ExoMars ist nicht in erster Linie eine wissenschaftliche Mission, stattdessen liegt der Focus auf der technischen Exploration für die Zukunft. Es geht um die Zukunft der Marsforschung, bis hin zur Probennahme und dem Zurückbringen der Marsgesteine zur Erde, so der Tenor von Rolf de Groots Präsentation beim EXOMars 2016-Event im ESOC. Rolf de Groot leitet und koordiniert die Robotik-Erkundung (Head of the Robotic Exploration Coordination Office).
Hier ist ein Überblick über das Projekt und seinen Stand – de Groots Präsentation und unser anschließendes Gespräch waren auf Englisch, ich habe es frei ins Deutsche übersetzt.
2002/2003 verabschiedete die ESA das Aurora-Programm – ein übergeordneter Entwurf für die zukünftige Erforschung des Roten Planeten.
ExoMars – zunächst als reine Lander-Mission geplant – bekam 2005 im Ministerrat grünes Licht und ging dann in die Planungsphase. Zunächst sollte ExoMars 2011 mit einem kleinen Lander auf einer Sojus-Rakete starten. Schon 2006 drängten britische Wissenschaftler darauf, das kleine Raumgefährt durch einen Orbiter zu ergänzen. ExoMars wuchs beim Zusehen in Gewicht und Preis – „ Enhanced ExoMars grew and grew“ – erzählt de Groot. Dann kam es 2009 zu einer Kooperation mit der NASA: „Nun waren zwei Starts vorgesehen. Einer 2016 mit einem Kommunikations-Orbiter, gebaut von ESA und NASA mit so vielen europäischen Bauteilen wie möglich und einem kleinen NASA Lander und ein zweiter Start 2018 mit dem eigentlichen Lander. Die NASA würde beide Trägerraketen, eine Atlas V stellen. Damit schien das Projekt wieder möglich.“
2011 teilte die NASA der ESA mit, dass es keine finanziellen Ressourcen mehr für eine Rakete für MarsExpress gäbe. Da die ESA in ihrem Budget überhaupt keinen Raketenstart eingeplant hatte, wendete sie sich an die Russische Akademie der Wissenschaften mit der Anfrage zu einer Kooperation, vor allem wegen eines geeigneten Transporters zum Roten Planeten. So kam es zur Kooperation zwischen ESA und Roskosmos: Gestern startete eine Proton mit dem Trace Gas Orbiter (TGO, Orbiter) und Schiaparelli (Lander) zum Mars.
Die USA sind mit einigen Teilen des TGO weiterhin an dem Projekt beteiligt.
Aufgrund der sehr bewegten Vorgeschichte hatte ExoMars insgesamt eine sehr lange Planungszeit, seit 2003/2004. Die Planung der jetzigen Mission gemeinsam mit Roskosmos hat dann noch 4 Jahre gedauert.
Heute besteht ExoMars aus den zwei Abschnitten: ExoMars 2016 und ExoMars 2018. Die jetzt gestartete Mission hat die Aufgabe, den Weg für die Astrobiologie-Erkundung 2018 zu ebnen. Ihr oberstes Ziel ist die Exploration und Erprobung von Technik, betont de Groot mehrmals. Der Orbiter untersucht detailliert die Mars-Atmosphäre und setzt den Lander Schiaparelli ab. Der Orbiter ist gleichzeitig eine Relaisstation für die jetzige und folgende Mission. Schiaparelli soll dann den Eintritt in die Mars-Atmosphäre, den Abstieg und die „weiche“ Landung erproben und wird den Konstrukteuren wichtige Hinweise für die optimale Konstruktion des Landers von ExoMars 2018 geben. Das ESA-Raumschiff ist sozusagen ein Mars-Technik-Scout.
Die Erkundung der Marsoberfläche – Wasser, Bewohnbarkeit und Lebensspuren
Der Focus der Astrobiologie-Forschung hat sich innerhalb der Jahrzehnte verändert: Die erste Forderung – nicht nur für den Mars – war: „Follow the water!“ (Folge dem Wasser). Mittlerweile ist sicher: Auf dem Mars gab es früher viel Wasser, heute existieren auf der Oberfläche nur noch kleinere Wassereisvorkommen.
Dann war die wichtigste Direktive: „Explore Habitability“ (Erkunde die Fähigkeit zur Besiedlung).
Heute lautet die Maxime: „Seek signs of life“ (Suche Lebensspuren). Damit sind sowohl die Spuren heutigen Lebens als auch Spuren fossilen Lebens gemeint. Und genau das tut ExoMars! ExoMars 2018 wird einen größeren Rover auf den Mars bringen, der dann mehrere Meter tief in die Oberfläche des Planeten hineinbohren kann.
Dahinter steckt die Idee, dass die Oberfläche des Mars eine gefriergetrocknete Wüste ist. Keine Atmosphäre und kaum flüssiges Wasser machen eine derzeitige Lebensgemeinschaft selbst für extremophile Lebensformen zumindest in den oberen Schichten recht unwahrscheinlich. Schon einige Meter unter der Oberfläche können ganz andere ökologische Verhältnisse herrschen. Außerdem ist es gut möglich, dass sich unter längst vergangenen, freundlicheren Umständen in Paläo-Ökosystemen Lebewesen getummelt haben, die heute nur noch fossil nachweisbar sind. Das alles wird sich erst bei der Analyse des Bohrkerns herausstellen. Für Astrobiologie-Interessierte ist ExoMars 2016 nur die Aufwärmphase, wirklich so richtig interessant wird es dann erst ab 2018.
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