„Cuttlefish“ ist der englische Name für die Tintenfischordnung der Sepien.
„Cuttlefish“ heißt auch die neue Software für 3-D-Drucker des Fraunhofer-Instituts für Graphische Datenverarbeitung (IGD) in Darmstadt. Am 09.12. präsentierten Herr Dr. Urban (3-D-Drucktechnologie am Fraunhofer IGD) und Herr Prof. Dr. Buxmann (FabLab, TU Darmstadt) ihren ganz speziellen Tintenfisch der Öffentlichkeit.
Dass eine Präsentation des IGD mit einem Tintenfisch-Film (s. u.) beginnt, ist schon außergewöhnlich.

3-D-Ausdrucke einer neuen Generation

Ein Männerkopf, ein Apfel und die Skulptur der ägyptischen Königin Nofretete – sie sehen absolut nicht aus, wie herkömmliche 3-D-Ausdrucke. Ihre leichte Transluzenz, die feinen Farbschattierungen und die Oberflächenstruktur wirken absolut real. Der Apfel lädt zum Anbeißen ein und Nofretete sieht so fein skulpturiert aus, wie die Original-Büste. Der Männerkopf hat ein leicht durchscheinendes Ohr – wie ein echtes Hörorgan. Herr Dr. Urban demonstriert diese authentische Luzenz, indem er eine Taschenlampe hinter ein menschliches Ohr und das des ausgedruckten Kopfes hält: Das ausgedruckte Ohr sieht genauso rosig-durchscheinend aus, wie das echte Gewebe.

Für die komplexe Aufgabe, beim Ausdruck Form, Farbe, Struktur und Transluzenz zu steuern, waren ganz neuartige Algorithmen und Software notwendig. „Mit “Cuttlefish“ könnte man sogar in einem Druckgang unterschiedliche Festigkeit und Porösität darstellen.“ ergänzt Herr Dr. Urban noch stolz. Im äußeren Bereich des Ausdrucks wird jedes einzelne Voxel („3-D-Pixel“) einzeln angefärbt. Diese Färbung passiert nur in der Außenschicht, im Innern sind die Ausdrucke weiß. Für den Ausdruck eines ca 10 Zentimeter hohen Kopfes kommen da immerhin 26 Milliarden Voxel zusammen! Diese sehr hohe Auflösung lässt die einzelnen Voxel verschwimmen und bildet eine reich nuancierte Farbpalette ab.

Der Tintenfisch macht´s möglich

Eigentlich kein schlechter Name für einen Drucker. Wenn er denn mit Tinte arbeitet.
Aber dieser 3-D-Drucker spuckt keine Tinte, sondern Polymere. Genauer gesagt, druckt er einzelne Schichten von Photo-Polymeren, die unter UV-Licht dann aushärten.
Der hier vorgestellte Drucker kann Produkte in einer Größe von etwa 50*40 Zentimeter liefern. Die hohen Druckkosten liegen an den hohen Anschaffungskosten für einen solchen exquisiten Drucker, dem hohen Preis für das Material (1 kg kostet ca 400 €) und dem Zeitaufwand.

Neue 3-D-Drucktechnologien wie“„Cuttlefish“, den ich sehr, sehr cool finde“ hält Herr Prof. Buxmann für Meilensteine in der Digitalisierung. Als Leiter des FabLab ist er von diesen neuen Möglichkeiten vollkommen begeistert. Diese neue Technologie ermögliche es, digitale Ideen der breiten Öffentlichkeit zu vermitteln.
Das FabLab Darmstadt ist ein Ort, an dem interessierte Personen neue Technologien der digitalen Fabrikation ausprobieren, mit ihnen experimentieren und sich austauschen können. treffen.

Für einen 3–D-Farbausdruck dieser Qualität braucht man Drucker, die verschiedene Druckmaterialien kombinieren können. Der vorgestellte Drucker hat vier Druckköpfe und ist damit schon eine Art Rolls-Royce unter den 3-D-Druckern.

Der Farbwechsel des Octopus als Inspiration für High-Tech

Und wie kommt die Software nun zu ihrem tierischen Namen?
Als Intro zeigt Herr Dr. Urban diesen Film des Tintenfisch-Experten Roger T. Hanlon: Ein Büschel Algen bewegt sich in der Strömung am Meeresboden. Wie aus dem Nichts enttarnt sich ein Octopus.
(Octopus, nicht Sepia. Octopusse haben 8 Arme, Sepien haben 10. Aber das ist taxonomische Erbsenzählerei.
Die Fähigkeit zur Camouflage haben alle 8- und 10-armigen Kopffüßer gleichermaßen. Und um die geht es hier.)

Das Geheimnis des Kraken-Farbwechsels sind die Chromatophoren – besondere Hauzellen, die Pigmente enthalten. Sie sind von winzigen Muskeln umgeben, die angespannt oder ausgedehnt werden können. Dieses selektive Ausdehnen und Zusammenziehen von Chromatophoren ermöglicht die schnellen Farb- und Musterveränderungen.
Disruptive Coloration, also die Auflösung des Körperumrisses durch Farbveränderung, nennen die Experten diese Fähigkeit (Hanlon, 1996, s. u.). Ein Beispiel ist etwa ein sehr heller Fleck oder ein Viereck auf dem Eingeweidesack. Dadurch wird der Blick nur auf diesen hellen Bereich fokussiert, der restliche Körper wird kaum mehr wahrgenommen. Die Form der langen Arme kann wirkungsvoll durch helle und dunkle Querstreifen aufgelöst werden. Auch Ganzkörper-Zebrastreifen sind bei Tintenfischen der letzte Schrei – vor allem als Hochzeitskleid.
Auch Sepien halten in Zebrastreifen Hochzeit. Im Aquarium habe ich fasziniert eine ganze Gruppe Riesen-Sepien beim Balzen beobachtet, die schwarz-weißen Streifenmuster liefen über die großen Körper. Zur Paarung nimmt das Männchen das Weibchen Kopf an Kopf in eine saugnapfbesetzte Umarmung und übergibt ihr dann die kostbare Spermatophore in den Mantelsack. Nachdem er mit einem gebündelten Wasserstrahl mögliche Spermatophoren anderer Männchen weggespült hat.

Farbwechsel sind für die proteinreichen Wirbellosen elementar wichtig zur Tarnung vor ihren vielen Fressfeinden und zur Kommunikation mit Artgenossen. Zusätzlich können viele von ihnen auch noch leuchten oder bioluminiszente Tinte ausstoßen! Als Beispiel dafür sei hier noch einmal an den Kolibri-Bobtail-Squid erinnert, den Pfau unter den Sepien.
Damit sind sie bisher auch noch der allerneusten 3-D-Drucktechnik überlegen.
Eine innovative Software nach dem sympathischen Weichtier zu benennen, der auch hochgradig innovativ ist, wenn es ums Fressen, Spielen oder Ausbrechen geht, ist eine entzückende Idee und freut mich als Biologin sehr.

Zum Weiterlesen:

Roger T.Hanlon & John B. Messenger: “Cephalopod Behaviour” (1996)
Cambridge University Press, Cambridge

 

 

Kommentare (1)

  1. #1 rolak
    11. Dezember 2014

    Der kopf sieht tatsächlich verblüffend echt aus, schöner Fortschritt.

    hohe[n Druck]kosten

    Ach das ist anfangs immer so…