Eine einzige Massenstrandung von Buckelwalen ist belegt:
1987/88 strandeten innerhalb von 5 Wochen vor Cape Cod,MA, USA, 14 Buckelwale – Männchen, Weibchen und ein Kalb. Die Tiere müssen zu einer Gruppe gehört haben. Die Untersuchung der toten Wale zeigte, dass es keine Traumata von Zusammenstößen mit Schiffen und keine Spuren von Prädation etwa durch Orcas gab. Das einzig Ungewöhnliche war, dass alle Tiere im Magen Reste von Makrelen hatten. Und diese Makrelenhäppchen hatten es in sich: Hohe Konzentrationen von Saxitoxin! Das sind die Neurotoxine der Dinoflagellaten. Die Wissenschaftler hatten außerdem beobachtet, dass einer der Wale noch lebend gestrandet war und ein auffälliges, ungewöhnliches Verhalten zeigte.
Seitdem haben Wissenschaftler weitere solcher Giftalgen-Events auch bei anderen marinen Säugetieren wie Seelöwen beschrieben. (Neuerdings kommt es auch zu Massensterben durch Rote Flut bei Bartenwalen: 2015 starben mehr als ein Dutzend Buckel- und andere Wale vor Alaska, 2016 starben mindestens 337 Seiwale vor Chile – durch El Nino hatte sich die Meeresoberfläche soweit erwärmt, dass die giftigen Dinoflagellaten sich massenhaft vermehrt hatten. Anmerkung 12.04.2019)
Leider sind die Toxine fossil nicht nachweisbar.
Das Seegebiet vor der südamerikanischen Westküste ist seit vielen Millionen Jahren, auch schon im Miozän, ein „Upwelling“-Gebiet. Das bedeutet, dass hier kaltes Meerwasser aus der Tiefe nach oben kommt. Es ist sauerstoffreich und mischt sich durch starke Strömungen wie den Humboldt-Strom mit dem Nährstoffeintrag vom Land her. Das sauerstoffreiche und nährstoffhaltige Wasser ist ein Gebiet von unglaublich hoher Produktivität, hier trifft sich die gesamte Nahrungskette zum Fressen und Gefressenwerden. Auch heute noch ist dieses Meeresgebiet sehr fischreich.
Dabei kommt es auch immer wieder zu Algenblüten, darunter auch Giftalgenblüten.
Müssten die Algen keine Spuren hinterlassen haben?
Das war für mich eine der wichtigsten Fragen.
Ein Hinweis auf starkes Algenwachstum sind Sedimentschichten mit hohem Eisengehalt, die an ihrer rötlichen Farbe schnell zu erkennen sind.
Die Sedimentuntersuchungen haben leider keine Algenbestandteile ans Licht gebracht: Keine Diatomeen-Reste, wie sie für die Sedimente des Pisco-Formation und der peruanischen Walfriedhöfe so typisch sind. Und auch keine Rotalgen-Fragmente. Diese Rotalgen enthalten nämlich kein Silicium wie Diatomeen und auch keine anderen erhaltungsfähigen anorganischen Bestandteile. Darum sind sie im Fossilbefund sehr schwierig nachzuweisen. Die licht- und elektronenmikroskopische Untersuchung des Sediment hatte keinerlei Fragmente von Algen ergeben.
Aber: Es gab eine Menge ungefähr 5 – 10 μm runder Apatit-Körnchen, die mit Eisenoxid-Krusten überzogen waren. Dies könnte die Folge der Mineralisation sein, die die organischen Bestandteile der Rotalgen durch Minerale ersetzt haben, wie sie nach küstennahen HABs beobachtet worden ist.
Aber: Pyenson und sein Team konnte keinen Beweis für ihre Hypothese finden.
Die Eisenoxid-Krusten sind allerdings ein indirekter Hinweis.
Der Walkiller wäre also durch Indizien überführt!
Fazit:
Der Giganten auf dem Walfriedhof von Cerro Ballena sind wahrscheinlich an den winzigsten Meeresbewohnern, Dinoflagellaten, gestorben.
David gegen Goliath: 4 : 0.
Nur die Paläontologen sind damit seeehhhr glücklich.
Von diesem Walfriedhof in der Atacama-Wüste werden wir bestimmt noch viel hören.
Literatur:
Nicholas D. Pyenson, Carolina S. Gutstein et al: “Repeated mass strandings of Miocene marine mammals from Atacama Region of Chile point to sudden death at sea”; Published 26 February 2014 doi: 10.1098/rspb.2013.3316 Proc. R. Soc. B 22 April 2014 vol. 281 no. 1781 20133316 (Freies Download!)
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