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Alice Weidel hat vor ein paar Tagen versucht, Elon Musk zu überzeugen, Adolf Hitler sei Kommunist gewesen. Logisch, dessen Partei hieß ja nicht zufällig „Nationalsozialismus“. Einen nationalen Sozialismus vertritt z.B. auch ihr Parteifreund Björn Höcke: Sozialleistungen nur für Deutsche, also richtige Deutsche, nicht zugewanderte.

Weidel hätte noch dazu sagen können, dass demnach auch ihr Großvater, Dr. Hans Weidel, Kommunist war. Schon vor Hitlers Machtergreifung Mitglied der NSDAP und der SS, Militärrichter und strammer Nazi bis zum Schluss, wie die WELT Ende letzten Jahres materialreich recherchiert hatte. Das macht manche erratische Äußerung Weidels in der Vergangenheit vielleicht etwas verständlicher.

Ob in der AfD gerade eine Generation der Nachkommen der brauen Väter und Großväter nach der Macht greift? Oft aus dem Vertriebenenmilieu, in dem lange Zeit braunes bzw. revanchistisches Gedankengut konserviert wurde, ein frühes Beispiel einer gescheiterten Integration. Höckes Familie passt auch in dieses Bild, Maximilian Krah, der meint, unsere Vorfahren seien „Helden“ gewesen, ebenfalls. Die AfD scheint sich der FPÖ auch im Hinblick auf geistige Wurzeln in großdeutscher Zeit angeglichen zu haben.

Natürlich: Man kann die Kinder und Enkel nicht für ihre Eltern und Großeltern verantwortlich machen, aber man kann von ihnen einfordern, sich damit verantwortungsvoll auseinanderzusetzen, statt die eigene Familiengeschichte psychisch in Form der Projektion in eine politische Schlussstrich-Rhetorik oder gar eines Wiederholungszwangs bewältigen zu wollen. Ganz abgesehen davon, dass es Weidels Großvater sicher nicht gefallen hätte, wenn seine Enkelin ihn zum Kommunisten erklärt.

Kommentare (34)

  1. #1 hto
    15. Januar 2025

    @Kuhn: “… aber man kann von ihnen einfordern, sich damit verantwortungsvoll auseinanderzusetzen”

    Das hat schon die CDU unter Konrad Adenauer nicht getan, ganz im Gegenteil. Ausserdem, so habe ich das bis Johannes Rau verfolgt, hat jeder Bundespräsident mindestens einem strammen Nazi ein Bundesverdienstkreuz angeheftet.

    • #2 Joseph Kuhn
      15. Januar 2025

      @ hto:

      Hat die CDU denn auch einen braunen Großvater? Und weiß man etwas über ihre Mutter? Die Vergangenheitsbewältigung von Organisationen und Personen ist nicht ganz dasselbe, auch wenn beide unter unbewältigten Altlasten leiden können.

  2. #3 Ludger
    15. Januar 2025

    Zum Thema Adenauers Umgang mit Altnazis: Von ihm ist folgender Spruch überliefert.

    Man schüttet kein dreckiges Wasser aus, wenn man kein reines hat.

    Zitat von https://www.konrad-adenauer.de/politikfelder/seite/umgang-mit-der-ns-vergangenheit/
    Die verlinkte Seite nennt das Pragmatismus.

    • #4 Joseph Kuhn
      15. Januar 2025

      @ Ludger:

      Ob Adenauer hier nicht eine falsche Alternativlosigkeit aufgemacht hat? Hätte er z.B. wirklich nicht auf Globke verzichten können?

      Schwerer hat es da schon Alice Weidel. Sie kann sich keinen anderen Großvater aussuchen. Aber sie könnte natürlich anders mit dem Thema umgehen. Im Prinzip.

      Hitler und die Nazis zu Sozialisten machen zu wollen, hat zwar in ihren Kreisen Tradition, aber besonders intelligent ist es nicht. Ich verstehe auch nicht, warum sie nicht abstrakter z.B. von Hitlers “Kollektivismus” gesprochen hat, oder von seiner “Planwirtschaft”. Da wäre Musk sofort bei ihr gewesen. Vermutlich war sie zu aufgeregt, um demagogisch geschickter zu argumentieren.

