Die Welt nimmt seit einigen Jahren wieder unverkennbar unmenschlichere Züge an. Der Optimismus, den Hans Rosling noch aus weltweiten Daten über Armut, Bildung oder Gesundheit beziehen konnte, ist vielen Menschen abhanden gekommen. Kriege in der Ukraine, in Syrien, im Jemen, brutale Unterdrückung im Iran oder in Nicaragua, das Flüchtlingsdrama an Europas Grenzen, das Versagen der Welt gegenüber dem Klimawandel oder jetzt der Terrorangriff auf Israel: Die Aussichten sind düster.
Ob es in naher Zukunft wieder eine Wende zum Besseren gibt oder ob es noch schlimmer wird? Viele der unguten Zustände sind absehbar morgen nicht vorbei. Autokraten geben die Macht nicht ohne Not wieder her, und Regionen, in denen Armut und Krieg Einzug gehalten haben, kehren oft für Jahre und Jahrzehnte nicht zu Frieden und Wohlstand zurück.
Vorbeugen ist besser als Heilen. Zumindest in Demokratien haben alle Einfluss darauf, wie es weitergeht. Insbesondere tragen in Demokratien alle Verantwortung dafür, die Macht nicht in die Hände von Verbrechern fallen zu lassen. Haben die Putins, Ortegas oder Assads das einmal geschafft, bleibt oft nicht viel mehr als auf abtrünnige Eliten zu hoffen, oder, wie seinerzeit in der DDR, auf die Sklerotisierung und Ermüdung der Diktatur, auf das Eintreten einer revolutionären Situation.
Darüber, wer zu den Verbrechern und Verführern gehört und wer nicht, mag manchmal keine Einigkeit bestehen. Aber manchmal ist es auch einfach: Wer ständig von der Größe und Ehre der Nation redet, hat sichtlich anderes im Sinn, als sich um die Umwelt, um bezahlbares Wohnen, gute Schulen oder eine menschenwürdige Pflege zu sorgen. Für die Größe und Ehre der Nation wurden schon immer Menschen in Gefängnisse gesteckt oder in Kriege geschickt, Krieg für bezahlbares Wohnen oder mehr Pflegekräfte gab es noch nie.
Ludwig Erhards Motto „Wohlstand für alle“ verbindet das Versprechen auf ein Leben ohne Armut mit dem Anspruch auf Gerechtigkeit. Unter diesen Voraussetzungen hat es die Demokratie als die gemeinsame Sorge um das Wohlergehen aller leichter. Die neoliberale Aufteilung der Welt in Sieger und Verlierer lässt die Demokratie dagegen erodieren. Und den Frieden in der Welt auch.
Nach einer neuen Umfrage liegt die AfD deutschlandweit bei 23 %, die Ampelparteien zusammen bei gerade mal 33 %, die Union bei 29 %. Wie es weitergeht, ist – auch – unsere Verantwortung.
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