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Die Querdenkerbewegung sucht derzeit nach Perspektiven ihrer Fortexistenz. Ihr Zentralverein, der MWGFD unter Führung von Harald Walach, sondiert die Zugkraft neuer Themen wie z.B. ein Smartphoneverbot an Schulen oder Widerstand gegen die ePA.

Ein weiteres Thema, Dauerbrenner aller Impfgegner, ist die Masernimpfung. In vielen Ländern gibt es gerade höhere Fallzahlen. In den USA hat sich der impfkritische neue Gesundheitsminister angesichts der Lage zwar zur Impfung bekannt, aber nur so halb und nicht ohne zugleich die Vitamin-A-Gabe zu empfehlen. Im deutschsprachigen Raum versucht Andreas Sönnichsen, die Masernimpfung als Mobilisierungshebel zu nutzen. Man erinnere sich, der gute Mann war immerhin mal Vorsitzender des Deutschen Netzwerks evidenzbasierte Medizin, also einer Hochburg gesicherten Wissens zu medizinischen Fragen.

Auf seiner Internetseite schreibt er:

„Zur Corona-Impfung wird niemand mehr gezwungen, aber der Impfzwang in Deutschland geht weiter: mit der Masern-Impfpflicht. Nun kann man über den Sinn der Masern-Impfung streiten, aber eines ist sicher: der individuelle Nutzen ist in Anbetracht der derzeitigen epidemiologischen Situation für alle Kinder geringer als das Risiko eines Impfschadens. 2021 gab es in Deutschland laut Robert Koch Institut 10, 2022 15 und 2023 79 Masernfälle – bei 83 Mio Einwohnern. Der individuelle Nutzen der Impfung zur Verhinderung einer schweren Masernkomplikation ist also Null! Dem steht ein Risiko von bis zu mehreren hundert Impfschäden pro Jahr gegenüber. Eine Impfpflicht ist daher als schwere Körperverletzung zu werten und mit dem Grundgesetz nicht vereinbar. Es gibt auch keine „epidemische Notlage“, die eine Grundrechtseinschränkung rechtfertigen würde. Doch wie kann man sich als Eltern dagegen wehren? Um hier eine rechtliche und medizinisch-wissenschaftlich fundierte Hilfestellung zu geben, wurde der „Masern-Impfblocker“ ins Leben gerufen, der bei der Durchsetzung einer Befreiung von der Impfpflicht unterstützt.“

Er könnte bei Gelegenheit einmal die Fallzahlen updaten, 2024 waren es in Deutschland 645 Fälle, 2015 sogar fast 2.500 Fälle und zudem werden die Fälle nur unvollständig gemeldet, die wahren Fallzahlen liegen wohl auch in „ruhigen“ Jahren deutlich höher.

Diese Variabilität lässt die Problematik seiner Argumentation gut hervortreten. Im Grunde sagt er: Die Masernimpfung ist so erfolgreich, dass sie statistisch keine relevante Rolle mehr spielt. Daher ist es vom individuellen Risikokalkül her vorteilhaft, sich nicht impfen zu lassen, weil man dann trittbrettfahrend durch die mit hohen Impfquoten fast erreichten Herdenimmunität, also einem geringen Infektionsrisiko, auch noch das sehr seltene Risiko eines Impfschadens vermeidet. Dieses Argument verliert sofort an Tragfähigkeit, wenn das viele Menschen machen würden und die Fallzahlen stärker steigen, weil dann das individuelle Infektionsrisiko mit den damit verbundenen Gesundheitsrisiken wieder höher zu gewichten ist als das sehr seltene individuelle Risiko eines Impfschadens. Die absolute Risikoreduktion beim Impfen hängt von der aktuellen Inzidenz ab, vom Infektionsgeschehen. Anders formuliert: Andreas Sönnichsen plädiert für unsolidarisches Ausnutzen der Impfbereitschaft Dritter.

Nun kann man abgesehen von diesem versteckten Befürworten des Trittbrettfahrens natürlich über die Impfpflicht für Kinder vor Kita- und Schulbesuch sowie bestimmte Berufsgruppen diskutieren. Man kann die Empfehlung zur Masernimpfung für sinnvoll halten und eine Impfpflicht trotzdem kritisch sehen. Bei allen Public Health-Maßnahmen gilt es immer, bevölkerungsbezogene Vorteile gegen individuelle Belastungen abzuwägen und dabei nicht nur i.e.S. medizinische Aspekte mitzudenken.