  3. #5 Ludger
    15. Januar 2025

    falsche Alternativlosigkeit

    Das sollen Historiker beurteilen. Ich frage mich zum Beispiel, ob es klug war, ehemaligen SED-Mitgliedern ausnahmslos die Aufnahme in die SPD zu verwehren. Den Altkommunisten und SPD Fraktionsvorsitzenden im Bundestag Herbert Wehner mochte ich zwar nie leiden, eine Gefahr für die Demokratie war er aber m.E. nicht.
    Adenauers Einschätzung der Altnazis als “dreckiges Wasser” war immerhin deutlich.

    • #6 Joseph Kuhn
      16. Januar 2025

      @ Ludger:

      “Das sollen Historiker beurteilen.”

      Naja, ob man dazu Historiker braucht? Dass es zu Globke im Personaltableau der frühen Bundesrepublik womöglich keine Alternative gegeben habe, ist doch eine recht steile These. Zumal man damals das trübe Wasser oft genug bewusst trüb gehalten hat, um alten Parteigenossen Nachkriegskarrieren zu sichern. Nicht nur bei Juristen wie Globke.

      “Ich frage mich zum Beispiel, ob es klug war, ehemaligen SED-Mitgliedern ausnahmslos die Aufnahme in die SPD zu verwehren.”

      Ja, das kann man sich fragen, aber das war nur zeitweise der Fall, siehe die Darstellung bei Holzhauser, “Niemals mit der PDS?” S. 294 f.

      Zum Verständnis der Variation Weidels von Jandls “Lichtung” zur Verwechslung von lechts und rinks trägt die Diskussion allerdings nichts bei. Hitler ist jedenfalls nicht von der KPD gekommen, Weidels Großvater auch nicht.

  4. #7 hto
    15. Januar 2025

    “Ob Adenauer hier nicht eine falsche Alternativlosigkeit aufgemacht hat?”

    Er hat ja auch gesagt: “Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern.”

  5. #8 Ludger
    16. Januar 2025

    Die Behauptung, Hitler sei ein Kommunist gewesen, hat einen historischen Kern und ist aber trotzdem grundfalsch.
    Dem SA-Chef Röhm wurde nachgesagt, er sei antikapitalistisch gewesen. Eine Putschplanung seitens Röhm habe es nie gegeben, allerdings habe Röhms politische Zielsetzung Hitler nicht gepasst. Im Wikipediaartikel zum Röhm-“Putsch” findet man folgenden Satz:

    Außerdem legte die SA-Führung großen Wert auf den sozialistischen Aspekt und wollte einen Umbau der Gesellschaft sowie Enteignungen nach dem 25-Punkte-Programm der NSDAP von 1920.

    Unter dem Stichwort 25-Punkte-Programm steht dann:

    Die Punkte 11 bis 18 beschäftigten sich mit der Umsetzung dieses Gemeinnutzprinzips. Einleitend, und im Sperrdruck, wurde in Punkt 11 die Brechung der Zinsknechtschaft gefordert. Die nachfolgenden Forderungen betrafen die „Einziehung der Kriegsgewinne“ (Punkt 12), die Verstaatlichung der Trusts (Punkt 13), eine Gewinnbeteiligung an Großbetrieben (Punkt 14), einen Ausbau der Altersversorgung (Punkt 15), Kommunalisierung der großen Warenhäuser zugunsten kleiner Gewerbetreibender, die bei der Vergabe von öffentlichen Aufträgen besonders zu berücksichtigen seien (Punkt 16), eine Bodenreform, die die Möglichkeit schaffen sollte, Boden für gemeinnützige Zwecke entschädigungslos zu enteignen (Punkt 17), die Todesstrafe für „Wucherer und Schieber“ (Punkt 18).

    Röhm hätte die Macht gehabt, diese sozialistischen Ziele mit Hilfe der SA (ca. 4.500.000 Mitglieder) umzusetzen. Die Sorge davor hat Hitler veranlasst, Röhm und seine ca. 150 Gesinnungsgenossen ermorden zu lassen. Hitler war nämlich Antikommunist.

    • #9 Joseph Kuhn
      16. Januar 2025

      @ Ludger:

      “Die Behauptung, Hitler sei ein Kommunist gewesen, hat einen historischen Kern”

      Welchen?

      “Dem SA-Chef Röhm wurde nachgesagt, er sei antikapitalistisch gewesen.”

