Die am meisten gefährdete Gruppe von Knorpelfischen sind die Säge- und Geigenrochen, die vor allem auf Lebensräume in Küstennähe, in Flussläufen und Mündungsgebieten angewiesen sind. Die Kinderstuben vieler tropischer Haie sind im Mangrovenbereich oder gar Flussmündungen zu finden. Auch die Stechrochen im Flachwasser aber vor allem die Süßwasserarten in den tropischen Flüssen und Seen Südamerikas sind vor allem wegen der regional stark eingeschränkten Verbreitung und der großen Nähe zum Menschen besonders gefährdet, erläutert die deutsche Haiexpertin Heike Zidowitz (Universität Hamburg, Deutsche Elasmobranchier- Gesellschaft e. V.).
Knorpelfische pflanzen sich nur langsam fort – da sie nur wenige Fressfeinde haben und lange leben, blieb so das ökologische Gleichgewicht gewahrt.
Haie sind erfolgreiche Jäger und Räuber der Meere, viele stehen an der Spitze der Nahrungsnetze. Damit sind die großen Knorpelfische entscheidend wichtige Regulationsfaktoren in den ozeanischen Ökosystemen – ihre Ausrottung würde grundlegende Veränderungen bedeuten.
In Meeresgebieten, in denen die Haibestände dezimiert sind, gerät die Ökologie des Meeres aus dem Gleichgewicht. So haben Studien aus der Karibik gezeigt, dass sich ohne Haie die Zackenbarsche sehr stark vermehren. Zackenbarsche fressen dann besonders viele Fische, die ihrerseits Algen abweiden. Dadurch haben sich dann die Algen so stark vermehrt, dass sie die Korallenpolypen überwucherten und letztendlich Riffe zum Absterben brachten (Deutsche Elasmobranchier-Gesellschaft e. V.: Ökologie).
Haiflossensuppe, Schillerlocke und Traditionelle Chinesische Medizin
Haiflossensuppe ist ein traditionelles chinesisches Gericht. Die Haiflossen geben der Brühe eine gelatinöse Konsistenz – die Suppe wird wohl eher wegen dieser Konsistenz als wegen des Geschmacks gegessen. Eine solche Suppe ist teuer – sie kostet pro Teller $200, damit ist sie weniger Nahrung, als vielmehr Prestigeobjekt. Bei Banketten und auf Hochzeiten wird Haiflossensuppe serviert, um zu zeigen, dass die Gastgeber es sich leisten können.
Haiflossensuppe wird auch in Deutschland und anderen EU-Ländern angeboten, aber nur in sehr geringer Menge und Qualität. Preislich steht sie hier in keinem Vergleich zu den asiatischen Ländern, es gibt hier kaum einen Markt dafür. In Nordamerika steht sie in den Chinatowns der Großstädte auf den Speisekarten, erreicht aber auch dort nicht das Ausmaß der asiatischen Absatzzahlen (European Elasmobranch Association: „European Shark Fisheries“, 2007).
Die EU ist am Haifang massiv beteiligt, vor allem vor allem Spanien und Portugal, aber auch Frankreich und das Vereinigte Königreich. Die EU-Flotte fängt etwa ein Viertel der Flossenlieferungen nach Asien, wobei die Haie weltweit in allen Meeresgebieten also auch außerhalb von EU-Gewässern, gefangen werden. Die Flossen gehen fast ausschließlich auf die asiatischen Märkte, während das Fleisch eher in Europa konsumiert wird. In Italien wird viel Haifleisch gegessen, in England und Deutschland wird Dornhai als „rock salmon“ und „Schillerlocke“ verspeist und in Frankreich, Belgien und den Niederlanden stehen Rochenflügel auf der Speisekarte, um nur einige Beispiele zu nennen.
Haie werden überwiegend mit Langleinen gefischt, andere gehen als Beifang in die Netze. Eine besonders grausame Fischerei-Methode, die bei Haien leider oft angewendet wird, ist das Finning: Dabei werden Haien nur die Flossen abgeschnitten, der Körper des Tieres wird zurück über Bord geworfen. So werden oft auch noch lebende Tiere mit abgeschnittenen Flossen ins Meer geworfen, wo sie dann qualvoll verenden. Das Finning ist in der EU mittlerweile verboten.
Neben „Delikatessen“ wie Haiflossensuppe ist auch der Markt für Traditionelle Chinesische Medizin (TCM) ein gigantisches Problem für die Knorpelfische. Rochenkiemen sind ein Bestandteil solcher TCM-Mittelchen.
Hai- und Rochenschutz jetzt!
Die Gefährdung der Bestände ist den verantwortlichen Stellen in den Fischerei- und Naturschutzbehören seit langem bekannt, meint Dr. Nick Dulvy von der Simon Fraser University. Er ist Vorsitzender der IUCN-Shark Specialist Group (*) und Hauptautor des Berichts „Extinction risk and conservation of the world’s sharks and rays”.
Ein Viertel aller Hai- und Rochenarten sind jetzt akut vom Aussterben bedroht – auch wegen der wachsenden Nachfrage nach Haiflossensuppe, so Dulvy, aber bisher sind kaum konsequente Schutzbemühungen umgesetzt worden. „Fischerei-Manager und Behörden müssen endlich realisieren, dass wir unsere Zukunft essen. Wenn wir nicht endlich eine nachhaltigere Fischerei betreiben, haben wir morgen nichts mehr zu essen“ sagte Dulvy in einem Interview mit Global News.
Kommentare (14)