Happy birthday, Joshua Lederberg!
Heute wäre sein 88. Geburtstag!

Joshua Lederberg (23. Mai 1925 in Montclair, New Jersey geboren, + 2. Februar 2008 in New York) war ein genialer Molekularbiologe und Genetiker, der seine Fachgebiete mit Weitsicht und Genius weit über ihre damaligen Grenzen hinaus extrapolierte.
Sein Forschungsgebiet: Mikroorganismen.
Lederberg hatte nachgewiesen, dass Bakterien einen Teil ihres Erbguts untereinander austauschen. Das ist eine wesentliche Erkenntnis für die Erforschung von Resistenzen gegen Antibiotika. Für diese elementar wichtige Grundlagenforschung erhielt er 1958 im Alter von nur 33 Jahren die Hälfte des  Nobelpreises für Medizin.

Der „Vater“ der Exobiologie

1965 publizierte er im angesehenen Fachjournal Nature den Aufsatz: „Signs of Life: Criterion-System of Exobiology“.
(Lederberg, Joshua: „Signs of Life: Criterion-System of Exobiology“, Nature. Vol. 207. No. 4992, pp. 9-13, July 3, 1965).
Damit hatte er den Begriff „Exobiologie“ erschaffen!

Sein erster Satz „The imminence of interplanetary traffic calls for systematic criticism of the theoretical basis and operational methods of “exobiology”, the initial search for and continual investigation of the life it might encounter.” machte frühzeitig darauf aufmerksam, dass möglicherweise auch außerhalb der Erde Leben existieren könnte. Er ahnte voraus, dass die Definition von Leben gerade für mögliches extraterrestrisches Leben gründlich durchdacht werden müsse. Schließlich könnten diese Lebensformen beträchtlich von der Vorstellung abweichen, die die meisten Menschen von einer Lebensform haben. Gerade durch seine bahnbrechenden Forschungen an Mikroorganismen war er dafür prädestiniert, sich mit dieser Frage zu beschäftigen.
Lederberg selbst arbeitete immer interdisziplinär und konnte daher auch überblicken, dass auch die wissenschaftliche Erforschung möglicher außerirdischer Lebensformen interdisziplinär durchgeführt werden müsse.
Er hielt den Beginn des Raumfahrt-Zeitalters für epochal.

Zwischenstation Mars: Kohlenstoffverbindungen in wässriger Lösung?

In seiner Nature-Publikation von 1965 schreibt er, dass der Mars die erste Station auf der Suche nach Leben im Weltall sei.
Damit gab er die damals herrschende Meinung der Raumfahrtingenieure um Wernher von Braun und anderen wieder, dass nach einer Mondlandung zügig eine Marslandung durchgeführt würde.
Er beschrieb die Notwendigkeit, die Komplexität chemischer Parameter des Mars zu definieren und entwickelte mit Hypothesen und Fragestellungen ein erstes theoretisches Gerüst für die Durchführung der Exploration und Auswertung der Ergebnisse.
Gleichzeitig postulierte er die Annahme, dass eventuelles Mars-Leben ebenfalls auf Kohlenstoffverbindungen in wässriger Lösung bestehen müsse. Es sei anzunehmen, dass die auf der Erde dominierenden organischen Verbindungen C – H, C – O, C – N und O – H auch außerhalb der Erde dominieren würden. Dies ist heute eines der Grundgesetze des Lebens im Weltall.
Lederberg vermutete, dass die Suche nach außerirdischem Leben in den Grenzbereichen zwischen Biologie und Chemie stattfinden würde. Man müsste dabei nicht zwangsläufig nach DNA suchen, sondern auch nach Makromolekülen wie Proteinen. Darum konzipierte er erstmals die Methodik und einen Kriterienkatalog für die Suche nach solchen Makromolekülen (Lederberg, Joshua: „Signs of Life: Criterion-System of Exobiology“, Nature. Vol. 207. No. 4992, pp. 9-13, July 3, 1965).


Lederberg und Sagan – gedanklicher Aufbruch ins All

Gemeinsam mit dem Astronomen Carl Sagan, der später bei der NASA sein Kollege werden sollte, entwickelte er die Exobiologie als neue wissenschaftliche Disziplin und begleitete damit die US-amerikanischen Raumfahrtprojekte noch vor der ersten Mondlandung. Das war visionär, denn er beschäftigte sich bereits mit den möglichen Folgen und Auswirkungen der menschlichen Raumfahrt, bevor die spektakulären Apollo-Missionen überhaupt begonnen hatten.

