Pottwalstrandung am Ostseestrand? Ein 17 Meter-Tier? Ende Mai?????
Im Winter stranden immer mal wieder Pottwale an den Nordseeküsten, in der Ostsee sind sie allerdings extrem selten.
Liegt Zingst nicht in der Nähe der Darßer Schwelle, einer Untiefe, die zwei der sieben Ostseebecken unterteilt und an der schon viele größere und exotische Meereswesen gestrandet sind?
Darunter einige Highlights des Meeresmuseums Stralsund.
Extrem ungewöhnlich, schließlich sind die großen Pottwalbullen Tieftaucher, die in der flachen Ostsee kaum über Kattegatt und Skagerrak hinauskommen dürften. Und dann soll sich so ein Trumm bis an den Zingster Strand verirrt haben? Und unterwegs hat ihn niemand gesehen?
Am Freitag tauchten dann am Wal auch noch Menschen in weißen Schutzanzügen auf – Wissenschaftler, die den Tod des Tieres untersuchten?

Der Wal war buchstäblich über Nacht – von Donnerstag auf Freitag – dort erschienen, an der Seebrücke am Zingster Strand.
Kein Wunder: Das belgische Künstlerkollektiv „Captain Boomer“ hatte den Zahnwal dort abgelegt.
Es ist kein echter Pottwal, sondern eine Nachbildung aus recyceltem Kunststoff. Geruchsneutral und ohne Explosionsgefahr.
Die Kur- und Tourismus GmbH Zingst (Vorpommern-Rügen) teilte am Freitagmorgen mit, dass es sich um ein Kunstobjekt handelt das im Kontext mit dem Umweltfotofestivals „horizonte“ steht. Die Aktion “Plastik-Pottwal” soll auf den Klimawandel und das wachsenden Kunststoffmüll-Problem der Meere aufmerksam machen (Ostseezeitung: “Pottwal ist Kunstobjekt).

Der Wal soll noch bis zum 3. Juni am Strand liegen.
Die Aufmerksamkeit ist sicherlich gelungen. Ob es irgend jemanden zum Um- oder Nachdenke bringen wird? Da gebe ich mich mittlerweile keinen Illusionen mehr hin.

Dafür könnte sich die Kurverwaltung mit der Aktion Ärger mit den Ordnungshütern eingehandelt haben: “Am Freitagmorgen hatte die Kurverwaltung per Pressemitteilung samt Foto behauptet, an der Zingster Seebrücke sei ein echter Pottwal gestrandet.” […] “Die Polizei findet die Aktion jedoch alles andere als lustig. Eine Sprecherin erklärte, dass die Einsatzkräfte am Morgen durch ein Mitglied des Organisationsteams alarmiert worden seien und zunächst von einem echten Wal ausgegangen seien. Erst an Ort und Stelle habe sich herausgestellt, dass es keinen Notfall gab. Polizei prüfe deshalb nun, ob Ermittlungen gegen die Organisatoren eingeleitet werden, sagte die Sprecherin.
„Wir möchten mit der Skulptur Touristen und Einwohner gleichermaßen überraschen und erstaunen“, sagte eine Sprecherin der Kurverwaltung, die sich nach der Aktion zerknirscht gab und sich entschuldigte. Sie sprach von einem „unprofessionellem Verhalten“.” (Landeszeitung: “Pottwal-Attrappe sorgt für Ärger am Ostsee-Strand”).

Ein herzliches Dankeschön an Herrn Brouwer, den ARTMAPP-Editor für den Tipp!

 

 

 

 

Kommentare (5)

  1. #1 Wup
    26. Mai 2018

    > Die Aktion “Plastik-Pottwal” soll auf den Klimawandel und das wachsenden Kunststoffmüll-Problem der Meere aufmerksam machen

    Klimawandel, Kunstoffmüll … sind das die Gründe, wieso die Wale falsch navigieren?

  2. #2 Bettina Wurche
    26. Mai 2018

    @Wup: Unterschiedliche Walarten in unterschiedlichen Regionen stranden aus verschiedenen Gründen. Massenstrandungen gibt es schon seit langer Zeit an den gleichen Stränden. Pottwalmassenstrandungen in der Nordsee oder Massenstrandungen von Grindwalen, Pseudorca, … an neuseeländischen Stränden sind seit Jahrhunderten dokumentiert, viel länger, als es die Plastik- und Klimawandel-Probleme gibt. Bei Pottwalen sind besondere ozeanographische Umstände die wahrscheinlichste Erklärung. Ob und wie sich ozeanische Ströme durch den Klimawandel verändern, dazu gibt es bis jetzt keine Fakten. Ozeane sind veränderliche Ökosysteme, die sich immer wieder durch Wettersituationen kurzfristig oder für Jahre verändern können, dann können sie auch ozeanographische Verhältnisse verändern oder beeinflussen.
    https://scienceblogs.de/meertext/2016/02/06/2016-pottwal-massenstrandungen-in-der-nordsee/2/
    Bei den Grindwalen ist die Strandungsursache noch nicht so richtig geklärt. Auffallend ist aber, dass solche Strandungen immer an flach ansteigenden Sandstränden stattfinden. Die Strandstruktur scheint also eher für die tödliche Verirrung verantwortlich zu sein.
    https://scienceblogs.de/meertext/2017/02/11/neuseeland-ueber-400-grindwale-gestrandet-250-bereits-gestorben/
    Bei einem Seiwalmassensterben vor der chilenischen Küste ist wohl eine Giftalgenblüte (Red Tide/ Rote Flut) die Ursache gewesen.
    https://scienceblogs.de/meertext/2016/01/15/337-tote-seiwale-vor-chile-sind-giftalgen-und-el-nino-schuld/
    Mittlerweile gibt es Hinweise darauf, dass solche Gilftalgenblüten dort schon seit Millionen Jahren vorkommen
    https://scienceblogs.de/meertext/2014/03/25/cerro-ballena-todesursache-die-rote-flut/
    Auch ein Massensterben von Buckelwalen und andere Walarten vor Alaska wird von den Walexperten auf eine Giftalgenblüte zurückgeführt.
    https://scienceblogs.de/meertext/2015/09/09/mysterioeses-wal-sterben-vor-alaska-durch-giftalgenbluete/