Fachleute haben kürzlich eine positive Bilanz der Masernimpfpflicht gezogen, ich denke nach wie vor, bei den Kindern wäre sie angesichts der auch vorher schon sehr hohen Impfquoten nicht die vordringlichste Maßnahme gewesen, aber sie hat immerhin dazu beigetragen, dass rechtzeitiger geimpft wurde.

Andreas Sönnichsen positioniert sich anders:

„Ich möchte an dieser Stelle betonen, dass ich kein prinzipieller Impfgegner bin, aber die Erfahrungen mit der COVID-Impfung haben mich sehr kritisch gemacht. Eine staatliche Impfpflicht lehne ich strikt ab.“

Die, wie gesagt, durchaus vertretbare Ablehnung der Impfpflicht für Kinder, eine politische Agenda, ist ihm Anlass für die Unterstützung impfkritischer Eltern, um eine Befreiung von der Impfpflicht zu erreichen, eine medizinische Agenda.

Ich bin für eine gute Impfaufklärung, da gibt es sicher Verbesserungspotential, insbesondere auch, was die bei der Masernimpfung zwar sehr seltenen, aber nicht gänzlich ausgeschlossenen schweren Nebenwirkungen angeht. Impfaufklärung sollte sich nicht in Werbung zur Impfung erschöpfen. Den Preis, dass sich dann einzelne Eltern gegen die Impfung ihrer Kinder entscheiden, könnte man m.E. in einer freiheitlichen Gesellschaft akzeptieren, zumindest so lange das nicht dazu führt, dass durch größere Impflücken Dritte, z.B. immunsupprimierte Kinder, stärker betroffen sind. Aber eine gute Impfaufklärung müsste auch hervorheben, wie selten solche Nebenwirkungen bei der Masernimpfung sind und dass eine medizinisch nicht indizierte Ablehnung der Impfung unsolidarisch ist. Sie soll eine informierte Entscheidung ermöglichen und nicht mit falschen statistischen Argumenten das Risiko der Impfung gegenüber dem Risiko der Erkrankung aufblähen.

—————
Nachtrag:

Beim Nochmallesen von Sönnichsens Argumentation ist mir jetzt der Satz “Der individuelle Nutzen der Impfung zur Verhinderung einer schweren Masernkomplikation ist also Null!” aufgestoßen. Das ist empirisch falsch, trotz der vergleichsweise niedrigen Infektionszahlen. 2023 gab es zwar in Deutschland keine Sterbefälle infolge einer akuten Maserninfektion, aber die Todesursachenstatistik weist 9 (!) Sterbefälle infolge von SSPE aus, einer stets tödlich verlaufenden Masernspätfolge. Ursächlich für SSPE ist die Wildvirusinfektion, d.h. diese 9 Sterbefälle wären durch die Impfung mit hoher Wahrscheinlichkeit vermieden worden.

Kommentare (22)

  1. #1 BPR
    16. März 2025

    Solange ein Virus nicht ausgerottet ist, kann nur eine (sehr) kleine Gruppe von Individuen hinter dem breiten Impfschutz der Mehrheit mit einem fehlenden Grenznutzen der Impfung argumentieren (free rider, Trittbrettfahrer). Als Verhaltensregel für alle (Kant) eignet sich Sönnichsens These daher nicht.
    Solange das Masernvirus zirkuliert und ohne Impfung im Prinzip jeden Nicht-Immunen erwischt, muss man eine zweiteilige Funktion minimieren: Masernschäden insgesamt sind eine Funktion des Anteils der Geimpften mal Inzidenz der unerwünschten Impfwirkungen plus Anteil der Ungeimpften mal Inzidenz der Folgen der Virusinfektion.
    Das kann man für steigende Impfquoten durchrechnen und muss dabei neben der Inzidenz von Infektionen, Infektionsfolgen und Impfschäden auch deren jeweilige Schweregrade berücksichtigen. Letztere verlangen eine gewichtete (relative) Bewertung ähnlich dem QALY-Konzept. Dieses Werturteil unterliegt größerer Unsicherheit als die gängigen Epidemie-Modelle.
    Solange Schäden pro Impfung in diesem Sinn geringer sind als Schäden pro Infektion, ist die Strategie in einer Impf-naiven Bevölkerung: die erste Impfung lohnt sich, die zweite lohnt sich weiter, bis mit steigender Impfquote und zurückgehenden Infektionen die Bilanz der unerwünschten Folgen zum Ausgleich kommt. Wenn es wie bei Masern eine plausible Herdenimmunitätsschwelle gibt, sollte man sich bemühen, sie zu halten. Das erreicht man nicht, wenn man die Impfung von Anfang an zur individuellen Entscheidung erklärt (RFK jr), sondern indem man zur Orientierung der Bevölkerung eine (Public-Health-)Empfehlung gibt. Das muss keine Impfpflicht sein, aber jedenfalls mehr als “anything goes” und etwas anderes als die Aufforderung zum Trittbrettfahren.

