Die BBC-Produktion Big Blue Life bringt stetig Wissenswertes aus dem Reich der Ozeane. Die Wale sind dabei natürlich telegene Schwergewichte. Gestern kam von BBC1 ein Tweet mit dem Hashtag „BigBlueLive“ zur Oliomargarine oder auf deutsch: Oleomargarine.
Ein guter Anlaß, die historische Herkunft unserer heutigen vegetarischen, veganen, Super-Gesund-Margarine mal unter die Lupe zu nehmen.
Aus meiner Kindheit habe ich Margarine als billigen Butterersatz in Erinnerung, der geschmacklich weit hinter der Butter zurückblieb. Mittlerweile wird Margarine mit hochpreisigen Markennamen als wahn-sin-nig gesunde und sportliche Alternative zur Butter gehandelt. Das allzeit bereite Streichfett hat durch seine ungesättigten Fettsäuren und sonst-noch-was Inhaltsstoffe imagemäßig schon fast den Ruch eines Superfood erreicht. Preislich auch.
Und wie kommt nun der Wal in die Margarine?
Kunstbutter
„Margarine (Kunstbutter, über französisch acide margarique „Margarinsäure“ von griechisch μάργαρον, márgaron, oder μαργαρίτης, margarítēs „Perle“) ist ein industriell hergestelltes Streichfett. Margarine ist länger haltbar, hat meist einen geringeren Preis als Butter oder Schmalz und wird deshalb häufig als Ersatz verwendet.“ weiß Wikipedia.
Der französische Wissenschaftler Michel Eugene Chevreul entdeckte 1813 eine neue Fettsäure und nannte sie acide margarique. Der französische Herrscher Napoléon III sah das Potential der perligen Fettsäure für die ärmeren seiner Untertanen und der Versorgung seiner Marine – er lobte einen Preis aus, um zu einem günstigen Butter-Substitut zu kommen. 1869 kreierte der französische Chemiker Hippolyte Mège-Mouriès aus Rindertalg und Milch eine akzeptable Ersatzbutter und gewann den Preis.
Butter war teuer und Butter-Ersatz wesentlich günstiger zu produzieren – das sah nach einer guten Möglichkeit, Gewinner zu machen aus. Zunächst in Holland, dann in den USA und Kanada und in immer mehr Ländern eroberte der günstige Ersatz den Markt. Die Margarine- Produzenten färbten sie sogar gelblich ein, um sie noch stärker nach Butter aussehen zu lassen.
Die Butter-Produzenten sahen ihre Geschäfte einbrechen und kämpften gegen die Margarine-Hersteller. Bald gab es hohe Zölle auf das Ersatzfett, um den Preisunterschied zu Butter etwas zu verringern. So kam es in den USA zum Oleomargarine Act:Das Pfund Oleomargarine wurde mit einer Steuer von Zwei Cent belegt.
Im 20. Jahrhundert wurde zunehmend auch Walöl zu Margarine verarbeitet. Um das Walöl für den menschlichen Verzehr aufzubereiten, musste es zunächst gehärtet werden. Durch die Härtung verschwanden die dunkleren Bestandteile und der tranige Geschmack. Damit wurde es genießbar. Waltran war bis in die 60-er Jahre hinein ein Bestandteil von Margarine.
Der Deutsche Walfang und die Reichsfettlücke
Es gab Zeiten, in denen Butter einfach unerschwinglich oder nicht erhältlich war, in diesen Zeiten wurde Margarine ein Volksnahrungsmittel, das breite Teile der Bevölkerung mit den so wichtigen tierischen Fetten versorgte. Und diese billigen, verfügbaren Fette kamen damals aus dem unerschöpflichen Reichtum des Ozeans.
Zwischen 1930 bis 1937 hatte Deutschland den höchsten Wal-Öl-Verbrauch weltweit: Walfett wurde vor allem für Margarine und Waschpulver benutzt.
“Die Deutschen waren schon in der Weimarer Zeit die weltgrößten Importeure von Walöl aufgrund der sehr starken Margarine-Industrie in Deutschland.
Die zweite starke Nachfrage kam von der Seifenindustrie für Waschmittel und dergleichen, da war die Düsseldorfer Firma Henkel einer der wichtigsten Nachfrager.” (Barthelmeß in https://www.dw-world.de/dw/article/0,,5724016,00.html)
Die Abhängigkeit von Walölimporten machte das deutsche Reich verwundbar.
Durch den Rohstoffmangel bestand hier eine Lücke in der Versorgung großer Teile der ärmeren Bevölkerung mit lebensnotwendigen Fetten. Zurzeit vor und während des ersten Weltkriegs war Mangelernährung ein erhebliches Problem.
Bereits 1934 hatte Hjalmar Schacht, der Leiter des Reichswirtschaftsministeriums, erkannt, dass eine Autarkie der Fett verarbeitenden Industrie nur durch einen eigenen Walfang möglich war.
Und so kam es, dass ab 1933 unter dem erfahrenen Walfänger Carl Kircheiss ein Konsortium daran arbeitete, Walfänger zu bauen. Einer der Auftraggeber: Die Henkel-AG. Schließlich ging es ja nicht nur um Margarine sondern auch um Waschpulver.
So wurde 1935/36 das Fracht- und Passagierschiff „Württemberg“ bei Blohm & Voß in Hamburg zum Walfang-Fabrikschiff umgebaut und auf den Namen „Jan Wellem“ getauft. Die „Württemberg“, von nun an „Jan Wellem“, musste verbreitert, und das Hauptdeck um 5 Meter erhöht werden, damit die enormen Maschinen zur Fettgewinnung untergebracht werden konnten.
Das Fabrik- und Mutterschiff „Jan Wellem“ lief in Begleitung der kleinen Fangschiffe „Treff 1“ bis „Treff 8“ zu 3 Walfangexpeditionen aus, „Deutschland wurde zur drittgrößten Walfangnation der Welt. In diesen drei Vorkriegsjahren wurden rund 18.000 Wale von deutschen Fangschiffen erlegt oder auf deutsche Rechnung gefangen und verarbeitet.“ (Barthelmeß in https://www.dw-world.de/dw/article/0,,5724016,00.html).
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