siehe die im Blogbeitrag angesprochene Argumentation von Maximilian Steinbeis. Die Frage ist nur, was darf Protest, wenn er legitim ist? Sich auf der Straße festkleben und den Verkehr behindern, alte Bilder mit Brei bewerfen, fremdes Eigentum besetzen, …? Und verändert sich, was er darf, mit dem Gewicht der legitimen Interessen, die er vertritt, siehe das Beispiel Gandhi von Uli Schoppe?

  90. #100 fauv
    22. Januar 2023

    Echt
    Was darf Protest ist nicht wörtlich zu verstehen.
    Du schreibst doch selbst “Das persönliche Risiko und die optimale Taktik sind natürlich abhängig von den Rahmenbedingungen.”
    Und die Rahmenbedingung ist , Zeichen zu setzen für den Umweltschutz.
    Und dagegen wird in eklatanter Weise verstoßen, auch seitens des Staates selbst.
    Nachtrag: Um nicht herumzueiern und sich vor einer klaren Stellungnahme zu drücken, Pro oder contra Protest, die Demonstranten stehen auf der richtigen Seite. Und……jetzt geht es um die Angemessenheit der Mittel, dazu fehlt es in Deutschland noch an einer DemoKultur.

  91. #101 zimtspinne
    22. Januar 2023

    Und welche hypothetischen Gefahren muss man propyhlaktisch in Rechnung stellen? Wo endet “Unglück”, wo beginnt “Verantwortung”?

    Nun ja, ich möchte mal erwähnen, das tut sonst keiner, dass es bei der Kleberei auf verkehrsreichen Straßen nicht nur um sichtbare Verantwortlichkeiten wie Rettungsgassen und Behindern von Rettungs(spezial)fahrzeugen geht.

    Wieviele Menschen fahren täglich mit einem privaten Fahrzeug in Notaufnahmen bzw lassen sich im privaten Fahrzeug oder Taxi fahren?

    Kinder oder Senioren, deren Zustand nicht als kritisch genug für einen Rettungswageneinsatz eingeschätzt wird, aber schon kritisch genug für einen unverzüglichen Arztbesuch/Notaufnahme?
    Schwangere, die sich im Endstadium der Wehen befinden oder Komplikationen haben, Chemo-Taxis und Privatfahrten zur Chemogabe, tierische Notfallpatienten – ja und wenn ich schon die nenne, gehören sicher auch Zahnschmerzen aus der Hölle dazu, wer die schon mal haben durfte, weiß, was ich meine.

    Natürlich können auch “gewöhnliche” Unfälle oder die Müllabfuhr eine Straße unberechenbar blockieren oder eine Baustelle auftauchen.
    Ersteres ist aber allermeistens von eher kurzer Dauer und kann meist auch umfahren werden (Unfälle).
    Baustellen sind auch bekannt oder man konsultiert noch schnell vorher oder nebenbei eine Baustellen-App.

    Ja, es gibt auch gewöhnliche Staus, und die können auch mal plötzlich auftreten, zB nach Unfällen, bei Glatteis usw.

    Man kann dann aber präventiv die Route so wählen, dass das Risiko für Stau möglichst gering ausfällt. Man ist handlungsfähig und trifft eigene Entscheidungen.

    Ist man bei den Klebern alles nicht. Da steht man blöd da und ist der Depp, äh Kollateralschaden.

    Warum können die nicht dort kleben, wo die Verantwortlichen residieren?
    Warum behindern sie die kleinen Leute im unteren Spektrum der Nahrungskette?
    Viele der Autofahrer sind eben keine Bonzen (die reisen anders) sondern einfach Menschen, die zur Arbeit, zum Arzt oder das Kind abholen wollen.

  92. #102 Ludger
    22. Januar 2023

    J.K.:

    Und verändert sich, was er darf, mit dem Gewicht der legitimen Interessen, die er vertritt, siehe das Beispiel Gandhi von Uli Schoppe?

    Vor Gericht vielleicht nicht, vor der Geschichte manchmal doch (Ghandi). Dafür muss der Rechtsstaat gestärkt werden, ggf. durch den “Marsch durch die Institutionen” der Leute, die glauben, es besser zu wissen.
    Es wird aber problematisch, wenn manche Leute glauben, wegen ihrer höheren Erkenntnisse über dem Gesetz zu stehen (z.B. manche Pro_Life-Aktivisten).

  93. #103 zimtspinne
    22. Januar 2023

    Wobei eine ihrer Aktionen an einem Flughafen auch wieder zur Behinderung eines Notfalls wurde:

    https://www.br.de/nachrichten/deutschland-welt/klimaprotest-in-muenchen-flugzeug-mit-notfall-patient-umgeleitet,TPRoRIL

    Ob die Anhänger der “Protest-muss-wehtun” auch noch so denken würden, wenn ihr Vater mit Verdacht auf Herzinfarkt nicht rechtzeitig ins KH käme und sterben würde?

    Wir reden hier also nicht von unwahrscheinlichen, fast unmöglichen Einzelfällen.

    Es gab in Frankfurt/M auch eine Radfahrerin, die aufgrund des von Aktivisten auf Straßen platzierten Öls gestürzt und ebenfalls ins KH musste, zum Glücke ohne ernste Verletzungen. Hätte auch anders ausgehen können!
    Wer regelmäßig Rad fährt und es schon mal mit Ölspuren zu tun hatte, weiß das und hält es auch nicht für eine Bagatelle.

    Von der Umweltsauerei gar nicht erst angefangen. Bußgelder gibts normalerweise für sowas — für das Nichtbeseitigen – zu absichtliches Ausbringen hatte ich nicht mal was gefunden, noch dazu auf Straßen, unfassbar.

    Und dann wären auch direkt und ohne Wenns und Abers die Aktivisten schuld gewesen.
    Dass nichts weiter passiert ist, war reine Glückssache.

    Bei Fremdgefährdung oder stark erhöhtem Risiko dafür erreicht mM die Protest-Legitimität eine Grenze. Mindestens moralisch.

    Der Spruch eines Klimaaktivsten, den er nach Meldungen über die schwerverletzte Radfahrerin twitterte, könnte auch noch erwähnt werden:

    Auch auf Twitter äußerten sich Mitglieder der Letzten Generation. Der Aktivist und Politikwissenschaftler Tatzio Müller schrieb Medienberichten zufolge zu dem Unfall auf Twitter: „Scheiße, aber: nicht einschüchtern lassen. Es ist Klimakampf, nicht Klimakuscheln, & shit happens.“

    schon erstaunlich, dass die sonst dauerempörte Beobachterin sich darüber nicht erbost und das ganz normal und akzeptabel findet.
    Jetzt mal ganz unabhängig von der Schuld oder Mitschuld oder Verantwortungsübernahme der Klimaaktivisten.
    Solche Sprüchen gehen einfach mal gar nicht.

    Habe schon den Eindruck, unter den Aktivisten tummeln sich einige, die sich nicht unter Kontrolle haben und der ganzen Bewegung mit ihren Aktionen, nein Taten, schaden. Massiv schaden.

    Große Teile der Bevölkerung fühlen sich von solchen Leuten nicht vertreten und ich fände es ehrlich gesagt bedenklicher, würde die Bevölkerung all das beklatschen und dem Motto folgen: Der Zweck heiligt die Mittel.
    Das hätte für mich jedenfalls schon unrechtsstaatliche Tendenzen.

    Man könnte auch gut mit ähnlich radikalen Mitteln demonstrieren und protesten für die Verbesserung der Hygienezustände in manchen Schulen (bis hin zu Schimmel).

    Oder die katastrophalen Zuständen in manchen Pflegeheimen. Wo Menschen mit offenen Wunden tagelang rumliegen und nicht versorgt werden – gab dazu mal einen Arzt, der das dokumentiert und öffentlich gemacht hatte, das konnte man sich kaum ansehen.

    Dort könnte man sogar was verändern und Einfluss nehmen.
    Anders als auf die galoppierende Klimakatastrophe. Das weiß im Grunde auch jeder. Es wird so getan, als sei dort noch was zu retten.
    Ist man realistisch und betrachtet es global, ist da nichts mehr zu retten, jedenfalls nicht jetzt und auch nicht morgen oder übermorgen.
    Ich sehe nicht, wie es eine interantionale Zusammenarbeit geben könnte und ohne die ist alles nichts. Oder viel zu wenig.
    Wir schaffen es ja nicht mal, ohne kriegerische Auseinandersetzungen zu leben. Und das kostet ganz direkt und ohne Zeitverzögerung (wie Klima) sehr viele das Leben.

    • #104 Joseph Kuhn
      22. Januar 2023

      @ zimtspinne:

      “Es gab in Frankfurt/M auch eine Radfahrerin, die aufgrund des von Aktivisten auf Straßen platzierten Öls gestürzt und ebenfalls ins KH musste, zum Glücke ohne ernste Verletzungen.”

