Der Querdenkerverein MWGFD mutiert. Wohin, ist noch unklar. Vor ein paar Tagen hat der Vorsitzende, Harald Walach, dort einen Beitrag „Den Frieden wählen“ veröffentlicht. Ausgangspunkt für Walach ist die Seligsprechung des von den Nazis 1943 ermordeten Priesters Max Josef Metzger. Max Josef Metzger war Pazifist und war von Roland Freisler in einem Schauprozess zum Tode verurteilt worden.
Walach knüpft daran seine Kritik an der Ukrainepolitik von Union und Grünen an:
„Ich kann mich nur noch wundern: Eine Partei, die das Attribut „Christlich“ in ihrem Namen führt, wirbt dafür, Angriffswaffen in die Ukraine zu exportieren, von wo aus sie russisches Gebiet erreichen können.“
Den Angriffskrieg Russlands kritisiert er nicht. Dieses Muster von „Friedensappellen“ einseitig an die Adresse der angegriffenen Ukraine oder ihre westlichen Unterstützer kennt man bereits von AfD und BSW.
„Ich bin mir nicht sicher, ob allen klar genug ist, dass nur deutsche Soldaten diese Waffen bedienen können, Deutschland also damit zur aktiven Kriegspartei wird (…).“
Ob er sich sicher ist, dass es nur deutsche Soldaten können? Wir wissen, dass Walach Fachmann für Quantentheorie, den Kozyrev-Spiegel, Homöopathie und Corona ist. Dass er auch Fachmann für den Einsatz von Marschflugkörpern ist, wusste ich nicht.
Neben der Union kritisiert er auch die Grünen:
„Eine Partei, die aus der Friedensbewegung hervorgegangen ist, hat die blindesten Kriegstreiber in die Exekutive geschickt?“
Die Verwandlung der Grünen von einer pazifistischen Partei in eine kriegsbereite Partei ist in der Tat erstaunlich und ich kann manchen grünen Positionierungen bei diesem Thema auch nicht folgen. Aber das Etikett „blindeste Kriegstreiber“ ist ungerechtfertigt herabwürdigend. Selbst für Hofreiter.
Walach kommt dann auf die Kubakrise zu sprechen und fragt, ob Russland die Stationierung deutscher Waffen in der Ukraine, die Moskau erreichen können, nicht als Provokation empfinden müsse und fährt fort:
„Die Entfernung von Königsberg/Kaliningrad nach Berlin beträgt 527 Kilometer. Dort sind russische Raketen stationiert. Ich wünsche mir nicht, dass Herr Merz ins Kanzleramt einzieht, und falls doch, wünsche ich ihm gewiss nicht, dass ihn dort eine russische Rakete mit samt seinem Stab in Schutt und Asche legt.“
Ich wünsche mir das auch nicht. Aber müsste man in diesem Zusammenhang nicht ein Wort dazu sagen, was es bedeutet, dass die russischen Raketen schon in Kaliningrad sind?
Und dann kommt es richtig dick:
„Vielleicht sollte man sich auch an die beiden letzten Versuche erinnern, russisches Territorium zu erobern. 1812 scheiterte Napoleon, 1943 Hitler.“
Glaubt er wirklich, es gehe darum, russisches Territorium zu erobern? Hat er im Koyrev-Spiegel geheime Feldzugpläne von Pistorius oder Merz gesehen?
Und weiter:
„Politiker, die zum Krieg aufrufen in einer Situation, in der wir als Nation nicht unmittelbar bedroht sind, sind aus meiner Sicht untragbar und unwählbar.“
Dem wollte man nicht widersprechen, aber welche Politiker rufen zum Krieg auf? Und wie sicher ist Walach, dass wir durch Putins imperialistische Interessen nicht bedroht sind?
Walachs letzter Satz:
„Wir sollten daher den Frieden wählen.“
Unbedingt. Aber wie machen wir das? Auf dem Wahlzettel am 23. Februar 2025 stehen weder „Frieden“ und „Krieg“ zur Auswahl, noch können wir Putin abwählen.
Ich kann Walachs Sorge vor einer Eskalation des Kriegs gut verstehen und hätte mir eine Welt, wie wir sie gerade erleben, vor fünf Jahren – eurozentrisch kurzsichtig wie ich zugegebenermaßen war – nicht vorstellen können. In Syrien, im Irak, in Tschetschenien, im Sudan und vielen anderen Regionen der Welt hatte man schon vorher keine Illusionen über die Friedfertigkeit unserer Zeit.
Aber Frieden kann man nicht einfach wählen, schon gar nicht durch Denunziation von Politiker:innen, deren Position man für falsch halten kann, aber denen man doch den Willen zum Frieden nicht absprechen sollte. Wer zwischen Angriff und Verteidigung nicht unterscheiden kann oder nicht unterscheiden will, wer kein kritisches Wort über Putins Angriffskrieg verliert und das von ihm in der Ukraine verursachte Leid, wer mithin Merz und Putin verwechselt, hat nichts verstanden. Leichtfertigkeit in Sachen Krieg und Frieden gibt es auch in der pazifistischen Variante.
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