Noch mehr Aufregung um den Riemenfisch: der meterlange Meeresbewohner ist nun ein elementarer Bestandteil einer neuen Verschwörungstheorie.
(Hört sich auf Englisch viel besser an: Oarfish-earthquake-conspiracy.)
Genauer gesagt geht es jetzt sogar schon um zwei Riemenfische.
Am 13.10.2013 wurde ein 18 Fuß langer Regalecus glesne von einer Schnorchlerin tot im Wasser gefunden und vor Catalina Island an land gebracht. Am 18.10.2013 strandete in Oceanside, California, ein weiterer dieser schlangenartigen Knochenfische – diesmal ein 18 Fuß langes trächtiges Weibchen.
Hier gibt es etwas Hintergrundwissen zu diesem längsten aller Knochenfisch: meertext: “Seeschlange ahoi!” und National Geographic.
Wie kam das Gerücht um einen Zusammenhang zwischen Strandungen und einem Erdbeben auf?
In Japan wurde der Riemenfisch früher als Sendbote des Meeresgottes betrachtet. Gleichzeitig glaubte man dort in früheren Zeiten, dass Riemenfische Erdbeben ankündigen.
Im Jahr 2010 kam es zunächst zu ungewöhnlich vielen Strandungen an der nordjapanischen Küste und außergewöhnlichen vielen Fängen (Beifang) in Fischernetzen dieser ungewöhnlichen Fische, kurz darauf folgte ein Erdbeben.
Zwangsläufig folgten dann Spekulationen über den wahren Kern in alten Überlieferungen.
Der Stellvertretende Direktor des Kobe Earthquake Centre Hiroshi Tajihi erklärte in einem Interview mit dem Daily Telegraph: “In ancient times Japanese people believed that fish warned of coming earthquakes, particularly catfish. But these are just old superstitions and there is no scientific relationship between these sightings and an earthquake”.
Der Independent hat dazu die Riemenfisch-Expertin Rachel Grant, eine Biologie-Dozentin der Anglia Ruskin University in Cambridge, interviewt, die Fakten zu mehren Hundert Riemenfisch-Sichtungen zusammengetragen hat.
Rein theoretisch sei ein Zusammenhang natürlich denkbar, so Grant.
Denn: Vor und während eines Erdbebens bauen sich seismische Aktivitäten auf. Diese können Druckveränderungen in der Wassersäule verursachen, möglicherweise können auch Gase ins Wasser austreten. Fische könnten diese Veränderungen spüren.
Bisher ist aber nur sicher:
1. Es gibt weltweit regelmäßig Riemenfisch-Strandungen
2. Im Moment sieht sie keinen Zusammenhang mit seismischer Aktivität, weil keine gemeldet worden ist
3. Sie wird der Frage aber nachgehen.
Verständliche Antworten. Schließlich muss sie dieser Frage nachgehen. Erstens weil sie gestellt worden ist und zweitens, weil die Antwort eine Sensation sein könnte. Und sie als Wissenschaftlerin natürlich Stoff für möglichste spektakuläre Papers braucht. Und Presse-Präsenz immer gut fürs Geschäft ist.
Grant ist aufgrund ihrer Datensammlung sicherlich die richtige Person, die Daten auf eine mögliche Korrelation hin zu überprüfen.
Der California Sea Grant, eine Regierungsinstitution, wird auf jeden Fall über die wissenschaftlichen Ergebnisse aus den beiden Strandungen berichten. Man kann sie z. B. über ihren Facebook-Account verfolgen. Auch Grants Ergebnisse sollen dort mit auftauchen.
Strandungen von Fischen und Walen haben die unterschiedlichsten Gründe, dabei können sich verschiedene Ursachen auch überlagern. In den seltensten Fällen können wir diese Gründe explizit herausfinden.
Viele Fische und andere Meerestiere können sicherlich submarine Erdbeben wahrnehmen.
Ohne Frage.
Falls die Strandung der Riemenfische im Kontext mit einem Erdbeben gestanden haben sollte, müssten aber auch andere Spezies betroffen gewesen sein.
Eine Todesursache wie Erdbeben, Vergiftung, Sonar, … oder ähnliches hätte verschiedene Spezies betreffen müssen. Und mehr als nur zwei Riemenfische.
Wie der Kollege Craig McClain auf DeepSeaNews schreibt bzw. einen Twitterer zitiert: „Two is not a trend.“
Aktenzeichen „Riemenfisch“: ungelöst?
Eine Todesursache, die nur eine Spezies betrifft, wie in diesem Fall, muss einen artspezifischen Grund haben.
Zum Beispiel eine jahreszeitlich bedingte Ansammlung von Riemenfischen in der Nähe der Küste, wie etwa die Fortpflanzung.
In Zeiten der Fortpflanzung und des Ablaichens sind Arten oft besonders anfällig für äußere Einflüsse, es besteht eine erhöhte Sterblichkeit. Die Tiere sind über lange Distanzen hinweg gewandert und dadurch geschwächt. Die Nahrungsaufnahme wird in dieser Zeit vernachlässigt, da der Fortpflanzungstrieb die Tiere vorantreibt und die oberste Priorität einnimmt. Bei Fischen kommt dazu, dass die Geschlechtsorgane und – produkte in dieser Zeit einen wesentlich größeren Teil der Körpermasse ausmachen und dafür Muskelmasse abgebaut wird.
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