Am vergangenen Wochenende war die FedCon in Bonn. Die FedCon ist das größte Treffen von Science Fiction-Fans in Europa und ich war – natürlich – dabei. Ich habe ja bereits gelegentlich durchblicken lassen, SF-Fan zu sein – mit der Betonung auf „Science“ – und habe dort als Referentin immer ein aufmerksames Publikum.
Dieses Mal stand sie im Zeichen zweier großer 50. Jubiläen: „Star Trek“ und „Raumpatrouille Orion“.
„Star Trek“ ist für mich ein essentieller Bestandteil meiner Jugend, vor allem die zweite Enterprise-Besatzung der „Next Generation“ hat mich als junge Erwachsene beeinflusst. Selbst bei Forschungsreisen in Antarktis und Arktis hatten wir ein paar Folgen dabei, damals noch als VHS-Kassetten. Darum fand ich es herrlich, dass die FedCon 2016 so star-trek-lastig war: Sternenflotten-Uniformen aus allen Generationen und die ganze Riege der Aliens – Klingonen, Andorianer, Trills, Kardassianer, Ferengi, Borg, Steampunk-Adaptationen. Q, Guinan, Counselor Troi, Neelix, Data. Dazwischen dann auch die Akteure der Serien, die Veteranen George Takei, William Shatner, Walter Koenig. Marina Sirtis, Terri Farrel, Robert Beltran, Ethan Philipps. Undundund…
Science und Fiction: Von ESA bis „Raumpatrouille Orion“
Interessant ist, dass sich innerhalb der letzten Jahre neben den Panels, Autogrammstunden und Photo-Shootings der Schauspieler zunehmend auch ein zugkräftiges populärwissenschaftliches Programm entwickelt hat. Der erste und wichtigste Mann ist natürlich Dr. Hubert Zitt, der die Star Trek-Vorlesung in Deutschland etablierte und locker Hunderte bis Tausende Fans pro Vortrag hat. Unbedingt sehens- und hörenswert! Hubert ist die Galionsfigur der Wissensvermittlung über die SF. (Ein Bericht seines Star Wars-Vortrags im Mannheimer Planetarium ist hier und hier zu finden).
Und dann hatten wir zum 2. Mal Besuch von der ESA: Der Astrophysiker Dr. Matt Taylor sprach natürlich über „Rosetta“, der Astrophysiker Prof. Mark McCaughrean über verschiedene aktuelle und zukünftige ESA-Projekte (ExoMars, Rosetta, LISA Pathfinder, Gaia u. a.), dann gaben sie noch ein gemeinsames Panel mit der Astronomie-Journalistin Emily Baldwin. Alle drei Termine waren gut besucht und die SF-Fans hatten auch außerhalb der Vorträge noch ganz viele Fragen. Diese Leute können ihre Themen nicht nur kompetent und verständlich, sondern auch unterhaltsam und publikumswirksam vermitteln. First Class Science Communication!
Den „Weltraum-Fahrstuhl“ des ESA-Astro-Ingenieurs Rainer Kresken habe ich genossen, es gab eine unglaublich rege Diskussion darum. Ganz wunderbar war auch Dr. Rita Grünbeins Bericht über die „50 Jahre Raumpatrouille Orion“. Die Molekularbiologin spricht oft über Astrobiologie, darüber hinaus ist sie eine ausgewiesene Expertin der Raumpatrouille. Gemeinsam mit einigen Getreuen organisiert sie Vorträge und Ausstellungen dazu, oft mit den herrlich retrofuturistischen Raumpatrouille-Uniformen und Frisuren. Neben großen Exponaten wie dem Bord-Computer und der Replik eines Konservenknilchs haben sie eine Menge Originalphotos und einzigartige Accessoires zur legendären Raumpatrouille gehortet. Hier geht es zum Raumpatrouille Orion Fan-Club Orionspace.
In den Beitrag „Data, Lore und Lal: Träumen Androiden von elektrischen Schafen?“ habe ich noch kurz hineingehört – auch Rebeccas philosophische Betrachtungen zu den Soong-Androiden hörten sich gut an.
Eines meiner ganz persönlichen Highlights war die Opening Ceremony, und zwar hinter der Bühne. Die FedCon wird traditionell mit einer Opening Ceremony eröffnet, auf der alle VIPs kurz vorgestellt werden. Wir Referenten hatten schon unsere Sprüchlein aufgesagt und freundlich ins Publikum gewunken. Wir alberten ein bisschen herum, während die Schauspieler so allmählich über eine stählerne Treppe in den Backstage-Bereich einschwebten. Dann plötzlich stand eine Gruppe Menschen auf der Treppe, schräg über mir sah ich eine Frau, die auf Schwindel erregend hohen Stilettos den Abstieg meisterte: Marina Sirtis (Counselor Deanna Troi)! Wow, was für ein Auftritt! Ihre Panels sind hoch gelobt, Marina „The Mouth“ hat im wahren Leben eine riesengroße Klappe, macht eine gute Show, und hinterlässt immer einen bleibenden Eindruck. Und dann kamen die drei älteren Herren aus der Original Star Trek-Serie der 60-er Jahre: George Takei, William Shatner und Walter Koenig. Sie gingen direkt an mir vorbei, mit ihrer Entourage. Shatner und Koenig merkt man ihr Alter schon an. Takei hingegen hat eine absolut aufrechte Haltung und eine ungeheure Ausstrahlung. Und er ist einer der wenigen Schauspieler, deren Auftritt ich mir auch später angesehen habe. Einer der wenigen, die ihre Popularität für mir sympathische politische Zwecke einsetzen. Als Kind war Takei wegen seiner japanischen Herkunft in einem Internierungslager eingesperrt worden. Das erzählt er heute noch, ohne jegliche Verbitterung, und warnt vor dem neuen, sehr aktuellen Schüren von Ängsten gegen Menschen anderer ethnischer Herkunft in den USA und Europa. Außerdem engagiert er sich vehement für die Rechte Homosexueller. Der hellwache Mann, der so viel erlebt hat, und immer noch kämpft, imponiert mir. Gerade George Takei lebt den Geist von Gene Roddenberrys Star Trek und auch den Geist der FedCon: Egal, woher jemand kommt, welcher “Rasse” er/sie angehört, was er/sie glaubt oder wen er/sie liebt – alle werden offen aufgenommen.
Er kam übrigens direkt aus dem Flieger nach einem langen Flug zur Opening Ceremony und bat mich nach seinem Kurz-Auftritt, ihm ein Glas Wasser einzuschenken. Was für ein glücklicher Zufall, dass ich vor dem Kühlschrank und den Gläsern stand!
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