      Ja, das sind Situationen, über die man diskutieren sollte. Es wäre aber für schnelle Leser:innen gut, dazuzuschreiben, dass die ölartige Flüssigkeit nicht auf den Radweg laufen sollte: https://www.sueddeutsche.de/politik/demonstrationen-frankfurt-am-main-radfahrerin-bei-aktion-militanter-klima-aktivisten-verletzt-dpa.urn-newsml-dpa-com-20090101-220414-99-915397

      “Habe schon den Eindruck, unter den Aktivisten tummeln sich einige, die sich nicht unter Kontrolle haben und der ganzen Bewegung mit ihren Aktionen, nein Taten, schaden.”

      Das ist sicher so. Wenn Sie schreiben, dass manche aus der Szene der Bewegung schaden, heißt das, die Bewegung an sich verfolgt legitime Ziele mit legitimen Mitteln?

      “schon erstaunlich, dass die sonst dauerempörte Beobachterin sich darüber nicht erbost und das ganz normal und akzeptabel findet.”

      Das ist eine Unterstellung. Sie wissen doch gar nicht, was der Beobachter zu dieser Sache denkt. Und “dauerempört” ist auch eine Ihrer hervorstechenden Eigenschaften 😉

      “Man könnte auch gut mit ähnlich radikalen Mitteln demonstrieren und protesten für die Verbesserung der Hygienezustände in manchen Schulen (bis hin zu Schimmel). Oder die katastrophalen Zuständen in manchen Pflegeheimen.”

      Und, machen Sie da was oder sollen die Klimaaktivisten das für Sie tun?

      “Es wird so getan, als sei dort noch was zu retten.”

      Es ist noch viel zu retten, im Kleinen wie im Großen. Aber vielleicht erleichtert es das eigene schlechte Gewissen, nichts getan zu haben, wenn man sich einredet, es hätte doch eh alles keinen Sinn mehr?

  94. #105 fauv
    22. Januar 2023

    Ein Aspekt von Demonstration wurde noch nicht beleuchtet,
    die Opfer, jawohl die Opfer, das sind die Polizisten, die in vorderster Linie stehen.
    Auge in Auge , ein
    Polizist, 120 kg Kampfgewicht, vor ihm eine Demonstrantin, die seine Mutter sein könnte, 60 kg Leichtgewicht.
    Sie spukt dem Polizist ins Gesicht. Der kann sich nicht wehren.
    Das hinterlässt Spuren, Spuren in der Seele.
    Unser Verwandte ist Polizist, dem ist das passiert, mehrfach passiert , jeden Tag, bei den Demonstrationen zu Stuttgart 21.
    Jetzt ist er krank, burnout, nicht nur er ist betroffen, viele seiner Freunde und Kollegen sind krank oder im Innendienst.
    Auf die Dauer kann sich eine Gesellschaft das nicht leisten. Die Polizei leidet an Auszehrung.

  95. #106 Herr Senf
    schaumermal
    22. Januar 2023

    … wo bleiben die Bürgerwehren ! sarkastisch, kommen vielleicht noch.

  96. #107 Uli Schoppe
    22. Januar 2023

    @Ludger
    22. Januar 2023

    “Ghandi konnte sich auf universelle Menschenrechte berufen und auf diese Weise das geltende britische Recht, welches in Indien offenbar dem universellen Menschenrecht widersprach (Recht auf Selbstbestimmung) , also dieses Kolonialrecht abschaffen.”

    Wenn wir schon das große Rad drehen: Wie sähe denn Dein Vorschlag aus um unsere Regierung dazu zu bringen unsere fundamentalen Lebensgrundlagen zu schützen? Ich finde das hat einen ähnlichen Stellenwert wie die universellen Menschenrechte; zählt das nicht sogar dazu? Wie soll ich denn meine anderen Menschenrechte einfordern wenn ich schon tot bin (ich meine da nicht zwanghaft uns Mitteleuropäer)?

    “Einen anderen demokratischen Weg hatte er nicht.”

    Warum ist er nicht einfach den Marsch durch die Institutionen angetreten? scnr …

    “Es gibt kleine Unterschiede zu Lützerath. Dort gab es eine demokratische Entscheidung, die rechtsstaatlich von Gerichten abgesichert war. Kein Kolonialrecht. ”

    Das Kolonialrecht (welches eigentlich? 🙂 ) wiedersprach also geltenden britschen Rechtsnormen? Sicher?

    “Sich in Lützerath auf Ghandi zu berufen, zeigt schon eine gewisse Hybris.”

    Da kan ich genau so schlecht gegenhalten: Das als Hybris zu bezeichnen ist nur der Versuch das Anliegen der Demonstrierenden künstlich klein zu reden … ^^

  97. #108 Uli Schoppe
    22. Januar 2023

    @zimtspinne

    “Nun ja, ich möchte mal erwähnen, das tut sonst keiner, dass es bei der Kleberei auf verkehrsreichen Straßen nicht nur um sichtbare Verantwortlichkeiten wie Rettungsgassen und Behindern von Rettungs(spezial)fahrzeugen geht.”

    Im Gegensatz zu den gebeutelten kleinen Leuten, also die ganz normalen Autofahrer auf deren Rücken ja Deiner Meinung nach das ganze ausgetragen wird waren die Demonstrierenden aber so verantwortungsvoll das niemand in der Mitte der Blokade festgeklebt war um eine Rettungsgasse bilden zu können. Das eine Rettungsgasse auch noch gescheitert ist liegt also eher in anderer Menschen Verantwortung. Die Bildung einer Rettungsgasse ist problematisch gewesen so die Feuerwehr ^^ VIeleicht sollten sich die armen kleinen Leute mal fragen warum sie dazu zu doof sind während die Aktivisten die Möglichkeit aktiv in die Planung eingebaut haben?

    Bei den Demonstranten auf der Schilderbrücke der A100 haben die Aktivisten die Polizei vor der Aktion informiert damit die EInsatzfahrzeuge umleiten und die A100 sperren können. Die Berliner Feuerwehr hat ein eigentlich cooles System um Rettungsfahrzeuge um immer wieder auftretende Behinderungen herum leiten zu können. Wo war das und was ist da falsch gelaufen ist doch eher eine interessante Frage.

    Naja, und das Rettungsfahrzeug das im Stau steckte war gar nicht mehr nötig da die Notärztin schon entschieden hatte den LKW so von der Verletzten zu fahren weil ein anderes Vorgehen Ihrer Ansicht nach schlechter gewesen wäre.

    Was hat uns der Pressesprecher der GdP in Berlin dazu zu sagen: „Die Klima-Klebenden haben den grauenhaften Unfall am Montag nicht verursacht und ob das Leben der Radfahrerin bei schnellerem Eintreffen des Rüstwagens der Feuerwehr hätte gerettet werden können, ist momentan rein spekulativ.“

  98. #109 Ludger
    22. Januar 2023

    @Uli Schoppe:

    Wenn wir schon das große Rad drehen: Wie sähe denn Dein Vorschlag aus um unsere Regierung dazu zu bringen unsere fundamentalen Lebensgrundlagen zu schützen?

    Die Bundesregierung wird genau das für sich in Anspruch nehmen. Zu den fundamentalen Lebensgrundlagen gehören auch die Arbeitsplätze und dafür ist eine ausreichende Versorgung mit Strom im Grundlastbereich, auch in einer Dunkelflaute notwendig. Die Wirtschaft vor die Wand zu fahren, entspricht nicht dem Willen der Wähler. Und der Effekt für das Klima wäre wegen China und den USA minimal.
    Man kann ja für sich die Schwerpunkte anders setzen. Das berechtigt aber nicht dazu, ungestraft Ordnungswidrigkeiten zu begehen.

  99. #110 Uli Schoppe
    23. Januar 2023

    @Ludger
    22. Januar 2023

    “Die Bundesregierung wird genau das für sich in Anspruch nehmen. Zu den fundamentalen Lebensgrundlagen gehören auch die Arbeitsplätze und dafür ist eine ausreichende Versorgung mit Strom im Grundlastbereich, auch in einer Dunkelflaute notwendig.”

    Das sind eben nicht die fundamentalen Lebensgrundlagen. Wenn die weg sind stellt sich die Frage nach einem Arbeitsplatz gar nicht. Und das wäre die eigentliche Aufgabe der Politik: Eben die Stromversorgung sicherzustellen ohne Kohleverstromung. Das geht. Hat man nur keine Lust dazu. Man müsste vieleicht ja den Lebensstil oder Produktionswege oder -weisen ändern.

    “Die Wirtschaft vor die Wand zu fahren, entspricht nicht dem Willen der Wähler.”

    Dem Willen der Klimaaktivisten entspricht das lustigerweise auch nicht.

    “Und der Effekt für das Klima wäre wegen China und den USA minimal.”

