Eine wesentliche Voraussetzung für eine gezieltere Suche nach extrem tief tauchenden Arten sind auch detaillierte Karten des Meeresbodens. Der Bereich, in dem der “Polaris II”-Survey jetzt stattgefunden hat, ist erst 2012 von dem NIWA-Forschungsschiff “Tangaroa” exakt kartiert worden (NIWA: National Institute of Water and Atmospheric Research). Dabei wurde deutlich, dass vor der Küste Otagos 9 submarine Canyons liegen.


Tasmacetus
– ein schwimmendes Mysterium?

Record Image

PHOTOGRAPH: George Shepherd measuring the skull of Shepherd’s Beaked Whale (Wanganui Regional Museum) […] https://collection.wrm.org.nz

Unter den ohnehin schon schrägen Schnabelwalen (Ziphiidae) ist der Tasmanische Schnabelwal der mysteriöseste. Eng verwandt mit den Pottwalen, sind diese kleineren Zahnwale auch extreme Tieftaucher und leben  im offenen Meer, meist fernab der Küsten. Nicht zuletzt wegen ihrer geringeren Größe und ihres unspektakuläreren Verhalten an der Oberfläche werden sie selten gesichtet. Ihr Kopf sieht aus wie der eines zu groß geratenen Delphins, sie sind schwierig zu erkennen und nur Experten können die einzelnen Arten identifizieren.
Sie sind zwar Zahnwale, aber ihr wichtigstes Merkmal ist, die Zähne möglichst weit reduziert zu haben. Die meisten Schnabelwal-Gattungen und -arten haben nur noch zwei Zähne im Unterkiefer und das auch nur als erwachsene Bullen.
Tasmacetus ist hier die große Ausnahme: Sein Schädel ist mir dem hoch aufragenden Scheitel zwar absolut ziphiidenhaft – aber er hat ein volles Gebiss aus 17 bis 27 kegelförmigen Zähnen im Ober- und Unterkiefer. Erwachsene Bullen haben zusätzlich ein paar „Stoßzähne“ (mit wenigen Zentimetern Länge eher Stoßzähnchen) an der Spitze des Unterkiefers. Die meisten Zähne sind 28 Millimeter lang, die männlichen Imponierorgane ragen dann spektakuläre 43 Millimeter empor. Mit dieser Bezahnung ist Tasmacetus systematisch betrachtet der ursprünglichste Schnabelwal, ein Relikt aus der frühen Entwicklung dieser Wal-Verwandtschaft. Warum nun ausgerechnet die Ziphiidae ihre Zähne so stark reduziert haben, ist nicht bekannt. Fest steht nur: Die zahnlosen oder zahnarmen Wale jagen trotzdem erfolgreich und saugen die Kalmare und Fische zahnarm ein. Wie Pottwale auch, die ja nur noch im Unterkiefer Zähne tragen.

Obwohl bis zu 7 Metern groß, ist dieser Wal erst 1937 von W. R. B. Oliver wissenschaftlich beschrieben worden. Tasmacetus shepherdi bedeutet „Shepherds Tasmanischer Wal“. Oliver hatte ihn nach George Shepherd, dem Kurator des Wanganui Museum benannt, der 1933 das Typus-Exemplar nahe Ōhawes an der Südküste von Taranaki, der neuseeländischen North Island gesammelt hatte.

Quelle:
James G. Mead: “Shepherd´s Beaked Whale Tasmacetus shepherdi Oliver, 1937”. in: Handbook of Marine Mammals, Vol. 4; edt: Ridgway, Harrison, 1989

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Kommentare (6)

  1. #1 Dampier
    10. Juli 2016

    Wie Pottwale auch, die ja nur noch im Oberkiefer Zähne tragen.

    Müsste das nicht Unterkiefer heißen? (Lt. Wikipedia haben sie auch im Oberkiefer Zähne, die aber nicht durchbrechen).

    Die zahnlosen oder zahnarmen Wale jagen trotzdem erfolgreich und saugen die Kalmare und Fische zahnarm ein.

    Schön formuliert :))

  2. #2 RPGNo1
    10. Juli 2016

    Gibt es Informationen darüber, wie tief Tasmanische Schnabelwale tauchen können? Von Pottwalen ist bekannt, dass sie gelegentlich sogar in Tiefen bis zu 3000 m auf die Jagd gehen.

  3. #3 Bettina Wurche
    10. Juli 2016

    @Dampier: Danke, selbstverständlich! Die voll sichtbare Bezahnung von 52 gebogenen Zähnen ist im massiven Unterkiefer. Fast jeder Pottwale scheint dann noch verkümmerte Zähnchen auch im Oberkiefer zu tragen, die aber nicht durchbrechen und bei der Mazeration meist verloren gehen. Wir hatten in Gram/Dänemark einen Pottwal in einer Vitrine (etwa gegenüber des Schlosses) gesehen, bei dem diese Oberkiefer-Zähne weitgehend mit erhalten worden waren. Außerhalb von Gram gibt es dann dieses grandiose Museum mit dem fossilen Pottwal.
    https://scienceblogs.de/meertext/2015/09/21/leviathan-im-taschenformat-fossile-zwergpottwale-aus-panama/

  4. #4 Bettina Wurche
    10. Juli 2016

    @RPGNo1: Dafür müsste man einem der Tierchen mal einen time-depth-recorder mitgeben oder ihn per aktivem Sonar gezielt verfolgen. Aufgrund der extrem wenigen Sichtungen hat das bisher niemand gemacht. Aber jetzt, wo ihr Hbaitat bekannt ist und es auch für die Wal-Forscehr in erreichbarer Nähe liegt, werden sicherlich bereits die Projektanträge dafür formuliert.
    Grundsätzlich gilt: Schnabelwale tauchen ähnlich tief und lange wie Pottwale.
    Bisher ist der Cuvier-Wal da der Rekordhalter: https://scienceblogs.de/meertext/2014/03/28/cuviers-schnabelwal-der-neue-tieftauch-champion/

  5. #5 RPGNo1
    10. Juli 2016

    @Bettina: Danke, ich habe die Antwort beinahe erwartet (aufgrund der besagten Seltenheit der Wale).

  6. #6 Bettina Wurche
    10. Juli 2016

    PS: Einen herzlichen Dank an LeavingOrbit für den Hinweis auf die Tasmacetus-Sichtung!