Wohnen ist kein Luxus, sondern ein elementares Bedürfnis, wie Essen und Trinken. In Art. 11 des UN-Sozialpakts heißt es:

„Die Vertragsstaaten erkennen das Recht eines jeden Menschen auf einen angemessenen Lebensstandard für sich und seine Familie an, einschließlich ausreichender Ernährung, Bekleidung und Unterbringung, sowie auf eine stetige Verbesserung der Lebensbedingungen. Die Vertragsstaaten unternehmen geeignete Schritte, um die Verwirklichung dieses Rechts zu gewährleisten (…).“

Dabei ist mit „Unterbringung“ nicht jede Form von Dach über den Kopf gemeint, sondern ein Aspekt des „angemessenen Lebensstandards“ und dazu gehört ganz wesentlich, so gängige Auslegungen von Art. 11, auch die Bezahlbarkeit.

Natürlich hat nicht jeder das Recht auf ein Haus am Starnberger See, zu Preisen, die sein Einkommen nicht überfordern. Aber die Vertragsstaaten sollen auch keine Entwicklungen auf dem Wohnungsmarkt zulassen, die ein angemessenes Wohnen immer mehr erschweren.

Am Starnberger See, einer der wohlhabendsten Regionen Deutschlands, fand vom 22.-24. November 2024 die Tagung „Wohnst du schon oder suchst du noch“ statt. Zwar wurden auch interessante Projekte neuer Wohnformen vorgestellt, aber das Fazit der abschließenden Podiumsdiskussion war finster: Bei den heutigen Boden- und Baupreisen wird auf absehbare Zeit alles noch schlimmer.

Schaut man sich Eckdaten des Wohnungsmarkts an, wird man dem zustimmen müssen. Dem Statistischen Bundesamt zufolge wurde 2023 in Deutschland der Bau von 260.100 Wohnungen genehmigt, 26,6 % weniger als im Jahr zuvor. Bundesbauministerin Klara Geywitz zählt allerdings lieber anders und überschreibt eine Pressemitteilung vom 23.5.2024 mit der Botschaft „Baufertigstellungszahlen 2023: Die Lage am Bau ist stabil. Starker Aufwuchs im sozialen Wohnungsbau“. Das klingt nicht nach Wohnungsnot, eine Meldung wie aus einem Paralleluniversum. Stolz wird noch vermeldet: „Wie das Statistische Bundesamt heute mitteilte, wurden im Jahr 2023 deutschlandweit insgesamt 294.400 Wohnungen und damit ähnlich viele wie im Jahr 2022 fertiggestellt. (…) Die Zahl der geförderten Wohneinheiten stieg um mehr als 20 % auf insgesamt 49.430 an.“

Die Ampel wollte jährlich 400.000 Wohnungen bauen, 2023 hat sie demnach 73,6 % ihres Zielwerts erreicht. Und was die Sozialwohnungen angeht, muss man das Selbstlob von Frau Geywitz schon zynisch nennen: In den 1980er Jahren gab es in der Bundesrepublik (also ohne die neuen Länder) ca. 4 Mio. Sozialwohnungen, jetzt ist es noch eine Million. Mit dem Aufbautempo 2023 käme man in 60 Jahren wieder auf das Niveau der 1980er Jahre.

Aber dahin will man nicht und dahin kommt man auch nicht mehr. Geywitz meint, die Leute sollen eben in Regionen ziehen, wo Wohnungen leer stehen. Das ist ein Appell, sich marktkonform zu verhalten und aus der nichteingelösten staatlichen Verpflichtung zur Schaffung gleichwertiger Lebensbedingungen nach Art. 72 (2) GG Kapital zu schlagen. In manchen Gegenden kann man sich in der Tat nicht nur die Miete leisten, sondern auch Eigentum. Ein Reihenhäuschen in einer wirtschaftlich schwachen Region kostet mit etwas Glück nur ein Zehntel oder ein Zwanzigstel dessen, was eine vergleichbare Immobilie im Speckgürtel Münchens kostet. Aber wovon die Leute dort leben sollen, sagt Frau Geywitz nicht. Diese Art von Planwirtschaft kann nicht funktionieren.

In den Ballungsräumen kennen die Preise für Mietwohnungen seit Jahren nur eine Richtung: nach oben. Die Faustregel, man müsse ca. 30 % seines Einkommens für die Miete aufbringen, können viele Wohnungssuchende in München umdrehen: Ihr Einkommen beträgt 30 % des Mietpreises einer angemessenen Wohnung.

Boden und Wohnungen sind in den Ballungsräumen, und nicht nur dort, längst Spekulationsgüter geworden. Es ist politisch gewollt. In den Ballungsregionen mit hohen Wertzuwächsen für Immobilien kann die Erbschaftssteuer für ein Mietshaus für Vermieter wie Mieter gleichermaßen zum Problem werden. Irgendwer muss sie am Ende bezahlen. Aber wer mehr als 300 Wohnungen besitzt, muss gar keine Erbschaftssteuer bezahlen. Die Begründung war, damit soll der Druck zum Verkauf der Wohnungen mit nachfolgenden Preissteigerungen verringert werden. Warum dieser Druck erst bei 300 Wohnungen einsetzt? Das hat auch der Bundesfinanzhof nicht verstanden und die Regelung 2017 für rechtswidrig erklärt (Urteil vom 24.10.2017, II R 44/15). Das Bundesfinanzministerium hat sich mit den Ländern verständigt, diese Entscheidung durch einen „Nichtanwendungserlass“ zu ignorieren. Bundesfinanzminister war damals Olaf Scholz, der jetzt einen sozialen Richtungswahlkampf gegen Friedrich Merz führen will.

Einer der wesentlichen Gründe für die gestiegenen Baupreise sind die Bodenpreise. In Bayern sind beispielsweise die Quadratmeterpreise für Bauland von 223,59 Euro im Jahr 2010 auf 348,76 Euro im Jahr 2020 gestiegen, ein Anstieg um 60 % in 10 Jahren. Im Jahr 2022 waren es 429,58 Euro, nach Adam Riese noch ein paar Groschen mehr als 2020. Für Eigentümer, die Bauland zu verkaufen haben, sind solche Wertsteigerungen natürlich tolle Gewinne. Für Eigentümer, bei denen Ackerland zu Bauland wird, sogar besser als Lottogewinne, der leistungslos erzielte Wertzuwachs wird nicht abgeschöpft. Die genannten Preise sind, das nur zur Vollständigkeit, bayerische Durchschnittspreise. In Tutzing liegen sie, mittlere Lage, derzeit beispielsweise bei 1.400 Euro pro qm, in München bei 6.000 Euro oder je nach Lage auch ein paar tausend Euro höher. Und nächstes Jahr sowieso höher.

