Die Überschrift “150.000 tote Adélie-Pinguine? – Eisberg vernichtet Pinguin-Kolonie in der Antarktis” war nicht korrekt. Sie hätte heißen müssen: “150.000 tote Adélie-Pinguine? – Eisberg vernichtet Pinguin-Kolonie in der Antarktis”. Das Fragezeichen ist wichtig. S. Diskussion und Nachtrag
Die Strandung eines gigantischen Eisbergs hat seit 2010 eine Kolonie von Adélie-Pinguinen (Pygoscelis adeliae) vom Meer abgeschnitten. Die Vögel müssten jetzt etwa 60 Kilometer weit über die Eisblockade laufen, um zum Meer zu kommen. Wissenschaftler gehen davon aus, dass diese Brut-Kolonie nicht überlebt.
Die Commonwealth Bay in der Westantarktis war bisher ein nettes Plätzchen – jedenfalls für Pinguine. Das Seeeis wurde durch die stetig wehenden katabatischen Winde so vom Ufer weggeweht, so dass eine Polynja offenen Wassers für die hungrigen Pinguine stets den Zugang zum Meer mit seinem Nahrungsreichtum offen hielt. Aufgrund der niedrigen Temperaturen und der intensiven Brutfürsorge brauchen die Pinguine besonders viel Nahrung und müssen regelmäßig zwischen dem brütenden Partner, dem Ei bzw. Küken und dem Meer hin- und herlaufen.
2010 strandete der Eisberg B09B in der Commonwealth Bay und blockiert seitdem den Meereszugang. B09B ist 100 Quadratkilometer groß, etwa so groß wie Luxemberg. Er verhindert zusätzlich, dass das Seeeis aus offene Meer getrieben wird. Statt der üblichen 2 bis 3 Kilometer müssen die Vögel nun etwa 60 Kilometer weit laufen.
Die Pinguine dieser Kolonie waren 1997 und dann auf Satellitenaufnahmen erfaßt und gezählt worden. Bei der Australasian Antarctic Expedition 2013/14 zählten Pinguinforscher die Kolonie erneut und kamen auf nur noch 5520 Brutpaare. Seit 2011 ist die Kolonie von 160000 Tieren auf etwa 10000 gesunken, berichten Biologen des Climate Change Research Centre von der australischen University of New South Wales.
Bei einem Zensus 2013 hatten die Biologen bereits massive Auswirkung von B09B auf die Pinguin-Kolonie gesehen:Hunderte von verlassenen Eiern und gefrorene Kadaver von Küken der Vorsaison. In einer Sub-Kolonie fanden sie in 35 Nestern 7 aufgegebene Eier und 7 tote Küken. Im weiteren Umkreis lagen noch mehr gefrorenen Küken-Kadaver aus den Vorjahren und viele Eischalenfragmente. Die Zahl der toten Küken dürfte noch weit höher gewesen sein, denn sehr wahrscheinlich haben die Antarktischen Skuas viele Eier und Küken gefressen.
Die Adélies brauchen zum Brüten viel Nahrung: Die Männchen und Weibchen lösen sich für das Brutgeschäft im Abstand von 1 bis 2 Tagen ab. Doch diesmal brauchten sie die Nahrung, die sie normalerweise für die Küken mitgebracht hätten, selbst bei dem langen und beschwerlichen Fußmarsch. Die große Anzahl der verstorbenen und “gefirergetockneten” Kükenkadaver weist darauf hin, dass sie 2012/2013 das Ei noch erfolgreich ausbrüten konnten, die Nahrung dann aber nicht für die Aufzucht des Jungtiers reichte. In der folgenden Saison waren dann mehr Eier aufgegeben worden, was auf einen sehr schlechten Ernährungszustand der Eltern hinweist.
Da nicht damit zu rechnen ist, dass der aufgelaufene Eisberg wieder davonschwimmt und die Pinguine dieser Brutkolonie wieder leichter an ihre Nahrung kommen, ist diese Pinguin-Kolonie zum Aussterben verurteilt.
Es ist die erste wissenschaftliche Beobachtung, wie sich ein Mega-Eisberg auf eine Pinguin-Brutkolonie auswirkt.
Reste anderer Pinguin-Kolonien, wie Skelette und Eischalen, sind ein Hinweis darauf, dass dies nicht zum ersten Mal passiert.
Nachtrag vom 17.02.2016:
Ich habe mich dazu hinreißen lassen, 1500000 tote Pinguine in die Überschrift zu setzen. Korrekt hätte ich ein Fragezeichen dahinter setzen müssen – mein Fehler.
In der Publikation steht klar, dass die Pinguinkolonie seit 2011 um 150000 Pinguine geschrumpft ist. (Dass 150000 Pinguine gestorben seien, schreiben sie an keiner Stelle.) Gleichzeitig berichtet die Wissenschaftler von viele aufgegebenen Eiern und vielen Küken-Kadavern. Weiterhin sei die Kolonie an dieser Stelle dem Untergang geweiht. Sie schreiben an keiner Stelle, dass die Pinguine umgezogen sein könnten oder gleichzeitig eine andere Kolonie große Zuwächse hatte, sondern lassen dies offen. Das halte ich übrigens für eine Schwäche dieser Arbeit.
Jetzt gibt es seit gestern – 16.02. – Gegen-Statements anderer Arbeitsgruppen z. B. um LaRue, einer Pinguin-Populations-Forscherin der University of Minnesota in Minneapolis: “Just because there are a lot fewer birds observed doesn’t automatically mean the ones that were there before have perished,” said Michelle LaRue, a penguin population researcher at the University of Minnesota in Minneapolis, who was not involved in the study. “They easily could have moved elsewhere, which would make sense if nearby colonies are thriving,” LaRue told Live Science in an email interview.”
https://news.discovery.com/animals/dead-antarctica-penguins-are-probably-fine-160216.htm
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