Hubert Aiwanger hat gestern der Berliner Zeitung ein Interview gegeben. Er arbeitet dabei wieder einmal mit den immergleichen Lego-Bausteinen des Trumpismus, spaltend, abwertend, absurd:
Selbststilisierung als Opfer
„Wir waren ja damals in Umfragen sehr gut unterwegs, bis zu 19 Prozent der Bürger konnten sich vorstellen, uns zu wählen, und dann ist die Aufmerksamkeit von uns wieder weggelenkt worden.“
Deep State-Verschwörungstheorien
„Aber ich schließe nicht aus, dass diese Neugründungen teilweise gezielte Knallfrösche sind, um uns den Weg zu verbauen.“
Elitenschelte mit Anbiederung: I’m your voice
„Vor allem die Grünen entfremden sich von der Bevölkerung. Doch auch die FDP ist nicht mehr die Partei der Großbauern, Zahnärzte oder Handwerksmeister. Der heutige FDPler ist ein Grüner mit gelber Krawatte. Nur noch Schickeria.“
„Ich wollte damit ausdrücken, dass gegen die Mehrheit regiert, dass das normale Volk nicht mehr gehört wird.“
Berlin als Verfallsmetapher
„Es ist „auch traurig, was in den vergangenen Jahren aus Berlin geworden ist. (…) Es ist abgeschmiert.“
Politik nach Hausfrauenart
„Die Großmutter weiß, dass man im Herbst Kartoffeln sammeln muss, wenn man den Winter überleben will.“
Die Ausländer als Sündenbock
„Die Milliarden, die jetzt eingesammelt werden durch Agrardiesel, Klinikschließungen oder CO2-Abgabe, wurden für eine verfehlte Migrationspolitik ausgegeben.“
Klare Feindbilder
„Die Grünen sind der parteigewordene Unsinn.“
Absurde Behauptungen mit Duftmarkenfunktion
„Deshalb sage ich auch, dass der Bauern-Soli von Landwirtschaftsminister Özdemir den Hass ganz gezielt auf die Bauern lenken soll.“
Obligatorische Schenkelklopfer:
„Weil ich Kopfschmerztabletten nehme, kann ich ja nicht einfach weitersaufen.“
Selbstverständlich ist Aiwanger gegen die aktuellen Demonstrationen gegen Rechts und versucht sie zu delegitimieren:
„Diese Demos gegen rechts sind vielfach von Linksextremisten unterwandert, von Gruppen, die vom Verfassungsschutz beobachtet werden.“
Man sollte meinen, dass sich diese Rosenkranz-Rhetorik irgendwann totläuft, weil es keiner mehr hören kann. Aber vielleicht spiegelt sich darin auch so viel „gesundes Volksempfinden“ wider, das seit jeher im Kleinhirn vieler Leute lagert und gegen „die da oben“, gegen alles „Linke“ und Urbane mobilisiert werden kann, dass er damit auf Dauer Erfolg hat. Zumindest so lange nicht die großen sozialen Fragen – bezahlbares Wohnen, Pflege, Niedriglöhne usw. – angepackt werden. Die kommen bei Aiwanger übrigens kaum vor, schon gar nicht die Aspekte, für die er als Wirtschaftsminister und Teil der herrschenden Eliten selbst Verantwortung trägt.
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Nachtrag, ein paar Stunden später:
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