      Es gab immer auch einen völkischen Antikapitalismus. Als Wortführer eines “linken Flügels” der Nazis galten z.B. die Strasser-Brüder. Kommunisten waren es deswegen trotzdem nicht, auch wenn Otto Strasser von der Sozialdemokratie kam.

      Heute äußert sich u.a. Björn Höcke immer wieder “antikapitalistisch”, im Zusammenhang mit seiner Agitation gegen Globalisierung und internationale Konzerne. Ob Weidel deswegen Höcke als “Kommunisten” sieht, hat Musk sie leider nicht gefragt. Höckes völkischer Antikapitalismus ist vermutlich im Osten eine der Brücken von einer SED-geprägten Denke zur AfD.

      “Hitler war nämlich Antikommunist.”

      So ist es, und zwar ein rechter Antikommunist, und daran beißt auch keine Weidel einen Faden ab.

  6. #10 Ludger
    16. Januar 2025

    Und weil die AFD das Völkische in ihrer Partei duldet, sind die dafür Verantwortlichen Nazis, da hilft auch der angeblich kommunistische Opa Adolf nicht weiter.

  7. #11 Joseph Kuhn
    16. Januar 2025

    Rainer Zitelmann zum Thema

    Rainer Zitelmann, früher links, heute erfolgreicher Multimillionär und libertär orientiert, hat auch was zum Thema zu sagen, als Historiker. Allerdings kommt er nicht über die alte Linie von Hayeks “Der Weg zur Knechtschaft” hinaus. Dass die Kriegswirtschaft Hitlers gelenkt war, ist nicht wirklich umwerfend neu, es hat viele der heute superreichen “Familienunternehmen” nicht daran gehindert, auf Kosten jüdischer Unternehmer Wirtschaftsimperien auf- und auszubauen.

    In einem Interview in “TheEuropean” verwischt er die Verortung Hitlers noch ein bisschen mehr. Fast möchte man danach glauben, dass Weidel in einer offenen Historikerdebatte nur etwas unglücklich formuliert hat.

  8. #12 Ludger
    16. Januar 2025

    Leute, die sich als besonders politische Menschen aufführen, verirren sich schon mal in der Richtung:
    z.B. Horst Mahler: https://de.wikipedia.org/wiki/Horst_Mahler
    Zitat von dort:

    Horst Werner Dieter Mahler[1] (* 23. Januar 1936 in Haynau, Niederschlesien) ist ein deutscher ehemaliger Rechtsanwalt, Linksterrorist und heutiger Neonazi, Antisemit und Holocaustleugner.

    Wenn man seine Ideologie wichtiger findet als den Respekt vor der Menschenwürde, kommt man leicht in ein Zwielicht, in dem man Dunkelrot und Dunkelbraun nicht mehr sicher auseinanderhalten kann.

  9. #13 wer ist Revanchist?
    17. Januar 2025

    ehrlicherweise muss man aber auch sagen, dass bei den Grünen viele Revanchisten sind, oder wie erklärt ihr, dass sie Krieg gegen Russland machen und gerade eine Anti-Trump – den kann man zu recht kritisieren, der schafft es eben nicht seine Country Clubs in China zu platzieren – -Kampagne starten, die nur in Deutschland schreiben Donald müsse weiter Krieg gegen Russland machen. Der Revanchismus ist fest in der deutschen Gesellschaft verankert. Da geht es auch gegen Frankreich und USA und Großbritannien wird auch gehasst… Selbst erlebt in der Schule!

  10. #14 Alisier
    17. Januar 2025

    Viel interessanter fände ich die Frage ob Weidels Urahn Don Quixote gewesen sein könnte.
    Zumindest interessanter als die Frage ob Ukraine-Unterstützer nun durch die Bank kriegsgeile Revanchisten sind.
    Dass, wer Völkern zugesteht sich nicht vom nächstbesten Macho mit Angststörung und Größenwahnallüren einverleiben lassen zu wollen, ein Kriegstreiber ist, scheint mir tatsächliche eine Krankheit zu sein, die Teile der sich als links verstehenden Deutschen befallen hat.
    Wahrscheinlich ist es eine Art Immunreaktion auf die Rechtsimpfung in den dreißiger Jahren des letzten Jahrhunderts.
    Das würde vieles, wenn nicht alles erklären.

