Am vergangenen Wochenende war die FedCon in Bonn. Die FedCon ist das größte Treffen von Science Fiction-Fans in Europa und ich war – natürlich – dabei. Ich habe ja bereits gelegentlich durchblicken lassen, SF-Fan zu sein – mit der Betonung auf „Science“ –  und habe dort als Referentin immer ein aufmerksames Publikum.

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Roboter “Konservenknilch” (“Raumpatrouille Orion-Ausstellung, FedCon 26)

Dieses Mal stand sie im Zeichen zweier großer 50. Jubiläen: „Star Trek“ und „Raumpatrouille Orion“.
„Star Trek“ ist für mich ein essentieller Bestandteil meiner Jugend, vor allem die zweite Enterprise-Besatzung der „Next Generation“ hat mich als junge Erwachsene beeinflusst. Selbst bei Forschungsreisen in Antarktis und Arktis hatten wir ein paar Folgen dabei, damals noch als VHS-Kassetten. Darum fand ich es herrlich, dass die FedCon 2016 so star-trek-lastig war: Sternenflotten-Uniformen aus allen Generationen und die ganze Riege der Aliens – Klingonen, Andorianer, Trills, Kardassianer, Ferengi, Borg, Steampunk-Adaptationen. Q, Guinan, Counselor Troi, Neelix, Data. Dazwischen dann auch die Akteure der Serien, die Veteranen George Takei, William Shatner, Walter Koenig. Marina Sirtis, Terri Farrel, Robert Beltran, Ethan Philipps. Undundund…

Science und Fiction: Von ESA bis „Raumpatrouille Orion“
Interessant ist, dass sich innerhalb der letzten Jahre neben den Panels, Autogrammstunden und Photo-Shootings der Schauspieler zunehmend auch ein zugkräftiges populärwissenschaftliches Programm entwickelt hat. Der erste und wichtigste Mann ist natürlich Dr. Hubert Zitt, der die Star Trek-Vorlesung in Deutschland etablierte und locker Hunderte bis Tausende Fans pro Vortrag hat. Unbedingt sehens- und hörenswert! Hubert ist die Galionsfigur der Wissensvermittlung über die SF. (Ein Bericht seines Star Wars-Vortrags im Mannheimer Planetarium ist hier und hier zu finden).

Referentin des Vortrags “Roboter, Cyborg und KI in der Science Fiction” , FedCon 2016

Und dann hatten wir zum 2. Mal Besuch von der ESA: Der Astrophysiker Dr. Matt Taylor sprach natürlich über „Rosetta“, der Astrophysiker Prof. Mark McCaughrean über verschiedene aktuelle und zukünftige ESA-Projekte (ExoMars, Rosetta, LISA Pathfinder, Gaia u. a.), dann gaben sie noch ein gemeinsames Panel mit der Astronomie-Journalistin Emily Baldwin. Alle drei Termine waren gut besucht und die SF-Fans hatten auch außerhalb der Vorträge noch ganz viele Fragen. Diese Leute können ihre Themen nicht nur kompetent und verständlich, sondern auch unterhaltsam und publikumswirksam vermitteln. First Class Science Communication!
Den „Weltraum-Fahrstuhl“ des ESA-Astro-Ingenieurs Rainer Kresken habe ich genossen, es gab eine unglaublich rege Diskussion darum. Ganz wunderbar war auch Dr. Rita Grünbeins Bericht über die „50 Jahre Raumpatrouille Orion“. Die Molekularbiologin spricht oft über Astrobiologie, darüber hinaus ist sie eine ausgewiesene Expertin der Raumpatrouille. Gemeinsam mit einigen Getreuen organisiert sie Vorträge und Ausstellungen dazu, oft mit den herrlich retrofuturistischen Raumpatrouille-Uniformen und Frisuren. Neben großen Exponaten wie dem Bord-Computer und der Replik eines Konservenknilchs haben sie eine Menge Originalphotos und einzigartige Accessoires zur legendären Raumpatrouille gehortet. Hier geht es zum Raumpatrouille Orion Fan-Club Orionspace.
In den Beitrag „Data, Lore und Lal: Träumen Androiden von elektrischen Schafen?“ habe ich noch kurz hineingehört – auch Rebeccas philosophische Betrachtungen zu den Soong-Androiden hörten sich gut an.