    Solche Giftalgenblüten kommen vor, wenn das Wasser besonders warm wird – im Pazifik war das durch einen langfristigen El Nino-Event der Fall.
    Dazu hatte ich geschrieben: “Giftalgen und Klimawandel: NOAA hatte vor der pazifischen Küste zwischen Kalifornien und Alaska ein um 4 – 6 °C höhere Wassertemperatur als in den vorangegangenen Jahren gemessen. Das warme Wasser hat zu einem erhöhten Algenwachstum geführt. Einige Algen produzieren Giftstoffe. Die bekannteste Giftalge ist Pfiesteria, ein rötlicher Dinoflagellat. Das massenhafte Auftreten von Pfiesteria verursacht die berüchtigte „Rote Flut“ („red tide“). Der Warmwassereinbuch vor der Pazifikküste ist (noch) nicht automatisch ein Produkt des Klimawandels, solche Warm- oder Kaltwassereinbrüche kamen und kommen in marinen Ökosystemen auch ohne menschlichen Einfluss immer wieder vor.
    Paläontologen erklären sogar fossile Walfriedhöfe mit solchen Giftalgenblüten: Der US-amerikanische Paläontologe Pyenson hatte 2011 einen 6 – 9 Millionen Jahre alten Walfriedhof in der Atacama-Wüste untersucht und vier übereinander abgelagerte und fossilisierte Massenstrandungen von großen Bartenwalen gefunden (meertext: “Cerro Ballena: Todesursache – die Rote Flut”).
    Es ist allerdinsg zu erwarten, dass der Klimawandel langfristig zu höheren Wassertemperaturen führen wird und langfristig das Algenwachstum im Ozean begünstigt. Solche Red Tide-Events mit ihren Auswirkungen bis in die menschliche Nahrunsgkette werden dann wahrscheinlich häufiger auftreten.”
    Der KLimawandel mit einer langfristigen Erwärmung der Meere kann also sehr wohl zu mehr Walsterben führen.

    Strandungen einzelner Wale kommen vor, wenn die Tiere todkrank auf Strände zuschwimmen oder tot angespült werden. Einzelne Wale können durch “Entanglement”, also das Verheddern in Fischereigerät, sterben. Andere Wale können so viel Kunststoffmüll gefressen haben, dass sie mit Plastik gefüllten Mägen verhungern. Sie sind dann zu geschwächt, um sich von der Küste fernzuhalten.
    https://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/muell-im-meer-wal-hatte-30-plastiktueten-im-magen-a-1132942.html
    Auch zwei der an der Nordseeküste verendeten Pottwale hatten so viel Plastik gefressen, dass sie nach Einschätzung der Tierärzte über kurz oder lang erhebliche gesundheitliche Probleme bekommen hätten.
    https://www.nationalpark-wattenmeer.de/sh/misc/untersuchung-der-gestrandeten-pottwale-grosse-mengen-plastikmull-den-magen-gefunden

    Hier ist ein längerer Beitrag, den ich letztes Jahr für Greenpeace zu genau diesem Thema geschrieben hatte:

    Zusammenfassend kann man sagen: Es hat schon immer verschiedene Gründe gegeben, dass Wale falsch navigieren und dann stranden und sterben: Durch die Folgen des Klimawandels udn der Vermüllung der Meere gibt es heute leider mehr Gründe für Wale, zu stranden.

  3. #3 tomtoo
    27. Mai 2018

    Schade. Gut gemeint, aber imo schief gelaufen,

  4. #4 RPGNo1
    10. Juni 2018

    Jetzt hat es eine echte Strandung in MV gegeben. Ein toter Buckelwal wurde vor Graal-Müritz geborgen.
    https://www.spiegel.de/wissenschaft/natur/mecklenburg-vorpommern-feuerwehr-zieht-toten-buckelwal-aus-der-ostsee-a-1212137.html

  5. #5 Bettina Wurche
    10. Juni 2018

    @RPGNo1: Ich habe es heute auch gesehen. Einfach unglaublich, doss so ein großes Tier ungesehen so weit kommt. Armer Wal. Und die armen Leute, die die Nekropsie machen müssen – bei der Hitze wird das ganz übel.