    Ja, ich fühle mich echt dumm wenn ich meinen gefährlicheren Abfall vernünftig entsorge. Was manche Chemiefirmen so in aller Welt in die Umwelt kesseln, da ist mein bischen doch ein Klacks …^^
    Mal davon ab das das Klima nun mal ein nichtlineares dynamisches System ist bei dem sich auch kleine Änderungen massiv auswirken können.
    DIe Gerechtigkeitsfrage, das wir gemessen an der Bevölkerung nur einen bestimmten Teil der uns verbleibenden Menge an CO2 von der es sich die Menschheit noch leisten kann ausstoßen zu können liegt ja auch auf dem Tisch: Das sind so um die 1% und die 1% haben erst mal nur was mit uns zu tun und nicht mit China oder den USA.

    “Man kann ja für sich die Schwerpunkte anders setzen. Das berechtigt aber nicht dazu, ungestraft Ordnungswidrigkeiten zu begehen”

    Was am Konzept des zivilen Ungehorsams und gewaltlosen Widerstands ist da nicht klar?

  100. #111 fauv
    23. Januar 2023

    Uli Schoppe
    Du beschreibst die inneren Widersprüche einer Industriegesellschaft. Produzieren ja, Müll erzeugen ja,
    Protestieren ja, Ordnungswidrigkeiten nein,
    Probleme lösen “Hat man nur keine Lust dazu.”

    Wir leben in einem föderalistischen System, bei dem es fast unmöglich ist schnell Probleme zu beseitigen.
    Das hat sich bei corona gezeigt, das zeigt sich jetzt bei der Umstellung der Energieerzeugung.
    Ja, das wichtigste dabei muss sein, es darf kein Geld kosten. Dabei sind sich alle einig.
    Vorschlag: Wir können ja wie beim Autofahren Punkte vergeben beim Protestieren. Beamtenbeleidigung 1 Punkt, Straße blockieren 5 Punkte, sich festkleben 10 Punkte . Ab 15 Punkte droht die Fußfessel. (Die Gefängnisse sind übervoll)

  101. #112 Ludger
    23. Januar 2023

    @Uli Schoppe:

    Was am Konzept des zivilen Ungehorsams und gewaltlosen Widerstands ist da nicht klar?

    Die Ziele sind ja dieselben. Es geht Euch nur nicht schnell genug. Bei der Güterabwägung zwischen Geschwindigkeit der Decarbonisierung und Erhalt der Arbeitsplätze gibt es ein Optimum. Wo dieses Optimum liegt, darüber besteht ein Dissens. Eine Deindustrialisierung Deutschlands würde der Welt nicht helfen. Und ein ökologischer Umbau braucht Zeit. Wenn aber auf einer Seite der Besitz überragender Wahrheiten in Anspruch genommen wird, weshalb es unmöglich wird Kompromisse einzugehen und stattdessen das Begehen von Ordnungswidrigkeiten legitimiert werden soll, dann gefährdet man den Rechtsstaat.
    Und es gibt mehrere Gruppen, die sich im Besitz überragender Wahrheiten wähnen, z.B. Pro-Life Aktivisten oder politische Spinner (QAnon-Anhänger ). Es graust mich, wenn es die alle legitim finden, aus Protest Ordnungswidrigkeiten zu begehen.

  102. #113 Beobachter
    23. Januar 2023

    Zu den Schadensersatzforderungen von RWE gegenüber Protestierenden ein interessanter Artikel (Kommentar; der Autor ist Jurist) in der TAZ:

    https://taz.de/Schadenersatzforderungen-von-RWE/!5907595/

    “Schadenersatzforderungen von RWE
    Ein Einschüchterungsmanöver
    Nach Lützerath: Auch RWE hat Anspruch auf Schadenersatz, sollten die Vorwürfe stimmen. Besonders schlau sind solche Forderungen aber nicht.
    … ”

    Lesenswert auch einige Leser-Kommentare zum Artikel.

    – Siehe dazu auch # 84 –

  103. #114 fauv
    23. Januar 2023

    Ludger
    Du hast es auf den Punkt gebracht “Es graust mich, wenn es die alle legitim finden, aus Protest Ordnungswidrigkeiten zu begehen.”

    Protest darf kein Modekult werden, gleichzeitig muss den Politikern immer bewusst sein, was ist gesellschaftlich gesehen durchsetzbar.

    Die Zeit läuft uns davon. Und die Umstellung auf E-Autos hat auch einen Pferdefuß. Deutschland ist ein Exportland. 70 % der Erzeugnisse gehen ins Ausland.
    Ein Exportabsatzmarkt der Zukunft ist Indien. Für den müssen wir bei der alten Technologie bleiben , Verbrennungsmotore.. Die E-Autos können die nicht bezahlen.
    Was tun? Deutschland befindet sich in dieser Hinsicht in einem Zielkonflikt.

  104. #115 Beobachter
    23. Januar 2023

    @ Ludger, # 111:

    ” … Es graust mich, wenn es die alle legitim finden, aus Protest Ordnungswidrigkeiten zu begehen.”

    Und mich graust, wenn man alle Protestierende über einen Kamm schert, allen Gewaltbereitschaft und Terrorismus unterstellt, ihnen jegliche legitime Gründe für legitime Proteste abspricht, sie als Kriminelle und Spinner bezeichnet und behandelt.

    Und die tatsächlichen Schuldigen, Verursacher und Brandstifter nicht wahrnehmen will und/oder schützt und/oder davonkommen lässt.
    Bsp.:

    https://taz.de/Erderhitzung-durch-Treibhausgase/!5908674&s=ExxonMobile/

    “Erderhitzung durch Treibhausgase
    Exxon wusste alles – und zwar genau
    Der Ölkonzern spielte die Risiken seines Geschäfts jahrzehntelang herunter. Derweil waren seine Ex­per­t:in­nen der sonstigen Fachwelt sogar voraus.
    … “

  105. #116 Ludger
    23. Januar 2023

    @Beobachter:

    Und mich graust, wenn man alle Protestierende über einen Kamm schert, allen Gewaltbereitschaft und Terrorismus unterstellt, ihnen jegliche legitime Gründe für legitime Proteste abspricht, sie als Kriminelle und Spinner bezeichnet und behandelt.

    Prima, dann brauchen wir nur noch eine kleine Tabelle, in der den Guten das Begehen von Ornungswidrigkeiten bei berechtigten Protesten erlaubt wird und die Bösen bekommen es verboten.

  106. #117 Uli Schoppe
    24. Januar 2023

    @Ludger

    “Prima, dann brauchen wir nur noch eine kleine Tabelle, in der den Guten das Begehen von Ornungswidrigkeiten bei berechtigten Protesten erlaubt wird und die Bösen bekommen es verboten.”

    Du hast das Konzept von gewaltlosem Widerstand immer noch nicht verstanden. Das was Du da formulierst ist einfach nicht Inhalt.

    Beobachter hat einfach mal Recht.

    “Die Ziele sind ja dieselben. Es geht Euch nur nicht schnell genug. Bei der Güterabwägung zwischen Geschwindigkeit der Decarbonisierung und Erhalt der Arbeitsplätze gibt es ein Optimum. ”

    Erst mal wenn dann mir, nicht Euch. Du bist doch für das Tragen von Konsequenzen, oder? Das ist die Konsequenz wenn man Dinge zu lange schleifen lässt. Ist ja nicht so als wäre das Problem erst seid letzten Dezember bekannt. IHR 😉 habt das einfach so lange schleifen lassen…

  107. #118 Uli Schoppe
    24. Januar 2023

    @Ludger

    https://de.wikipedia.org/wiki/Ziviler_Ungehorsam

    Mal für Dich daraus: “Der Ungehorsame nimmt dabei bewusst in Kauf, auf Basis der geltenden Gesetze für seine Handlungen bestraft zu werden. ”

    Die Radbruchsche Formel könnte man auch noch mal auf den Tisch legen…

    • #119 Joseph Kuhn
      24. Januar 2023

      @ Uli Schoppe:

      “Die Radbruchsche Formel könnte man auch noch mal auf den Tisch legen”

      Die war auf dem Tisch, als es um Vergleichsfälle zum Nachdenken über das Verhältnis zwischen Legalität und Legitimität im Allgemeinen ging. Gustav Radbruch wollte damit darauf hinweisen, dass offenkundig extrem unmoralisches Recht keinen Geltungsanspruch als Recht hat, als Einwand gegen Hans Filbingers “Was damals Recht war, kann heute nicht Unrecht sein”. Die Diskrepanz zwischen Legalität und Legitimität wird durch die Formel in den Fällen, auf die man sie anwenden will, beseitigt, die absolute Geltung des sog. “positiven Rechts” eingeschränkt. Auf das Recht, gegen das die Klimaaktivisten verstoßen, kann man sie aber nicht anwenden. Das geltende Recht steht hier nicht infrage, es geht “nur” um die Legitimität des Verstoßes dagegen, eben um zivilen Ungehorsam samt den zu Recht und rechtmäßig zu tragenden Folgen.

