Beide Wal-Forscherinnen sind erfahrene Seebärinnen und haben schon in mehr Ozeanen geforscht, als die meisten Menschen in ihrem ganzen Leben zu sehen bekommen.
Ihre Arbeit besteht also in der Erhebung und Interpretation von Wal-Daten, für die Interpretation erstellen sie Modelle mit verschiedenen ökologischen Parametern. Der Klimawandel und seine Auswirkungen auf die Eis-Bedeckung in der Antarktis ist dabei natürlich ein wesentlicher Faktor. Schließlich hängen viele Organismen direkt von der Eisbedeckung ab, wie etwa der antarktische Krill, die Grundlage des Nahrungsreichtums der Antarktis. Die Mini-Shrimps brüten und überwintern direkt unter dem Treibeis. Das bedeutet, dass ihre Konzentration dort auch besonders hoch ist. Ein Abschmelzen des Eises dürfte sich ganz erheblich auf die Bestandsgrößen dieser nur scheinbar unerschöpflichen Nahrungsquelle auswirken. Zwergwale sowie andere Bartenwale, viele Pinguine, manche Robben und viele andere Tiere fressen in der Antarktis nun einmal gern Krill – die riesigen Schwärme kleiner Fische, sonst auch eine willkommene Wal-Diät, fehlen hier nämlich.
Mit Ökosystem-Modellen können Wal-Forscher wie Maria und Marina diese komplizierten Nahrungsnetze mit ihren biotischen und abiotischen Parametern erfassen. Normalerweise arbeiten beide in den Gewässern direkt vor den Falklands. Schließlich ist, wie bei jeder Forschung an lebenden Walen, die teure Schiffszeit der limitierende Faktor.
Zwei Wal-Forscherinnen auf der HMS ENTERPRISE
Als die HMS ENTERPRISE auf ihrer weiteren Reise nach South Georgia natürlich einen Zwischenstop auf den Falklands einlegte, kam es zum Kontakt mit SAERI.
Die HMS ENTERPRISE (H 88) ist als Vermessungsschiff ohnehin auf Erkundungsfahrt und eng mit wissenschaftlicher Grundlagenforschung verknüpft. Außerdem hat die Royal Navy traditionell immer viele Daten gesammelt, nicht nur zur Ozeanographie und Meteorologie sondern auch über Wale und andere Meeresphänomene.
So kam es zu dieser Kooperation, in den Gewässern um South Georgia.
Beide waren sehr glücklich über diese Mitfahrgelegenheit und zögerten natürlich keine Minute mit ihrer Entscheidung. „Diese unerwartete Einladung war eine einzigartige Gelegenheit“, schwärmten die beiden im Interview: „They helped us so much! They understand, how important our work is.” Genau das war ja auch mein Eindruck in der Korrespondenz mit dem Kommandanten der HMS ENTERPRISE, Phil Harper.
Maria und Marina haben 10 Tage lang einen knallharten Survey ohne viele weitere Hilfsmittel durchgeführt. Bis zu 12 Stunden täglich hat jede von ihnen auf einer Seite des Schiffs ungeschützt an Deck gestanden und mit dem nackten Auge nach Walen geschaut. So hat man den besten Überblick und kann eine sehr große Ozeanfläche im Auge behalten. Bei Bedarf kommt das Fernglas zum Einsatz, vor allem, um die Art und Anzahl der Wale herauszufinden. Die Art, Anzahl und Interaktionen der Wale haben sie gewissenhaft notiert und per GPS noch die Position ermittelt. Außerdem hatten sie natürlich Kameras griffbereit, für die Photo-ID.
Aus dem abgelegenen Südpolarmeer gibt es nicht so viele Daten, durch den spärlichen Schiffsverkehr gibt es auch nur wenige Mitfahrgelegenheiten für Wal-Beobachter. Die Gelegenheit, auch von South Georgia Vergleichsdaten zu bekommen, war einfach großartig.
Marina und Maria waren begeistert von diesem Besuch in einer anderen Welt und schwärmten vom produktiven Südlichen Ozean. „Produktiver Ozean“ – jeder Biologe hat bei diesem Ausdruck sofort Bilder von wimmelndem Leben vor Augen. Auch wenn die Meereswesen vom Schiff aus selten sichtbar sind, die aus der Luft ins Wasser hinabtauchenden Seevögel und die Meeressäuger, die die Planktonsuppe durchpflügen oder in ihr Meeresmenü hinabtauchen sind sichere Anzeiger für das reiche Meeresleben.
Sie haben vor South Georgia Blau-, Finn-, Sei- und Buckelwale gesehen. Finn- und Seiwale schwammen in Gruppen oft nahe beieinander, manchmal sogar in gemischten Gruppen. Die beiden Arten sehen sich in Größe, Gestalt und Blow sehr ähnlich und sind schwierig auseinanderzuhalten. Bei Finnwalen ist der linke Oberkiefer dunkel, der rechte ist fast weiß. Außerdem haben sie hinter dem Kopf, im „Nacken“, mehrere V-förmige Grate. Seiwale haben zwei dunkle Oberkiefer und nur einen Grat auf dem Nacken. Allerdings ist ihr Verhalten im Tauchrhythmus und Interaktion leicht unterschiedlich. Aber es braucht schon eine absolute Expertin wie Maria, die beiden Arten beim Vorbeischwimmen und aus der Entfernung auseinanderzuhalten!
Die springenden Buckelwale mit ihren extralangen weißen Flippern erkennt man dagegen immer sofort, allein schon an ihrem auffälligen Verhalten mit den vielen spektakulären Sprüngen. Ein Blauwal macht wesentlich weniger Aufruhr, ist aber an der bläulichen Farbe und der schieren Größe identifizierbar.
Kommentare (17)