Man könnte noch mehr solcher Geschichten erzählen, manche wurden auch auf der Tagung in Tutzing erzählt. Das Menschenrecht auf eine angemessene Wohnung steht auf dem Papier, auf der politischen Agenda steht es nicht. In Zeiten, in denen man von den Menschen fordert, wieder mehr zu leisten, mehr zu arbeiten, oder länger, den Gürtel enger zu schnallen, heizt das absehbar die sozialen Spannungen im Land weiter an, gegen Migrant:innen, gegen Arbeitslose, gegen Bürgergeldempfänger:innen, auch gegen Unterstützungsleistungen für die Ukraine übrigens. Leider ist derzeit kein Silberstreif am Horizont erkennbar.

Kommentare (49)

  1. #1 Tina
    24. November 2024

    Der Druck auf dem Wohnungsmarkt für Gering- und Normalverdiener wird in den Metropolen immer größer. Es sind ja nicht nur die horrenden Kaltmieten, auch die Nebenkosten sind in den letzten Jahren gewaltig gestiegen. Und der Markt ist einfach leergefegt. Wie ich heute ja schon unter dem anderen Blogartikel schrieb, man hat hier die Wahl zwischen überteuerten Mini-Appartements, gerne auch möbliert angeboten, um den Mietenspiegel zu umgehen und Wohnungen, die ab ca. 2000 Euro aufwärts kosten. Es ist einfach nur furchtbar. Aber hey, man kann ja auch auf der Straße leben, unter einer Brücke mit schöner Aussicht zum Beispiel. Ganz praktisch oder auch rein theoretisch, um dem Menschenrecht genüge zu tun.

  2. #2 Ludger
    25. November 2024

    JK: “Für Eigentümer, die Bauland zu verkaufen haben, sind solche Wertsteigerungen natürlich tolle Gewinne. Für Eigentümer, bei denen Ackerland zu Bauland wird, sogar besser als Lottogewinne, der leistungslos erzielte Wertzuwachs wird nicht abgeschöpft.

    Das habe ich vor Jahrzehnten mal einem Schwager gegenüber, der damals in der Kommunalpolitik im Kreis Soest tätig war, so behauptet.
    Seine Antwort damals, das sei schon lange nicht mehr so. Die Kommunen kauften den Acker, bevor er zum Bauland aufgewertet werde und erschließe die Grundstücke selber. Dann fließe der Gewinn der Umdeklarierung zum Bauland in die Gemeindekasse.

  3. #4 hto
    wo der zeitgeistlich-reformistische Kreislauf ...
    25. November 2024

    “Wohnen ist ein Menschenrecht” – Aber eben ein leicht korrumpierbares
    😉

  4. #5 Ludger
    25. November 2024

    Ich habe den Schwager noch mal zu dem Thema befragt. Der Unterschied der Bedingungen in Südwestfalen zu den Problemen in bayrischen Speckgürteln sind offenbar die Quadratmeterpreise für Bauland hier im ländlichen Südwestfalen und dort. Nach Vorliegen des Flächennutzungsplans und des Bebauungsplans übernimmt die Gemeinde (in der mein Schwager im Gemeinderat war) die Erschließung (Straßenbau, Wasser/Abwasser etc.) auch dann, wenn ihr noch nicht alle Grundstücke gehören. Wenn der Bauer nicht verkaufen will, muss er an die Gemeinde doch die Erschließungskosten bezahlen. Die Gemeinde verkauft die erschlossenen Baugrundstücke dann ohne eigenen Gewinn an die Bauwilligen weiter. Die Preise liegen so bei 120€/m² Bauland. Die Motivation des Bauern, an die Gemeinde zu verkaufen, ist dann natürlich ganz anders als in den Speckgürteln wo die Baulandpreise offenbar 10 bis 20 mal so hoch sind.

  5. #6 Staphylococcus rex
    25. November 2024

    Der Frust über die Situation ist verständlich, aber bei einem Marktversagen dürfte es schwierig sein, mit rein regulatorischen Maßnahmen einzugreifen. Wenn der Quadratmeter Bauland zu teuer ist, müssen mehr Quadratmeter Wohnungen pro Quadratmeter Bauland geschaffen werden, das bedeutet, bei der Erschließung sollten im Bebauungsplan im Idealfall nur noch Mehrfamilienhäuser mit bis zu 10 Stockwerken genehmigt werden. Bei den Baukosten sind Abschwächungen bei den Anforderungen an Sicherheit und Wärmedämmung nicht akzeptabel, lediglich Komfort und Automatisierung (Fertigteile) wären Stellschrauben. Wo ich mich nicht auskenne, das sind die staatlichen Förderungen für sozialen Wohnungsbau und warum diese Förderungen aktuell kein Entlastung bringen.

    Wie gesagt, bei einem Marktversagen gibt es manchmal überraschende Rückkopplungen. Eine Mietpreisbremse ist z.B. vorteilhaft für Bestandsmieter, aber problematisch für Wohnungssuchende.

    Ein Eingriff in die Bebauungspläne ist gleichzeitig auch ein Eingriff in die Eigentumsrechte der Besitzer von Bauland, dürfte damit auch politische Kollateralschäden verursachen.

  6. #7 Joseph Kuhn
    25. November 2024

    @ Ludger:

    Das klingt nach einem “Einheimischenmodell”. Die sind regional unterschiedlich, aber es geht nicht nur um solchen Modelle, sondern z.B. auch um Bauland für Investoren.

    Ich bin, anders als die Referenten in Tutzing, kein Baulandfachmann, aber leistungslose Bodenwertgewinne sollte man m.E. zumindest teilweise abschöpfen. Wie heißt es in der Politik derzeit oft so schön: “Leistung muss sich wieder lohnen”. Den Satz “Glück muss man haben” hört man eigentlich seltener.

    @ Staphylococcus rex:

    “bei einem Marktversagen”

    Warum “Marktversagen”? Der Markt funktioniert doch: Höhere Nachfrage führt zu höheren Preisen. Ist es nicht eher Politikversagen? Und zwar eines, das seit Jahrzehnten beklagt wird?