    • #2 Joseph Kuhn
      16. März 2025

      @ BPR:

      So ist es, danke für die Ergänzung.

      Und vielleicht noch als Nachtrag zum Blognachtrag: 2023 mussten “nur” 33 Menschen wegen Masern im Krankenhaus behandelt werden, aber 2015 waren es z.B. 554. Auch hier schwanken die Zahlen recht stark. Sönnichsen Argumentation ist in jeder Hinsicht prekär.

  2. #3 JoT
    Kassel
    16. März 2025

    @ BPR
    Zu dieser Rechnung der gesamten Masernschäden kommen neben den direkten Auswirkungen der Erkrankungen und Impfungen noch die indirekten Folgen durch das “Löschen” des Immungedächtnisses bzgl. anderer Krankheiten hinzu.

    “… wonach Infektionen mit dem Masernvirus in der Ära vor der Masernimpfung für bis zu 50 Prozent der Infektions-bedingten Todesfälle im Kindesalter verantwortlich waren. Die meisten dieser Kinder seien dabei an anderen Krankheiten als den Masern gestorben.”

    “Der Vorher-Nachher-Vergleich des Antikörperpools dieser Kinder zeigte, dass die Maserninfektion 11 bis 73 Prozent der zuvor vorhandenen Antikörper eliminiert hatte. Die Kinder bildeten diese Antikörper erst wieder, nachdem sie erneut mit den entsprechenden Erregern in Kontakt gekommen waren. Bei gegen Masern geimpften Kindern wurde dagegen kein Antikörperschwund beobachtet.”

    https://www.pharmazeutische-zeitung.de/wie-masern-das-immungedaechtnis-loeschen/

  3. #4 Staphylococcus rex
    17. März 2025

    Nur ein Gedankenexperiment: eine MMR-Impfung kostet ca. 30€, eine zweifache MMR-Impfung kostet ca. 60€, bei ca. 8 Milliarden Weltbevölkerung wären dies im worst case 480 Milliarden €. Da weltweit viele Menschen eine Immunität besitzen, wäre eine weltweite Herdenimmunität wesentlich preiswerter zu haben. Wenn man zusätzlich ein derartiges Impfprogramm auf 10 Jahre verteilt, wären die Kosten wahrscheinlich jährlich im niedrigen zweistelligen Milliarden-Bereich.

    Angenommen, die Compliance wäre ausreichend hoch, dann wäre dies eine einmalige Investition und danach wären Masern, wahrscheinlich auch Röteln und vielleicht auch Mumps eradiziert.

    Die Trittbrettfahrer in Bezug auf die Herdenimmunität handeln doppelt egoistisch, einerseits weil sie ihren Mitmenschen die (niedrigen) Impfrisiken aufbürden, aber auch weil sie zukünftigen Generationen die Eradizierung dieser Krankheit verweigern.

  4. #6 Staphylococcus rex
    17. März 2025

    Die Pocken wurden vor Jahrzehnten eradiziert, auch da gab es Proteste von Impfgegnern, angesichts der Gefährlichkeit der Pocken war aber die weltweite Akzeptanz damals ausreichend hoch.

    Bei Polio sind die Varianten 1 und 3 nach meiner Kenntnis bereits ausgerottet, es zirkuliert nur noch Typ 2. Insgesamt gibt es mehrere eradizierbare Infektionskrankheiten. Das Problem sind hier nicht die Wissenschaft oder die Kosten, sondern die “große Politik” der Staaten und die “kleine Politik” (=Akzeptanz durch die Bürger). In der aktuellen weltweiten Situation der Abkehr von einer regelbasierten Politik sehe ich leider wenig Chancen für erfolgreiche Eradikationsprogramme.

