El Niño – das Christkindchen.
Was für ein entzückender Name.
Dabei ist gar nicht klein und süß. Vielmehr ist El Niño ein Wetterphänomen, das seit Jahrhunderten bekannt ist. Und an der südamerikanischen Pazifikküste für einen mehr oder weniger erfolgreichen Fischfang um die Weihnachtszeit herum sorgt.
El Niño beschreibt das Phänomen nicht zyklischer, veränderlicher Strömungen im System des Wetters und der Meeresströmungen des äquatorialen Pazifiks – die El Niño-Southern Oscillation (ENSO).
Was bedeutet El Niño für die Meerestiere?
In diesem Jahr erwarten die Wissenschaftler einen Super-El-Niño. Bereits im vergangenen Jahr erwärmte sich die Meeresoberfläche vor der süd- und mittelamerikanischen Küste beträchtlich, eine von Süden kommende Warmwasserzunge schon sich bis weit nach Norden.
Eine solche Erwärmung um einige Grad Celsius erfreut die Badegäste der Küsten und erscheint auf den ersten Blick nicht weiter dramatisch.
Aber: Viele Arten sind temperaturempfindlich.
Sie wachsen bei einer spezifischen Temperatur besonders gut, sowie diese um einige Grad ansteigt oder fällt, wird ihr Wachstum gehemmt. Dafür breiten sich dann andere Lebewesen im gleichen Ökosystem stärker aus. Diese Verschiebung im Artenspektrum beginnt beim pflanzlichen Plankton, geht weiter zum tierischen Plankton und gibt dann Impulse in die Nahrungsnetze.
Die Küstengewässer vor Chile und Peru sind besonders reiche Fischgründe. Der kalte Humboldtstrom bringt kaltes, sauerstoffreiches Wasser nach Norden. Ablandige Winde drücken das Oberflächenwasser von der Küste weg, kaltes Tiefenwasser strömt nach. Vom nahe gelegenen Land aus geraten viele Nährstoffe ins Küstenwasser. „Solche Auftriebsregionen (upwelling systems) werden daher durch nähr-und sauerstoffreiches, kühles und turbulentes Wasser geprägt – ideale Voraussetzungen für die massenhafte Vermehrung großer Phytoplanktonarten wie Diatomeen, die anderswo absinken würden.“ Das Phytoplankton ist die Nahrungsgrundlage für Schwärme von kleinen Fischen wie den Anchovis. Die peruanische Sardelle filtriert Phytoplankton aus dem Wasser und ist selbst wieder Nahrung für größere Fische, Seevögel und Wale. Beim Wegfall des Nahrungsreichtums der amerikanischen Küstengewässer ziehen die Sardellen weiter.
Viele Wale und andere Meerestiere finden dann nicht genug Nahrung und sind unterernährt, wie bereits jetzt vor dne Galapagos-Inseln offensichtlich wird. Ihr langfristiges Überleben hängt davon ab, ob sie ihre Ernährungsstrategien oder Wanderrouten ändern können.
2015 sind 1740 unterernährte Seelöwen und Seehunde-Welpen in Kalifornien gestrandet. Ein trauriger Rekord in der 40-jährigen Aufzeichnung des Marine Mammal Center im kalifornischen Sausalito. Und es dürfte noch sehr viel mehr Opfer geben, denn nicht alle Strandungen werden erfasst.
Die Jungtiere sind stark unterernährt, offenbar hatten ihre Mütter nicht genug Milch, da sie selbst nicht genug Futter gefunden haben. Offizielle Stellen sagen, dass dieser Anstieg gestrandeter Tier mit dem Schwall warmen Wassers im Pazifik zusammenhängt, der “Blob” getauft wurde.
Bei den planktischen Algen kann der Warmwassereinbruch zu einer Blüte von Giftalgen führen, die bei höheren Temperaturen ausgezeichnet wachsen. Tiere, die diese massenhaften Giftalgen mit der Nahrung aufnehmen, sterben oft an den starken Toxinen. Selbst große Meeresbewohner wie Bartenwale können ein Opfer der mikroskopisch kleinen Meeresbewohner werden. Die gleiche Warmwasserzunge, der „Blob“ ist höchstwahrscheinlich verantwortlich für weit über 360 tote Sei- und Buckelwale in Alaska und Chile.
El Niño und der Klimawandel
El Niño gibt es schon lange.
Durch die Erwärmungen der Ozeanoberfläche getriggerte Giftalgen-Events gibt es wahrscheinlich auch schon lange.
Der US-amerikanische Paläontologe Nick Pyenson meint, dass es sogar 6 Millionen Jahre alte Hinweise für Gilftalgenblüten („Rote Flut“ – harmful algal blooms =HAB) gibt („Repeated mass strandings of Miocene marine mammals from Atacama Region of Chile point to sudden death at sea”).
Der Klimawandel wird El Niño-Events verstärken.
Mit all seinen Folgen.
Der Erwärmung des Oberflächenwassers, langen Trockenheiten (wie jetzt in Indonesien) und Starkregen-Events (wie in Kalifornien).
Die extremen Wetterlagen werden wohl noch verschärft und häufiger auftreten.
Ein Super-El-Niño ist eine Lektion zum Klimawandel zum Sehen und Anfassen.
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