(Fortsetzung von “Vortrag von Dr. Matthias Maurer – unserem neuen Mann im All (Teil 1)”)
Die Einblicke in die analogen Trainingsszenarien der Astronauten aus erster Hand fand ich besonders spannend.
CAVES: Training für den „Mondspaziergang“
CAVES – Cooperative Adventure for Valuing and Exercising human behaviour and performance Skills ist ein ESA-Training zur Erprobung der effizienten Zusammenarbeit eines Teams in einer extremen und abgeschlossenen Umgebung. („The two-week course prepares astronauts to work safely and effectively in multicultural teams in an environment where safety is critical – in caves.”).
CAVES findet in dem unterirdischen Höhlensystem Sa Grutta auf Sardinien statt. Die Astronauten-Adepten müssen von einem Einstieg aus den gewundenen Gängen folgen, senkrechte Kamine emporsteigen, sich in scheinbar bodenlose Löcher abseilen, Flüsse und Seen durchwaten und durchschwimmen und dabei ein strammes Forschungsprogramm absolvieren. Es geht um Exploration, Forschung und Kartierung.
Die Exploration umfasst die Untersuchung von Gesteins-, Wasser- und Luftproben, außerdem geht es natürlich um die Suche nach Lebensspuren. Die in der Höhle durchaus vier bis acht Beine haben können, was auf Mond und Mars ja eher nicht zu erwarten ist. Interessant sind diese Höhlen auch wegen ihrer ganz spezifischen Mikroklimata und Mikrobiologie.
Die Forschung besteht in der Durchführung mitgebrachter Experimente. Währenddessen müssen die Höhlenforscher natürlich auch ihre Umgebung kartieren, genauso wie in einer unbekannten Höhle auf dem Mond oder dem Mars. Mittels Lasermessungen ist auch solch eine unbekannte dreidimensionale Umgebung sehr exakt zu erfassen.
So eine Expedition in einem unbekannten, unfreundlichen Environment mit strammem Programm funktioniert natürlich nur als Team. Die kalte klamme Umgebung ist alles andere als bequem, zu essen gibt es Astronautenverpflegung. Das Bergsteigen unter Tage, bei 99% Luftfeuchtigkeit und in Dunkelheit ist – nicht nur – körperlich extrem anstrengend, die Kletterei ähnelt Außenbordeinsätzen im Weltraum: „Auch dabei muss man immer an zwei Punkten gesichert sein.“ erklärt der Matthias Maurer. Man muss sich durch extrem enge Öffnungen hindurch winden und dabei den Körper perfekt positionieren „Da muss man sich vorher überlegen, welchen Arm oder welches Bein man zuerst hindurch steckt, denn es gibt meist kein Zurück.“ Jeden Abend wird im Briefing besprochen, was wie geklappt hat. Auch die Vorbereitung ist ähnlich wie für den Einsatz im Weltraum, etwa das Ausprobieren der Fertigmahlzeiten: „Zum guten Essen geht man weder in eine Höhle noch in den Weltraum.“
An anderen Orten finden ähnliche Höhlenexpeditionen statt, u. a. beim LAVA CAVES Projekt Pangaea auf Lanzarote.
Dort geht es konkret um die Erkundung von Lavatunneln. Diese Tunnel haben sich durch Lavaströme gebildet, zurückgeblieben sind nur die Hohlräume. Solche alten Lavagänge sind auch auf dem Mars nachgewiesen. Die Höhlensysteme auf Mars und Mond werden als mögliche Orte für Astronautencamps diskutiert – sie würden nämlich einen sehr guten natürlichen Schutz gegen Meteoriten und Strahlung bieten.
Insgesamt bieten diese Höhlenexpeditionen signifikante Explorationsszenarien für Astronauten.
(Übrigens: Schon das Apollo-Programm hatte die später auf dem Mond arbeitenden Astronauten in angewandter Geologie trainiert, u. a. im Riess-Krater).
NEEMO: Abtauchen im Korallengarten
NEEMO – NASA Extreme Environment Mission Operations findet in einem Unterwasserhabitat in 20 Metern Tiefe etwa 10 Kilometer vor der Küste Floridas statt.
Im NEEMO-Projekt trainieren die Astronauten – hier wohl eher Aquanauten – eine Analog-Mission zum Mars.
Dabei stehen Tauchtraining und Tauchrettungstraining, die Simulation von Mars-„Spaziergängen“, EVA-Training (Extra Vehicular Activity) sowie das Testen von EVA-Werkzeugen und der geologischen Beprobung auf dem Programm.
Der zunächst urlaubsmäßige Eindruck des türkisblauen Atlantiks täuscht: Auch dieses Habitat ist eine extreme Umgebung. Jeder Schritt nach draußen geht nur mit Sauerstoffgerät. Aufgrund der Sauerstoffsättigung des Blutes bei einem längeren Aufenthalt in 20 Metern Tiefe ist es ausgeschlossen, einfach mal aufzutauchen – die sechs Trainierenden bleiben hier für 16 Tage für sich.
Sie verlassen das submarine Habitat für Exkursionen auf dem Meeresgrund zur Erprobung von Werkzeugen und Routinen sowie zur Durchführung von Forschungsprojekten. Die Aquarius Reef Base liegt mitten im Florida Keys National Marine Sanctuary, ein absoluter Traum für jeden Biologen.
Darum hatten die Astronauten bei ihren Forschungsaufträgen auch Korallenforschung auf dem Arbeitsplan. Korallenexperten hatten sich ein Projekt ausgedacht, wie man die verkalkten Nesseltierkolonien züchten könnte, um die empfindlichen Organismen besser gegen den Klimawandel, die Versauerung der Ozeane und das bereits begonnene Korallensterben zu schützen.
Wie bei CAVES geht es auch hier darum zu testen, wie eine Gruppe unter extremen Bedingungen effektiv funktioniert. Ein wichtiger Aspekt war die Erprobung einer effektiveren Kommunikation, optischer Navigation, Identifikation und Markierung von Objekten.
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