  7. #8 Staphylococcus rex
    25. November 2024

    PS: Nach meiner Einschätzung ist der einzige Ausweg aus einem Marktversagen die Wiederherstellung eines funktionierenden Marktes. Das geht aber nicht von selbst. Zuckerbrot und Peitsche würde bedeuten einerseits Aufstockung der staatlichen Förderung und andererseits Eingriff in die Eigentumsrechte bei den Bebauungsplänen. Beides verlangt große politische Standhaftigkeit. Andererseits wird bezahlbarer Wohnraum auch als grundlegendes Menschenrecht bezeichnet. Zur Not muss die Kommune selbst als Investor und Bauherr einspringen (z.B. über eine gGmbH).

    • #9 Joseph Kuhn
      25. November 2024

      @ Staphylococcus rex:

      “Zur Not muss die Kommune selbst als Investor und Bauherr einspringen”

      Das Geld haben Kommunen oft nicht, aber man könnte den Genossenschaften das Leben leichter machen. Wobei gestern in Tutzing vorgerechnet wurde, dass angesichts der aktuellen Boden- und Baupreise im Münchner Raum (und damit war nicht die Innenstadt gemeint) Kostenmieten von 30 Euro und mehr entstehen. Solche Wohnungen sind für Normalverdiener nicht bezahlbar und es macht auch keinen Sinn, solche Mieten dauerhaft kommunal zu subventionieren.

      Zum Stichwort “Marktversagen” siehe im Kommentar vorher.

  8. #10 Tina
    25. November 2024

    Der Markt funktioniert doch: Höhere Nachfrage führt zu höheren Preisen. Ist es nicht eher Politikversagen? Und zwar eines, das seit Jahrzehnten beklagt wird?

    Die Versäumnisse und Fehleinschätzungen und -entscheidungen sind im Bereich Wohnungsbau in der Tat gravierend.
    Erst hat man das Tafelsilber verscherbelt, Millionen von Sozialwohnungen privatisiert und dann hat man auch noch völlig falsche Prognosen zur Bevölkerungsentwicklung in Deutschland erstellt und mit diesen falschen Zahlen gerechnet.

    Unsere Bauministerin Frau Geywitz erzählte mal, dass man damals (80er oder 90er Jahre) davon ausging, dass Deutschland praktisch fertig gebaut sei und keine weiteren größeren Investitionen mehr nötig seien. Man rechnete bei damals ca. 80 Millionen Einwohnern damit, dass die Einwohnerzahl schrumpfen wird.

    Inzwischen haben wir bald 85 Millionen Einwohner, Tendenz weiter steigend. Alleine in den letzten Jahren sind Millionen Menschen neu hinzugekommen und die wollen tatsächlich alle: wohnen! Tja.

    Jetzt haben wir die extrem hohe Nachfrage, die immer weiter steigenden Preise für Mietwohnungen und die hohen Kosten bei Neubauten. So schnell, wie der Bedarf groß ist, kann gar nicht gebaut werden und bei den Kosten für Neubauten kann das auch kein normaler Mensch mehr bezahlen. Sorry, aber bei dem Thema kann ich mich nur aufregen. Zumal keine Besserung in Sicht ist. Und das bei einem so existenziell wichtigen Thema bzw. in einem so existenziell wichtigen Lebensbereich.

    Aber es gibt natürlich auch Gewinner bei der ganzen Sache. Neben den Baulandverkäufern sind das die Vermieter von Immobilien, die sich zum Teil eine goldene Nase verdienen können. Wenn zuvor geerbt, dass ist das quasi ein leistungsloses Einkommen. Man könnte glatt noch zum Klassenkämpfer werden.

  9. #11 Staphylococcus rex
    25. November 2024

    @ Joseph Kuhn, bei der Frage, ob es sich um ein Marktversagen oder ein Politikversagen handelt, haben wir wahrscheinlich beide recht.
    https://de.wikipedia.org/wiki/Marktversagen
    Das Problem beim Immobilienmarkt besteht ja gerade darin, dass es sich nicht um einen “idealen” Markt handelt, bei dem eine erhöhte Nachfrage zeitverzögert zu einer Ausweitung des Angebots und damit zum Sinken der Preise führt (“Schweinezyklus”).
    https://de.wikipedia.org/wiki/Schweinezyklus

    Bauland ist eine begrenzt verfügbare Ressource, die nicht einfach nachproduziert werden kann, sondern bei Erreichen des Limits lediglich recycelt werden kann. Deshalb führt die erhöhte Nachfrage zwar zu steigenden Preisen, aber nicht zur Selbstregulation mit Ausweitung des Angebots. Das ist in meinen Augen ein klarer Fall von Marktversagen. Natürlich regelt sich alles irgendwann von selbst, wenn man bereit ist die sozialen Kollateralschäden zu akzeptieren. Das Wegschauen bei einer hinlänglich bekannten Problematik und die schulterzuckende Akzeptanz der sozialen Kollateralschäden ist das Politikversagen.

    In Regionen mit sinkender Bevölkerung haben wir Wohnungsleerstand und teilweise einen Rückbau der Wohnfläche. Der Beitrag von Ludger #5 zeigt, dass selbst im Ballungsraum NRW in weiten Teilen die kritische Grenze nicht überschritten ist. Der grundlegende Fehler seitens der Politik besteht darin, dass eine lokal begrenzte Ressource von öffentlichem Interesse beim Überschreiten einer kritischen Grenze nicht mehr den Gesetzen des Marktes überlassen werden darf, sondern aktiv bewirtschaftet (und notfalls rationiert) werden muss. Das geht nicht ohne Eingriffe in die Rechte der Eigentümer.

    Für die Mietkosten bei Neubauten zählen die Kosten für Bauland und die eigentlichen Baukosten. Dort wo Bauland knapp ist, muss die Nutzung intensiviert werden (in die Höhe gebaut werden). Recycling könnte darin bestehen, leerstehende Büroflächen in Wohnraum umzuwandeln. Die Baukosten kann man senken, wenn der Schritt vom Handwerk zur Bauindustrie gegangen wird. Es muss nicht unbedingt die Platte aus der DDR der 70-er und 80-er Jahre sein, aber wenn mehrere großen Wohnungsgenossenschaften sich koordinieren würden und gemeinsam mit Hochschulen und Industrie ein flexibles Baukastensystem für Mehrfamilienhäuser entwickeln würden, dann sollten die Baukosten signifikant sinken. Die Rahmenbedingungen für einen Produktivitätsschub in der Bauindustrie gehören in den Verantwortungsbereich der Politik.