    • #7 Joseph Kuhn
      17. März 2025

      @ Staphylococcus rex:

      “Pocken wurden vor Jahrzehnten eradiziert, auch da gab es Proteste von Impfgegnern, angesichts der Gefährlichkeit der Pocken war aber die weltweite Akzeptanz damals ausreichend hoch.”

      Ob sich die Situation wirklich so sehr unterscheidet?

      Es gab damals bei den Pocken vehemente Widerstände, siehe das Buch “Die immunisierte Gesellschaft” von Malte Thießen, seit einiger Zeit für 5 Euro bei der BPB zu erhalten. Und die Akzeptanz ist auch heute bei den Masern recht hoch, wie die sehr hohen Impfquoten zeigen, die schon vor der Masernimpfplicht höher lagen die Impfquoten damals bei den Pocken mit Impfpflicht.

      Richtig ist aber trotzdem, dass die Unsichtbarkeit der impfpräventablen Erkrankungen auch den Nutzen der Impfung unsichtbarer macht.

      Interessant ist, warum sich die heutige Impfgegnerschaft vor allem an den Masern festmacht und weniger z.B. an Tetanus.

  5. #8 JoT
    Kassel
    17. März 2025

    Guten Tag, sehr geehrter Herr Kuhn,

    dies soll kein Kommentar sein, sondern ein außerordentlich nachdrückliches Dankeschön! an Sie für Ihre Arbeit in diesem Blog.
    Mittlerweile lese ich sienceblogs und damit Ihre Beiträge seit fast 10 Jahren und schätze diese und vor allem auch Ihre moralische Haltung sehr!
    Bisher war ich stiller Rezipient, aber da ich den Artikel zu Masern und deren Wirkung auf das Immungedächtnis gerade vor Ihrem Blogbeitrag zu Masern gelesen hatte, wollte ich auch mal etwas beitragen.
    Als sienceblogs vor einer Weile geschlossen werden sollte, war ich ernsthaft traurig und freue mich umso mehr, dass Sie die Fahne hoch halten.
    Wie gesagt, ich bin wirklich sehr dankbar für Ihre Arbeit!

    Herzliche Grüße,
    Johannes Trost

    • #9 Joseph Kuhn
      17. März 2025

      @ JoT:

      Umgekehrt danke für die nette Rückmeldung, die mich sehr freut. Manchmal ist man ja doch recht unsicher, ob irgendwer etwas mit einem Blogbeitrag anfangen kann. Wobei mir das Schreiben oft beim Sortieren der eigenen Gedanken hilft, also insofern auch etwas Selbstzweck ist.

  6. #10 Staphylococcus rex
    17. März 2025

    Beim Versuch einer weltweiten Eradikation einer Infektionskrankheit ist aus meiner Sicht das Timing das wesentliche Problem. 99% Eliminierung reicht nicht, es müssen innerhalb eines definierten Zeitfensters 100% der Regionen durch eine Impfkampagne erreicht werden.

    Eine Besonderheit besteht darin, dass auch ohne Impfungen bei Infektionskrankheiten ein Gleichgewichtszustand erreicht wird. Wird dann eine Impfkampagne gestartet, dann kann man bereits bei niedrigen Impfraten einen Abbruch der Infektketten registrieren. Dies nennt sich “Honeymoon-Phase” einer Impfkampagne, diese Phase dauert einige Jahre. Der Vorteil besteht darin, dass in Regionen mit vorhergehender Erregerzirkulation nicht die Impfquote erreicht werden muss, die in Regionen mit bestehenden Impfprogrammen erforderlich ist (die Summe aus geimpft + genesen muß höher sein als der Gleichgewichtszustand auf der Basis von R0).

    Bei den Pocken fehlt mir die Info, wie hoch zum Zeitpunkt der Eradikation der Anteil der Genesenen und der Anteil der geimpften war.

    • #11 Joseph Kuhn
      17. März 2025

      @ Staphylococcus rex:

      Die Diskussion springt gerade zwischen zwei unterschiedlichen Punkten hin und her.

      Bei den Pocken liegt die Herdenimmunitätsschwelle niedriger als bei den Masern. Daher konnten sie bei niedrigeren Impfquoten ausgerottet werden.

      Mein vorheriger Kommentar zu den Impfquoten bezog sich auf die von Ihnen angesprochene Akzeptanz des Impfens mit und ohne Impfpflicht.

