Der Yellowstone National Park ist ein ganz besonders Fleckchen Erde, er liegt auf einem Supervulkan. Diese Magmablase ist der Grund für heiße Mineralquellen unterschiedlichster Ausprägung und in phantastischen Farben. Geysire brechen brüllend durch die stellenweise dünne Gesteinsdecke, Seen und Teiche schillern in giftigen Farben und dünsten Schwefel oder andere heiße Schwaden aus. Die Gewässer sind für Menschen lebensfeindlich, aber ein Eldorado für extremophile Mirkoorganismen, die sich genüßlich im Schwefel suhlen.
„Nobody’s quite sure how life began on Planet Earth, or even if it did begin here. But we do know that the dominant early life forms were microbes without a nucleus. There are two basic kinds. One is the true bacteria, or eubacteria. The other looks like bacteria, but was proven otherwise by DNA sequencing. These we call the archaea. Many of the archaea are extremophiles. They “like” extremes of some sort, whether heat, cold, salt, acid or desiccation. Many of these extremophiles are thermophiles, meaning they like it hot. And some of these thermophiles are hyper-thermophiles, meaning they like it super-hot, well above the boiling point of water. Yellowstone National Park is world famous for them. They contribute to the vivid, unearthly colors around the springs that attract tourists in droves.” erklärt Robert M. Thorson in seiner Kolumne im Hartfordt Courant anschaulich. Thorson ist Geologie-Professor und seine Kolumne ist insgesamt sehr lesenswert.
Nicht-Schwefel-resistente Organismen, die sich in diesem Areal bewegen, sollten das Terrain gut kennen oder Vorsicht walten lassen. Der Park ist vorbildlich beschildert und mit sorgfältig gesicherten Wanderwegen ausgestattet, damit sind Park-Besucher eigentlich auf der sicheren Seite. Es sei denn, sie verlassen diese sicheren Pfade.
Wie Colin Scott, der am 09. Juni 2016 den offiziellen Wanderweg verließ, auf der Suche nach einem „Hot Pot“, einer heißen Quelle zum Baden. Die Geschwister waren am Norris Geyser Basin unterwegs, einem der ältesten und heißesten Abschnitte des Parks.
„Colin didn’t just step off the boardwalk in knowing violation of rules, warnings and posted signs. He was taking a cross-country ramble over what is arguably the most dangerous ground in Yellowstone, its North Basin. Then, about 700 feet away from the safety zone, he slipped on some gravel, broke through a thin precipitated crust of rock and mineral deposits and fell into a boiling hot spring up to 12 feet deep.” beschreibt Robert M. Thorson den Tathergang (er ist übrigens der einzige Reporter, der der Familie des Toten kondolierte).
Colins Schwester Sable filmte diesen Egotrip mit ihrem Smartphone. Darauf ist exakt festgehalten, wie Colin ausrutschte, durch die dünne Gesteindecke brach und in eine heiße Quelle fiel. Sable versuchte, ihn zu retten, was aber misslang. Ihre Hilferufe blieben ungehört, an der Stelle ist im Park kein Handyempfang. Sable musste also zum nächst gelegenen Museum im Park zurücklaufen, um Hilfe zu holen. Als die Retter am Unglücksort ankamen, waren noch der Kopf und Oberkörper des Verunglückten im Wasser zu sehen, er bewegte sich allerdings nicht mehr. Die Rettungsaktion gestaltete sich wegen der extremen Hitze und der gefährlichen Situation als äußerst schwierig. Als dann auch noch ein Gewitter aufzog und die Dunkelheit einsetzte, beschlossen die Park-Ranger, die Rettungsaktion abzubrechen. Der Verunglückte war offensichtlich nicht mehr lebend zu bergen, stattdessen hätten sich auch die Retter in Gefahr begeben: „“Due to the report of the individual not previously visible, a lack of movement, suspected extreme temperatures, and indications of several thermal burns, the subject was determined to be deceased,” schrieb der US Park Ranger Phil Strehle in seinem Protokoll vom 9 Juni. Die Retter konnten Scotts Körper nicht sicher bergen, wegen der “volatile” thermal area and an incoming lightning storm.“ Sie verließen also die Unglücksstelle für die Nacht und kehrten am nächsten Morgen um 08:00 Uhr zurück.
Das Unfallopfer war verschwunden!
Die Ranger gingen so nahe an den superheißen, ätzenden Mud Pot heran, wie es nur möglich war und stocherten mit Stangen in dem Schlammtümpel. Sie fanden nur noch die angeschmolzenen Flip-Flops und die Brieftasche des Verunglückten. Der Körper und die anderen Textilien waren in der über 93 C° heißen schwefligen Quelle über Nacht vollständig aufgelöst worden: „When the recovery team returned to the hot spring the next morning, they were unable to locate his body. His wallet and flip flops were recovered. The temperature of the water was recorded at over 212 degrees fahrenheit. The acidity of the water was recorded with a pH of 5. Evidence suggests that the extreme heat and the acidity of the water quickly dissolved his body in the hot spring.“ (S. 13. des Unfallberichts).
Diese Zeitungsartikel erschienen am 18. und 19.11.2016, nach Abschluß der Untersuchung des Unglücksfalls.
Es war der erste Todesfall seit mehr als 16 Jahren in den Heißen Quellen des Yellowstone Parks. Aber nicht der erste. Und garantiert auch nicht der letzte.
Der Beitrag der Washington Post zu diesem Unglück ist sehr ausführlich und lesenswert.
Der Historiker Lee H. Whittlesey hat ein Buch über Todesfälle in Nationalparks geschrieben: “Death in Yellowstone: Accidents and Foolhardiness in the First National Park,”, dessen erstes Kapitel sich mit dem Thermal-Tod beschäftigt.
Hier ist der offizielle Unfallbericht zum Fall Colin Scott mit allen Protokollen.
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