Am Sonntag, dem 8. Juli 2018, wird in der Walfangstation in Hvalfjörður ein Wal angelandet. Nr. 22 dieser Fangsaison. Als der tote Meeresriese aus dem Wasser gezogen, fällt auf, dass er irgendwie anders aussieht.
Bei Finnwalen (Balaenoptera physalus) sind die rechte Kieferhälfte und die vorderen Barten der rechten Seite weiß. Der Kopf ist, von oben betrachtet, sehr spitz zulaufend, V-förmig. Die Haut ist dunkelgrau. Sie werden normalerweise 18 bis 21 Meter groß, selten, 27 Meter.
Blauwale (Balaenoptera musculus) haben keine weiße Kieferhälfte. Der Kopf ist, von oben betrachtet, U-förmig. Alle Barten sind schwärzlich, die Haut ist grau-bläulich marmoriert. Die Finne sitzt extrem weit hinten. Ihre Länge liegt meistens zwischen 21 und 25 Metern, die Rekordlänge liegt bei 30 Metern.
Ist der Wal Nr. 22 nun ein Blauwal? Oder ein Hybrid?
Im Moment wissen wir nur von den Photos, dass dieser Wal nicht die typische Weißfärbung des rechten Unterkiefers hat. Natürlich wird das Anlanden der Wale in Hvalfjörður von Tier- und Artenschützern beobachtet und photographiert – dieses Bild stammt von “Hard to Port” (Thank you so much for the permit, to use this image, Hard to Port!)
Es scheint also kein Finnwal zu sein.
Finnwale sind streng geschützt, ihr Bestand im zentralen Nordatlantik wird auf 25.800 geschätzt.
Blauwale sind auch streng geschützt, ihr Bestand wird für den Nord-Atlantik auf nur noch 1000 bis 2000 Tiere geschätzt.
Aufgrund ihres geringen Bestandes paaren sich Blauwale offenbar ab und zu mit Finnwalen, der gemeinsame Nachwuchs ist dann ein Blauwal-Finnwal-Hybrid. Sie sind sehr selten. Das könnte allerdings auch mit daran liegen, dass sie auf See nur von Experten zu identifizieren sind.
„Blauwal-Finnwal-Hybriden sind sehr selten. Die isländischen Behörden bestätigen, dass seit 1986 fünf Hybriden von Forschern in den Gewässern um Island identifiziert wurden. Vier davon wurden von isländischen Walfängern getötet. Das fünfte Tier ist ein bei Walbeobachtern im isländischen Husavik bekannter und beliebter Wal. Dieser wurde mit nicht-tödlichen Methoden als Hybrid identifiziert.“
Der Wal-Experte Phil Clapham (NOAA Alaska Fisheries Science Centre) ist sicher: Das ist kein Finnwal. Er könne zwar nicht ausschließen, dass es ein Hybrid sei, sieht dafür auf den Bildern aber keine Bestätigung. Dafür hat der getötete Wal alle Charakteristika eines Blauwals, wie die Hautfarbe. “While I can’t entirely rule out the possibility that this is a hybrid, I don’t see any characteristics that would suggest that,” […] “From the photos, it has all the characteristics of a blue whale; given that – notably the coloration pattern – there is almost no possibility that an experienced observer would have misidentified it as anything else at sea.” sagte er gegenüber der Presse.
Außerdem meinte er, dass einem erfahrenen Beobachter solch eine Verwechslung nicht passieren dürfe.
Was sagen isländische Experten?
„Dr. Marianne Rasmussen, Leiterin des Projekts Blue Whale an der Universität von Húsavík, und Expertin für Blauwale vor Island, kommentierte: “Aufgrund des Aussehens und der Färbung des Unterkiefers und der Bartenplatten kann es kein Finnwal sein. Die fleckig-graue Färbung des Körpers deutet auf einen Blauwal hin, so dass der fragliche Wal entweder ein Blauwal oder ein Blau-/Finnwal-Hybrid ist. Für eine definitive Aussage sind genetische Tests notwendig.”“
Nach zweijähriger Pause hatte die Firma Hvalur hf – Besitzer ist der isländische Multimillionär Kristján Loftsson – im Juni 2018 – natürlich gegen internationale Proteste – den Fang auf Finnwale wieder aufgenommen.
Mit einer selbst gesetzten Quote von 161 Tieren.
Der Hvalur hf-Eigner Kristján Loftsson sagte gegenüber CNN, dass das Tier keinesfalls ein Blauwal sei, sondern ein Finnwal oder bestenfalls ein Blauwal-Finnwal-Hybrid: “We have never caught a blue whale in our waters since they were protected,” he said. “We see them in the ocean. When you approach a blue whale, it’s so distinct that you leave it alone.”
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