  7. #12 RPGNo1
    17. März 2025

    Wie soll man Sönnichsens Pamphlet interpretieren? Als verzweifelten “Schrei nach Liebe”. Für ihn selbst interessiert sich keine Sau mehr, auch nicht für den MWGFD oder “Die Basis” (0,2 % Zweitstimmen).

    • #13 Joseph Kuhn
      17. März 2025

      @ RPGNo1:

      “Wie soll man Sönnichsens Pamphlet interpretieren?”

      Als Antwort eines Arztes, der auch irgendwie sein Geld verdienen muss, auf eine milieuspezifische Nachfrage.

  8. #14 Joseph Kuhn
    17. März 2025

    Monika Gruber auf X:

    “Als ich klein war und jemand in der Nachbarschaft die Masern hatte, wurde man von der Mama rübergeschickt, um sich anzustecken, O-Ton: „Dann hast des hinter Dir!“”

    https://x.com/MonikaGruber24/status/1900875048803573823

    Monika Gruber ist Jahrgang 1971. Ein Geburtsjahrgang in der Zeit, als in der Bundesrepublik die Masernimpfung eingeführt wurde (allgemeine Empfehlung 1974). Manches hat Monika Gruber offensichtlich bis heute nicht hinter sich.

    Im Süden Bayerns sind die Impfraten der Kinder übrigens bis heute niedriger als im Landesdurchschnitt, was u.a. auch mit der hohen Dichte an Heilpraktikern und anderen alternativmedizinischen Angeboten (früher: “geh rüber”) zu tun hat – oder weniger kausal formuliert: Impfquote und Heilpraktikerdichte korrelieren negativ, siehe den schon etwas älteren Vortrag “Kleinräumige Surveillance der Masernimpfung in Bayern”, dort Seite 4.

  9. #15 Mr. Orange
    18. März 2025

    Hallo,
    wenn man die Beiträge nicht schätzen würde, würde man sie nicht lesen und auch nicht darüber diskutieren! Also, DANKE auch von mir.

    Die Argumentation der Impfgegner ist genau so assi, wie der Vorschlag, den Kamin mit alten Autoreifen zu befeuern oder seinen Müll in den Wald zu schmeißen. Auch wenn man keine Kinder hat, sollte man sich doch einer zivilisierten Gesellschaft zugehörig fühlen und diese entsprechend unterstützen.

  10. #16 RPGNo1
    18. März 2025

    Frau Gruber bewegt sich schon seit längerem auf einem schmalen Grad zwischen Konservatismus und Rechtspopulismus und übertritt dann immer wieder die Grenze zu letzterem. U.a. weil sie sich auch als Opfer sieht, aber andererseits ihren “Opfer”status feiert.

  11. #17 Staphylococcus rex
    18. März 2025

    Eine Sache, über die man in diesem Rahmen diskutieren könnte und sollte, ist die Frage nach einem gesetzlichen Rahmen für eine Impfpflicht. In den letzten Jahren sind dazu (Masern bei Kindern, Corona bei medizinischem Personal) einige ad hoc Entscheidungen getroffen worden, ohne dass ein verbindlicher Rechtsrahmen bestehen würde.

    Eine Impfung ist ein medizinischer Eingriff und damit automatisch eine Körperverletzung (im juristischen Sinn), Impfpflicht ist deshalb ein Eingriff in das Grundrecht auf körperliche Unversehrtheit. Das heißt nicht, dass ich eine Impfpflicht grundsätzlich ablehne, aber es sollte vorher geklärt werden, unter welchen Bedingungen aufgrund einer Werteabwägung dieses Grundrecht eingeschränkt werden darf.

    Krankheitserreger werden in Verordnungen in Risikogruppen eingestuft, Viren z.B. in der TRBA 462. Bei einem Stufe 4 Erreger (z.B. Pocken) sollte klar sein, dass zur Eindämmung zeitnah flächendeckende Impfungen (bei Verfügbarkeit eines Impfstoffs) erforderlich sind. Dies wäre hier eine allgemeine Impfpflicht.

