Gute Nachrichten vom Südpol!
Genauer gesagt, aus dem Südpolarmeer: Im Ross-Meer wird das erste Schutzgebiet in internationalen Gewässern eingerichtet, auf 1.55 Millionen Quadratkilometern.
Diese gute Nachricht nicht nurfür Pinguine und Wale ist das Ergebnis vieler Jahre harten Vorarbeit und Verhandlungen der CCAMLR-Mitglieder. Die Commission for the Conservation of Antarctic Marine Living Resources (CCAMLR) besteht aus 24 Mitgliedstaaten und der EU.
Diese Staaten sind direkte Anrainer des Südpolarmeeres (Australien, Argentinien, Brasilien, Chile, Südafrika, Namibia und Uruguay) dazu kommen die üblichen großen Staaten wie die USA, Russland, China, Japan, Südkorea, Indien und die EU (Frankreich, Deutschland, Italien, Spanien, das Vereinigte Königreich und Polen haben nochmals eigene Mandate) sowie Schweden, Norwegen und die Ukraine und haben sehr unterschiedliche Interessen in den antarktischen Gewässern. Für manche ist es das letzte Stückchen Wildnis, für andere Ressourcen für die Volksernährung. Die Krill-Fischerei und die Fischerei auf antarktischen Seehecht sind massive kommerzielle Interessen.
Seit 2011 hatten sich mehrere Staaten, vor allem die USA und Neuseeland, um die Einrichtung eines Schutzgebietes bemüht, was immer wieder am russischen, chinesischen und ukrainischen Widerstand scheiterte, die ihre Fischereirechte gefährdet sahen.
Die US-amerikanische National Oceanic and Atmosphercic Agency (NOAA) hatte dabei die Federführung (hier ist ihr Proposal).
Das Ross-Meer: Ein unberührter Ozean
Das Ross-Meer ist ein Randmeer, das tief in den antarktischen Kontinent hineinreicht. Durchschnittlich 500 Meter tief und an einigen Stellen sogar bis 1200 Meter tief, sind etwa 500.000 Quadratkilometer davon ständig von Schelfeis bedeckt, dem Ross-Schelf.
Die klimatischen, ozeanographischen und geologischen Umstände haben das Ross-Meer zu einem einzigartigen Ökosystem mit extrem hoher biologischer Produktivität gemacht. Viele Experten halten das Ross-Meer für eines der letzten unberührten Meeresgebiete der Welt. Neben sehr großen Vorkommen von Krill und verschiedenen Fischarten kommen hier auch die benthischen Lebensgemeinschaften des antarktischen Meeresboden vor, mit ihren Jahrhunderte alten Schwammrasen mit Korallen und anderen Wirbellosen. Die reichen Nahrungsvorkommen locken natürlich auch Top-Prädatoren an, wie ein Drittel des weltweiten Bestands an Adelie-Pinguinen, einem Viertel der Kaiser-Pinguine, die Hälfte der südpazifischen Weddell-Roben und die Hälfte der nur in der Antarktis vorkommenden Typ C-Orcas.
Aus diesen Gründen hatten Mitglieder des CCAMLR seit mehreren Jahren vorgeschlagen, dort ein großes Areal unter Schutz zu stellen. Dabei geht es in erster Linie um den Schutz vor kommerzieller Fischerei. Die Fischerei auf antarktischen Krill und Antarktischen Seehecht waren von Wissenschaftlern als Bestands gefährdend eingestuft worden. Gleichzeitig ist Krill die wichtigste Nahrungsressource für viele Wal-, Pinguin- und einige Robbenarten sowie andere Seevögel. Die kleinen Leuchtkrebse sind die Basis des antarktischen Nahrungsnetzes.
Putin: Der mit den Pinguinen tanzt?
Dieses Jahr hatte die russische Delegation vorab signalisiert, dass sie der Einrichtung eines Meeresschutzgebiets im Ross-Meer zustimmen könnten. “There has been a lot of movement within Russia for more environmental awareness – coming from high up in the Putin government,” meinte Andrea Kavanagh, die Direktorin des Pew Charitable Trust Antarctic and Southern Ocean.
Ökologie und Umweltschutz sind in Russland Chefsache: Für 2017 hat Putin “Jahr der Ökologie“ ausgerufen. Der russische Präsident zeigt sich gern naturverbunden, fliegt im Ultraleichtflieger mit Kranichen und setzt sich für den Schutz der Sibirischen Tiger ein. Er schmückt sich mit Wildtieren und Putin-in-der-Wildnis-Inszenierungen gern zu Propagandazecken, lästern Social Media und andere Medien und Nicht-Putin-Fans. Wissenschaftlern und Naturschützen sind Putins Inszenierungen gleich, sie sehen die Vorteile für ökologische Bemühungen. Fakt ist: Die CCAMLR-Mitglieder haben sich zusammengerauft und erstmals ein Meeresschutzgebiet in internationalen Gewässern eingerichtet.
Wie gut ist das Schutzgebiet?
Es gibt allen Grund zum Jubeln.
Allerdings gibt es auch ein paar Aspekte, die Umweltschützern nicht gefallen.
Eines davon ist, dass der Schutzstatus nur für 35 Jahre gilt. Das ist wesentlich geringer als die Lebensspanne etwa eines Wals.
Ein weiterer Punkt, der mein Misstrauen weckt, ist, dass nur kommerzielle Fischerei auf Krill und Antarktischen Seehecht verboten ist, nicht aber die Fischerei zu Forschungszwecken. Das ist ein unscharf gefasster Begriff, der bereits beim Walfang ein Hintertürchen für die weitere Jagd geöffnet hat.
Vielleicht ist ein permanent von Eis bedecktes Meer auch einfach ziemlich schwierig auszubeuten, so dass dieses Schutzgebiet kein allzu großes Zugeständnis für die Widerstrebenden war. Was für ein Glück für die Meeresorganismen, die sich unter und am Eis wohl fühlen.
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