Diese weißen Schlote sind viel höher als die bisher bekannten Black Smoker und haben eine ganz andere Zusammensetzung: Sie bestehen aus Calciumcarbonat!
Kalkstein kann nur in nicht-saurer Umgebung entstehen. Die heiße mineralische Lösung ist mit einem pH-Wert von 9 bis 11 deutlich basischer als das umgebende Seewasser mit einem pH von 8. Die Mineralien werden ausgefällt und lagern sich als viele papierdünne Schichten ab, die fragilen Gebilde türmen sich bin in 60 Meter auf – die höchste Erhebung ist ein 60 Meter hoher „Turm“ im Poseidon-Komplex. Die meisten Schlote und Kegel bleiben aber deutlich niedriger. Das Alter dieser Weißen Raucher schätzen Wissenschaftler auf 25.000 bis 30.000 Jahre, angesichts der plattentektonischen Vorgänge ist die „Lost City“ also sehr jung. Allerdings viel älter als die Black Smoker-Ökosysteme, die kürzere Zeit am gleichen Fleck bleiben.
Der Name „Lost City“ spielt natürlich auf eine mythische versunkene Stadt wie Atlantis an.
In den vielen Lücken und Spalten der Kalksteinschlote mit ihren feinen Sinterlagen lebt eine reichhaltige Bakterien-Community.
Neben den Mikroorganismen gibt es natürlich auch eine Makrofauna, die neben den gewaltigen Riftia-Röhrenwürmern und ihre Schwefel-Community aus Riesenmuscheln, Yeti-Krabben und anderen größeren Tieren wenig spektakulär dahergeschwommen kommt: Kleine Schnecken und Muscheln, Garnelen, Muschelkrebschen (Ostracoda), nackte Nematoden und borstige Polychaeten. Die größten Tiere sind vorbei schwimmende und krabbelnde Wrackbarsche, Aale und große rote Krabben. Interessant ist, dass nur wenige Meter neben diesen Hydrothermalquellen schon wieder die ganz normale Tiefseefauna siedelt: Die Kaltwasserkorallen Lophelia pertusa und Desmophyllum, Weichkorallen (Gorgonien), Krabben, Schnecken, Foraminiferen, frei schwimmende Flügelschnecken (Pteropoda), Seeigel, Seesterne, Schlangensterne und Tiefsee-Seepocken. Die Vent und Non-Vent-Habitate liegen zwar nahe beieinander, sind aber streng getrennt voneinander. Jeder Organismus wohnt in seinem in seinem Tiefsee-Kiez.
Die Nähe spricht dafür, dass der chemische Wirkungsgrad der kalkigen Weißen Raucher weitaus geringer ist als der der schwefligen und schwermetallhaltigen Schwarzen Raucher.
Hier ist ein gutes Interview mit Dr. Deborah Kerrey über Black Smoker, „Lost City“ und submarinen Vulkanismus: „Discovering the Lost City“
Zum Weiterlesen ist auch dieser phantastisch bebilderte Artikel über die “Lost City” aus der Zeitschrift „Oceanography“ sehr empfehlenswert (Vol. 18, No. 3, Sept. 2005) und natürlich die Seiten der NOAA zu Lost City:
Das Konzept der habitablen Zone und Wasser im äußeren Sonnensystem
Nicht zuletzt wegen der spektakulären Entdeckungen Cassinis ist klar geworden, dass das Konzept der habitablen Zone revisionsbedürftig ist.
In der habitablen Zone, dem Green oder Goldilocks-Belt liegen in unserem Sonnensystem Mars, Erde und Venus. Dort kommen so viel Sonnenenergie und –licht an, um flüssiges Wasser auf der Oberfläche der Planeten zu ermöglichen. Denn, so die derzeitige Lehrmeinung, Lebensformen benötigen für ihre Entstehung flüssiges Wasser.
Seit einigen Jahren wird deutlich, dass es nicht nur habitable Oberflächensysteme gibt, sondern auch „deep habitats“, also habitable Bereich mit flüssigem Wasser unterhalb der Oberfläche.
Diese Diskussion kam erstmal aufgrund der Entdeckung des großen flüssigen Salzwasser-Ozeans des Jupitermondes Europa auf. Mittlerweile sind gleich fünf Eismonde weit außerhalb der habitablen Zone die heißesten Kandidaten für außerirdisches Leben: Die Jupitermonde Europa, Callisto und Ganymed sowie die Saturnmonde Enceladus und Titan. Alle diese Monde gehören zu Gasriesen, die durch ihre starken Gravitationskräfte ihre Monde regelrecht durchwalken, durch die innere Reibung entsteht so viel Hitze, dass unter den eisigen Oberflächen große flüssige Ozeane schwappen.
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