Die Grünen waren einmal eine Partei, die das Land verändern wollte. Ökologischer, sozialer, gerechter und weniger patriarchal sollte es zugehen. Manches war fast ein bisschen utopisch, oder, der Zukunft weniger hoffnungsvoll zugetan, nicht immer „realitätstauglich“. Aber die Utopie ist der Thesaurus der Hoffnung – und damit jedweder Veränderung der Dinge zum Besseren.
Nach dem Wahldebakel in Ostdeutschland ist nun der Parteivorstand zurückgetreten. Kurz darauf auch der Bundesvorstand der Grünen Jugend – und er hat auch gleich die Partei verlassen. Zu den Linken wollen sie vielleicht gehen, heißt es.
Mag sein, dass das politisch nicht klug war, vielleicht auch nicht „realitätstauglich“, wie die Alt-Grüne Renate Künast festgestellt hat. Und: „Da wundere ich mich nicht und da weine ich auch nicht.“
Die Grünen sind, teils den Umständen geschuldet, teils selbstverschuldet, im letzten Jahr ziemlich unter die Räder geraten. Schon länger war die Partei auf dem Weg zu einer „FDP mit Dosenpfand“, wie böse Zungen es immer wieder einmal formuliert haben. Das dürfte jetzt forciert weitergehen. Der Vorstand der Grünen Jugend habe einen „Klassensystem-Sozialismus“ angestrebt, so die Analyse von Künast. Den Begriff kennt nicht einmal Google, daher versuche ich erst gar nicht zu verstehen, was damit gemeint ist. Irgendetwas mit links halt, so genau kommt es bei den Grünen bei dem Thema heutzutage nicht mehr an.
Auch andere prominente Grüne rufen ihren Jugendfunktionären hinterher „geht doch“. Was für eine alte Partei ist das geworden, dass sie ihre rebellische Jugend so verabschiedet. Inzwischen haben auch mehrere Vorstände von Landesverbänden der Grünen Jugend angekündigt, zurückzutreten und die Partei zu verlassen.
Man muss nicht jede Utopie junger Leute teilen, aber man sollte sich anders damit auseinandersetzen, und damit zugleich auch mit der eigenen Entwicklung. Man könnte weinen. Aber vielleicht muss man dieser Partei auch keine Träne hinterherweinen. Die sozialökologische Transformation lässt sich nicht verdrängen, sie bleibt auf der Agenda und wird, wenn nötig, dann eben von anderen politischen Kräften umgesetzt. Ob es die „Linke“ sein wird, darf man natürlich mit guten Gründen bezweifeln.
Für die Grünen wird damit vielleicht immerhin eine Koalition mit Friedrich Merz einfacher, mit weniger internen Diskussionen. Manchen reicht das ja.
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