  108. #120 Beobachter
    24. Januar 2023

    @ fauv, # 114:

    Ist dieser Kommentar von dir zynisch-satirisch oder tatsächlich ernst gemeint?
    Ich bitte um Kennzeichnung, um Missverständnissen vorzubeugen.

  109. #121 fauv
    24. Januar 2023

    Beobachter,
    meine Anmerkungen sind bewusst ambivalent gehalten, weil Politik auch ambivalent ist.
    Sich auf einer Straße festkleben, dass darf nicht hipp werden.
    Es gibt ja die Leute, die das ernsthaft gemacht haben, vor denen habe ich Respekt, ich hätte den Mut dazu nicht aufgebracht.
    Es gibt Leute, die die Polizisten anspucken, vor denen habe ich keinen Respekt,, denen gehören 100 Sozialstunden verordnet, ein teil davon in einem Sterbehospitz.

    Was war noch wichtig, ach ja, der innere Widerspruch zwischen Industrieland und Ökologie. Wenn wir da nicht rechtzeitig von den Wärmekraftmaschinen wegkommen, dann wird die Klimakatastrophe real.
    Diesen Umstieg können wir schaffen, weil wir den Umstieg bezahlen können. Wir bezahlen ihn aber mit Technologien, die wir exportieren. Und darin liegt die Krux. Jedes Schiff, dass von deutschen Werften vom Stapel läuft, das arbeitet mit Dieselmotoren, die sogar mit Altöl betrieben werden können.
    Aber, erzähl das mal den Werftarbeitern, denen ist ihr Hemd näher als die Aussichten auf die Zukunft.

  110. #122 Ludger
    24. Januar 2023

    @Uli Schoppe:

    Mal für Dich daraus: “Der Ungehorsame nimmt dabei bewusst in Kauf, auf Basis der geltenden Gesetze für seine Handlungen bestraft zu werden. ”

    Dem will ich nichts mehr hinzufügen.
    Übrigens: danke für den Link, lesenswert!

  111. #123 Staphylococcus rex
    24. Januar 2023

    Protestierende berufen sich gern auf ihre überlegene Moral bzw. Ethik, um ihre Handlungen zu rechtfertigen. Um Begriffsverwirrungen zu vermeiden, Moral ist für mich der Verhaltenskodex einer Gruppe, Ethik ist der philosophische Überbau, aus dem die konkreten Regeln abgeleitet werden können.

    Es gibt unterschiedliche ethische Konstrukte, z.B. die religiöse (z.B. christliche Ethik), es gibt eine humanistische nichtreligiöse Ethik, es gibt aber auch eine koloniale imperialistische Ethik. Die koloniale imperialistische Ethik diente der Rechtfertigung der Sklaverei in den Südstaaten der USA, der Niederschlagung von Volksaufständen in den Kolonien (Herero-Aufstand), aber unter Pervertierung des Sozialdarwinismus auch der Rechtfertigung der Gräueltaten des Nationalsozialismus.

    Jedes dieser Konstrukte folgt einer inneren Logik. Deshalb ist für mich die Frage einer überlegenen bzw. höherstehenden Ethik nicht trivial. Man kann aber jederzeit eine Rangliste der ethischen Konstrukte nach bestimmten Kriterien erstellen. Es gibt das Luxemburg-Zitat “Freiheit ist immer die Freiheit der Andersdenkenden”. Das entscheidende Kriterium wäre dann die Frage nach der Berechtigung und dem Maß der Gewalt gegen Andersdenkende. Die universellen Menschrechte ergeben sich automatisch, wenn man versucht, die Gewalt gegen Andersdenkende zu minimieren. Und das ist auch die Gretchenfrage, die sich jeder und jede Protestierende stellen sollte, wieviel Gewalt bin ich bereit gegen Andersdenkende auszuüben. Der Zweck heiligt eben nicht die Mittel.

  112. #124 darkwicht
    24. Januar 2023

    @ zimtspinne, #101

    “Warum behindern sie die kleinen Leute im unteren Spektrum der Nahrungskette?”

    Weil genau diese Leute das Problem sind!!!

    Keine Frage, Konzerne be…eissen, wo es geht. Auch, aber nicht nur, um Geld für Aktionäre zu erwirtschaften. Die auch mitunter kleine Leute sind.
    Auch, aber nicht nur, um Produkte billig zu halten. Weil die kleinen Leute das so wollen.
    Könnte man noch fortsetzen diese Aufzählung…

    Keine Frage, Politiker wollen gewählt werden, auch, aber hoffentlich nicht nur, um ihren persönlichen Status zu erhalten.
    Um gewählt zu werden, muss man aber auch die kleinen Leute dazu bringen, einen zu wählen.
    Und das geht nicht, indem man ihnen das Leben schwer macht.

    Und genau das ist die Achillesferse der Demokratie.
    Versteht mich nicht falsch, ich bin ein leuchtender Verfechter der Demokratie, und ich unterstütze absolut und zutiefst, dass JEDER seiner Stimme straffrei Gehör verschaffen darf!
    Passend zum Thema eben auch, indem man offensiver vorgeht, als einfach nur ein Plakat hochzuhalten!
    Mein Sohn ist 10. Er hat gestern in der Schule ein Plakat gemalt. Mit einer Erde auf der Intensivstation.
    Seit 50 f**king Jahren malen Kinder und Erwachsene solche Plakate, um der Allgemeinheit friedlich mitzuteilen, dass es so nicht weitergeht. Und jetzt auch noch mein Sohn.
    Ist nicht offensichtlich, dass dieses Mittel nicht reicht, um den kleinen Leuten endlich verständlich zu machen, dass es NICHTS mit Freiheit zu tun hat, mal eben mit dem (Verbrenner)SUV zu Tanke zu fahren, um ein paar Kippen zu kaufen, die man dann daheim bei -4° Außentemperatur am offenen Fenster qualmt, damit die Prim…. Klamotten nicht stinken, während das Kilo 99 Cent Discounter Hackfleisch in der Pfanne brutzelt?

    Die kleinen Leute müssen ihre Prioritäten überdenken. Natürlich auch die Großen. Und die Politiker. Und die Konzerne.
    Aber Politiker, Konzerne, die “Großen Leute”, seien es Sportler, Künstler, Autoren, Journalisten, Vermieter, egal, wer auch immer zu diesen gehören mag, haben nahezu alle eines gemeinsam:

    Sie sind, was sie sind, weil sie den kleinen Leiten gefallen. Weil sie auf die kleinen Leute angewiesen sind.

    Wenn sich unsere Welt also zum Besseren ändern soll, dann liegt das in der Hand der kleinen Leute. Und deshalb muß man sie endlich aufwecken. Und zwar, meiner bescheidenen Meinung nach, egal, wie( ist natürlich etwas überspitzt).

    Liebe Grüße.
    Von jemandem, den es seit ein paar Jahrzehnten stört, der Plakate gemalt hat, und dessen Sohn sie immer noch malt.

  113. #125 Staphylococcus rex
    24. Januar 2023

    PS: Mich stört an den aktuellen Klimaprotesten, dass der Kampf an der falschen Front geführt wird.

    Der ökologische Umbau wird nicht billig. Der Soli wegen der Wiedervereinigung kann abgeschafft werden. Brauchen wir demnächst stattdessen einen Öko-Soli?

    Der ökologische Umbau erfordert Stahl, Aluminium, Zement. Wie können wir diese Rohstoffe zukünftig klimaneutral herstellen. Wie hoch sind die Aufwendungen für Forschung und Modellprojekte?

    Der ökologische Umbau geht schneller, wenn er durch Subventionen unterstützt wird. Wofür gibt der Staat aktuell Subventionen aus und was machen andere besser als wir? Wie und wo läßt sich beim ökologischen Umbau die maximale Hebelwirkung erzielen?

    Diese und andere Fragen vermisse ich in der aktuellen Diskussion.

  114. #126 Alisier
    24. Januar 2023
  115. #127 fauv
    24. Januar 2023

    Was die taz zum thema Proteste schreibt ist es wert, gelesen zu werden.
    Das ist eine evolutionistische Denkweise, die der Partei den Sieg vorausagt, die sich besser artikuliert, die die Massen bewegt, die die öffentliche Meinung beeinflusst, die eine Mehrheit schafft. Und genau das nennen wir Demokratie. demos cratia.
    So betrachtet stärken Konflikte die Demokratie.

  116. #128 naja
    24. Januar 2023

    Ich finde, bei der Frage nach der allgemeinen Legitimität der Proteste, die ja tatsächlich nur angezweifelt werden kann, weil sie auf RWE Gelände stattfand, haben wir eine Dimension noch außen vor gelassen.

    Damit das Gelände überhaupt RWE gehören konnte, wurden in Lützerath Privateigentümer zT gegen ihren Willen enteignet. Und auch wenn das legal war, beeinflusst das meine Einschätzung der Legitimität der Proteste.