    • #12 Joseph Kuhn
      25. November 2024

      @ Staphylococcus rex:

      “Recycling könnte darin bestehen, leerstehende Büroflächen in Wohnraum umzuwandeln.”

      Auch das kam in Tutzing zur Sprache. Wenn ich es richtig verstanden habe, ist das in der Regel teurer als abreißen und neu bauen.

      “Die Baukosten kann man senken, wenn der Schritt vom Handwerk zur Bauindustrie gegangen wird.”

      Sicher eine der Stellschrauben, neben Bodenpreisen und Bauvorschriften.

  10. #13 zimtspinne
    25. November 2024

    Ich habe mal zu meiner Anfangsflüggezeit ein einzelnes Zimmer “gemietet” und wenn ich euch berichte, wie hoch der Preis für ein stillgelegtes Kinderzimmerlein (mit Originaleinrichtung) war, fallt ihr um. Es ging auch noch deutlich höher, aber das war recht weit außerhalb und im übrigen sogar ursprünglich Sozialwohnung. Weiß nicht, ob das überhaupt vermietet werden durfte… da ich mit WG überhaupt nicht klarkommen wollte, war das die Alternative für ca ein halbes Jahr.
    Dann die nächste Ein-Zi-Bude hatte eine Staffelmiete. Auch nett. Da habe ich dann auch nicht sehr lange gewohnt, vor allem wegen Südwestlage und riesige Panoramafensterfront. Und wegen Staffelmietvertrag.
    Jaja und überhaupt, die Abenteuertouren “Wohnungssuche und -besichtigung”. Von sexuellen Übergriffen über “originell bebaute” Dachwohnungen bis unwegsames Gelände war alles dabei. Ein Abenteuer fürs Leben.

  11. #14 RGS
    26. November 2024

    Zu den Kosten kommen seit dem die Zentralbanken die Inflation bekämpfen noch die Zinsen dazu. Sie haben sich ungefähr verdreifacht. 100.000€ Kredit kosten ca. 450€/Monat Zinsen statt 150€.

    Die Nebenkosten sind seit der Energiekrise stark gestiegen. In energetisch schlechten Häusern sind die Nebenkosten so hoch wie die Kaltmiete.

    Wie man beim Heizungsgesetz gesehen hat haben viele Immobilienbesitzer nicht das Kapital um zu investieren und die Nebenkosten zu senken.

    Die Kommunen sollen die Grundsteuern erhöhen um ihre Einnahmen zu verstetigen und zu erhöhen, empfiehlt der Sachverständigenrat für Wirtschaftsfragen.

    Ich denke, es müssen wieder mehr Menschen auf weniger Wohnfläche wohnen, wie das früher auch der Fall war.

  12. #15 Tina
    26. November 2024

    @RGS

    Ich denke, es müssen wieder mehr Menschen auf weniger Wohnfläche wohnen, wie das früher auch der Fall war.

    Was genau meinst du mit “weniger Wohnfläche”? Und welches “früher” meinst du und war das wirklich besser?

    Die Frage ist doch, wer soll oder muss hier verzichten und wie kann man das überhaupt sinnvoll umsetzen? Denn ausreichend Wohnfläche zu haben, ist Lebensqualität. Wenn beispielsweise ältere Menschen alleine in einem großen Haus leben, ist das sicher nicht optimal und die junge Familie in der zu kleinen Wohnung oder der Single in seiner kleinen Einzimmer-Butze wäre gleichzeitig dankbar für jeden qm mehr. Das heisst in der Praxis allerdings ja nicht, dass die nun zusammenkommen und sich gerecht die qm teilen.

    Wie sollte das mit “weniger Wohnfläche” deiner Meinung nach also konkret aussehen? Einigermaßen gerechte Verteilung des zur Verfügung stehenden Wohnraums im Sinne einer qm-Zahl pro Person? Wie ließe sich das durchsetzen, ginge das überhaupt? Und will man das?
    Oder viel Wohnraum für Reiche und der Rest quetscht sich in zu kleinen Wohnungen zusammen. Ist dieses “früher”, das es auch heute gibt, gemeint? Und will man das? Beides vermutlich nicht.

    Es gibt übrigens erhebliche Unterschiede bei der durchschnittlich zur Verfügung stehenden Wohnfläche zwischen Stadt- und Landbewohnern und zwischen Ost- und Westdeutschland:

    https://de.statista.com/statistik/daten/studie/1413027/umfrage/entwicklung-der-wohnflaeche-im-staedtischen-und-laendlichen-raum-deutschlands/

    Das sind aber nur die Durchschnittswerte. Es gibt also entsprechend Menschen mit sehr viel mehr zur Verfügung stehendem Wohnraum und Menschen mit sehr viel weniger zur Verfügung stehendem Wohnraum.

  13. #16 RGS
    26. November 2024

    @Tina

    Deine Einwände sind alle für mich berechtigt. Ich habe keine Lösung. Man muss versuchen mit vielen Stellschrauben, die Kosten fürs Wohnen zu begrenzen:
    Energie, Steuern, steigende Nachfrage, Zinsen, … Einiges wurde hier schon genannt.

    Mit früher dachte ich an die 70er Jahre, meine Kindheit und Jugend. Meine Eltern konnten sich mit zwei Kindern ein Reihenhaus mit 95qm leisten.
    Neue Einfamilienhäuser haben heute 150-200qm.

    Meine Großmutter lebte als Witwe in den 80er Jahren in einer 30qm Einzimmerwohnung mit Bad und Kochnische.
    Ihre Tochter lebt aktuell alleine in einer 60qm Wohnung.
    Klar es ist schön, sich das leisten zu können aber wir kommen hier scheinbar an ein Ende.

    In einer durch eine mittelalterliche Stadtmauer umgrenzten Kleinstadt die ich aus meiner Kindheit erinnere lebten Mitte der 70er Jahre vielleicht 4000 Menschen, heute vielleicht noch 1500?
    An der Gebäudesubstanz hat sich nicht viel geändert.