“Something of a wordsmith, Dr. Lederberg coined the term exobiology, or the study of the possibility of alien life. He collaborated with the astronomer Carl Sagan in establishing exobiology as a scientific discipline and in educating the public on the biological implications of space exploration.
With the dawn of the space age, his warnings about interstellar contamination and his call for the scientific study of life beyond Earth’s atmosphere tapped into popular fascination and brought him international attention.
One account holds that Dr. Lederberg argued that the first astronauts returning from the Moon should spend weeks in quarantine — earning their fury — because of his worry that they might inadvertently import alien microbes.” (New York Times, “Joshua Lederberg, 82, a Nobel Winner, Dies“).

Zur damaligen Zeitpunkt erntete er für seine Überlegungen zum Thema „Exobiologie“ noch viel Spott, selbst der Evolutionsbiologe George Gaylord Simpson machte sich über Lederberg lustig. Gerade Simpson hätte es besser wissen sollen, schließlich beschäftigt sich die Evolutionsbiologie u. a. mit Theorien zur Entstehung des irdischen Lebens, was eine maßgebliche Forschungsfrage auch der Exobiologen ist.

Lederberg – der Visionär

Mit den potentiellen Auswirkungen der Raumfahrt hatte er sich schon frühzeitig beschäftigt:
Bereits 1958 hatte Lederberg  in einem Science-Artikel mit dem vielsagenden Titel „Moondust“ sich mit den möglichen Auswirkungen der menschlichen Raumfahrt beschäftigt: In „Moondust“ schildert er das Problem, dass Raummissionen biologische Kontaminationen ins All tragen könnten. Dadurch könnte die  Suche nach fremden Lebensformen behindert oder gar verhindert werden: „Unless specific precautions are taken, such space craft are likely to carry terrestrial organisms to the moon or other targets.“ (Science 127, 3313: 1473-1475). (Laborjournal online).

Als ein Begründer der Molekularbiologie hat er zur Grundlagenforschung  für zahlreiche biologische Disziplinen beigetragen, bis hin zur Biotechnologie.
Lederberg war ein interdisziplinärer Denker und Wissenschaftler, er bewegte sich zwischen verschiedenen Welten. Als brillanter Analyst und Visionär führte er auch frühe Forschungen zur  Computer-Intelligenz durch.
Gleichzeitig beriet er über ein halbes Jahrhundert US-amerikansiche Präsidenten und schrieb die wöchentliche Zeitungskolumne “Science and Man.” (“Joshua Lederberg, 82, a Nobel Winner, Dies“).
Viele seiner Ideen postulierte er Dekaden vor seinen Wissenschaftler-Kollegen, darum stieß er – wie andere Vordenker – oft auf Spott. Glücklicherweise ließ er sich davon nicht beirren.

Joshua Lederberg verstarb am 2. Februar 2008 im Alter von 82 Jahren.
Die New York Times nennt ihn in diesem Nachruf einen der führenden Wissenschaftler des Jahrhunderts.
Ganz bestimmt zu Recht!

Bettina Wurche

 

Zum Weiterlesen:

„GESTORBEN: Joshua Lederberg
Joshua Lederberg, 82. Auch Bakterien haben so etwas wie Sex, und das wiederum macht sie gefährlich. Für seine Forschung, die zu dieser Erkenntnis führte, bekam Lederberg 1958 die Hälfte des Nobelpreises für Medizin zugesprochen. Der Sohn eines orthodoxen Rabbiners aus New York war ein Ausnahmetalent mit ungewöhnlich breitgefächerten Interessen und enormer Weitsicht. Er bewies, dass und wie Bakterien Teile ihres Erbguts untereinander austauschen, was sie schnell resistent werden lässt gegen Antibiotika. Später beriet er die Nasa und die Weltgesundheitsorganisation, entwickelte neue Computerverfahren für die biologische Forschung, prägte den Begriff “Exobiologie” für die Suche nach Leben im All und warnte vor Bioterroristen und neuen, unbekannten Krankheitserregern. “Viren sind unsere einzigen und wahren Rivalen um die Herrschaft über den Planeten”, sagte Lederberg einmal. Joshua Lederberg starb am 2. Februar in New York.”
(Nachruf – DER SPIEGEL 7/2008, GESTORBEN: Joshua Lederberg)

“Joshua Lederberg, 82, a Nobel Winner, Dies“, Nachruf der New York Times, 05.02.2008

National Academy of Sciences Biographical Memoir

 

Kommentare (7)

  1. #1 Karsten
    Berlin
    23. Mai 2013

    Ahoi.
    Gibt es eigentlich viele (oder genug 😉 ) Mikroorganismen die die Bedingungen im Weltraum überleben?
    Klar ist die Kontamination eines vornehmlich unbelebten Raumes mit per Defintion fremden Organismen ein Problem, wenn man feststellen möchte ob auf einem Himmelskörper etwas lebt oder gelebt hat.
    Aber angenommen die Apollo-Astronauten haben das “Genieste” von einem Tech auf den Mond gebracht…kann davon nach ein paar dutzend Jahren noch etwas leben?