    • #15 Joseph Kuhn
      17. Januar 2025

      @ Alisier:

      “Viel interessanter fände ich die Frage ob Weidels Urahn Don Quixote gewesen sein könnte.”

      Auch der Postillon hat was dazu gehört.

      Wenn man sich vergegenwärtigt, dass inzwischen etwa ein Drittel des Stroms in Deutschland aus Windenergie kommt, wird der Weidelsche Irrsinn erst so richtig deutlich. Ihr scheint es inzwischen auch klar geworden zu sein, sie lässt ja berichten, sie habe nur die Windräder in dem einen Hessischen Wald gemeint.

      Ob sie die dann vor dem Abriss enteignen will? Rechtskonform, weil sie ja jemandem gehören?

      Ich finde ja, der Kommunist Hitler war da nicht so woke unterwegs, der hat gleich alles kurz und klein schlagen lassen. Und unter Adolf, auch das gehört zur Wahrheit, ist Putin nicht in die Ukraine eingefallen.

  11. #16 Alisier
    17. Januar 2025

    Da war der Postillon wohl schneller, respektive hatte er die gleiche Assoziation.
    Und auch das ist wohl zuzugestehen: die meisten Ukrainer empfingen die Wehrmacht als Befreier damals.
    Weswegen sie Old Wladimir nicht ganz zu Unrecht als Nazisympathisanten brandmarkt.
    Dass für die gebeutelte und gequälte Bevölkerung alles besser als Stalin war, scheint er genau wie viele westliche Geschichtsblinde heute geflissentlich unter den Tisch zu kehren.
    Aber was solls: Hauptsache die Mär vom glorreichen vaterländischen Krieg wird nicht angetastet, obwohl die Ribbentrop-Molotow-Verschwörung den ganzen Mist erst mit ausgelöst hat.
    Insofern waren die Sowjetführer die wahren Nazisympathisanten was wiederum Weidels Putinliebe erklärt.
    Wenn man will kriegt man jeden in die Naziecke gedrängt…..in manchen Fällen sogar echte Nazis…..oder zumindest echte rechtsradikale Schabracken.

  12. #17 Alisier
    17. Januar 2025

    P.S.:
    Ja, ich weiß das “Schabracke” frauenfeindlich aufgefasst werden kann und vielleicht sogar sollte.
    Hat sie sich trotzdem redlich verdient, die schreiende aber untalentierte und drittklassige Reichspropagandaminister-Imitatorin.

  13. #18 Joseph Kuhn
    18. Januar 2025

    @ Alisier:

    “die meisten Ukrainer empfingen die Wehrmacht als Befreier damals”

    Es werden nicht wenige gewesen sein. Aber gibt es Daten, dass “meisten Ukrainer” so empfanden?

    Daten scheint es jedenfalls dazu zu geben, dass ein erheblicher Teil der Sowjetarmee, die die Nazis niedergerungen hat, Ukrainer waren.

    “nicht ganz zu Unrecht als Nazisympathisanten”

    Man sollte sich Putins Propaganda nicht zu eigen machen. Bevor man am Ende noch den Franzosen “nicht ganz zu Unrecht” unterstellt, mit einer großen Armee nach Moskau marschieren zu wollen.

    “Wenn man will kriegt man jeden in die Naziecke gedrängt”

    Nicht wirklich, jedenfalls nicht mit nachvollziehbaren Argumenten.

    Aber zurück zum umgekehrten Versuch Weidels, Hitler zum Kommunisten zu machen: Das Totalitarismuskonzept wurde schon immer als Drehscheibe für solche Versuche genutzt. In Hayeks “Der Weg zur Knechtschaft”, 1944 geschrieben, eine Verteidigung von Privateigentum und Wettbewerb gegen jede Form von Planwirtsschaft, gibt es ein ganzes Kapitel mit der Überschrift “Die sozialistische Wurzel des Nationalsozialismus”. Der assoziative Weg Hayeks führt auch hier von Planung über Vorgabe und Unfreiheit vom Sozialismus zum Nationalsozialismus. Alles Trennende, z.B. dass der Nationalsozialismus das Privateigentum nicht abgeschafft hat, übergeht er geflissentlich.

