Im März 2024 war das „Krankenhaustransparenzgesetz“ in Kraft getreten. Es ist Grundlage des heute online gestellten und z.B. von der Krankenhausgesellschaft im Vorfeld heftig kritisierten „Bundes-Klinik-Atlas“. Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach hat dazu große Worte gefunden:
„Mit dem Bundes-Klinik-Atlas bieten wir Patientinnen und Patienten einen übersichtlichen Wegweiser durch den Krankenhaus-Dschungel in Deutschland. Mit wenigen Klicks können sie Kliniken vergleichen und für die benötigte Behandlung in ihrer Nähe die beste Klinik finden. Verständliche Informationen über gute Krankenhausversorgung sind damit für alle zugänglich und nicht mehr nur das Privileg von wenigen. Der Bundes-Klinik-Atlas macht unsere stationäre Versorgung sozial gerechter und leistet wichtige Vorarbeit für die anstehende Krankenhausreform. Seine Transparenz ist Teil unserer Qualitätsoffensive.“
Was findet man nun im „Bundes-Klinik-Atlas“? Sucht man beispielsweise in der Region Dachau nach einer Klinik zur Behandlung eines Schlaganfalls*, kommt zunächst dieses Auswahlmenü:
Nimmt man dann die erste Option, Schlaganfall durch Verschluss eines Blutgefäßes im Gehirn, kommt man zu diesem Angebot:
61.223 Behandlungsfälle beim Uniklinikum Augsburg – Schlaganfälle können das nicht sein. Die Treffer kann man nach der Zahl der Behandlungsfälle, nach dem Namen der Klinik oder nach der Entfernung sortieren. Des Weiteren kann man nach verschiedenen Kriterien filtern, z.B. was die Barrierefreiheit angeht oder die Unterstützung durch Dolmetscherdienste.
Geht es um Depressionen, sieht das Startfenster so aus:
Die Optionen dürften noch mehr Fragen aufwerfen als beim Schlaganfall. Wählt man nun die depressive Episode, dann kommt diese Information:
Damit kann man leider gar nichts anfangen. Warum bei der Sortierung nach Behandlungsfällen hier eine Augsburger Klinik ganz oben steht, mit 8 Fällen und diese 8 Fälle als „viele“ deklariert werden? Hier sollten eigentlich die psychiatrischen Kliniken in der Region ganz oben auftauchen. Gibt man als Indikation „Suizidalität“ ein, kommen ähnlich erratische Ergebnisse. Da scheint etwas noch nicht praxistauglich.
Man kann sich dann einzelne Kliniken auch genauer ansehen und erfährt z.B., dass das Uniklinikum Augsburg neben 1361 Betten zusätzlich 36 teilstationäre Behandlungsplätze hat, über 23 Fachabteilungen verfügt und z.B. in der Neurologie 4.342 Behandlungen durchgeführt wurden, vermutlich letztes Jahr, das steht nicht dabei.
Für manche Informationsbedürfnisse wird dieses Angebot sicher helfen, bei manchen ersichtlich nicht. Besonders nutzerfreundlich ist es nicht, vor allem für Menschen, die sich online schwertun und für Menschen ohne gute Deutschkenntnisse. Für manche Indikationen braucht man auch einen Arzt an seiner Seite, um eine geeignete Auswahl zu treffen. Der wäre aber sicher ohnehin hilfreich, wenn man einen Klinikplatz haben will.
Künstliche Intelligenz oder andere smarte Unterstützungsfunktionen bei der Suche nach Informationen gibt es nicht. Man muss sich händisch durch die angebotenen Auswahlmenüs klicken.
Auch das Datenangebot ist noch eingeschränkt. Daten zur Behandlungsqualität werden, so steht es auf der Atlas-Seite, voraussichtlich im Oktober 2024 eingebunden. Insofern muss man das heute freigeschaltete Angebot vielleicht eher als Probebetrieb sehen und abwarten müssen, wie es sich weiterentwickelt. Vielleicht hätte auch das BMG besser noch etwas mit der Freischaltung gewartet.
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* Bei Verdacht auf einen Schlaganfall ist unverzüglich der Notruf 112 zu rufen. Der Rettungsdienst steuert die nächste aufnahmefähige und hoffentlich mit einer stroke unit ausgestattete Klinik an.
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