    Zweite Frage: Gibt es mittlerweile eine Defintion von Leben, die Feuer ausschließt?
    Falls es noch die “alte” ist (Kompartimentierung, Stoff- und Energieaustausch, Selbstorganisation und Fortpflanzung), könnte man dem nicht bis zu ggf. neuen Erkenntnissen mit dem Verweis auf organische Strukturen beikommen?
    Ist die Einschränkung auf chemische Prozesse, die auf Kohlenwasserstoffen basieren zu eng gefasst?

    Nach meinem beschränktem Wissen ist Kohlenstoff doch das einzige Element, was sp3-Hybridorbitale ausbildet.
    Ist eine Definition von Leben zu einschränkend, wenn sie die CH-Struktur beinhaltet?

    cya und ein nachträgliches Willkommen *g*

  2. #2 Bettina Wurche
    28. Mai 2013

    Moin,
    sorry für die späte Antwort, war ein paar Tage offline.

    Also:
    Mikroorganismen können schon ziemlich hart im Nehmen sein.
    https://science1.nasa.gov/science-news/science-at-nasa/1998/ast01sep98_1/
    Der springende Punkt ist:
    Die Extremophilen leben in Eis, Öl, Gestein und vertragen harte radioaktive Strahlung, Hitze, Säuren und Laugen.
    Manchmal überleben auch nur verkapselte Sporen o. a. Fortpflanzungsprodukte. Und die sind oft noch viel härter im Nehmen.
    Darum kann man ihr Überleben nicht ausschließen.

    Ich denke aber, dass auf dem Mond keine Schnupfenbakterien hätten überleben können. 40 Jahre Vakuum, extreme Erhitzung, und Vakuum dürften selbst einem hartnäckigen Schnupfen den Garaus gemacht haben ; ). Zumindest den aeroben Bakterien.
    Wenn Organismen in ein netteres Habitat gebracht würden, sähe die Sache sicherlich anders aus. Ich weiß nicht, was passiert, wenn man anaerobe Schwefelatmer auf schwefelhaltiges extraterrestrisches Gestein aufbringt.
    Außerdem können wir nicht abschätzen, was bei der hohen Mutationsrate so alles passieren könnte.
    Über einige Mikroorganismen wie Archaeen oder Viren wissen wir auch immer noch ziemlich wenig.

    Ich nehme die „alte“ Definition für Leben an (Fortpflanzung und Entwicklung, Stoffwechsel, von ihrer Umwelt abgegrenzt,…)
    Außerdem nehme ich – nach meinem beschränkten Wissensstand – organische Strukturen in Lösungsmittel als Basis des Lebens an. Das umfasst CH-Verbindungen und flüssiges Wasser.
    Theoretisch sollte man aber auch Si-Verbindungen und andere Lösungsmittel im Auge behalten. Sie sind aber weniger stabil und daher weniger wahrscheinlich.

    Wichtig ist, dass unser Blick auf Leben geprägt ist von unserem eigenen begrenzten Blick als Teil des Systems.
    Ich kann nur rekapitulieren, was ich dazu gelesen habe und mir vorstellen kann. Aber ich sehe die Welt als Zoologin. Vielleicht hätte ein theoretischer Physiker oder Chemiker noch einen anderen Blick darauf.

    Grüße, Bettina

  3. […] bzw. Exobiologie ist gar kein sooo neues Forschungsfeld. Der Nobelpreisträger Joshua Lederberg hatte 1965 in Nature den Aufsatz: „Signs of Life: Criterion-System of Exobiology“ publiziert: […]

  4. #4 hoffmann
    4. Oktober 2014

    In Bezug auf Leben sage ich immer:

    “Leben benötigt neben Energie + Wasser NOCH SPurenelemente.” 🙂

  5. […] pragmatisch denkende Mikrobiologe Lederberg hatte eher kleine Organismen im Blick, er entwickelte erste Konzepte der Exobiologie. Carl Sagan […]

  6. […] Hier läuft von 12:00 bis 16:00 Uhr am 17.102017 die Diskussion. Die Frage nach der Herkunft des Lebens ist eine der ganz großen Fragen der Biologie. Sie ist Diskussionspunkt sowhl in der Evolution – und zwar der allerfrühesten Phase der Evolution, schätzungsweise um 3,5 bis 3 Milliarden Jahre vor unserer Zeit – und der Astrobiologie/Exobiologie. […]

  7. […] Criterion System of Exobiology.” Nature 207, 4492 (3 July 1965): 9-13). Dazu habe ich hier und hier mehr […]