An diesem Wochenende beginnt für mich die Zeit der Science Fiction-Veranstaltungen. Science und Fiction, Star Trek und Steampunk, viele Vorträge, Wiedersehen mit Freunden und Bekannten und viele interessante Gespräche und Erlebnisse. Die Gesichter der Rosetta-Mission, Matt Taylor und Mark McCaughren. Die Star Trek-Inkarnation in Deutschland – Captain Zitt. Weitere Bekannte, die in Wissenschaft und Raumfahrt arbeiten und kundig sind. Und ganz viele liebe Gesichter. Zwei Vorträge werde ich halten, über den Star Trek-Zoo und Mars.
Darum geht es heute, am Cephalopod Friday, um die Rolle der Kopffüßer im SF-Universum. Mit einem Schritt zurück in die Zeit von Jules Verne.
Jules Verne hat wunderbare Geschichten geschrieben: abenteuerlich, ideenreich, wissenschaftsbegierig und spannend. Er blieb dabei fast immer auf dem Boden der damals bekannten Tatsachen, denn Tauchboote, Elektrizität und Tauchgeräte waren bereits erfunden und die Naturwissenschaften – darunter auch die moderne Ära der Meeresforschung – begannen gerade ihre große Erfolgsgeschichte.
Auf den Weltausstellungen informierte Verne sich über neue Technologien und stand im Austausch mit Wissenschaftlern und vielen anderen modern denkenden Menschen. So kannte er den Pariser Zoologie-Professor Henri Milne-Edwards, der die Figur des Prof. Aronnax maßgeblich beeinflusst hat. Die Romanfigur des Prof. Aronnax selbst gibt den Hinweis dazu: „mein berühmter Lehrer, M. Milne-Edwards“. Nach heutiger Einschätzung schrieb Verne Wissenschaftsthriller – unterhaltend und belehrend gleichzeitig.
Seine Bücher haben eine ganze Reihe von Merkmalen, die man heute dem SF-Subgenre Steampunk zuordnet:
Die starken und unabhängigen Charaktere mit ihrer Abenteuerlust zur Eroberung neuer Lebensräume passen perfekt in dieses retro-futuristische Genre. Forschergeist, technische Tüfteleien und ein gewisses Maß an „Gentleman“-Attitüden werden auch von den heutigen Steampunkern gern zelebriert. Ein bisher wenig beachteter Aspekt sind die Kopffüßer, die in „20.000 Meilen unter Meer“ erstmals in der Literatur als wichtige Protagonisten auftreten und heute Charaktertiere des Steampunk sind.
Heute werden Wissenschaftsthriller auch noch regelmäßig in die SF eingeordnet, selbst wenn sie auf dem Boden der Tatscahen und in naher Zeit bleiben.
Aber: Ist Jules Verne der „Vater des Steampunk“, wie so oft gesagt und geschrieben wird? Und: handelt es sich wirklich um SF?
Diese Frage ist nicht einfach zu beantworten, manches spricht dafür, anderes dagegen.
Sein submarines Meisterstück „20.000 Meilen unter dem Meer“ nimmt jedenfalls einen zentralen Platz in seinem Werk ein und kann bei der Beantwortung dieser Frage helfen. „20.000 Meilen unter dem Meer“ erschien 1869 im Verlag „J. Hetzel et Cie.“ in der extrem erfolgreiche Buchreihe „Les Voyages Extraordinaires“ („Die außergewöhnlichen Reisen“).
Tentakeln und Tintenstrahl
Kopffüßer (Cephalopoden) sind im Meer lebende Weichtiere mit einer unterschiedlichen Anzahl von Tentakeln. Wie ihr Name sagt, beginnen die „Arme“ direkt am Kopf. Ihre Tentakel dienen sowohl zum Greifen als auch zur Fortbewegung. Die Tiere sind weich und haben kein Innenskelett, manche allerdings – wie Ammoniten oder Nautilus – tragen eine Außenschale. Die modernen Kopffüßer – Kraken und Kalmare – haben Tintendrüsen, darum heißen sie auch Tinten“fische“.
Statt eines zahnbewehrten Kiefers sitzen in der Mundöffnung scharfkantige Schnäbel, mit denen sie Beutetieren und Feinden tiefe Wunden reißen können.
Kalmare sind schnelle Schwimmer mit zehn Armen und gewandte Jäger im freien Wasser. Zwei verlängerte Arme tragen saugnapfbesetzte Tentakelkeulen zum schnellen Ergreifen der Beute, die Saugnäpfe tragen oft Widerhaken mit denen sie das Opfer unentrinnbar festhalten. Der größte Kalmar ist der Riesenkalmar Architeuthis, der oft verdächtigt wurde, Schiffe anzugreifen.
Kraken oder Oktopusse haben acht Arme und leben am Meeresboden. Sie bewegen sich meistens gemächlich und lassen sich gut in Aquarien halten. Aber auch aus ihren saugnapfbesetzten Greifarmen gibt es für die Beute kein Entkommen. Mit acht Armen und überraschender Muskelkraft können sie beherzt zupacken und lassen nur ungern wieder los.
Nautilus – Tentakeltier und Tauchboot
Vernes Tauchboot, die „Nautilus“ des geheimnisvollen Kapitän Nemo, ist eines der berühmtesten Vehikel im Fuhrpark des Steampunks.
Das Tauchboot läuft mit Elektrizität und nicht mit Dampf, damit passt es nicht in den Steampunk im engeren Sinne mit seinem Dampf-Mobilitätskult. Die elektrifizierte „Nautilus“ ist im Buch der Dampffregatte „Abraham Lincoln“ haushoch überlegen. Nach dem Angriff des Tauchboots bleiben von dem stolzen Dampfer nur noch ein paar Trümmer in den Weiten des Atlantiks übrig. Damit trägt die Elektrizität, die Verne gleichzeitig als Gott und Dämon beschrieb, den Sieg über den Dampf davon.
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