    Für Hayek ist alles Antiliberale Sozialismus. Das ist zwar falsch, aber Hayek kann immerhin so argumentieren, ohne damit die eigene wirtschaftsliberale Weltanschauung zu unterminieren. Das kann die AfD mit ihrer Sympathie für starke Männer nicht.

    “drittklassige Reichspropagandaminister-Imitatorin”

    Ja, das war wohl ein Versuch, die großdeutschen Staatsschauspieler zu imitieren. Mich hat sie mit ihrer Armbeugengymnastik bei ihrer Windräderrede allerdings mehr an Merkels seinerzeitige bemühte Fussballbegeisterung erinnert.

  14. #19 Alisier
    18. Januar 2025

    @ Joseph Kuhn
    Ich beziehe mich bei der Ukraine einerseits auf viele persönliche Erzählungen von Menschen die bis vor kurzem dort gelebt haben, und auf die selbst innerhalb von betroffenen Familien tabuisierten Holodomor-Erfahrungen.
    Das Gefühl der Befreiung scheint bei großen Teilen der Bevölkerung wirklich vorhanden gewesen zu sein.
    Ich wollte aber auf keinen Fall Putins Narrativ stützen. Mir ging es um was anderes.
    Und ja, belastbare Daten wären hilfreich.
    Bei Hayek gehe ich mit, und auch bei der Einschätzung, dass die AfD wie so oft mit ihren Positionen erratisch wirkt.
    Aber….ich bin schon der Meinung, dass der Nationalsozialismus das Privateigentum abgeschafft hat, allerdings auf eine etwas andere Art und Weise.
    Ideologisch auf jeden Fall.

    • #20 Joseph Kuhn
      18. Januar 2025

      @ Alisier:

      “Aber….ich bin schon der Meinung, dass der Nationalsozialismus das Privateigentum abgeschafft hat, allerdings auf eine etwas andere Art und Weise.”

      Wenn man so will, hat er “umprivatisiert”, paradigmatisch in Form der Arisierung. In Kommentar #11 hatte ich schon mal auf das Buch “Braunes Erbe” von David de Jong verlinkt. Lesenswert, auch mit Blick auf das Leistungsgeschwätz, das man heute wieder so penetrant zu hören bekommt.

      Bei Marx ging es um die Sozialisierung des Privateigentums. Ungeachtet dessen, dass der real existierende Sozialismus nicht die beste Umsetzung dieser Idee war und diese Idee an sich schon nicht die beste von Marx, ist das doch etwas anderes als die nationalsozialistischen Zugriffe, sei es in Form der Arisierung oder in Form der Kriegswirtschaft.

      Und natürlich ist auch die “Volksgemeinschaft” der Nazis keine wie auch immer geartete sozialistische Gemeinschaft gewesen, sondern eine hinter dem Willen des “Führers” fiktiv geeinte Gefolgschaft, exkludierend, schon von der Ideologie hier nicht inkludierend.

      Wir hatten hier im Blog bis vor kurzem den “Webbären” im Kommentariat, der immer wieder ähnlich wie Weidel argumentiert hat. Wo der Übergang von Dummheit zu Demagogie ist, wusste man bei ihm so wenig wie man es bei Weidel weiß.

      In der aktuellen politischen Debatte sind solche Klärungen allerdings völlig nutzlos. Weidel hat “alternative Fakten” genau in der Funktion benutzt, wie sie Nils Kumkar in seinem Buch erläutert hat: Es geht gegen das, was im doppelten Wortsinn als herrschende Meinung wahrgenommen wird. Wahrheit spielt dabei keine Rolle, wichtig ist nur, dass sich das “linksgrünversiffte” Milieu möglichst viel aufregt.

  15. #21 Alisier
    18. Januar 2025

    @ Joseph Kuhn
    Auch hier gehe ich mit.
    Nur….selbst wenn Aufregen weder sinnvoll noch übers Stöckchen springen viel ändert, mitunter sogar recht kontraproduktiv ist:
    Was können wir gegen das bewusst Provokative und Disruptive unternehmen?
    Konstruktiv kommt man weder an Weidel, den wb und auch nicht an den großen Trump höchstpersönlich ran.
    Sie verzerren, stören und zerstören wo sie nur können.
    Vernunft? Ein verachtetes Fremdwort inzwischen, abgelehnt wie jede Form der Intellektualität an sich.
    Und das bereitet nicht nur mir Sorgen.

