Ambulante Versorgung
„Wir wollen kommunale Versorgungszentren als Rückgrat der wohnortnahen Gesundheitsversorgung fördern!“
Ist hier an kommunal getragene MVZs gedacht? An das Modell Poliklinik? Geht es um Lauterbachs Level-1-Kliniken? Um seine (vorerst gescheiterte) Idee mit den Gesundheitskiosken? Oder um etwas ganz Neues? Und was geschieht in einem System mit „kommunalen Versorgungszentren“ mit den Hausarztpraxen?
Erfreulich ist, dass die Linke die psychotherapeutische Versorgung auf dem Schirm hat und auch die offene Finanzierung der Weiterbildung anspricht. Aber auch hier ist sie nicht wirklich sattelfest:
„Die Ausbildungskosten für zukünftige Psychotherapeut*innen müssen gedeckelt werden (…).
Was soll das bedeuten? Die Ausbildung der Psychotherapeut:innen findet nach der Neuregelung des Psychotherapeutengesetzes an den Universitäten statt. Sollen die Universitäten weniger Geld bekommen?
Die elektronische Patientenakte lehnt die Linke nicht ab, will sie aber „konsequent auf die Verbesserung der Behandlungen“ ausrichten statt auf die Datenverfügbarkeit für kommerzielle Player. Dagegen ist nichts einzuwenden, Konkretes wäre auch hier schön gewesen.
Bezahlbare Medikamente für alle! Die Macht der Pharmaindustrie durchbrechen
„Es braucht öffentliche Kontrolle über die Arzneimittelforschung. Preise müssen in der EU einheitlich festgelegt werden.“
Und ans Ende der 8 Zeilen des Arzneimittelabschnitts wird das ganze Thema Public Health samt der Gesundheitsforschung geklebt:
„Wir wollen gezielt Gelder bereitstellen, um die Forschung zu öffentlicher Gesundheit (Public Health) und die nichtkommerzielle klinische Forschung zu stärken.“
Viel Hirnschmalz wollte man dafür offensichtlich nicht aufbringen.
Pflege darf kein Armutsrisiko sein!
Dieser Abschnitt wiederholt zum Teil die schon oben genannten Forderungen, z.B. nach 100.000 mehr Pflegekräften oder der Vollversicherung, und fordert weitere Leistungen, z.B.:
„Wir wollen für alle Beschäftigten sechs Wochen Freistellung bei vollem arbeitgeberfinanziertem Lohnausgleich beim ersten Auftreten eines familiären Pflegefalls.“
Das wird, ich formuliere es einmal vorsichtig, beim Bäcker an der Ecke womöglich nicht ganz einfach.
Prävention und Beratung statt Strafverfolgung in der Drogenpolitik
Unter anderem soll Werbung verboten und Cannabis vollständig legalisiert werden.
Mein Fazit
Insgesamt hat man den Eindruck, dass die Linke mit dem Thema Gesundheit etwas fremdelt und sich weitgehend mit ein paar wohlklingenden und populistischen Punkten begnügt. Dass ausgerechnet die Linke zum ÖGD, zu Public Health, zu Health in all Policies und zur Prävention insgesamt so gut wie nichts zu sagen hat, auch wenn einzelne Aspekte wie z.B. der Arbeitsschutz in anderen Kapiteln kurz angesprochen werden, verwundert doch sehr. Das Wort Corona kommt übrigens auch nicht vor.
Ob der Linken beim Thema Gesundheit die Fachleute abhanden gekommen sind? Oder ob sie mangels realer Machtperspektive und im Bemühen, ihr parlamentarisches Überleben zu sichern, lieber zugkräftigere Wahlkampfthemen verfolgt? Der Gesundheitsteil des Wahlprogramms überzeugt jedenfalls nicht.
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