    Ich finde es stünde einem Rechtsstaat schlecht zu Gesicht, wenn Klimaaktivisten hart dafür bestraft würden, dort gegen Braunkohleabbau zu protestieren, wo vorher andere Menschen enteignet wurden. Mit diesem Protest hat der Rechtsstaat zu rechnen und vernünftig und konstruktiv umzugehen.

  117. #129 fauv
    25. Januar 2023

    naja
    Der Rechtsstaat funktioniert noch in Baden Würrtemberg.
    Hier wollte Daimler Benz eine Tesstrecke bei Boxberg bauen. Die Proteste der Bevölkerung haben Wirkung gezeigt, das Oberverwaltungsgericht entschied zugunsten der Protstierenden.
    Übrigens, Daimler Benz hatte vorher mit einer Verlegung der Aktionärsversammlung nach New York gedroht.

  118. #130 Ludger
    25. Januar 2023

    @nana:

    […] Rechtsstaat schlecht zu Gesicht, wenn Klimaaktivisten hart dafür bestraft würden, dort gegen Braunkohleabbau zu protestieren, wo vorher andere Menschen enteignet wurden. Mit diesem Protest hat der Rechtsstaat zu rechnen und vernünftig und konstruktiv umzugehen.

    Enteignungen sind im Rechtsstaat gegen Entschädigung möglich, wenn das Interesse der Allgemeinheit überwiegt. Dafür gibt es heute demokratisch legitimierte Gesetze. Das war aber auch schon zur Kaiserzeit so. Im Möhnetal zwischen Arnsberg und Soest lebten bis in das 19. Jahrhundert Menschen, die ihre Häuser beim Bau der Möhnetalsperre verlassen mussten. Die haben Zeit ihres Lebens ihrer alten Heimat nachgetrauert, obwohl sie wenige Kilometer weiter ein neues zu Hause bekommen haben.
    So etwas legitimiert aber niemanden, in Lützerath diese inzwischen leerstehenden Häuser zu besetzen und bei der Räumung Polizisten anzugreifen, mit Steinen und mit Feuerwerkskörpern. Das sind dann auch keine Ordnungswidrigkeiten mehr sondern Straftaten (z.B. gefährliche Körperverletzung).
    Wikipedia:

    Für die gefährliche Körperverletzung droht das Gesetz eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren an, in minder schweren Fällen eine Strafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.

    • #131 Joseph Kuhn
      25. Januar 2023

      @ Ludger:

      “So etwas legitimiert aber niemanden, in Lützerath diese inzwischen leerstehenden Häuser zu besetzen und bei der Räumung Polizisten anzugreifen”

      Vielleicht sollte man das Besetzen von Häusern und Gewalt gegen Polizisten nicht mit einem “und” verbinden, wenn es um die Frage der Legitimität, also der moralischen Rechtfertigbarkeit geht?

      Meist werden Dinge klarer, wenn man differenziert und nicht pauschalisiert.

  119. #132 Beobachter
    25. Januar 2023

    @ Ludger, # 130:

    ” … Enteignungen sind im Rechtsstaat gegen Entschädigung möglich, wenn das Interesse der Allgemeinheit überwiegt. … ”

    Genau – nur andersrum bzw. richtigrum:
    Übertragen auf die Wohnungsmarktlage und die Monopolstellung der großen Wohnungskonzerne mit ihren zu hohen, kaum bezahlbaren Mieten wäre es ganz im Sinne/im Interesse der Allgemeinheit, diese Immobilienkonzerne zu enteignen:

    https://www.sueddeutsche.de/politik/enteignung-expertenkommission-volksentscheid-berlin-wohnen-wohnungsbau-1.5712530

    “Volksentscheid in Berlin
    Expertenkommission hält Enteignung von Wohnungskonzernen für möglich
    … ”

    Bildunterschrift:
    “Auf Demonstrationen in Berlin gegen hohe Mieten forderten Teilnehmende im Sommer bereits die Enteignung großer Wohnungskonzerne “

  120. #133 Beobachter
    25. Januar 2023

    Interessanter, lesenswerter Artikel (Gastbeitrag) in der FR:

    https://www.fr.de/politik/luetzerath-erschuettert-gewissheiten-92048958.html

    “Lützerath erschüttert Gewissheiten
    … ”

    ” … Lützerath“ hat gezeigt, dass die Grünen dabei sind, den letzten Rest an Kredit zu verspielen, den die Klimagerechtigkeitsbewegung ihnen vielleicht noch gewährt haben mag. Im festen Glauben, staatstragend auf dem harten Boden der Realität zu stehen, legen sie auf einem durchweichten Acker im Rheinland eine veritable Bauchlandung hin. … ”

    ” … Es gilt, unsere zutiefst nicht-nachhaltige Produktions- und Lebensweise grundlegend zu verändern. Das impliziert einen Rückbau des fossilen Energiesektors, des motorisierten Individualverkehrs oder der industriellen Landwirtschaft. Diese Fragen werden in „Lützerath“ gestellt – und sie bedürfen einer nachhaltigen und global solidarischen Antwort.

    Eine Langfassung des Textes erscheint in der Februarausgabe der „Blätter für deutsche und internationale Politik“.”

  121. #134 Uli Schoppe
    26. Januar 2023

    @Ludger
    25. Januar 2023

    “Enteignungen sind im Rechtsstaat gegen Entschädigung möglich, wenn das Interesse der Allgemeinheit überwiegt.”

    Das ist natürlich richtig. Eine meiner Meinung nach interessante Frage wäre aber ob das Interesse der Allgemeinheit nicht durch vorhergehende Entscheidungen erst herbeigeführt wurde. Dann wären die Enteignungen immer noch legitim und legal. Der Protest dagegen das es so weit kommen musste aber ebenfalls legitim.
    Und das war auch nicht genau der Punkt von naja. Der Absatz vorher macht das klarer in dem Kommentar.

    “Dafür gibt es heute demokratisch legitimierte Gesetze.”

    Gegen die dann ziviler Ungehorsam und gewaltloser Widerstand wieder legitim sein könnten, das ist aber gerade nicht Thema 🙂

    “So etwas legitimiert aber niemanden, in Lützerath diese inzwischen leerstehenden Häuser zu besetzen […]”

    Vieleicht gibt es für Protest gegen die Enteignung doch eine Legitimation, aber das ist ja nicht die Frage weil Klimaproteste sich per Definition nicht gegen die Enteignungen richten sondern einfach ein anderes Thema haben. Aus dem eigentlichen Thema ergibt sich dann vieleicht eine Legitimation der Besetzung. Ich habe gerade das Gefühl ich formuliere das gerade etwas wirr.

    “[…]und bei der Räumung Polizisten anzugreifen, mit Steinen und mit Feuerwerkskörpern. Das sind dann auch keine Ordnungswidrigkeiten mehr sondern Straftaten (z.B. gefährliche Körperverletzung).”

    Ist das nicht Torpfosten verschieben? Ich finde hier in dem Thread und dem Artikel erstmal gar nicht den Versuch das zu tun. Ich werfe hier ja auch nicht das Thema auf was das soll Demonstranten mit dem Schlagstock in die Kniekehlen zu schlagen die einfach nur mit untereinander verschränkten Armen da stehen. So gesehen im viel gescholtenen ÖRR. Wobei der Kommentar zu den Bildern sich dann lustigerweise um Gewalt gegen Polizisten drehte. Was aber hier gerade auch nicht Thema ist obwohl man das natürlich auch diskutieren müsste.
    Und die Frage ob es sich um eine Straftat oder eine Ordnungswiedrigkeit handelt ist nicht zielführend in diesem Zusammenhang oder kennzeichnend für zivilen Ungehorsam. Landfriedensbruch ist eine Straftat gegen die öffentliche Ordnung. Kann aber in diesem Zusammenhang dennoch gedeckt sein.

    “Wikipedia:

    Für die gefährliche Körperverletzung droht das Gesetz eine Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu zehn Jahren an, in minder schweren Fällen eine Strafe von drei Monaten bis zu fünf Jahren.”

    Ist doch unbestritten. Das ist dann aber gerade kein gewaltloser Widerstand (obwohl unser damaliger Innenminister Zimmermann ja mal mit der These gekommen ist “Gewaltloser Widerstand ist Gewalt!”. Und eine Skijacke ist passende Bekleidung für den Sommer ^^).

    Und auch wenn gewaltloser Widerstand und ziviler Ungehorsam die Bestrafung nach geltendem Recht gerade mit in Kauf nehmen (was die Teilnehmer der Aktionen ja auch vorher explizit gefragt werden!). Sind gerade solche Sachen eben nicht gedeckt. Ich nenne das für mich den “RAF Fehlschluß”. Obwohl ich das nicht mehr gerne laut sage weil ja unsere Politiker sich schon redlich bemüht haben aus den Aktivisten Terroristen zu machen was sowas von neben der Spur ist…

  122. #135 Uli Schoppe
    26. Januar 2023

    @darkwicht
    24. Januar 2023

    “Seit 50 f**king Jahren malen Kinder und Erwachsene solche Plakate, um der Allgemeinheit friedlich mitzuteilen, dass es so nicht weitergeht.”

