GAIA ist gestartet!
Um 06:12:19 Ortszeit Kourou (=10:12:19 in Darmstadt) ist der neue ESA-Satellit planmäßig auf dem Feuerschweif einer Sojuz-Rakete ins Weltall geritten.
Die Direktübertragung vom Weltraumbahnhof in Französisch-Guayana zum Satellitenkontrollzentrum ESOC in Darmstadt zeigt einen echten Bilderbuchstart.
Dix – neuf – huit – sept – six – cinque – quattre – trois – deux – un – décollage !
Das Röhren der Sojuz geht bis ins Bauchfell.
GAIA steht für Global Astrometric Interferometer for Astrophysics, so war die Mission ursprünglich geplant. Mittlerweile sind andere optische Technologien eingesetzt werden, aber der Name GAIA ist bestehen geblieben.
Über den Start und die Mission ist genügend geschrieben worden, das will ich hier nicht wiederholen.
Mich hat an dem neuen Satelliten ein ganz anderes Detail besonders beeindruckt: Das Bild auf der Rakete!
Genauer gesagt: auf der Nutzlast-Verkleidung.
Ein kleines Mädchen schaut auf zu den Sternen und dem startenden Satelliten.
3,5 Meter mal 3,5 Meter groß.
Das Design wirkt geradezu verspielt und weckt Assoziationen an St. Exupérys kleinen Prinzen oder das Märchen „Sterntaler“. Die Silhouetten sind reduziert und gleichzeitig dynamisch – im Stil der großartigen französischen Comic-Zeichner. Die Milchstraße besteht aus „richtigen“ fünfeckigen, bunten Sternen, passend zur Weihnachtszeit. Und GAIA sieht aus wie eine fliegende Untertasse im Retro-Look.
Die Konstellation des neugierigen Kindes, der Sterne und des Satelliten erzählt eine ganze Geschichte: Die Geschichte der menschlichen Neugierde!
Die Basis für Entdeckungen – von Amerika bis zur DNA – und Erfindungen – vom Rad bis zum Satelliten.
Wie ist es zu diesem ungewöhnlichen Design gekommen?
“Das Design auf der Nutzlastverkleidung soll die Neugierde der Menschen symbolisieren: Was passiert in dem Moment, in dem man nach oben zu den Sternen guckt, im Kopf?“ erklärt Markus Bauer (ESOC, Darmstadt).
ESA-Mitarbeiter hatten zunächst mit den charakteristischen Komponenten der Mission gespielt:
Sterne, Erde, Raumschiff, die Göttin Gaia und der Missionsname Gaia.
Ganz schön schwierig, daraus ein gutes Design zu machen.
Dann kamen sie wieder zurück auf die Ursache der Mission: die menschliche Neugierde.
Schließlich kreierte der Graphiker Christophe (ESTEC) eine Milchstraße und Elisabeth aus Toulouse brachte das kleine neugierige Mädchen, das zu den Sternen hochguckt, dazu.
Diese Ideen und Entwürfe gaben sie an den jungen Schweizer Graphikdesigner Joel Schopfer. Der weltraumbegeisterte Joel nahm den Auftrag gern an und entwarf ein passendes Design: Emotionalisierend, klar umrissen und ungewöhnlich.
Die ESA-Mitarbeiter schreiben im GAIA-Blog:
„Another small piece of the puzzle was put into place at the end of the day – the installation of the colourful and symbolic Gaia logo on the fairing. This striking image will be seen by all during the launch.”
Jetzt ist das neugierige kleine Mädchen, das zur Milchstraße und GAIA aufblickt, selbst auf der Rakete ins All geflogen, flattert auf ESOC-Fahnen und ziert T-Shirts.
Die Neugierde der Menschen auf das Universum – das perfekte Design für einen Satelliten zur Astro-Kartographie.
GAIA: Ein Satellit im Retro-Design
Ein Zylinder auf einer Scheibe – solche Raumschiffe gab es in Filmen der 50- und 60-er Jahre, man denke nur an Ed Woods schräge SF-Inszenierungen oder „Raumschiff Orion“.
Die Untertassen-Silhouette von GAIA ist konstruktionsbedingt:
Im „Zylinder“ stecken die beiden Teleskope und drei wissenschaftliche Instrumente (=Nutzlastmodul). Die beiden Teleskope bestehen fast nur aus einem Spiegel, sie haben keine der sonst üblichen tubusförmigen Gehäuse. Sie sind auf einem Torus aus Siliziumkarbid befestigt, einem extrem temperaturbeständigen keramischen Material. Darunter liegt das Versorgungsmodul.
Unter dem Versorgungsmodul ist die Scheibe – ein großer Sonnenschirm. Der Sonnenschirm entfaltet sich erst im Weltraum und sorgt für konstante – 110 ° C im Nutzlastmodul (ESA: GAIA – Der galaktische Zensus der ESA; ESA Communications 2013).
GAIA: Mapping the universe
Das kleine Raumschiff hat eine große Aufgabe:
1 Milliarde Sterne sind zu vermessen, das entspricht etwa 1 % der Sterne in der Milchstraße.
In 5 Jahren, mit zwei Teleskopen.
70 Messungen pro Stern in noch nie erreichter Präzision.
Ein Katalog mit Position, Entfernung, Temperatur, Geschwindigkeit, chemischer Zusammensetzung von 1 Milliarde Sternen.
Etwa 90 % dieser Sterne werden Neuentdeckungen sein.
Es geht um die Evolution unserer Heimatgalaxie, der Milchstraße und die Frage, was Dunkle Materie ist.
„GAIA wird eine umfassende 3-D-Sternenkarte liefern, die ein Fundament für die Astronomie dieses Jahrhunderts sein wird!“ sagt Prof. Mark McCaughrean.
Er hat in 10 Minuten erklärt, woran er in den letzten 10 Jahren gearbeitet hat.
GAIA setzt die große europäische Tradition der Kartographierung des Sternhimmels fort.
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