“Für mich kommt dabei immer wieder die alte Frage hoch – was suchen wir eigentlich im All, was wir hier auf Erden nicht schon an vielfältigen, durchgeknallten, schönen, höchst unterschiedlichen Lebensformen hätten.” fragte mich „Toni“ am 28.10.2013 in einem Kommentar, der sich wahrscheinlich auf die Artikel zum Tag der Luft- und Raumfahrt im DLR bezog.
Ich habe lange über die Antwort nachgedacht.
In der „Sky and Telescope“ vom 04.11.2013 fand ich dazu einen kurzen, ausgesprochen interessanten Beitrag von David Grinspoon: “Search for Intelligent Worlds – To find extraterrestrial intelligence we should look for engineered exoplanets”.
Grinspoon schreibt, dass wir bei der Suche nach extraterrestrischen Intelligenzen vorrangig nach künstlich modifizierten Exoplaneten suchen sollten.
Weil wir von außerirdischen technologischen Zivilisationen etwas lernen könnten!
Im Zuge unserer eigenen, technisch immer weiter hochgerüsteten Zivilisation auf der Erde haben wir einige erhebliche Probleme verursacht. Grinspoon sieht für die Zukunft unseres blauen Planeten zwei Alternativen:
1. Wir finden keine Lösungen für die Probleme und zerstören weiter unsere Lebensgrundlagen. Dadurch begrenzen wir selbst die Lebensdauer unserer Zivilisation, die so keine langfristige Perspektive hat.
2. Die hoffnungsvollere Alternative ist, dass wir Lösungen finden, um die derzeitigen Probleme auf unserem Planeten zu überwinden und dass unsere planetare Zivilisation so eine langfristige Perspektive haben wird.
Er geht davon aus, dass andere technische Zivilisationen ähnliche Probleme durchlaufen mussten – die Zerstörung des Lebensraums, die Dominanz über andere Lebensformen und Ressourcenknappheit. Eine Zivilisation, die für uns aus dem Weltall erkennbar ist, dürfte diesen Tiefpunkt überwunden haben, hofft Grinspoon, wir könnten von ihnen lernen, zu überleben.
Der Gedankengang ist auf jeden Fall interessant.
Allerdings erscheint er mir recht optimistisch.
Schließlich existieren auf der Erde längst Konzepte und Ideen, die derzeitigen Probleme zu lösen. Etwa das alltägliche Sparen von Wasser, Brennstoffen und anderen überlebenswichtigen Ressourcen.
Solange Menschen es nicht schaffen, auch nur Autos mit geringerem Kraftstoffverbrauch zu fahren, obwohl sie wissen, dass es ökologisch extrem wichtig wäre, ist es unwahrscheinlich, dass sie sich von einem Alien zum Spritsparen überreden lassen werden. Es sei denn, dass Alien wäre 3 Meter groß, würde böse gucken und hätte einen Laserblaster im Tentakel.
Auch das Problem der Überbevölkerung wäre lösbar, schließlich gibt es auf der Erde wirklich genügend Knowhow zur Geburtenregelung. Solange diese aber auf ganzen Kontinenten aufgrund religiöser oder anderer abstruser Überzeugungen konsequent nicht angewendet werden, können sie ihren Wirksamkeit nicht entfalten.
Zu diesem bisher unauflösbaren Dilemma schreibt Grinspoon, er hoffe, dass sich noch rechtzeitig eine Art „planetarische Intelligenz“ (planetary intelligence) herausbilden werde. Dabei setzt er seine Hoffnung auf die derzeit entstehenden globalen Kommunikations-Netzwerke: „Through us and our technology, the biosphere is arguing developing a global mind that may soon be able to fend off asteroid strikes and global climate catastrophes.“
Dieses Umdenken müsse im 21. Jahrundert stattfinden: “[…] the 21st century bottleneck whereby our exponentially increased technological prowess will either destroy our civilization or insure its long-term survival.”.
Seine Idee, dass wir nicht nach intelligentem Leben sondern nach intelligenten Planeten suchen sollten, kommt auch in anderen seiner Publikationen zum Ausdruck.
Diese Idee ist in der SETI-Forschung nicht neu. Dort wird schon seit längerem postuliert, gezielt nach Dyson-Sphären zu suchen.
(Vor einigen Jahren war der russische SETI-Wissenschaftler Dr. Alexander Zaitsev, [Radio-Astronom der russischen Akademie der Wissenschaften] im Rahmen einer Astronomie-Tagung bei uns zu Gast. Bei dieser Gelegenheit fand an unserem Küchentisch eine ernsthafte Diskussion über die Such nach Dyson-Sphären statt.)
Grinspoons Beitrag ist aufgrund der sehr geringen Wahrscheinlichkeit der Entdeckung hoch technisierter Aliens eher theoretisch.
Noch viel fragwürdiger ist für mich allerdings, ob die Menschheit an sich lernfähig ist.
Denn unser blauer Planet ist nicht nur von rationalen Menschen bevölkert, die zum Denken, Überdenken und letztendlich auch Handeln bereit sind. Das Gros der Weltbevölkerung erweckt leider immer wieder den Eindruck, eigene Handlungen nicht wirklich planen zu können und sich seines Handelns und der Konsequenzen bewusst zu sein.
Manche Wissenschaftler vergessen diesen Aspekt in ihren Planungen und entwickeln eine sehr optimistische, geradezu naive Erwartung an Menschen und an Aliens.
Diese überaus optimistische Utopie des guten Aliens kommt in erfolgreichen Filmen wie „Unheimliche Begegnung der Dritten Art“ zum Ausdruck.
Möglicherweise würden Aliens aber auch gar nicht als Heilsbringer kommen, sondern um die Menschen auszurotten („Mars Attacks“) oder zu assimilieren, wie die Borg aus dem Star Trek-Universum.
Grinspoons Schlußsatz ist aufschlußreich:
“Of course, we can´t really predict the actions of super-advanced intelligent aliens, so we can at best make reasonable guesses and be prepared for surprises.”
Ich ziehe ernsthaft die Anschaffung eines T-Shirts mit der Aufschrift „Resistance is futile“ in Erwägung.
Oder doch lieber eine Laser-Gun?
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