  14. #17 Joseph Kuhn
    26. November 2024

    Zum Nachdenken: Die bayerische Verfassung

    Art. 161

    (1) Die Verteilung und Nutzung des Bodens wird von Staats wegen überwacht. Mißbräuche sind abzustellen.
    (2) Steigerungen des Bodenwertes, die ohne besonderen Arbeits- oder Kapitalaufwand des Eigentümers entstehen, sind für die Allgemeinheit nutzbar zu machen.

    Man findet das auch andernorts, z.B. in Art. 45 (4) der Landesverfassung Bremen. In Art. 28 (1) der Berliner Verfassung steht das “Recht auf angemessenen Wohnraum”.

  15. #18 hto
    26. November 2024

    @Kuhn

    Darüber Nachdenken? Es lohnt sich nicht! Es gibt bessere Ansätze, wie z.B. die Forderung zu Enteignen in Berlin.

    • #19 Joseph Kuhn
      26. November 2024

      @ hto:

      Ob das wirklich der bessere Ansatz ist? Auch darüber sollte man nachdenken.

  16. #20 naja
    26. November 2024

    Schon in der Weimarer Verfassung von 1919 ist ein Recht auf Wohnraum verankert, das gegen missbräuchliche Verteilung und Nutzung des Bodens staatliche Überwachung vorsieht, mit dem Ziel, jedem eine “gesunde” Wohnung zu sichern.

    Ein Beschluss zur Wohnungsfrage des Reichsausschusses für Bevölkerungsfragen von 1931 erwähnt:

    “Das Familienheim darf nicht nur eine Schlaf- und Abfütterungsstelle sein, sondern muß die Möglichkeit bieten, eine mindestens zur Bestanderhaltung der Bevölkerung ausreichende Zahl gesunder Kinder aufzuziehen und die körperlichen und seelischen Kräfte der Familienmitglieder zu entwickeln und zu schützen. Hierzu ist das Heim nur imstande, wenn es hinreichenden Raum bietet, den hygienischen Forderungen genügt, wenn Erdnähe vorhanden ist und die Aufwendung für die Benutzung in richtigem Verhältnis zum Gesamteinkommen der Familie steht.”

    Klar, die Wohnfläche pro Kopf hat sich vergrößert, das ist aber nur Teil des Problems: Seit 1950 wurden in der BRD pro Jahr durchschnittlich 405.000 Wohnungen gebaut. 1973 waren es über 700.000. Im Zeitraum 1972 – 1974 fast 2 Mio Wohnungen (nur in Westdeutschland) und 1995 nach der Wiedervereiningung noch einmal über 600.000.
    Seit 2002 werden weniger als 300.000 Wohnungen pro Jahr fertiggestellt.
    https://www.destatis.de/DE/Presse/Pressemitteilungen/2023/06/PD23_N041_31.html

  17. #21 hto
    wo die wettbewerbsbedingte Symptomatik ...
    27. November 2024

    @Kuhn #19

    Das war dann wohl mal wieder der übliche Hinweis im Sinne von “Die Gedanken sind frei”, aber dieses Forum nicht? 😉

    • #22 Joseph Kuhn
      27. November 2024

      @ hto:

      In Kommentar #19 habe ich gründliches Nachdenken empfohlen. Das macht in der Tat unfrei, es zwingt zum Gebrauch der Vernunft und zur Aufgabe falscher Ideen. Ihr Glaube ans Paradies auf Erden macht in der Hinsicht frei.

      Was speziell das Forum hier angeht, hatte ich Ihnen ja schon gesagt, wie es sich mit Freiheit und Unfreiheit hier verhält, wenn Sie Ihre Freiheit zu exzessiv auf Kosten der Verträglichkeit des Threads hier nutzen – und Ihnen sogar eine für alle zeitsparende Kommentaralternative angeboten.

  18. #23 RGS
    27. November 2024

    @hto
    Durch Enteignung entsteht nicht mehr Wohnraum in Städten mit mehr Nachfrage als Angebot.
    An Städten wie Wien sieht man allerdings, dass die städtischen Wohnungen dann billiger sind und die Privateigentümer, dann nicht so viel mehr verlangen können, weil die Stadt als größter Anbietet eben billiger anbietet.

    Wer soll denn aber aktuell Geld bereitstellen für Wohnungsneubau, wenn die Mieten dann die Finanzierung nicht tragen?
    Wenn der Wohnungsneubau zum Teil kreditfinanziert ist, kommen die Zinsen noch auf die Boden- und Baukosten obendrauf.
    Dadurch entstehen Mieten, die selbst, wenn sie nur kostendeckend wären, nicht bezahlbar sind für immer mehr Menschen in Deutschland.
    Der Staat könnte das Wohngeld weiter ausbauen. Das schlagen auch Ökonomen vor. Aber die Kommunen haben dafür das Geld nicht und außerdem macht das immer mehr Menschen zu Bittstellern, was niemand gerne ist.
    Das ist ein wesentlicher Grund, warum immer weniger gebaut wird.
    Es ist rentabler das Kapital für 2-3 % Festgeldzinsen risikolos und ohne Arbeitsaufwand zur Bank zu tragen als Wohnungen zu bauen. Und Kommunen, Länder und Bund fallen als Investoren für Wohnungsneubau weitgehend aus, weil sie kein Geld haben und auch für sie defizitär wäre.

    Gleichzeitig steigt die Wohnfläche pro Person. Der Leerstand von Wohnungen steigt aus mehreren Gründen.

    Mieter werden immer anspruchsvoller und kümmern sich um immer weniger. Service muss eingekauft werden und bezahlt werden. Hausreinigung, Gärtner, Hausmeister, etc.
    Früher putzten die Mieter das Treppenhaus und pflegten den Garten. Stellten die Mülltonnen raus. Das ist schon länger vorbei. Fullservice kostet mehr. Auch ein Aufzug im Haus erhöht die Nebenkosten drastisch um ca. 100€.
    Das Gemeinschaftseigentum wird nicht gepflegt oder gar fahrlässig oder mutwillig beschädigt.

    @Joseph Kuhn
    Man merkt den Landesverfassungen an, dass sie nach dem 2.Weltkrieg und den Erfahrungen der Zeit verfasst sind. Vieles liest sich wie völlig zu recht damals gefasste hehre Vorsätze, von denen man vermutlich schon damals wusste, dass sie nicht einhaltbar sind: Sonntagsreden.
    Die Landesverfassungen sind doch außer Kraft solange die Länder Mutglied der BRD sind? Man hätte sie auch überarbeiten müssen. Vieles passt nicht mehr.