    • #22 Joseph Kuhn
      18. Januar 2025

      @ Alisier:

      „Was können wir gegen das bewusst Provokative und Disruptive unternehmen?“

      Wer ist „wir“? Du und ich können als glückliche Sisyphose immer wieder die Rhetorik von Leuten wie Weidel dechiffrieren. Wir können außerdem von unseren politischen Repräsentanten fordern, den Alltag der Menschen wirklich besser zu machen und nicht nur gefällige Sprüche dazu zu liefern.

      Eine gute Pflege, eine verlässliche Bahn, gute Arbeitsbedingungen, ein gutes Wohnumfeld mit bezahlbaren Mieten usw. werden mehr Freunde finden als leere Phrasen: https://scienceblogs.de/gesundheits-check/2023/12/30/werte-und-phrasen/

  16. #23 Alisier
    18. Januar 2025

    @ Joseph Kuhn
    Ich fürchte dass fordern nicht reicht.
    Und ich fordere trotzdem: mehr Engagement der Bürger, die es können.
    Es gibt eine zunehmende Dienstleistungsmentalität, die sich aus meiner Sicht inzwischen überall zeigt. Wenn diese mit einer “Die da oben!”-Rhetorik verschmilzt wird es schwierig.
    In dem Sinne: Wir sind das Volk und mit dafür verantwortlich dass es läuft.
    Aber ich habe heute noch den einen oder anderen Stein zu rollen und bedanke mich bei Dir nicht nur für die Leseempfehlungen.

    • #24 Joseph Kuhn
      18. Januar 2025

      @ Alisier:

      “Es gibt eine zunehmende Dienstleistungsmentalität”

      Ich bin mir nicht sicher. Das Engagement in den “alten” Organisationen lässt nach, aber insgesamt ist die Zahl der ehrenamtlich Tätigen in den letzten Jahren ziemlich gleichgeblieben.

      “Wir sind das Volk und mit dafür verantwortlich dass es läuft.”

      Unbedingt. Aber Verantwortung ist positionsspezifisch. Eine vernünftige Bahnreform kann man als Normalbürger nicht in die Wege leiten, ebenso wenig wie eine Pflegereform. Das müssen schon die gewählten Volksvertreter machen. Sie versprechen es ja gerade auch wieder in ihren Wahlprogrammen.

  17. #25 Joseph Kuhn
    18. Januar 2025

    Antikommunismus bei der AfD

    Die AfD setzt sich weiter vom Kommunismus ab. Nach Berechnungen des ZEW profitieren Besserverdiener am meisten von den Plänen der AfD. Eine Familie mit einen Bruttoeinkommen von 180.000 Euro im Jahr (das entspricht in etwa dem, was Frau Weidel für ihr Abgeordnetenmandat einschl. Aufwandspauschale bezieht) bekommt noch mal 19.000 Euro dazu, so viel wie bei keiner anderen Partei. Den Ärmsten knapst die AfD dagegen sogar etwas vom Jahreseinkommen ab, wenn auch nicht so rabiat wie die FDP.

  18. #26 Dietmar Hilsebein
    18. Januar 2025

    @ Kuhn

    Den Ärmsten knapst die AfD dagegen sogar etwas vom Jahreseinkommen ab, wenn auch nicht so rabiat wie die FDP.

    Die Logik, die dahintersteckt, ist eine ganz einfache: man hofft, daß, wenn man die Unternehmen entlastet, diese Arbeitsplätze schaffen, die dann den Armen zugute kommen. Außerdem würde die Entlastung der Unternehmen zu einem Wachstum führen, welches dann auch für soziale Belange wieder Geld in die Staatskasse bringen würde. Die Armen zu entlasten bringt genau null. Die Sozen wollen immer nur Geld verteilen, welches sie nicht verdient haben oder auf Pump die nächste Generation in die Armut treiben.
    So die Logik der FDP, wie ich sie verstanden habe. Über die AfD müssen wir uns hier nicht unterhalten, da sind wir uns einig.

    • #27 Joseph Kuhn
      18. Januar 2025

      @ Dietmar Hilsebein:

      “So die Logik der FDP, wie ich sie verstanden habe.”

