Das Statistische Bundesamt hat jetzt auch die Daten der Todesursachenstatistik zu den Suiziden 2024 veröffentlicht. Deutschlandweit wurden 10.372 Suizide dokumentiert. Hinzu kommt eine Dunkelziffer z.B. für unerkannte Suizide unter den Verkehrsunfällen. Gegenüber dem Vorjahr mit 10.304 Suiziden gab es also erneut eine leichte Zunahme um 68 Fälle (0,7 %). Der Anstieg geht auf weibliche Suizide zurück: 2024 wurden 132 mehr weibliche Suizide dokumentiert als im Vorjahr, bei den Männern waren es dagegen 64 weniger. Insgesamt entfielen wie in der Vergangenheit jedoch fast drei Viertel der Suizide auf die Männer (7.414 Männer, 2.958 Frauen).
Anders als im Vorjahr und anders als es sich zunächst in der Polizeilichen Kriminalstatistik angedeutet hatte, sind diesmal die Suizidzahlen auch in Bayern gestiegen, von 1.799 auf 1.854, also um 55 Fälle (3,1 %). Noch stärker angestiegen sind die Zahlen in Nordrhein-Westfalen: um 204 Fälle (12,5 %). Auch in Bayern ist der Anstieg vor allem auf die Frauen zurückzuführen (45 mehr, 9 %), während die Zahl bei den Männern nur leicht angestiegen ist (10 mehr, 0,8 %).
Das Bild ist bei den Bundesländern sehr heterogen, in einigen Bundesländern gingen die Zahlen deutlich zurück, am stärksten in Hamburg, um 76 Fälle (27,3 %). Wie diese heterogene Entwicklung zu interpretieren ist, ob als eher zufällige Schwankungen um eine insgesamt in Deutschland stagnierende Fallzahl, oder ob sich länderspezifische Faktoren identifizieren lassen, bleibt abzuwarten.

Die Zahlen mahnen einmal mehr die Umsetzung der im letzten Jahr von der alten Bundesregierung vorgelegten Suizidpräventionsstrategie und die Verabschiedung eines wirkungsvollen Suizidpräventionsgesetzes an. Das ist mehr als überfällig. Die meisten Suizide sind vermeidbar. Hinzu kommt, dass sich seit geraumer Zeit die Hinweise auf eine Zunahme von assistierten Suiziden im Gefolge des Urteils des Bundesverfassungsgerichts 2020 verdichten. Eine in der letzten Woche bei der Jahrestagung der Deutschen Gesellschaft für Suizidprävention in Bayreuth vorgestellte Auswertung der Todesursachenstatistik für Bayern hat hier eine stetige und deutliche Zunahme in den letzten Jahren gezeigt. Für andere Bundesländer gibt es noch keine Daten zu assistierten Suiziden aus der Todesursachenstatistik, obwohl das vergleichsweise einfach möglich wäre, die Information ist bereits auf den Todesbescheinigungen dokumentiert. Daten der Sterbehilfevereine zeigen auch für Deutschland insgesamt eine Zunahme der assistierten Suizide. Auch die differenzielle Entwicklung der Suizide nach Geschlecht könnte auf die assistierten Suizide zurückgehen: hier sind Frauen, anders als bei den Suiziden insgesamt, überrepräsentiert.
Was die Länderspezifik angeht, wäre es wünschenswert, jedes Bundesland würde die Datenlage, die Hilfeangebote und die suizidpräventiven Planungen in einem eigenen, fortzuschreibenden Landespräventionsplan für Suizide niederlegen, der die Suizidpräventionsstrategie auf Bundesebene ergänzt. Er müsste ja nicht gleich 100 Seiten lang sein. Ein solches Instrument würde das Thema etwas besser auf der politischen Agenda halten. Wichtiger als das gerade im EU-Parlament aufgeführte Bürokratieaufbautheater um die Frage, ob eine vegane Wurst Wurst heißen darf, wäre das allemal.



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