Eunice aphroditois schillert in Regenbogenfarben, der Körper ist grünlich und mit Purpur und weiß gemustert, die Borsten schillern iridisierend. Ein Meeresringelwurm (Polychaeta), der nach der Göttin der Schönheit benannt ist. Eine schreckliche Schönheit, denn wie die meisten Meeresringelwürmer, ist Eunice eine Jägerin. Eine Lauerjägerin. Das gar nicht so kleine Meeresmonster sitzt oder vielmehr steckt zum größten Teil in einer Wohnröhre auf dem Meeresgrund. Eunice aphroditois oder “Bobbitworm” hat eine durchschnittliche Körperlänge von 100 Zentimetern, große Exemplare sollen bis zu 300 Zentimeter lang werden. Der lange Leib ist in bis zu 700 Segmente geteilt, das ganze Tier ist chitingepanzert und hat an den Körperseiten Fortsätze mit Kiemen und Fortbewegungsstrukturen, die keine Flossen mehr sind und noch keine Beine.
Hier ist ein 150 Zentimeter langes Exemplar zu sehen, das bei Reinigungsarbeiten in einem Aquarium entdeckt wurde:
Das Vorderteil des Ringelwurms ist breit, rundlich und muskulös, es trägt den Kopf mit den Augen, den Tastfortsätzen und den starken Chitin-Kiefern. Der Kiefer-Apparat besteht aus einem Paar Mandibeln mit scharfen Schneidekanten und vier Paar grob gezähnten Maxillen. Die Kiefer sind stark genug, um menschliche Haut zu durchschlagen!
Sowie Eunice mit ihren Tastfortsätzen Beute wie andere Meereswürmer, Pfeilwürmer, Ostrakoden, Ruderfußkrebse, Muscheln und auch Fische ertastet, schlägt sie ihre Mandibeln in die Beute und zieht diese unter den Sand, um sie ungestört zu verspeisen.
Nach Aussage einiger Wissenschaftler spritzt Eunice eine chemische Verbindung in ihre Beute, um sie zu lähmen und möglicherweise auch besser zu verdauen.
Diese Eunice-Art lebt in warmen Meeren, gern in Korallensubstrat. Ihre nahen Verwandten in der Nordsee, wie Eunice und Nereis, bleiben wesentlich kleiner, sind aber nicht weniger tödlich. Werden Bobbitwürmer mit Substrat ungesehen in Aquarien eingeschleppt, können aus kleinen Würmer sehr schnell große Prädatoren werden, die ein Aquarium nahezu leer räumen können.
Andere Meeresringelwürmer wie der Feuerwurm haben Brennhaare, die auch für Menschen sehr unangenehm werden können. Sie verursachen Verbrennungen wie die Nesselkapseln von Quallen.
Andere Meeresringelwürmer, die Palolo-Würmer, sorgen durch ihren mondsüchtig-orgiastischen Paarungstanz für Aufsehen. Unter dem Vollmond treffen sich Männchen und Weibchen im tropischen Meer und werfen ihre Hinterteile ab, die mit Fortpflanzungsprodukten gefüllt sind. Hier ein Video mit dem irren Tanz der Palolo-Würmer, die auf Samoa eine geschätzte Delikatesse sind:
Auch die Bobbitwurm-Männchen und -Weibchen treffen sich bei Vollmond zu einer Licht-synchronisierten ozeanischen Orgie und geben dann Wolken von Spermien und Eiern ab, allerdings etwas weniger spektakulär als die Palolo-Würmer.
Der Trivialname “Bobbitwurm” ist allerdings auch anrüchig: Ein Unterwasserphotograph soll die bisher Riesen-Eunice genannten Tiere als Bobbit-Wurm bezeichnet haben, in Anlehnung an John Wayne Bobbit. Seine Ehefrau Lorena Bobbit hatte 1993 ihrem schlafenden Ehemann den Penis abgeschnitten. Aufgrund der Ähnlichkeit des Wurms mit einem erigierten Penis und der Wurm-Kiefer, die an eine Schere erinnern, kam es zu diesem Trivialnamen. Da fast keienr der vielen Meeresringelwürmer bisher jemals einen Trivialnamen hatte, wird Bobbitwurm mittlerweile auch auf viele verwandte Arten angewendet (Salazar.Vallejo, et al: “Giant Eunicid Polychaetes […]”, s. u.).
Nur die Seemaus Aphrodite aculeata aus der Nordsee hat einen Trivialnamen, der allerdings recht weit weg vom Wurm führt.
Zum Weiterlesen:
Wikipedia: “Bobbitwurm”
Wired: “Absurd Creature of the Week: 10-Foot Bobbit Worm Is the Ocean’s Most Disturbing Predator”
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