    Bei Stufe 3 Erregern (bzw. Stufe 2 Erregern, die ohne Impfstoff als Stufe 3 zu werten wären, aus meiner Sicht z.B. Masern), wäre sicher ein etwas differenzierteres Herangehen erforderlich. Eine Rechtfertigung wären z.B. eine befristete allgemeine Impfpflicht bei einer Pandemie durch einen neuen Erreger oder eine immunologisch neue Variante, eine weitere Rechtfertigung wäre eine zeitlich befristete allgemeine Impfpflicht bei einer offiziellen weltweiten Eradizierungskampagne durch die WHO, eine zusätzliche Rechtfertigung wären Impfpflichten für bestimmte Berufsgruppen der kritischen Infrastruktur. Bei der Impfpflicht für Mitarbeiter der kritischen Infrastruktur (z.B. Gesundheitswesen, Soldaten) sollten Impfpflichten und Sanktionen berücksichtigen, ob die Impfung für Eigenschutz- oder Fremdschutz ausgelegt ist. Die Tätigkeitsverbote für ungeimpfte Mitarbeiter im Gesundheitswesen bei Virusvarianten von Corona, wo eine sterile Immunität nicht mehr gegeben war, haben sehr viel Vertrauen bei den Betroffenen gekostet.

    Auch Impfpflichten bei Kinderimpfungen (wo die Rechte der Eltern beschnitten werden) sollten besser begründet werden. Entweder es gibt eine begründbare Notlage (die ich aktuell bei Masern nicht sehe) oder einen allgemeinen gesellschaftlichen Konsens über eine Impfpflicht bei Kindern, dann sollten derartige Gesetze aber auch mit Mehrheiten (2/3) beschlossen werden, die für Verfassungsänderungen notwendig sind.

    Im aktuellen IfSG gibt es nach Corona eine Menge aufzuräumen, in diesem Zusammenhang wäre es schön, wenn dort verbindliche Kriterien für eine Impfpflicht definiert werden könnten. Ggf müßte dann ein neues IfSG mit 2/3 Mehrheit verabschiedet werden.

  12. #18 spiritus
    18. März 2025

    Ist vielleicht etwas naiv gedacht, aber würden Menschen, die eine starke Impfreaktion entwickeln (Impfschaden?), nicht auch stärkere Symptome bei “echten Infektionen” zeigen?
    Dann wäre eine Impfpflicht bei z.B. Masern sehr sinnvoll, bei anderen weniger wahrscheinlichen Infektionen nicht unbedingt.
    Leider kann man das wohl nur theoretisch auflösen, wenn man sich die immunologischen Mechanismen ansieht.

  13. #19 Joseph Kuhn
    19. März 2025

    Nebenbei, die Zahlen

    Die aktuellen Medienberichte gehen auf eine PM von UNICEF unter Bezug auf Daten der WHO zurück. Dort steht, was von den Medien so übernommen wurde:

    “127,350 measles cases were reported in the European Region in 2024, double the number of cases reported for 2023 and the highest number since 1997, according to an analysis by WHO and UNICEF. (…) Measles cases in the Region have generally been declining since 1997, when some 216,000 were reported (…).

    In Deutschland sind die Masern allerdings erst seit 2001 meldepflichtig, insofern sind europäische Daten von 1997 etwas fragwürdig, von der Einheitlichkeit der Datenerfassung in Europa mal ganz abgesehen.

    Ein Kollege hat netterweise den Link zur WHO-Datenbank gesucht und dort gibt in der Tat für Deutschland vor 2001 keine Daten. Insofern wären die europäischen Zahlen 1997 wohl etwas höher anzusetzen. Trotz dieser numerischen Unschärfe ist aber die Kernbotschaft, dass es derzeit recht hohe Fallzahlen gibt und diese nicht auf kleinere Regionen begrenzt sind, richtig.

  14. #20 hto
    19. März 2025

    @spiritus: “Leider kann man das wohl nur theoretisch auflösen, wenn man sich die immunologischen Mechanismen ansieht.”

    Es sind nicht nur die Masern, die das “Immungedächtnis” auflösen, es ist auch das Saufen, Rauchen und … 😉

  15. #21 spiritus
    19. März 2025

    Sollte das … stellvertretend für eine gewisse Promiskuität stehen, habe ich da andere Infos.
    Diese ist für ein kompetentes Immunsystem zumindest zuträglich.

  16. #22 naja
    19. März 2025

    @ spiritus
    Da wäre ich mir nicht so sicher. Sex an sich ist gesund, ja.
    Zumindest das Risiko für Krankheiten wie HIV erhöht sich bei promiskem Verhalten. Das I steht sogar für Immundefizienz