Schwertwale (Orcinus orca) tragen ein auffallendes Muster in Schwarz und Weiß mit einem so hohen Wiedererkennungswert wie die Streifen auf dem Fell des Zebras.
Die gesamte Oberseite von der Schnauze über die Brustflossen und die Flanken bis zur Fluke ist nachtschwarz, bis auf den hellgrauen Sattelfleck hinter der Fluke. Die Kopfunterseite ist weiß, dann läuft ein schmaler weißer Streifen bis zur Schwanzunterseite. Hinter den Augen liegt ein großer weißer Fleck, im hinteren Rumpfbereich ziehen sich weiße Binden vom Bauch aus nach oben. Diese markante Zeichnung variiert leicht von Population zu Population, bei zwei der antarktischen Ökotypen ist das Weiß auch gelbstichig.
Dieser Gelbstich ist auf den starken Diatomeenbewuchs vieler Walarten in antarktischen Gewässern zurückzuführen. So mancher Pottwal hat in antarktischen Gewässern statt Grau die Farbe von Schokolade – ein Gelbstich macht aus Grau Braun. Und antarktische Blauwale hatten im antarktischen Walfang den Beinamen „Schwefelbauch“, weil ihre normalerweise weißen Bäuche durch ein Diatomeenbewuchs gelblich wurden. Sowie die vergilbten Wale dann nordwärts in tropische oder subtropische Gewässer ziehen, erneuern sie die Haut und weiß wird wieder weiß.
Was nützt das markante Schwarz-Weiß-Muster dem „Panda der Meere“?
Orcas sind nicht klein, ausgewachsene Bullen werden 6 bis 8 Meter lang, ausgewachsene Weibchen 5 bis 7. Tiere dieser Größe sind im freien Ozean weithin gut sichtbar, schließlich haben sie keine Möglichkeit, sich zu verstecken. So wird das „Anpirschen“ an Beute wie Robben, Wale oder Fische eher schwierig. Die markante Färbung löste den Umriss der großen Zahnwale auf, das macht Schwarz-Weiß im Ozean zu einer guten Tarn-Färbung.
Insgesamt sind Orcas oben dunkler und unten heller – eine typische Konterschattierung oder Countershading. Countershading ist ganz besonders stark ausgeprägt bei Tieren in dreidimensionalen Lebensräumen, wie bei Fischen, Walen und Pinguinen. Von oben verschmilzt der dunklere oder gemusterte Rücken optisch mit dem nach unten dunkel erscheinenden Wasser. Von unten betrachtet bildet der helle Bauch gegen das mit Licht durchflutete Oberflächenwasser nur einen geringen Kontrast.
Neben der optischen Tarnung setzen Orcas ihre weißen Flecken auch als Mittel zum Scheuchen von Fischschwärmen ein, ähnlich den Jagdlappen für die Standjagd.
So fahren die norwegischen Schwertwale mit ihrer Beute gern Karussel: Die Wale umkreisen Heringsschwärme und treiben die Fische immer enger zusammen. Dabei zeigen die Wale immer wieder ihre Bauchseite mit den großen weißen Flecken – die Heringe interpretieren dieses optische Muster als Barriere und brechen nicht aus. Wenn der Schwarm der silbrigen Fische dann genügend verdichtet ist, stoßen die Schwertwale nacheinander in die dichte Heringsansammlung hinein und nehmen ein Maul voll fettem Fisch.
Die Hautfarbe von Walen – 50 shades of grey
Die meisten Wale haben als Hautfarbe verschiedene Grauschattierungen. 50 shades of grey – vom verwaschenen Hellgrau der Rundkopf-Delphine (Risso´s Delphin) bis zum sehr dunklen Anthrazitgrau der Pilotwale. Blauwale sind blaugrau, einige Flußdelphine sind rosa oder himmelblau. Wenige Wale haben eine rein weiße Haut, wie erwachsene Weißwale oder eine schwarze wie der Kleine Schwertwal. Manche sind gefleckt, wie Flecken-Delphine und Narwale, daneben kommen viele Muster mit verschiedenen Schattierungen, weißen, schwarzen, bräunlichen, bläulichen oder gelben Akzenten vor. Zweizahnwale der Gattung Mesoplodon tragen dunkle Augenringe, Delphine tauchen in unterschiedlichsten Streifen- oder in Punktmustern auf.
Grundsätzlich fällt die Färbung der Orcas in die Mischungen aus Schwarz- und Nicht-Pigmenten, die alle Wale haben: Schwarze Farbe entsteht durch Melaninpigmente in der Haut, weiß entsteht durch das Nicht-Vorhandensein von Pigment. Alle grauen Zwischenstufen sind Mischungen daraus. Das Orca-Muster fällt also nicht aus dem Rahmen, auch wenn es sehr speziell ist.
Färbung und Muster der Haut werden in der Embryonalentwicklung festgelegt.
Regulative Gene wie die Hox-Gene sind steuern die Aktivität anderer, funktionell zusammenhängender Gene im Verlauf der Individualentwicklung. Sie legen auch fest, wo beim Embryo oben und unten ist.
So kommt es dann zu den genetischen Signalen, an welcher Stelle Pigment eingelagert wird, und an welcher nicht. Diese genetischen Signale sind im genetischen Code festgeschrieben und werden vererbt. Sofern sie nicht mutieren.
Schwarz-weiß ist ideal für die Photo-Identifikation
Das auffallende Muster hat gleich mehrere Vorteile für die großen Delphinartigen:
Man kann sie mit keiner anderen Walart verwechseln.
Jeder Ökotyp hat noch sein ganz eigenes Muster mit kleinen Variationen. Der Sattelfleck hinter der hoch aufragenden Finne ist zusätzlich noch individuell ausgeprägt. Eine so markante Schwarz-Weiß-Zeichnung gibt es außer bei Orcas nur noch bei Commerson-Delphinen, Stundenglas-Delphinen und wenigen anderen Delphinartigen. Aber bei keinem Wal ist es so prägnant wie beim Orca!
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