Eines meiner ganz persönlichen Highlights war die Opening Ceremony, und zwar hinter der Bühne. Die FedCon wird traditionell mit einer Opening Ceremony eröffnet, auf der alle VIPs kurz vorgestellt werden. Wir Referenten hatten schon unsere Sprüchlein aufgesagt und freundlich ins Publikum gewunken. Wir alberten ein bisschen herum, während die Schauspieler so allmählich über eine stählerne Treppe in den Backstage-Bereich einschwebten. Dann plötzlich stand eine Gruppe Menschen auf der Treppe, schräg über mir sah ich eine Frau, die auf Schwindel erregend hohen Stilettos den Abstieg meisterte: Marina Sirtis (Counselor Deanna Troi)! Wow, was für ein Auftritt! Ihre Panels sind hoch gelobt, Marina „The Mouth“ hat im wahren Leben eine riesengroße Klappe, macht eine gute Show, und hinterlässt immer einen bleibenden Eindruck. Und dann kamen die drei älteren Herren aus der Original Star Trek-Serie der 60-er Jahre: George Takei, William Shatner und Walter Koenig. Sie gingen direkt an mir vorbei, mit ihrer Entourage. Shatner und Koenig merkt man ihr Alter schon an. Takei hingegen hat eine absolut aufrechte Haltung und eine ungeheure Ausstrahlung. Und er ist einer der wenigen Schauspieler, deren Auftritt ich mir auch später angesehen habe. Einer der wenigen, die ihre Popularität für mir sympathische politische Zwecke einsetzen. Als Kind war Takei wegen seiner japanischen Herkunft in einem Internierungslager eingesperrt worden. Das erzählt er heute noch, ohne jegliche Verbitterung, und warnt vor dem neuen, sehr aktuellen Schüren von Ängsten gegen Menschen anderer ethnischer Herkunft in den USA und Europa. Außerdem engagiert er sich vehement für die Rechte Homosexueller. Der hellwache Mann, der so viel erlebt hat, und immer noch kämpft, imponiert mir. Gerade George Takei lebt den Geist von Gene Roddenberrys Star Trek und auch den Geist der FedCon: Egal, woher jemand kommt, welcher “Rasse” er/sie angehört, was er/sie glaubt oder wen er/sie liebt – alle werden offen aufgenommen.
Er kam übrigens direkt aus dem Flieger nach einem langen Flug zur Opening Ceremony und bat mich nach seinem Kurz-Auftritt, ihm ein Glas Wasser einzuschenken. Was für ein glücklicher Zufall, dass ich vor dem Kühlschrank und den Gläsern stand!

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Kommentare (20)

  1. #1 Gast
    19. Mai 2016

    Sehr beeindruckend,
    aber warum Bonn?

  2. #2 Bettina Wurche
    19. Mai 2016

    @Gast: Vielleicht kann der Veranstalter das beantworten? Und: Spricht etwas dagegen? Bonn liegt mitten in Deutschland und ist gut erreichbar.

  3. #3 Earonn
    19. Mai 2016

    Die FedCon (wie auch die RingCon) finden schon seit Jahrzehnten in Bonn statt. Vermutlich immer noch im Maritim Hotel (weiß jemand Genaueres)?
    Die sind dann auch schon gut auf den Ansturm der Fans vorbereitet und haben den Ablauf im Griff.
    War immer schön da. 🙂

  4. #4 Marcus Anhäuser
    19. Mai 2016

    “Bonn liegt mitten in Deutschland (…).” Das war früher mal so, vor der Wende, jetzt liegt es doch schon etwas weiter links von “mitten in Deutschland”. 😉 Frage der Perspektive.

  5. #5 rolak
    19. Mai 2016

    Schwindel erregend

    Ohja, das Gefühl kenne ich, Bettina – es war insbesondere bei jenen Gelegenheiten ganz besonders intensiv, wenn mehr oder weniger unabsichtlich versucht wurde, eines der Teile durch den Mittelfuß zu treiben ;‑)

    Guinan-Kostüm → diplomatischen Eklat

    hehe, schönen Dank für voraussichtlich diverse lange Szenen Kopfkino…

    warum Bonn?

    weil die sich zwar einen Flughafen mit der Nachbarstadt teilen müssen, der jedoch immerhin funktioniert, Gast.

