Der technische Fortschritt könnte ja auch dazu führen, dass man für Büroarbeiten nicht mehr fest vor dem Computer und dem Bildschirm sitzen muss, sondern solche Arbeiten mit mobiler Hardware erledigt oder sie einfach in den Raum spricht. Arbeitsforscher gehen oft davon aus, dass gerade Routinearbeiten eher abgebaut werden. Voraussagen über die Zukunft der Arbeit sind so divers, dass sie von Nahezu-Vollbeschäftigung bei Selbstverwirklichung auf der einen bis zur Massenarbeitslosigkeit reichen.
Keine Prognose spricht jedoch davon, dass Menschen der Zukunft noch länger und ausgedehnter Zeit am Schreibtisch verbringen werden. Falls sie das tun sollten, dürften die Folgen von Bewegungsmangel hinreichend bekannt sein, genauso wie die entsprechenden Gegenmaßnahmen.
4 Last nimmt für die Zukunft eine geringere sexuelle Aktivität an und leitet davon ein Schrumpfen des männlichen Geschlechtsorgans ab – der Mann der Zukunft soll einen kleineren Penis haben.
Last verwechselt Sexualität mit Fortpflanzung. Nur weil Menschen die Fortpflanzung in immer spätere Lebensabschnitte verlegen und bei hohem Bildungstand insgesamt weniger Nachwuchs bekommen, bedeutet das keinesfalls automatisch eine Abnahme der sexuellen Aktivität.
Sexuelle Interaktionen müssen mit zunehmender Digitalisierung immer weniger zwangsläufig durch persönliche Kontakte stattfinden. Verbesserte Roboter und zunehmende Virtuelle Realität könnten auch in der Sex-Industrie noch ein Quantensprung verursachen. Für die grundsätzliche Abnahme der sexuellen Aktivität durch die digitalen Medien in der Zukunft sehe ich keinen Beleg.
Allerdings gibt es ernstzunehmende Hinweise darauf, dass chemische Umweltbelastung Enfluß auf den Hormonhaushalt nimmt: Einige Chemikalien wirken hormonähnlich, sie wirken fruchtbarkeitsmindernd und führen zu einem Absinken der männlichen Geschlechtshormone.
Das führt tatsächlich zu einer geringeren Größe von Keimdrüsen und Penis. Vor allem die Wasserverschmutzung ist ein besonders großes Problem, wie Wissenschaftlern bisher an Ottern und Eisbären nachweisen konnten.
5 Menschen der Zukunft sollen in mehreren Zeitzonen – Last nennt die USA, China und Indien – gleichzeitig online arbeiten und dadurch rote Augen entwickeln.
Bei der derzeitigen technischen Entwicklung erwarte ich eine erhebliche Verbesserung der Ergonomie bei Bildschirmarbeiten – falls wir 2040 überhaupt noch Bildschirme benutzen. Sicherlich würden findige Augenärzte dann potente Augentropfen entwickeln, die die Rötung der Augen verhindern oder vermindern.
Vielleicht gibt es dann auch längst Kortikalimplantate, die die Augen überflüssig machen und Bilder gleich ins Gehirn projizieren?
6 Die Menschen der Zukunft benötigen Mehrsprachigkeit – die globalen Märkte erfordern Mandarin, Hindi und Portugiesisch-Kenntnisse, meint Last. Zunächst kann ich mir schwerlich vorstellen, dass die globalen Märkte zwischen 2040 und 2050 ohne Englisch funktionieren. Gerade mal zwei Jahrzehnte in der Zukunft kann ich mir schwerlich vorstellen, dass sich das Sprachgefüge so schnell und so vollständig ändern wird, dafür müsste innerhalb weniger Jahre sehr viele Menschen neue Sprache lernen.
Dann stellt sich die Frage, ob es bei so viel hilfreicher Soft- und Hardware nicht nahezu egal wird, welche Sprache man nutzt? Simultanübersetzer zwischen den wichtigsten großen Sprachen sollten dann eine flächendeckende Selbstverständlichkeit sein. Bereits heute helfen Übersetzungsprogramme zuverlässig bei der Übersetzung von Texten.
7 Smarte Finger mit Chips, die bei der vernetzten Arbeit helfen – das erscheint mir nicht ganz aus der Luft gegriffen. Allerdings hätte ich, wie bei den Ohrimplantaten, lieber abstreifbare, austauschbare, reparierbare Hardware. Also eher ein ergonomisch perfekt passendes Konstrukt, bequem wie ein reduzierter Handschuh.
Vielleicht ein Handimplantat – wie die Borg-Drohne Seven of Nine (Star Trek: Voyager) nach ihrer Loslösung vom Kollektiv?
Wie überzeugend ist Lasts Szenario?
Zwischen dem Interview und der angeblich zu Grunde liegenden Publikation klafft für mich eine ähnliche Kluft wie zwischen Menschenaffen und Menschen, um im Vokabular zu bleiben. Die Publikation ist wesentlich weniger direkt, wesentlich soziologischer und wesentlich utopischer.
In der Publikation geht Last tatsächlich von einer gemeinsamen Entwicklung der Menschheit aus, weil alle Menschen durch das Internet besser vernetzt sein werden.
So kann es zu einem gemeinsamen Lernen unter den Idealen der Aufklärung kommen und alle Menschen evoluieren und werden glücklicher.
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