      Ob die Führungsleute der FDP wirklich an die Trickle-down-Theorie glauben oder nur so tun, weil man mit der Ansage, wir machen die Reichen reicher und die Armen ärmer, hierzulande noch keine Wahlen gewinnt?

      “Über die AfD müssen wir uns hier nicht unterhalten”

      Mehr als über die FDP, finde ich. Die AfD gibt sich ja als Partei der kleinen Leute, nicht als Partei der Besserverdiener. Aber sie macht Wirtschaftspolitik für Besserverdiener und speist die kleinen Leute mit rechtem Populismus ab. Dass das funktioniert, ist doch beeindruckend, oder nicht?

  19. #28 Dietmar Hilsebein
    18. Januar 2025

    Die FDP ist eh raus, da sie den Freiberuflern und Selbständigen im unteren Bereich keine Stimme geben. Das wäre aber genau die Klientel, die sie bedienen könnten, um über die 5% -Hürde zu kommen. Sie sind in der Tat die Partei der Besserverdienenden.

    Mehr als über die FDP, finde ich. Die AfD gibt sich ja als Partei der kleinen Leute, nicht als Partei der Besserverdiener. Aber sie macht Wirtschaftspolitik für Besserverdiener und speist die kleinen Leute mit rechtem Populismus ab. Dass das funktioniert, ist doch beeindruckend, oder nicht?

    Wie schon einmal geschrieben: es sind nicht die kleinen Leute, die die AfD wählen, sondern die Besitzstandswahrer. Die AfD- Wähler, die ich kenne, haben ein überdurchschnittliches Einkommen. Sie sind aufgestachelt in ihrer Filterblase und für gegenteilige Meinungen kaum noch zugänglich. Sie lesen nicht, was die eigene Auffassung in Frage stellen würde, sondern nur das, was sie bestätigt.

  20. #29 Joseph Kuhn
    19. Januar 2025

    Helmut Markwort auf Weidels Spuren

    Auch der alte Herr Markwort bemüht noch einmal Fakten, Fakten, Fakten:

    Der “studierte Historiker” Franz Josef Strauß habe gesagt:

    “Der Nationalsozialismus war eine Variante des Sozialismus. Seine Schwungmasse hat er von den Millionen Sozialisten bezogen, die der SPD damals als Wähler davongelaufen sind.”

    Und von Willy Brandt gibt es auch was:

    “Das sozialistische Element im Nationalsozialismus im Denken seiner Gefolgsleute muss von uns erkannt werden.“

    Und vor allem, man höre und staune, Joseph Goebbels persönlich:

    Es “zieht sich ein roter Faden durch seine Aufzeichnungen: der Traum von einem kommunistisch sozialistischen Deutschland mit anschließender Weltherrschaft. Seine Feindbilder sind die kapitalistische Marktwirtschaft, die Wall Street in New York und Geschäfte mit Aktien.”

    Das Argument von Strauß ist eines, das die Anziehungskraft der Nazis im Arbeitermilieu bemüht. Mit dem gleichen Argument würde die AfD heute zur sozialistischen Partei. Der Satz von Brandt war damals so richtig wie man heute darauf achten muss, was die AfD trotz ihrer Wirtschaftspolitik für die Besserverdiener so attraktiv für kleine Leute macht und bei Goebbels folgt Markwort einfach dessen Propaganda gegen das internationale, sprich “jüdische Kapital”. Für die Enteignung von Krupp, Quandt, Oetker & Co. und die Überführung ihrer Unternehmen in “volkseigene Betriebe” hat sich Goebbels meines Wissens nicht engagiert, der Kommunist Hitler auch nicht.

    Auch Markwort bewegt sich bei dem Thema gedanklich im Antikapitalismus-ist-Sozialismus-Nebel Hayeks, nur ohne Gedanken.

  21. #30 hto
    19. Januar 2025

    “Der Nationalsozialismus war eine Variante des Sozialismus. Seine Schwungmasse hat er von den Millionen Sozialisten bezogen, die der SPD damals als Wähler davongelaufen sind.”