  6. #6 rolak
    19. Mai 2016

    war früher mal so

    Das muß aber ein ganz spezielles früher gewesen sein, Marcus, selbst unter Adenauer war Bonn schon links von der Mitte.

  7. #7 Bettina Wurche
    19. Mai 2016

    @rolak, Marcus Anhäuser: Ich wollte damit lediglich zum Ausdruck bringen, dass es vom größten Teil des Fandoms gut erreichbar ist. Und die letzten 5 Jahre war es im Düsseldorfer Flughafen-Maritim – für Fliegende einfacher, für Bahnreisende etwas schwieriger erreichbar. Aus Luxemburg und den Niederlanden kommen doch so einige Fans.
    @Earonn: Ja, es war wieder im Maritim. Es ist dort etwas kleiner als in Düsseldorf, aber das Personal ist auf diesen besonderen Event gut vorbereitet. Die Barkeeper verlieren nicht die Contenance, wenn ein Klingone ein Bier bestellt und die Reinigungskräfte fallen nicht in Ohnmacht, wenn sich Leute auf der Toilette grün anmalen. Wegen Platzmangels wohnte ein Teil der Con-Gäste auf der anderen Seite des Rheins im Maritim Königswinter, auch ich musste pendeln. War blöd mit dem Abschminken. Ich bin dann einfach im vollen Twi´lek-Outfit zurückgefahren – keine Probleme in der U-Bahn und ein Lächeln an der Rezeption. Außer afrikanischen Delegationen und Con-Gästen waren dann noch einige Busse voller Senioren aus Nicht-Faschings-Bundesländern zu Gast: Im Fahrstuhl stand mir eine ältere Dame gegenüber, die mich mit offenem Mund anstarrte und dann vergaß, auf ihrer Etage auszusteigen. Ich habe es geschafft, total ernst zu bleiben.

  8. #8 rolak
    19. Mai 2016

    wollte damit lediglich

    Das war keine Beschwerde, Bettina, nur eine reflexige Reaktion auf Marcus´ kriegsgeschichtenartiges Intro ‘war früher mal’.

    total ernst

    Respekt^^

  9. #9 Bettina Wurche
    19. Mai 2016

    @rolak: Autsch. Unabsichtlich? Oder hat die Dame/die Person sich verteidigen müssen?
    Hier sind ein paar gute Bildreihen:
    https://www.syfy.de/galerien/fed-con-2016-der-erste-tag
    https://www.syfy.de/galerien/fed-con-2016-das-war-der-zweite-tag
    Bei den Bildern des 2. Tages sind Q und eine Guinan, zwei supernette Niederländer. Eine andere hervorragende Guinan war eine junge Frau, die von Natur aus einen milchkaffeefarbene Haut hatte und echte Dreadlocks – die sah so klasse aus.
    Auf “SyFy-Channel” gibt es noch viele Bilder, z. B. auf der facebook-Dependance.

  10. #10 rolak
    19. Mai 2016

    verteidigen müssen?

    Kann ich in beiden Fällen nicht beurteilen, Bettina, mangels konkreter Nachfrage. Offiziell beides unabsichtlich, beides ohne irgendeine vorherige, bewußte Aktion meinerseits.

  11. #11 Oxymoron
    20. Mai 2016

    reflexige Reaktion

    Noch immer quälender husten (Codein), rolak?

  12. #12 Pilot Pirx
    21. Mai 2016

    Frau Wurche, ich hätte mal eine Frage. Nehmen Sie SF-technisch lediglich an Cons teil und lesen entsprechende Bücher oder sind Sie da auch anderweitig aktiv, also schreiben Sie da selbst was oder nehmen an passenden textbasierten Spielen teil oder sonstwas?

  13. #13 Bettina Wurche
    21. Mai 2016

    @Pilot Pirx: Das sind zwei Fragen, sagt meine vulkanische Hälfte : ) Ich lese SF, allerdings sehr ausgewählt, schreibe selbst aber nur Sachtexte. Einige meiner Vorträge sind narrative Inszenierungen, wie der hypothetische Bericht über eine verunglückte Expedition zum Jupitermond Europa. Spiele stehen nicht auf meinem Programm. Ich benutze SF oft als Vehikel, um wissenschaftliche Fakten gut zu erzählen.