    • #24 Joseph Kuhn
      27. November 2024

      @ RGS:

      “Die Landesverfassungen sind doch außer Kraft solange die Länder Mutglied der BRD sind?”

      Das nun nicht: https://de.wikipedia.org/wiki/Landesverfassung_(Deutschland)

      “Man hätte sie auch überarbeiten müssen. Vieles passt nicht mehr.”

      Passt denn Artikel 161 (2) der bayerischen Landesverfassung nicht mehr?

  19. #25 hto
    27. November 2024

    @RGS: “Wer soll denn aber aktuell Geld bereitstellen für Wohnungsneubau, wenn die Mieten dann die Finanzierung nicht tragen?”

    Wie beschrieben, Enteignung beim Thema Wohnen kann nur ein erster guter ANSATZ sein, für ein globales Zusammenleben OHNE wettbewerbsbedingt-konfuse Symptomatik in allen Bereichen. Vor allem das Thema Arbeit OHNE unternehmerische Abwägungen, befreit vom Druck der wettbewerbsbedingten Symptomatik.

    Ich will ja auch kein zweites “Fugger und Wohnen” inspirieren!?
    😉

  20. #26 RGS
    27. November 2024

    @Joseph Kuhn
    Wenn die Landesverfassungen gelten sollte mal Klage vor dem Bayerischen Verfassungsgericht geführt werden, wegen Verstoßes der Gutachterausschüsse zur Ermittlung der Bodenrichtwerte gegen Paragraph 161 der Landesverfassung.

    Viele Paragraphen in den Verfassungen finde ich weiterhin sinnvoll. Manchen merkt man die Prägung durch die Nachkriegszeit an und daher entsprechen sie nicht mehr ausreichend der Realität heute.

    @hto
    Meinen Großeltern wurde nach dem Krieg eine Flüchtlingsfamilie per Anordnung in die Wohnung gesetzt. Der Wohnraum halbierte sich.
    Das ging auch. Zumindest eine Zeit lang.

    • #27 Joseph Kuhn
      27. November 2024

      @ RGS:

      Ich bin kein Jurist, aber ich vermute einmal, dass die Ermittlung der Bodenrichtwerte nicht gegen Art. 161 verstößt. Aber die dort vorgesehene Abschöpfung leistungsloser Gewinne wird nicht genutzt, so wie die in Art. 14 (2) verankerte Verpflichtung, dass der Gebrauch des Eigentums auch dem Wohl der Allgemeinheit dienen soll, oft genug ignoriert wird.

      Dahinter steht das immer neu auszuhandelnde Spannungsfeld, in welchem Maße die Menschen für die Wirtschaft da sein sollen und in welchem Maße die Wirtschaft für die Menschen. Nach dem Krieg wurde mehr in Richtung des zweiten Pols gedacht, seit der neoliberalen Hegemonie ab den 1980er Jahren mehr in Richtung des ersten Pols, und libertäre Geister wie Milei, Musk, Thiel & Co. würden die Gewichte gerne noch mehr zum ersten Pol hin verschieben. Manche von ihnen sehen die Demokratie insgesamt als lästiges Hindernis der freien wirtschaftlichen Entfaltung (Musk, Thiel, Friedman jr. usw.), da wird es dann echt gefährlich und der Kapitalismus zeigt eine hässliche faschistoide Fratze.

  21. #28 hto
    27. November 2024

    @RGS #”halbierter Wohnraum”

    Dein letzter Satz in #23 an mich war schon heftig – Bis Du FDP?

  22. #29 Tina
    27. November 2024

    @RGS

    Die nach dem Krieg üblichen Einquartierungen kann man sich in praktischer Umsetzung in unserer heutigen Gesellschaft gar nicht mehr vorstellen. Das wäre dann wohl die letzte Maßnahme, wenn alles andere nicht funktioniert. Will sicher niemand.

    Um das Angebot an Wohnungen an die hohe Nachfrage in den Metropolen anzupassen, sehe ich keine andere Möglichkeit als endlich, wirklich endlich massiv in den Wohnungsbau zu investieren. Wenn das im privatwirtschaftlichen Sektor aus den genannten Gründen nicht funktioniert bzw. nur noch im Luxussegment, dann muss es der Staat tun und zwar zügig. Das hat früher auch funktioniert und wenn der Wille dazu wirklich da ist, ist auch das Geld dafür da, das lehrt die Erfahrung. Unter ausreichendem Druck finden sich stets dutzende oder hunderte Milliarden Euro.

    Man kann natürlich alternativ auch solange abwarten, bis uns der letzte Zusammenhalt und die gesellschaftliche Ordnung endgültig um die Ohren fliegen. Wäre nicht so schön.

  23. #30 Tina
    27. November 2024

    Noch ein Nachtrag.
    In Zeiten wie diesen, in denen die westlichen Gesellschaften mit radikalen Bedrohungen konfrontiert sind und vor enormen Herausforderungen stehen, kann der Staat nicht klein denken und weiterwurschteln oder aussitzen, sondern muss aktiv handeln und massiv in die Infrastruktur investieren. Das betrifft nicht nur den Wohnungsbau, sondern auch jede Menge andere Felder, wie wir alle wissen. Andere Länder haben das erkannt und handeln danach.

    Das muss auch hier bei uns passieren und ich hoffe wirklich, dass die nächste Regierung endlich in großem Stil in die Infrastruktur investieren wird. Wie die Chancen dafür stehen, ist noch nicht wirklich abzuschätzen. Ich hoffe aber, dass zumindest die Lindner-FDP als Dauerbremse, Verhinderer und ewiger Klotz am Bein aus dem Bundestag fliegt oder zumindest für sehr lange Zeit kein Teil einer Bundesregierung mehr sein wird. Als Klientelpartei in ihrer derzeitigen Ausprägung ist sie einfach nur destruktiv.

  24. #31 RGS
    27. November 2024

    @Joseph Kuhn
    Ich finde die Methode der Festlegung der Bodenrichtwerte fragwürdig.
    Ein örtliche Gutachterausschuss schaut sich die realisierten Immobilienverkäufe der letzten Zeit an und wenn sich da die Verkaufspreise erhöht haben, steigt auch der Bodenrichtwert und damit der Wert der Nachbarimmobilien. Warum eigentlich?

