Hier kommt der versprochene 2. Teil von „Astrobiologie: Hydrothermalquellen auf Enceladus (1)“
E-Ring, Tigerstreifen und innere Energie
Der kleine Eismond Enceladus ist der hellste Punkt im E-Ring des Saturns. Seine Eis-Fontänen produzieren die Eispartikel für den E-Ring aus. Enceladus ist zwar nicht die einzige Eis-Quelle, trägt aber wesentlich zum E-Ring bei.
Diese Eis-Fontänen sind aufgrund der geringen Partikel-Größe sehr schwierig zu photographieren. In direktem Licht sind sie unsichtbar, nur in diffusem Licht werden die zarten Eis-Dampf-Schleier sichtbar.
Ein Teil der feinen Eisstückchen landet im E-Ring, der größte Teil des Eises gelangt aber nicht so hoch hinaus, sondern fällt als Schnee zurück auf die Mond-Oberfläche.
Dieser Schneefall ist fein, aber beständig.
Ein Wissenschaftlerteam hatte Aufnahmen der Oberfläche so übereinander montiert, dass sie ein stereoskopisches Bild ergaben und damit Reliefs der Oberfläche erstellt. Enceladus` Eis-Oberfläche zeigt keine scharfen Kanten! Die ferne Eis-Landschaft erscheint weich gezeichnet. Die einzige Erklärung dafür sind Schneefelder mit einer Mächtigkeit von mehr als 100 Metern. Bei der derzeit sehr niedrigen Schneefallaktivität würde der Aufbau von 100 Metern Schneedecke sehr, sehr lange dauern, möglicherweise Jahrmillionen. Ein so langer Zeitraum der ungestörten Schneeablagerung ist aber wegen der tektonischen Aktivität eher wenig wahrscheinlich.
Die Quellregion des Kryovulkanismus ist definitiv der Südpol des Mondes. Der Südpol hat so wenige Krater, dass die meisten Planetologen die Oberfläche auf ein Alter von nur wenigen Hundert Jahren schätzen. Dafür sind hier andere Strukturen zu sehen, die Anzeichen für tektonische Prozesse sind: Die Tigerstreifen.
Diese Streifen im Eispanzer sind Rift-Strukturen: Ein Riß im Eispanzer wird, wie eine Grabenbruch-Struktur, auf beiden Seiten von einer Eis-Auftürmung flankiert.
In der Nähe der Tigerstreifen ist die Wärmeabstrahlung viel höher als an anderen Stellen: Ist es auf Enceladus am Äquator – 200 °C kalt, zeigen die Tigerstreifen kuschelige -75 °C. Das spricht für offenes Wasser aus dem warmen Ozean unter der Eisdecke.
Woher kommt die Energie im Innern des kleinen Eismondes, die das Eis zu einem Ozean schmilzt?
Es handelt sich um Gezeitenkräfte. Auf seiner exzentrischen Umlaufbahn wird Enceladus von den Gezeitenkräften Saturns durchgewalkt. Die Resonanz mit dem Saturnmond Dione sorgt dafür, dass der Orbit exzentrisch bleibt. Darum ist auch die Aktivität der Tigerstreifen-Eiskanäle variabel, denn die Kanäle öffnen und schließen sie sich mit den Gezeitenkräften. Am saturnfernsten Punkt ist die Aktivität am höchsten.
Durch die Reibungskräfte des Gesteins im wassergefüllten porösen Kern entsteht dann die Wärme. Eine zusätzliche mögliche Wärmequelle könnten chemische Reaktionen wie eine Serpentinisierung sein. Wenn exordiales Gestein auf Wasser trifft, kommt es zu einer Serpentinisierung, eine exotherme Reaktion. Lokal könnte so auch H2 entstehen, was ein Nachweis für die Serpentinisierung wäre.
(Anmerkung meertext: Der scheinbare Widerspruch zwischen einer über einen langen Zeitraum ungestörten Schneeablagerung und einer tektonisch aktiven und somit sehr jungen Oberfläche am Südpol entsteht durch unterschiedliche Interpretation der Daten durch unterschiedliche Arbeitsgruppen. Es besteht ja auch die Möglichkeit, dass der Schneefall zeitweise stärker war oder ist. Ich persönlich halte es sogar für recht unwahrscheinlich, Schneefall als Konstante anzunehmen.)
Cassini-Huygens war 1997 gestartet und kam 2004 in der Saturn-Umlaufbahn an. Nachdem sich abzeichnete, dass Cassini sensationelle und völlig unerwartete Daten sendete, haben die beteiligten Institutionen die Mission immer wieder verlängert. Jetzt soll 2017 wirklich Schluss sein, denn die Sonde hat bestenfalls noch 40 Kilogramm Treibstoff. Voraussichtlich im September 2017 soll Cassini dann kontrolliert auf den Saturn abstürzen und dabei verglühen. Allerdings werden ihre Instrumente in dieser extremen Nähe noch einmal auf vollen Touren laufen und ganz bestimmt wieder spektakuläre Daten zur Erde funken.
Lost City – Weiße Raucher auf dem Mittelatlantischen Rücken
Die jetzt auf Enceladus entdeckten Vorgänge erinnern an irdische „Lost City“-Hydrothermalquellen auf dem Mittelatlantischen Rücken.
Anders als die mehrere Hundert Grad heißes Wasser und Schwermetalle ausstoßenden Black Smoker sind die „Lost-City“-Schlote weiß! Sie bestehen aus Kalkstein. Ihre Temperatur ist mit 90° C noch recht gemäßigt, reicht aber für Oasen des Lebens in der absoluten Dunkelheit der Tiefsee.
Im Dezember 2000 fuhr eine Expedition der National Science Foundation einen Survey entlang des mittelatlantischen Rückens. Plötzlich tauchte ein ganzes Feld mit 30 bis 60 Meter hohen Strukturen auf dem Meeresboden auf. Grazile sinterweiße Gebilde, aus deren oberen Spitzen kochend heiße Flüssigkeit strömte.
Eine vollständig neue Art der Hydrothermalquellen!
2003 kehrten die Unterwasser-Vulkanologin Deborah Kelley und ihr Team für eine detaillierte Untersuchung zurück und kartierten die weißen heißen Tiefseequellen.
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