    Ich habe das, also den Spruch von Weidel, besonders aufgrund meiner Erfahrungen im links-radikalen Spektrum, bei Blume “Natur des Glaubens” bestätigt und wurde von ihm verbal bespuckt als ob ich alleine die Schuld für alles Übel der Welt hätte, das ist natürlich nicht nur gewohnt populistisch, es ist besonders dumm-verkommen, denn wenn man schon Wissenschaftler ist, sollte man alle Schwächen und Fehler der menschlichen Kommunikation kennen – Diese Schwächen und Fehler lagen und liegen immernoch im zeitgeistlichen Reformismus und dem konfusen Bildungssystem unterdrückt/begraben, in einer Symptomatik von “Wer soll das bezahlen?”, die nun hauptsächlich im “freiheitlichen” Wettbewerb alles verankert, so daß sogar die links-radikalen “Sozialisten/Kommunisten” glauben nur über das parlamentarisch-lobbyistische Marionetten-Theater die Welt von ihren Feindbildern zu befreien und verändern zu können.

    Besonders bei den geradezu dogmatischen Feinbildern, sollten wahre Linke anfangen sich vor allem selbst zu befreien, um Angst, Gewalt und egozentriert-gebildetes “Individualbewusstsein” für ein globales Gemeinschaftseigentum OHNE wettbewerbsbedingte Symptomatik kommunikativ zu überwinden, nie war das möglicher als heute – “tiktok”, hier ist das Internet, das darauf wartet kompatibel mit dem menschlichen Bewusstsein zu werden, “denkt inzwischen auch die noch sehr beschränkte KI der beschränkten User”!? 😉

    • #31 Joseph Kuhn
      19. Januar 2025

      @ hto:

      “daß sogar die links-radikalen “Sozialisten/Kommunisten” glauben nur über das parlamentarisch-lobbyistische Marionetten-Theater die Welt von ihren Feindbildern zu befreien und verändern zu können.”

      Klar, das geht nur in wahrhaftig wahrer Radikalität, disruptiv, wie es neuerdings heißt. Und dabei ist unvermeidlich, dass “wir leider ein paar Volksteile verlieren werden, die zu schwach oder nicht willens sind”, mitzumachen, wie der wahrhaftig wahre Kommunist Höcke einmal feststellte. Standgericht statt Wahlen.

      Aber natürlich steht es Ihnen frei, am 23. Februar in Ihrer Stammkneipe revolutionäre Reden zu halten, statt wählen zu gehen. Das bewahrt die Reinheit des Dagegenseins.

  22. #32 hto
    wo "Warten auf Godot" ...
    19. Januar 2025

    PS: In den Jahren meiner “links-radikalen” Zeit, wurde ich oft gelobt, für meine kommunikativen “Ansätze”/AUFGRIFFE der “Impulse von der Straße”, bald sogar mit sonst politisch sehr erfolgreich-korrumpierenden Versuchen auf Posten wegzuloben. Und wenn das nicht funktioniert, mit dem herkömmlich-gewohnten Ränkespiel Diffamierung (das Gerücht “hto ist ein verkapter Nazi”) – Wahrscheinlich weil die Nazis, wie man jetzt im Internet sieht, besser mit den Möglichkeiten klar kommen. 😉
    Am Ende, als nach der idiotischen Wahl nur noch “verbrannte Erde” blieb und die Karawane neue Ziele anvisierte, wurde ich als alleiniger Schuldiger bespuckt, von den überwiegend im Juso-Verbund politisch-geschulten “Sozialisten/Kommunisten” der Ex-SPD – Schön wär’s gewesen, wenn ich allein die Welt verändern könnte!? 🙂

    • #33 Joseph Kuhn
      19. Januar 2025

      @ hto:

      “Schön wär’s gewesen, wenn ich allein die Welt verändern könnte!?”

      Der Traum jedes wahrhaft wahren Führers.

  23. #34 Joseph Kuhn
    21. Januar 2025

    Superreiche an die Macht

    Frau Weidel ist konsequent: die Superreichen sollen in die Politik, wegen ihrem “wirtschaftspolitischen Sachverstand”. Den haben für sie offensichtlich vor allem Leute wie Thiel, Musk und ihr Freund Müller. Ob das nicht ein etwas einseitiger “Sachverstand” ist, den solche Leute mitbringen?

    Aber den kleinen Leuten kann man die großen Bosse halt gut als Gewinnertypen verkaufen, auch wenn gerade Musk & Co. die kleinen Leute so gerne zu Verlierern machen. Hitler hatte übrigens keine Superreichen in seiner Regierung, nach Weidel sicher, weil er Kommunist war.