  25. #32 RGS
    27. November 2024

    @hto #28
    Ich kann nicht erkennen, welchen Satz Du meinst.

  26. #33 RGS
    27. November 2024

    @Joseph Kuhn

    Danke für die Aufklärung zur Geltung der Landesverfassungen.

  27. #34 RGS
    28. November 2024

    @Tina
    Kommunen, Länder und der Bund haben nicht genug Geld um massiv zu investieren in Wohnungsbau.
    Der Grund für den Verkauf des Wohnungsbestands in öffentlicher Hand in den 90er Jahren war doch dass er defizitär war und Kommunen Steuermittel brauchten um die Defizite auszugleichen.
    Weiter verschulden dürfen sich die öffentlichen Haushalte auch nicht. Also wie sollen sie investieren.

    Enteignungen helfen auch nicht. Denn die gestiegenen Kosten fürs Wohnen gehen dadurch ja nicht weg: Energie, Dienstleistungen, Instandhaltung, neue Sicherheitsstabdards. Um die Energiekosten zu senken sind massive Investitionen nötig, die keiner bezahlen will.
    Investoren in Immobilien sind häufig Träger betrieblicher und privater Altersversorgung. Die rechnen mit stabilen Renditen von 2-3% pro Jahr um die Renten und Pensionen zu bezahlen. Viele Jahrzehnte hat das so funktioniert. Die Renditen sind aktuell bedroht. Daher wollen sie die Immobilien verkaufen. Die Preise zu denen sie sie aber gekauft haben, bekommen sie nicht mehr. Es entsteht ein Verlust.

    • #35 Joseph Kuhn
      28. November 2024

      @ RGS:

      “Also wie sollen sie investieren.”

      Fast möchte man meinen, es bräuchte so etwas wie ein Zukunftskonzept. 😉

      Deutschland investiert zu wenig. Vor allem in die öffentliche Infrastruktur. Bei der Rüstung betonen manche Ökonomen in einer wunderbaren Wandlung inzwischen ja den investiven Charakter der Ausgaben. Bei den Baugerüsten warnen sie eher, mehr staatliche Investitionen würden nur die Preise antreiben und Gesundheitsausgaben gelten vielen eh nur als “Konsum”.

  28. #36 Staphylococcus rex
    28. November 2024

    Wenn bezahlbarer Wohnraum nicht mehr kostendeckend gebaut werden kann, dann ist das Ausdruck einer “bubble economy”:
    https://de.wikipedia.org/wiki/Bubble_Economy

    Über die Hintergründe, den Ablauf und die Konsequenzen einer Spekulationsblase sind im Wikipedia-Artikel am Beispiel Japan 1990 ausreichend Informationen vorhanden. Wenn der Markt sich selbst reguliert, dann kann es dazu kommen, dass Immobilien innerhalb kürzester Zeit 3/4 ihres Wertes verlieren (bzw. auf ihren echten Gebrauchswert zurechtgestutzt werden). Um bei einer bildhaften Sprache zu bleiben, ein vorsichtiges Anstechen und kontrolliertes Entleeren einer Blase ist besser als bis zum großen Knall zu warten. Das sollte eigentlich auch den Eigentumsverfechtern aus der liberalen und konservativen Ecke klar sein. Ein Wertverlust von 75% nach dem Platzen der Blase ist irgendwie auch eine Enteignung.

    Ich bin kein Volkswirt, aber ich bin mir absolut sicher, dass es bereits Instrumente gibt, den Unterschied zwischen Gebrauchswert und Marktwert quantitativ zu beziffern (bei Geldanlagen gibt es das KGV Kurs-Gewinn-Verhältnis) und damit das Ausmaß der Blasenbildung zu quantifizieren.

  29. #37 RGS
    28. November 2024

    @Joseph Kuhn
    Ja, ein Zukunftskonzept wäre gut. Das der Ampel scheint krachend gescheitert. Transformation der Energieversorgung zu Erneuerbaren: Bisher zu teuer, ungeliebt und nicht verlässlich genug, dass eine Mehrheit daran glauben würde und investiert.
    Was als Konsum gilt und was als Investition hängt vom Blickwinkel ab, denke ich.
    Bildung wäre Investition sagen Ökonomen. Wenn weniger Menschen psychisch krank werden oder gar Suizid begehen durch Prävention und Gesundheitsförderung wäre das auch Investition.

    • #38 Joseph Kuhn
      28. November 2024

      @ RGS:

      “Was als Konsum gilt und was als Investition hängt vom Blickwinkel ab, denke ich.”

      Ja, und der Blickwinkel wiederum von der ökonomischen Theorie, siehe https://scienceblogs.de/gesundheits-check/2024/06/27/bipam-aufruesten-fuer-den-wohlstand/#comment-135866

      Die Verfallsform der Theorie ist dabei das, was man uns oft erzählt: Dass erst erwirtschaftet werden muss, was man verteilen will und das “Erwirtschaften” dort verortet, wo privat gewirtschaftet wird, das “Verteilen” dort, wo der Staat (oder nicht gewinnorientierte Organisationen) am Werk sind. Da beides ohnehin nicht sauber zu trennen ist, kann man dann in manchen Fällen den Blickwinkel frei wählen, wie z.B. Moritz Schularick es vorführt.

  30. #39 Tina
    28. November 2024

    @RGS

    Eine aktive Politik bedeutet doch gerade, dass man Missstände nicht nur erkennt, sondern ganz praktisch gegensteuert, um sie zu beheben. Das reine Aufzeigen ohne entsprechendes politisches Handeln führt zu Frust, unnötigen Entbehrungen in existenziellen Belangen in der Bevölkerung und zu wirtschaftlichen Schäden. Dies ist nicht einfach nur ärgerlich, sondern kann auch in mehrfacher Hinsicht gefährlich werden.

    Hier mal ein lesenswertes Paper:
    Fakten- und Analyse-Papier „Konjunkturprogramm Wohnen“

    https://mieterbund.de/app/uploads/2024/09/Konjunkturprogramm-Wohnen-Fakten-und-Analysepapier-Pestel-Institut.pdf

    “Für das „Konjunkturprogramm Wohnen“ ist eine staatliche Investition (von Bund und Ländern) mit einem Förderspektrum von 17 bis 20 Milliarden Euro pro Jahr erforderlich.