  14. #14 Pilot Pirx
    21. Mai 2016

    Meine aquatropolitanische Hälfte sagt mir, es sind drei, wenn man es genau nimmt… 😉
    Und schade, ich hätt gern SF-Texte von dir gelesen. Findet man irgendwo solche erklärenden SF-Texte von dir?
    Ich spiele sowas textbasiertes schon über ein Jahrzehnt. Nicht gerade SF, nur derzeit liegen wir ein wenig mit der Kausalität über Kreuz :D…
    Was Dir da sicher gefallen würde, unser Gesandter bei unserem Äquivalent zu den vereinten Nationen hat vor der Vollversammlung mitgeteilt, jede bewaffnete Einheit unseres Reiches hätte Befehl, Wahlfänger kommentarlos zu versenken… 😀

  15. #15 Pilot Pirx
    21. Mai 2016

    – ein h

  16. #16 Bettina Wurche
    22. Mai 2016

    @PilotPirx: aquatropolitanisch? Faszinierend?
    Wal- oder Wahlfänger?
    (Auf der Erde sind die Walfänger f d Wale noch das kleineste Problem. Viel schlimmer sind Ölpesten, Plastikmüll, Schiffahrt, Fischei und die durch Menschen verursachte Klimaveränderung. Denen kann kein Wal entkommen).
    Meine Vorträge habe ich noch nirgendwo publiziert. Bei der Performance “Europa-Mission” besteht das Problem, dass ich die Story ins Star Trek-Universum verlegt habe, ein Publizieren würde gegen Copyright-Vorschriften verstoßen.
    Es gibt allerdings zwei Vorträge als Viedos auf Youtube:
    “Der Star Wars-Zoo”

    “Die NASA, die Aliens und die Delphine”

  17. #17 Pilot Pirx
    22. Mai 2016

    Nun ja, eben das Seereich Aquatropolis. Ob es faszinierend ist, einfach Ansichtssache.
    Unsere Welt ist wesentlich dünner besiedelt als die reale und in weiten Teilen wesentlich weniger technisiert und hat andere Probleme. Aqua ist technologisch einfach vorne.
    Was den Walfang und unsere Drohung im Spiel angeht, hat das mehrere Ursachen.
    Erstens unseren Anspruch auf Weltherrschaft und die daraus resultierende beanspruchte Herrschaft über die Meere. Und jedes intelligente Wesen in unserem Machtbereich untersteht nunmal unserem Schutz.
    Ist etwas komplizierter im Spiel, aber das trifft es einigermaßen. Aber denke nicht, daß wir immer nette Leute wären, man kann, entsprechendes Verhalten vorausgesetzt, auch schnell etwas gegenüberstehen was einen wütenden Klingonen echt freundlich erscheinen lässt. Wir haben schon einen Weltkrieg angezettelt…
    Übrigens, auch anerkannte KIs haben alle Bürgerrechte. Wobei eine sozialistisch angehauchte KI, die die Kaffeemaschinen gewerkschaftlich organisiert, schon lästig sein kann. Nun ja, seit der Großen Katastrophe hat sich das leider erledigt… ;D
    Und die Frage, ob Du blau bist, verkneif ich mir…

  18. #18 Bettina Wurche
    24. Mai 2016

    @Pilot Pirx: hehehe…gewerkschaftlich organisierte Kaffeemaschinen dürften der Alptraum Nr 1 der meisten Menschen sein. Aquatropolis hört sich gut an! Vielleicht sollte ich dort mal zumindest einen Besuch planen. Wenn dort alledings intelligente Lebensformen einen besonderen Schutz genießen, sollte der sich nicht nur auf Wale erstrecken. Schließlich gibt es noch mehr Geist in den Wassern. Der Begriff ist heikel, sind doch Zahnwale und Bartenwale schon recht unterschiedlich. Dazu kommen Robben, Tintenfische, … deren Intelligenz wir bisher eher vage umreißen können.

  19. #19 Alderamin
    27. Mai 2016

    Brauchte man für die Veranstaltung ein Ticket, oder hätte man da auch einfach so mal reinschauen können?

  20. #20 Bettina Wurche
    27. Mai 2016

    @Alderamin: Ja, die FedCon ist eine kommerzielle Veranstaltung und nicht billig. Für alle Vorträge braucht man ein Ticket. Darum habe ich sie nicht vorher stark beworben. Kleinere Cons sind günstiger, da kommen meist keine teuren Schauspieler.