Insekten kennt jeder, schließlich fliegen und wuseln sie überall herum.
Manche der sechsbeinigen Krabbler mögen Wasser, wie etwa Libellen und Wasserläufer. Viele Insektenkinder wachsen als Larven im feuchten Element heran, sie atmen mit äußeren Kiemenbüschel. Nach der Verwandlung zum erwachsenen Insekt streifen sie die äußeren Kiemen mit ihrer alten Haut ab. Dann fliegen sie davon. Und atmen ab sofort mit ihren Tracheen Luft.
Einige Insekten leben sogar als Erwachsene im Wasser.
Aber: Wie machen sie das mit der Atmung?

Wasserkäfer: Scuba-Taucher im Streichholzschachtel-Format

Käfer sind ein Erfolgsmodell der Evolution.Ihre zarten Insektenflügel verstauen sie, wenn sie nicht gerade damit fliegen, raffiniert gefältelt unter gepanzerten Deckflügeln. Selbst im dichtesten Unterholz bleiben die Flügel damit vor Beschädigungen geschützt. Käfer sind eine riesige Gruppe der Insekten und kommen in fast allen Lebensräumen vor, nur das ewige Eis haben sie nicht erobert.
Eine Handvoll Käfer hat sich für das Leben im Wasser entschieden.

Dafür haben die sechsbeinigen Experten fürs nasse Element spezielle Taucherausrüstungen: Aqualunge und Schnorchel. Im Video kann man die kleinen Taucher gut beobachten:

Plastron-Atmung – eine haarige Sache
Der bekannteste Wasserkäfer ist der Gelbrandkäfer, ein großer und gefährlicher Räuber mit auffälligem gelben Rand. Er ist ein Schwimmkäfer.
Weniger bekannt sind die Hakenkäfer – Elmidae und Dryopidae. Sie sind wesentlichunauffälliger, kleiner und dunkel gefärbt. Sie sind für Käfer ausgesprochen haarig, ihre Körperunterseite und die Beine sind mit kurzen, hakenförmigen Haaren besetzt und durch einen Wachsüberzug unbenetzbar.

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Plastron einer Ruderwanze (Abbildung: Journal of Experimental Biology)

So ein Hakenkäfer schnappt sich eine Luftblase und trägt sie beim Schwimmen unter den Flügeldecken. Der haarige Körperabschnitt ist von einem silbrig-weißen Luftfilm überzogen, der mit der Luftblase als Sauerstoffreservoir in Verbindung steht. Aus dem Luftfilm kann Kohlendioxid heraus und Sauerstoff hinein diffundieren und so den Luftvorrat erneuern. „Da Kohlendioxid in Wasser erheblich besser löslich ist als Sauerstoff, sinkt sein Partialdruck im Luftüberzug, dadurch würde normalerweise die Blase immer kleiner und der Luftvorrat irgendwann aufgebraucht. Durch die besondere Gestaltung des Integuments kann die Blase aber auch bei Unterdruck bestehen bleiben (sie wird durch die Borsten quasi abgestützt). Deshalb brauchen die Käfer nicht, wie z. B. alle Schwimmkäfer (Dytiscidae), den Luftvorrat an der Oberfläche erneuern, sondern können ihr ganzes Imaginaleben hindurch untergetaucht bleiben.“ (Wikipedia: Dryopidae).

Das Plastron ist eine inkompressible Gaskieme, ein Luftfilm, der sich an der Körperöberfläche. Der Luftfilm wird durch die wasserabweisenden Härchen auf der Körperoberfläche am Körper gehalten. Die hydrophoben Haar-Strukturen besitzen an der Spitze einen leichten Knick, so wird Oberflächenspannung gebildet, die das Verdrängen der Luft durch das Wasser verhindert. „Den Luftnachschub erhält die Gaskieme entweder an der Wasseroberfläche oder durch Diffusion aus dem umgebenden Wasser. Plastron-Träger müssen zum Luftholen also nicht notwendigerweise an die Wasseroberfläche kommen, sondern bleiben oft zeitlebens unter Wasser.“
https://de.wikipedia.org/wiki/Plastron_%28Biologie%29
Bei einer physikalischen Kieme ist muss der Luftnachschub von der Oberfläche geholt werden. Schwimmkäfer (Dytistidae), Wasserspinnen und einige andere Arthropoden nutzen physikalische Kiemen.

Wie Schwimmkäfer (Dytiscidae) ihre Tauchausrüstung benutzen, kann man übrigens sehr gut am Ruthsenbach beim Bioversum Kranichstein beobachten. Als ich diesen komplexen Mechanismus kürzlich einem Schüler erklärte, der einen Schwimmkäfer gefunden hatte, antwortete der lapidar: „Ja, ich weiß, das habe ich doch eben gesehen, wie der Käfer den Hintern an die Wasseroberfläche gestreckt hat.“
Das Bioversum Kranichstein bietet Programme für Schulklassen, Ferienspiele, Geburtstage und andere Gelegenheiten an, unsere Wasserprogramme finden am Ruthsenbach und Backhausteich statt. Und wir finden immer spannende Tiere und Pflanzen, die gerade ihrem Tagesjob nachgehen. Was Libellen, Köcherfliegenlarven und Wasserkäfer eben so tun.

Wasserskorpion: Schnorchler – mit dem Hinterteil voran

Und bei den Programmen am Ruthsenbach sind fast immer Wasserskorpione (Nepa rubra) die Stargäste.

Diese großen Wasserwanzen haben – wie alle Insekten – drei Beinpaare. Das vorderste Beinpaar ist zu großen Zangen umgewandelt und am Hinterteil haben sie einen langen Fortsatz, darum erinnern sie auf den ersten Blick an Skorpione.
Der Hinterteilfortsatz ist aber keinesfalls ein Stachel, sondern vielmehr ein Schnorchel, mit dem der Wasserskorpion Atemluft von der Wasseroberfläche schnorchelt und so die beiden letzten Stigmen (Atemöffnungen) des Tracheensystems versorgt. Dazu hat er noch eine Luftblase als physikalische Kieme dabei, die auch als hydrostatisches Organ dient. https://www.hansthiele.de/galerie/sonst/w-skorpion.htm

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Wasserskorpione finde ich an Gewässern immer am besten an sandigen Uferbreichen, wenn sie dort herumkrabbeln. Erwachsene Tiere haben ein sehr langes Atemrohr, junge Tiere haben ein wesentlich kürzeres Rohr.

Beim Wasserskorpion muss ich übrigens immer an den Hamburger Spruch über Vielredner denken: „Der holt wohl mit´m Mors Luft“ – der Wasserskorpion setzt das in die Tat um.