    Damit hast Du sowas von einem Punkt gemacht. Genau das sollte man sich jetzt mal überlegen. Und nicht schon wieder davon reden “Aber die Veränderung braucht doch Zeit!” Und noch mal 50 Jahre warten bis es entgültig zu spät ist.

    Gerade die Tatsache das das Thema schon seid 5 Jahrzehnten auf dem Tisch ist ist doch eine gute Rechtfertigung für zivilen Ungehorsam und gewaltlosen Widerstand.

  123. #136 echt?
    26. Januar 2023

    “Diese Fragen werden in „Lützerath“ gestellt “. Super Pathos. Diese Fragen stellt sich jeder am Thermostat und bei der Überlegung Aufzug oder Treppe, Auto oder Fahrrad.

  124. #137 Ludger
    26. Januar 2023

    @Uli Schoppe:

    “[…]und bei der Räumung Polizisten anzugreifen, mit Steinen und mit Feuerwerkskörpern. Das sind dann auch keine Ordnungswidrigkeiten mehr sondern Straftaten (z.B. gefährliche Körperverletzung).”

    Ist das nicht Torpfosten verschieben? Ich finde hier in dem Thread und dem Artikel erstmal gar nicht den Versuch das zu tun.

    Meine von Dir zitierten Worte waren eine direkte Antwort auf @nana:

    Ich finde es stünde einem Rechtsstaat schlecht zu Gesicht, wenn Klimaaktivisten hart dafür bestraft würden, dort gegen Braunkohleabbau zu protestieren, wo vorher andere Menschen enteignet wurden. Mit diesem Protest hat der Rechtsstaat zu rechnen und vernünftig und konstruktiv umzugehen.

    Der von Dir unterstellte Bezug zum gesamten Thread hat schon eher was von “Torpfosten verschieben”.
    @nanas Formulierung:

    Ich finde es stünde einem Rechtsstaat schlecht zu Gesicht, wenn Klimaaktivisten hart dafür bestraft würden, dort gegen Braunkohleabbau zu protestieren, wo vorher andere Menschen enteignet wurden.

    unterstellt, es würden legitime Proteste bestraft. Alles im Konjunktiv (Irrealis), insofern juristisch wasserfest. Aber so macht man Stimmung.
    Nein, es werden Leute bestraft, die Straftaten begangen haben und es werden keine Leute bestraft, die [Zitat nana:] “dort gegen Braunkohleabbau zu protestieren”.

  125. #138 Ludger
    26. Januar 2023

    @J.Kuhn:

    Vielleicht sollte man das Besetzen von Häusern und Gewalt gegen Polizisten nicht mit einem “und” verbinden, wenn es um die Frage der Legitimität, also der moralischen Rechtfertigbarkeit geht?

    Wenn Häuser wie Festungen ausgebaut sind, finde ich das “und” angemessen.

  126. #139 Beobachter
    26. Januar 2023

    @ Ludger, # 138:

    “Wenn Häuser wie Festungen ausgebaut sind, finde ich das “und” angemessen.”

    Häuser wie Festungen ausgebaut … :

    Der RWE-Turm in Essen – höchste “Festung” des Ruhrgebiets:

    https://de.wikipedia.org/wiki/Westenergie-Turm

  127. #140 Ludger
    26. Januar 2023

    Bei den Festungen der DAX-Konzerne kommt im Falle einer Hausdurchsuchung mit Polizei und Staatsanwaltschaft nicht zu Handgreiflichkeiten. Bei den Hausdurchsuchungen im Hochhaus der Deutschen Bank in Frankfurt hat auch niemand Stuhlgang auf die Polizei geworfen – anders als im Hambacher Forst.

  128. #141 naja
    26. Januar 2023

    @Ludger
    Ich hab in meinem Kommentar doch selbst geschrieben, dass die Enteignung legal war. Über Steine schmeißen haben nur Sie sich geäußert, mir ging es um die allgemeine Legitimität der Proteste.
    Und vor dem Hintergrund, dass seit Wochen gefragt wird, was Klimaaktivisten dürfen, finde ich es auch legitim, meine Erwartungshaltung an die Antwort unseres Rechtsstaats zu formulieren. 30 Tage Haft für Klimakleber finde ich zum Beispiel viel zu viel.

  129. #142 Echt?
    26. Januar 2023

    Natürlich ist RWE hier auf einen Gewinn durch Abbau der Kohle aus. Das ist ein völlig legales und übliches erhalten. Auch der Verlag, der hinter diesem Forum steht, möchte Geld verdienen. Und RWE braucht diesen Strom auch nicht für sich selber, sondern verkauft ihn an seine Kunden. Wenn man also „Lützi“ nicht verlieren möchte, sollte man auch keinen RWE-Strom mehr beziehen. Ansonsten wird das Pathos doch sehr übertrieben.

  130. #143 Uli Schoppe
    26. Januar 2023

    @naja
    26. Januar 2023

    ” 30 Tage Haft für Klimakleber finde ich zum Beispiel viel zu viel.”

    Aber das dient doch nur der Abschreckung dieser blöden Sudler die brave Bürger in den Stau zwingen und ist damit vollkommen legitim wenn man es legal gemacht hat oder so ähnlich…

    scnr 😉

  131. #144 Echt?
    26. Januar 2023

    Das Strafmaß legt ein Gericht fest. Dagegen hat man Rechtsmittel. Welches Strafmaß Sie für angemessen halten ist irrelevant.

    • #145 Joseph Kuhn
      26. Januar 2023

      @ Echt?

      “Welches Strafmaß Sie für angemessen halten ist irrelevant.”

      Falsch. Bürger sollen sich natürlich auch zu Rechtsfragen eine Meinung bilden und darüber diskutieren. Ebenso darf das die Presse.

  132. #146 naja
    26. Januar 2023

    @ Echt?
    #142
    RWE hat ca 25% Erneuerbare im Strommix, gegen Kohleabbau protestieren können Menschen ja auch mit der Absicht, den Anteil der Erneuerbaren zu erhöhen.
    #144
    Das ist kann man zu fast allem sagen. Das ist praktisch inhaltsleer, wenn auch nicht ganz falsch.

  133. #147 Uli Schoppe
    27. Januar 2023

    @Joseph Kuhn @naja

    Vor allem legen Gerichte das Strafmaß ja nicht im leeren Raum fest. Die Urteile bewegen sich im Strafrahmen und der ist gesetzlich festgelegt. Die Gesetze machen ja nicht Richter. Den Strafrahmen (der oft recht weit ist) setzen meine Vertreter.

  134. #148 Alisier
    28. Januar 2023
  135. #149 Beobachter
    28. Januar 2023

    @ Echt, # 144:

    “Das Strafmaß legt ein Gericht fest. Dagegen hat man Rechtsmittel. Welches Strafmaß Sie für angemessen halten ist irrelevant.”

    Gott sei Dank gibt es immer noch Leute, die sich darüber Gedanken machen, ob und wie hoch und wie bestraft wird – und es nicht für “irrelevant” halten, da genauer hinzusehen.

    Oft ist es eine Frage des Geldbeutels, ob man wegen geringen “Vergehen” (z. B. wg. Schwarzfahrens im ÖPNV) im Knast landet, weil man die Geldstrafe nicht bezahlen kann – sowas nennt man auch Ersatzfreiheitsstrafe oder “Klassenjustiz”:

    https://taz.de/Ersatzfreiheitsstrafe-fuer-Arme/!5908952&s=Klassenjustiz/

    ” … Für Armut bestraft
    2022 hat der Jurist und Journalist Ronen Steinke ein Buch veröffentlicht. In „Vor dem Gesetz sind nicht alle gleich“ berichtet er von einer „neuen Klassenjustiz“. 80 Prozent aller Strafen sind inzwischen Geldstrafen. Arme Menschen werden dabei häufiger und ungleich härter bestraft, und sie sind es auch, die immer häufiger im Gefängnis landeten, prangert Steinke an. Das Buch wurde ein Bestseller.
    … ”

    Welch ein Zynismus, dass dieses schon lange bekannte Thema in Buchform zum “Bestseller” wird – und sich trotzdem nichts ändert!

    Und was die Verhältnismäßigkeit der Strafe betrifft:
    Man verliert z. B. wegen Bon-Cent-Beträgen seinen Arbeitsplatz:

    https://de.wikipedia.org/wiki/Fall_Emmely

    … während Steuerhinterzieher und Wirtschaftskriminelle kaum belangt werden, weil es so viele “Steuer-Schlupflöcher” und “rechtliche Grauzonen” gibt und solche Leute eher arbeiten lassen.

