Für den ambulanten Bereich stellt die AfD fest:
„Terminengpässe und monatelange Wartezeiten sind für die Patienten unzumutbar.“
Dem ist nicht zu widersprechen. Abhilfe? Fehlanzeige.
Arzneimittelversorgung
Die AfD will den Versandhandel auf nichtrezeptpflichtige Arzneimittel beschränken und die Produktion nach Deutschland und in „sichere Herkunftsländer“ (steht wörtlich da) zurückholen. Das ist eine aktive Industriepolitik, und zwar eine, die die Krankenkassenbeiträge wohl steigen lassen wird – was die AfD doch verhindern will. Viel Erfolg bei der Quadratur des Kreises.
Organspende
Die AfD lehnt die Widerspruchsregelung ab. Ein kompliziertes Thema. Gut wäre gewesen, die AfD wäre nicht nur gegen eine Lösung, sondern würde auch Vorschläge formulieren, wie man die Zahl der Organspenden steigern kann.
Geschlechtsidentität
Hier möchte die AfD Pubertätsblocker und „nicht medizinisch indizierte Eingriffe zur Änderung des Geschlechts“ verbieten. Was sind „nicht medizinisch indizierte Eingriffe zur Änderung des Geschlechts“? Schönheitsoperationen?
Sterbehilfe
Die AfD lehnt „Tötung auf Verlangen“ ab. Tötung auf Verlangen ist ohnehin verboten. Was ist mit dem eigentlichen Thema?
Cannabis
Die AfD will die Freigabe von Cannabis zu nicht medizinisch indizierten Zwecken wieder abschaffen. Da ist sie nicht allein, die Union will das auch. Schade, dass sie kein Wort zu Alkohol und Nikotin sagt. Aber das sind vermutlich Drogen, die richtige Deutsche schadlos konsumieren können, wie vor einiger Zeit auch der Chef der Alternative für Bayern, Hubert Aiwanger, schon festgestellt hatte.
Impflicht
Bei dem Thema schwurbelt die AfD ziemlich. Sie phantasiert eine drohende Influenzaimpfpflicht und sie möchte die Versorgung von Impfschäden von den Krankenkassen auf die Berufsgenossenschaften übertragen. Ob sie wirklich „Impfschäden“ meint, oder allgemein Impfnebenwirkungen? Bei den Impfschäden sind auch die Versorgungsämter beteiligt. Und die Berufsgenossenschaften tragen grundsätzlich nur beruflich bedingte Risiken (sowie bestimmte Versicherungsleistungen aus dem Ehrenamt). Für Gesundheitsschäden nach beruflich bedingten Impfungen sind die Unfallversicherungsträger schon in der Leistungspflicht, die Übernahme der gesamten Versorgung wäre eine versicherungsfremde Leistung – die die AfD ansonsten ablehnt.
Heilpraktiker
Die AfD will den Heilpraktiker erhalten, aber das Heilpraktikergesetz „insbesondere im Hinblick auf die Einheitlichkeit von Qualitäts- und Prüfungsstandards“ ergänzen. Konkrete Vorschläge macht sie nicht.
Patientendaten und Telematik
Die Telematik-Infrastruktur lehnt die AfD ab. Das passt nur bedingt zu ihrer andernorts formulierten Position zur Digitalisierung: „Die Digitalisierung ist aus der modernen Gesellschaft nicht mehr wegzudenken.“ Im Gesundheitswesen geht das „Wegdenken“ dann doch?
WHO
Die WHO müsse, so die AfD, grundsätzlich reformiert werden, um den Einfluss privater Geldgeber zurückzudrängen. Gut so, aber dann sollte sie dazusagen, dass die Staaten ihre Beiträge erhöhen müssen, Geld kommt bekanntlich nicht aus der Steckdose. Den Pandemievertrag lehnt die AfD ab und fordert ggf. den Austritt Deutschlands aus der WHO. Da sie auch aus der EU raus will und gegen Zuwanderung ist, wäre das ein weiterer Baustein eines isolationistischen Politikkonzepts. Ob die AfD trotzdem noch deutsche Autos im Ausland verkaufen will?
Personal aus dem Ausland
Ganz isolationistisch geht es im Gesundheitswesen nicht, gerade auch in den ostdeutschen Bundesländern nicht. Das weiß auch die AfD. Sie fordert gute Sprachkenntnisse bei ausländischen Fachkräften. Wer wäre dagegen? Dann muss man eben mehr Kurse anbieten, statt dagegen zu sein. Des Weiteren fordert die AfD mehr Medizinstudienplätze für deutsche Staatsbürger. Im Gegenzug holt sie vermutlich die vielen deutschen Medizinstudierenden in Österreich oder Ungarn wieder zurück?
Corona aufarbeiten
Die AfD wiederholt ihre Forderung nach einer Aufarbeitung der Coronakrise. Die dazu nötige Konkretisierung, was das bedeutet, bleibt sie schuldig.
Entbürokratisierung
„Die AfD setzt auf Deregulierung, Bürokratieabbau, Selbstverwaltung und auf Eigenverantwortung.“
Auch hier wären konkrete Vorschläge hilfreich, statt nur pauschal gutklingende Sprüche zu klopfen, die teilweise auch noch andernorts formulierten Forderungen – Stichwort Selbstverwaltung – widersprechen.
Das große Ganze
Zur Gesundheitspolitik findet man somit überwiegend Allgemeinplätze, wenig Konkretes, einige Kuriositäten, manches undurchdacht. Viele aktuelle Baustellen, z.B. die Engpässe in der Kindermedizin oder im psychotherapeutischen Bereich, die Zukunft des ÖGD, Prävention, Arbeitsschutz, Gesundheitsforschung oder das geplante Bundesinstitut für öffentliche Gesundheit, kommen gar nicht vor. Besondere Kompetenz im Gesundheitsbereich hat die AfD nach wie vor nicht vorzuweisen und vermutlich ist ihr das im Moment auch ziemlich egal.
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