    Zur Finanzierung der Wohnungsbauförderung bietet sich perspektivisch u.a. eine deutlich intensivere Verfolgung der Hinterziehung von Steuern an. Der Bundesrechnungshof schätzt den durch Steuerhinterziehung entstehenden Schaden auf 30 bis 50 Mrd. Euro pro Jahr.”

    Wäre also alles machbar, sogar ganz ohne Schulden. Man fragt sich, warum die Investitionen denn nicht längst passiert sind und wer da geschlafen oder auf der Bremse gestanden hat oder welche gegenstehenden Interessen es geben könnte.

  31. #40 RGS
    28. November 2024

    @Tina
    Vermutlich wegen der Schuldenbremse gibt es diese Investitionsförderung nicht für Wohnungen.
    Danke für den Link.

    @Sta.rex
    Ja, die Preise für Immobilien müssen erst wieder runter. Dann werfen auch die Mieten wieder interessante Renditen ab in Relation zum Wert. Die aktuellen Besitzer wollen aber den Wertverlust nicht realisieren.
    Pech hat, wer vor wenigen Jahren eine Immobilie erwarb zu den überhöhten Preisen und einen großen Teil per Kredit finanziert hat. Bei der Refinanzierung in ein paar Jahren drohen dann höhere Zinsen bei gleichzeitigem Wertverlust der Immobilie. Da die Bank maximal 60% des Verkehrswerts beleiht, kann das dann eng werden. Da droht bei dem einen oder andren die Privatinsolvenz und der Auszug.

  32. #41 RGS
    28. November 2024

    Interessant, dass 1,9 Mio. Wohnungen leer stehen, wir in der Pestelstudie steht. Wo ist das? Wie gesagt bei mir im Ort mit 6500 Ew. sehe ich auch 15-20 Leerstände, teilweise seit Jahren. Gibt es dazu Daten?

  33. #43 Tina
    28. November 2024

    @RGS

    Dass es auch ginge, ohne irgendwas an der Schuldenbremse zu ändern, zeigt das Paper doch gerade beispielhaft. Man müsste nur die Steuerhinterziehung engagierter bekämpfen. Muss man nur wollen und machen.

    Zum Leerstand:

    “Wohnungsleerstand betrifft insbesondere die strukturschwachen Regionen Deutschlands in Ost und West.”

    https://www.deutschlandatlas.bund.de/DE/Karten/Wie-wir-wohnen/046-Wohnungsleerstand.html

    Nützt einem halt nichts, wenn man in einer Metropole eine Wohnung sucht oder immer mehr Miete zahlen muss und aus guten Gründen nicht dahinziehen kann, wo die leerstehenden Wohnungen sind.

    @Joseph Kuhn

    Mit der Äußerung hatte sich Frau Geywitz damals ja ganz schön in die Nesseln gesetzt. Meiner Meinung nach war das ein deutliches Zeichen von Hilflosigkeit.

    • #44 Joseph Kuhn
      28. November 2024

      @ Tina:

      “Mit der Äußerung hatte sich Frau Geywitz damals ja ganz schön in die Nesseln gesetzt.”

      Ja, wobei man die Frage des Leerstands in ländlichen Regionen durchaus in einer Strategie zur Entwicklung des ländlichen Raums aufgreifen könnte, das müsste halt zusammen mit Digitalisierung, ÖPNV, Landarztkonzepten usw. gedacht werden.

      Richtig ärgerlich fand ich ihre Äußerung im Mai mit Blick auf das Thema Mietwucher, wir hätten doch keinen Nanny-State, der sich in Vertragsbeziehungen einzumischen habe, jeder könne schließlich klagen.

      Das war unterirdisch und von der Denke her das, wie sich Radikallibertäre es sich wünschen: Kein Staat, alles nur Vertragsbeziehungen. Da fragt man sich wirklich, was für eine Sozialdemokratie das noch ist.

  34. #45 RGS
    28. November 2024

    Böte nicht die Energiewende hin zu dezentraler Energieversorgung mit Erneuerbaren und die Digitalisierung mit der Chance auf Arbeitsplätze überall die Möglichkeit auch in „Strukturschwachen“ Gegenden zu leben.
    Es gibt Landkreise die das versuchen wie der Rhein-Hunsrückkreis. Hatte ich hier schon verlinkt glaube ich:
    https://www.gelobtesland.de/

  35. #46 RGS
    28. November 2024

    @Joseph Kuhn #42
    Eine Fehlinvestition in Büroimmobilien kann man auch in Frankfurt „bewundern“. 2018 war aber vielleicht nicht absehbar was kommt:
    https://www.sueddeutsche.de/wirtschaft/immobilien-trianon-pleite-frankfurt-lux.MyPvi8KJ75zpoGi1oPeBAw

  36. #47 Tina
    28. November 2024

    @Joseph Kuhn

    Die Äußerung von Frau Geywitz ist mega-ärgerlich! Hatte ich bisher nicht mitbekommen, nur, dass ihr allgemein kein besonders gutes Zeugnis für ihre Tätigkeit als Bauministerin ausgestellt wird.

    Man fragt sich wirklich, auf welchem Fundament da jemand Poltik macht. Sowas hat in der SPD meiner Meinung nach nichts verloren und würde in der Tat sehr viel besser zur FDP passen.

  37. #48 Joseph Kuhn
    29. November 2024

    Neom

    Echte Gewinner denken nicht über Sozialwohnungen nach, sondern über ein Investment in NEOM. Der ganze Sozialklimbim samt Demokratie und anderen Hindernissen des freien Unternehmertums soll dort kein Thema sein, das bleibt zurück in Old Europe, und den shit holes andernorts.

    [Enthält Beimischungen von Sarkasmus]

  38. #49 Joseph Kuhn
    13. Dezember 2024

    Wohnen macht arm

    Eine aktuelle Studie des Paritätischen Wohlfahrtsverbands beziffert die Verarmungseffekte von hohen Mieten:

    “Von Wohnarmut betroffen sind insgesamt 21,2 % der Bevölkerung (17,5 Millionen Menschen). Das sind 5,4 Millionen mehr Armutsbetroffene als nach konventioneller Berechnung. Besonders hohe Wohnarmut gibt es in Bremen (29,3 %), Sachsen-Anhalt (28,6 %) und Hamburg (26,8 %).”