    Im Übrigen können sich armutsbetroffene Leute, die sich meistens keine Rechtsschutzversicherung leisten können und/oder keinen Rechtsanwalt bezahlen können, viel schlechter wehren, wenn ihnen Unrecht geschieht (z. B. wenn sie im Straßenverkehr angefahren werden – Schmerzensgeld/Verkehrssachen, bei Arbeitsrecht- und Mietsachen).
    Es bleibt nur die Beantragung von Beratungshilfe, um überhaupt von einem Anwalt beraten und vertreten zu werden.
    Dieser wird dann aus der Staatskasse “honoriert”, aber so schlecht bzw. geringfügig, dass kaum ein Anwalt sich dazu bereit erklärt, solche Fälle überhaupt zu übernehmen.

    https://de.wikipedia.org/wiki/Beratungshilfe#Kosten_und_Geb%C3%BChren

  136. #150 Beobachter
    28. Januar 2023

    Zum Thema “Enteignungen” – “wenn das Interesse der Allgemeinheit überwiegt” (Ludger, # 130):

    https://www.tagesspiegel.de/politik/kanzler-scholz-zu-enteignungen-berliner-grune-und-linke-unverantwortlich-9259092.html

    “Exklusiv Kanzler Scholz zu Enteignungen: Berliner Grüne und Linke „unverantwortlich“
    Der Kanzler greift in den Berliner Wahlkampf ein und attackiert die Koalitionspartner von SPD-Parteifreundin Franziska Giffey. Er selbst erneuert sein Wohnbau-Versprechen.
    … ”

    Kanzler Scholz ist so gar nicht dafür … !

  137. #151 Beobachter
    29. Januar 2023

    Nachtrag zu # 149 und zu
    “Das Strafmaß legt ein Gericht fest. Dagegen hat man Rechtsmittel. Welches Strafmaß Sie für angemessen halten ist irrelevant.” (Echt, # 144):

    Das richtige Strafmaß findet offenbar öfters nicht mal der Staat:

    Sehr lesenswerter Artikel (Interview mit einem JVA-Chef und Jurist) in der TAZ:

    https://taz.de/JVA-Chef-ueber-Ersatzfreiheitsstrafen/!5908951/

    “JVA-Chef über Ersatzfreiheitsstrafen
    „Der Staat muss richtiges Maß finden“
    Immer mehr sitzen Ersatzfreiheitsstrafen ab. JVA-Chef Uwe Meyer-Odewald sagt: Sie gehören hier nicht her. Das Strafbedürfnis sei oft irrational.
    … ”

    ” … Auf unseren Stationen sind Ersatzfreiheitsstrafer, die sich in einer desolaten finanziellen, gesundheitlichen und sozialen Situation befinden. Knapp ein Drittel von ihnen ist entweder obdachlos oder lebt in betreuten Einrichtungen. Die öffnen ihre Post nicht mehr, mit der auch die Ladung zum Strafantritt kommt. Alle, die denken, diese Leute gehören ins Gefängnis, sollten eigentlich mal zu uns kommen…. ”

    ” …. da sind wir bei einem weiteren großen Kritikpunkt: Fast alle Verurteilungen zu einer Geldstrafe erfolgen im schriftlichen Verfahren, dem sogenannten Strafbefehlsverfahren. Das heißt, es kommen Menschen in Haft, die nie einen Richter oder eine Richterin gesehen haben. Ich weiß, dass das viel mehr Geld kosten würde, aber Haft ohne Inaugenscheinnahme der Verurteilten darf in einem Rechtsstaat nicht passieren. … “

  138. #152 Uli Schoppe
    29. Januar 2023

    @beobachter

    Das Strafmaß fällt eben nicht vom Himmel sondern ist politisch. Darum ist es auch nicht irrelevant was wir davon halten…

  139. #153 Beobachter
    29. Januar 2023

    @ Uli Schoppe, # 152:

    Ja, eben.
    Aber das musst du “Echt” sagen, nicht mir.

  140. #154 Beobachter
    29. Januar 2023

    @ Uli Schoppe, # 152:

    Nachtrag:

    Dazu – und zur Erinnerung – siehe auch:

    Mathematiker und Statistiker Emil Julius Gumbel:

    https://de.wikipedia.org/wiki/Emil_Julius_Gumbel

    https://www.deutschlandfunk.de/moerderische-statistik-gewalt-von-rechts-100.html

  141. #155 fauv
    29. Januar 2023

    Uli Schppe
    vor 50 Jahren sprach man noch von Klassenjustiz.
    Es gibt sie immer noch in anderer Form.

  142. #156 echt?
    2. Februar 2023

    “Das Strafmaß fällt eben nicht vom Himmel sondern ist politisch. Darum ist es auch nicht irrelevant was wir davon halten…”

    In der DDR war das sicher so, aber die ist untergegangen.

  143. #157 echt?
    2. Februar 2023

    “@ Echt?

    “Welches Strafmaß Sie für angemessen halten ist irrelevant.”

    Falsch. Bürger sollen sich natürlich auch zu Rechtsfragen eine Meinung bilden und darüber diskutieren. Ebenso darf das die Presse.”

    Natürlich darf man darüber diskutieren, aber für das Gericht ist diese Diskussion irrelevant.

  144. #158 RPGNo1
    2. Februar 2023

    Nicht Lützerath, aber doch “Letze Generation”.

    Fürs Klima blockiert die “Letzte Generation” Straßen in Deutschland – wie passt da eine Fernreise ins Bild? Die Antwort eines Sprechers wirft Zweifel auf.

    https://www.t-online.de/region/stuttgart/id_100121682/-letzte-generation-aktivisten-fliegen-nach-thailand-und-schwaenzen-gericht.html

    Dazu ein passender Kommentar.

    Keine Lust auf einen Gerichtstermin, dafür lieber nach Thailand? Für die “Letzte Generation” wird etwas anderes zum Problem.

    https://www.t-online.de/region/stuttgart/id_100122214/-letzte-generation-klimaaktivisten-in-thailand-wie-naiv-sind-sie-.html

  145. #159 Beobachter
    2. Februar 2023

    Die Südostasien-“Traum-Urlaubsreise” der beiden LG-Aktivisten wird auch in der TAZ wiederholt thematisiert, debattiert, kommentiert, kritisiert – auch durch eine Stellungnahme der beiden Flug-/Fernreisenden selbst.

    https://taz.de/Urlaub-nach-Autobahn-Blockade/!5909531/

    https://taz.de/Bali-Debatte-um-die-Letzte-Generation/!5909597/

    Beide Artikel halte ich in der Argumentation für so verquer, dass sie fast schon Satire sind.
    Denn die beiden flugreisenden LG-“Delinquenten” machen im Grunde nichts anderes als viele gutsituierte Grüne auch – die mit dem SUV zum nächsten Biomarkt fahren, 2-3 mal im Jahr in Urlaub fliegen/fahren und ihre Kinder auf (katholische) Privatschulen schicken.

    Wenn diese beiden LG-ler sich solche Reisen leisten können, können sie auch sicherlich problemlos ihre Geldstrafen fürs Protestieren/Festkleben bezahlen und müssen deshalb NICHT ihre Ersatzfreiheitsstrafen im Knast absitzen.
    Man sieht: Selbst das Protestieren muss man sich erstmal leisten können !

    Es ist ganz einfach:
    Man kann anderen nicht Wasser predigen und selbst Wein saufen (frei nach H. Heine):

    https://de.wiktionary.org/wiki/Wasser_predigen_und_Wein_trinken

    Denn so macht man sich als Vertreter einer Sache unglaubwürdig, ist heuchlerisch und bedient sich einer üblen Doppelmoral.

    Was aber nichts an der Dringlichkeit und Wichtigkeit der Sache selbst ändert: endlich etwas gegen den Klimawandel zu tun – im Großen wie im Kleinen.
    Und unsinniges Weiter-so-wie-bisher anzuprangern und versuchen zu verhindern (wie z. B. das Abbaggern von Lützerath).

  146. #160 naja
    3. Februar 2023

    @echt

    Klar sollen Gerichte unabhängig sein. Die sollen aber vor allem politisch unabhängig sein.

    Es gibt das Schöffenamt, das explizit die “Stimme des Volkes“ in die Urteilsfindung integriert. Gerichte sollen nämlich nicht ausschließlich aus juristischen Beweggründen zu ihrem Urteil kommen, wenn dies an der Lebensrealität der Bürgerinnen und Bürger vorbei geschieht. Vielleicht bin ich ja Schöffe und damit quasi superrelevant? Nee, bin ich nicht.

    @RPGNo1 und Beobachter

    Ja, ich finde es auch PR mässig etwas seltsam. Der Zeitpunkt hat auch sein übriges getan.

    Aber ich finde auch diesen Reflex verrückt. Wer sich fürs Klima einsetzt darf gar nichts mehr. Und wer sich nicht fürs Klima einsetzt alles, oder wie? Kaum hast du dich ein mal auf die Straße geklebt, schon musst du heiliger als Jesus sein… 😉

  147. #161 Ludger
    3. Februar 2023

    @naja
    Jesus hat mehrere Flugreisen gemacht, waren quasi Dienstreisen…
    Allerdings wohl ohne CO2-Ausstoß.

  148. #162 wereatheist
    3. Februar 2023

    Die Freunde des business as usual lieben es, die Sache ins Individell-Moralische zu drehen.
    Tu quoque! ist der Schlachtruf der Reaktanz.
    Und dem Jesus seine Flugreisen waren senkrecht, mit extra hohem Energieaufwand (aber dafür an einer Art Weltraumlift, also mit bestmöglichem Wirkungsgrad).

  149. #163 Echt?
    4. Februar 2023

    Die Schöffen sollen nicht die Stimme des volkes einbringen. Sie bekommen auch den Akteninhalt nicht zu sehen, sondern sollen aus der Hauptverhandlung schöpfen. Die Kleber werden es eh nicht vor die Schöffen bringen, da das zu erwartende Strafmass zu gering ist.

  150. #164 Alisier
    4. Februar 2023

    @ naja
    Das Problem dürfte ein bisschen sein, dass manche (längst nicht alle) Klimakämpfer sich ein wenig wie Jesus gerieren. Und sich manchmal auch bei der Rettung der Menschheit durch sie selbst jesusmäßig fühlen.
    Ansonsten gebe ich Dir aber durchaus Recht: heiliger zu sein als der Papst, was auch zuweilen von Linken aller Art und Grünen und besonders Linksgrünen verlangt wird ist meist ein durchsichtiges Manöver von denen, die sich, an ihrem schlechten Gewissen gepackt, per unfairem Rundumschlag auch mal wehren wollen.
    Beim Gretabashing haben wir das so ähnlich beobachten können.
    Statt mitzuhelfen um ein ernstes und wichtiges Problem zu lösen kommt lediglich Häme (Siehe Friedrich Merz). Und das brauchen wir noch viel weniger als Baliflüge.

  151. #165 Echt?
    4. Februar 2023

    Kein Mensch, der gegen etwas demonstriert muss ein Heiliger sein. Das sind wir alle nicht.

  152. #166 Beobachter
    4. Februar 2023

    Und was hält man hier von zynischer Doppelmoral und Heuchelei?
    Besonders in der Politik (in allen Lagern) und auch dann, wenn sie zur “neuen Normalität” wird und immer für verzeihlich, weil “menschlich”, erklärt wird?!
    Gibt es keine unverhandelbaren Überzeugungen mehr, nach denen man selbstverständlich auch praktisch/im Alltag handelt?

    Wie gesagt: Anderen Wasser predigen und selbst Wein saufen? (siehe # 159)

    “Schönes” Beispiel dafür, dass Grüne und Linke nicht unbedingt die “besseren Menschen” sind:

    https://taz.de/19-Jaehriger-verdraengt-Rentnerin/!5906627&s=Eigenbedarf/

    “19-Jähriger verdrängt Rentnerin
    Verrückt nach Eigenbedarf
    Eine 68-Jährige muss aus ihrer Wohnung in Kreuzberg ausziehen, damit ein Nachwuchsgrüner aus München einziehen kann. Der hat große Pläne.
    … “

  153. #167 Alisier
    5. Februar 2023

    Hitler war übrigens Katholik.
    Wir müssen also damit rechnen, dass Katholiken grundsätzlich zu irren Massenmördern werden……?
    Ehrlich gesagt erwarte ich hier dann doch ein gewisses Niveau. Wenn das gar zu sehr unterschritten wird ist das immer wieder bedauerlich.

  154. #168 Beobachter
    5. Februar 2023

    @ Alisier, # 167:

    Um bei deinem “Niveau” zu bleiben:

    Stalin war übrigens Atheist.
    Wir müssen also damit rechnen, dass Atheisten grundsätzlich zu irren Massenmördern werden……?
    Ehrlich gesagt erwarte ich hier dann doch ein gewisses Niveau. Wenn das gar zu sehr unterschritten wird ist das immer wieder bedauerlich.

    • #169 Joseph Kuhn
      5. Februar 2023

      Bitte die Niveau-Diskussion wieder beenden. Das Thema bietet schließlich genug Stoff. Danke.

  155. #170 RPGNo1
    5. Februar 2023

    Die LG kommt nicht zur Ruhe.

    https://www.spiegel.de/politik/deutschland/letzte-generation-stellte-daten-von-aktivisten-ins-netz-a-9f7bb28a-55b9-4956-bfd9-d73f3bfba5bc

    Massenweise Informationen, für jedermann einsehbar: Die Klimaprotestgruppe »Letzte Generation« hat nach einem Medienbericht persönliche Daten von Aktivisten und möglichen Unterstützern frei zugänglich im Netz gespeichert. Mehrere Excel-Listen mit Informationen zu 2200 Menschen seien über den Cloud-Dienst Google Drive für jedermann zugänglich gewesen, berichtete die »Welt am Sonntag« unter Berufung auf eigene Recherchen.

    Vernüftiger Datenschutz? Was ist das?

    »Die Daten waren über einen nicht öffentlichen Link zugänglich. Nur Menschen in internen Chatgruppen konnten auf ihn zugreifen«, sagte Sprecherin Carla Hinrichs auch der Deutschen Presse-Agentur auf Anfrage.
    Die Protestgruppe versuche, »als möglichst offene Bewegung Menschen die Möglichkeit zu geben, sich dem Widerstand anzuschließen«. Seit Beginn sei man eine schnell wachsende Gruppe. Wenn Journalistinnen und Journalisten »sich als Menschen ausgeben, die sich bei uns engagieren wollen, ist es für sie möglich, sich Zugang zu internen Chatgruppen zu verschaffen«, sagte die Sprecherin.

  156. #171 Beobachter
    5. Februar 2023

    zu # 170:

    Das ist auch Thema bei der TAZ:

    https://taz.de/Datenschutz-Fail-der-Letzten-Generation/!5910727/

    “Datenschutz-Fail der Letzten Generation
    Mehr Aufregung, nicht nur hier
    Dass private Daten von Kli­ma­ak­ti­vis­t:in­nen im Netz gelandet sind, war fahrlässig. Die Fälle zeigen, wie wichtig digitale Bildung ist.
    … ”

    Da hat man bei der LG wohl nicht genügend aufgepasst.

    Auch woanders ist es mit dem Datenschutz schlecht bestellt – auch dort, wo man sich genügend auskennen müsste und man schon in der Planungsphase einen Stab von IT-Experten zur Verfügung hat.

    Ich denke mit Schrecken z. B. an die geplante e-Patientenakte und Telematikinfrastruktur:

    https://www.verbraucherzentrale.de/wissen/gesundheit-pflege/krankenversicherung/elektronische-patientenakte-epa-gestartet-57223

  157. #172 naja
    5. Februar 2023

    @Echt?

    Aus der Wikipedia:

    “Durch Beteiligung von Schöffen in Gerichtsverfahren soll das Vertrauen der Bürger in die Justiz gestärkt und eine lebensnahe Rechtsprechung erreicht werden. Sie sind ein sichtbarer Ausdruck der Volkssouveränität und sollen zu einer Qualitätssicherung der Rechtsprechung beitragen und ein Instrument zur Rechtserziehung des Volkes darstellen. Ob diese Ziele noch erreicht werden, wird in der aktuellen Fachliteratur teilweise angezweifelt.[4] Dennoch ist die Beteiligung von Schöffen ein wichtiges Element des demokratischen Rechtsstaates, da sie ein Bindeglied zwischen Staat und Bürger schaffen können…”

    Btw: Schöffen haben ein Recht auf Akteneinsicht…

  158. #173 echt?
    6. Februar 2023

    Schau hier: https://www.landgericht-hannover.niedersachsen.de/startseite/informationen_und_download/informationen_fur_schoffen/informationen-fuer-schoeffen-58717.html

    Gesetzlich ist das nicht geregelt. Die Gerichtsakte wird aber kein Schöffe je in die Hände bekommen. Das wäre auch kontraproduktiv, da sich viele Richter Notizen machen.

    Also, werde Schöffe und versuch es!

  159. #174 naja
    6. Februar 2023

    @echt?

    Interessant, ich finde zwei BGH Urteile von 1960 und 1997 und ein EuGH Urteil von 2008, dass Schöffen ein Recht auf Akteneinsicht für die Verfahrensdauer zuspricht.

  160. #175 echt?
    7. Februar 2023

    Dann gib bitte das Aktenzeichen und eine Fundstelle an.

  161. #176 naja
    8. Februar 2023

    @ echt?
    Hab ich ehrlich gesagt nur gegoogelt, weil du es behauptet hast. Ist für mich ehrlich gesagt gar nicht so entscheidend, ob Schöffen Akteneinsicht haben. Steht aber zum Beispiel bei Wikipedia unter Rechte und Pflichten unter Schöffen. Auch mit Quellenangaben…