Ethisch ist der Abschuß des Hybriden fast genauso schlimm, wie ein Abschuß eines Blauwals. Auf der Basis der sehr spärlichen bisherigen Ergebnisse hätte dieser Wal möglicherweile auch seine Teile des Blauwal-Genoms weitertragen können. Blauwale sind als Art zumindest auf der Nordhalbkugel aufgrund der sehr geringen verbliebenen Individuenzahl hochgradig vom Aussterben gefährdet, da würde jeder einzelne Blauwal und sicherlich auch ein Mischling ins Gewicht fallen.
Sozioökonomische Konsequenzen kann der tote Blauwal-Finnwal-Hybride auch haben. Zunächst dürfte es sich um einen Wal handeln, der bei Whale Watching-Touren besonders beliebt war. Dieser Wal ist jetzt erlegt, gleichzeitig ist er zu einer Art Wal-Märtyrer geworden – denn es geht hier um ein einzigartiges Individuum. Ich erwarte, dass der tote Meeressäuger nun von extremen Walschützern glorifiziert wird, als Galionsfigur gegen den isländischen Walfang. Dies könnte u. a. zu Einbrüchen im Touristengeschäft und der Whale Watching-Industrie führen oder zum Boykott isländischer Produkte. Sicher wird es für Isländer im europäischen Ausland unangenehme Folgen haben, wie etwa die ständige Rechtfertigung für das Verhalten einzelner Isländer.
Und dann gibt es da noch einen Beschwerdebrief von 17 WissenschaftlerInnen, alle von ihnen ausgewiesene Wal-Experten. Sie hatten eine sofortige genetische Untersuchung verlangt. Ihre Befürchtung, es könne sich um einen Blauwal handeln, ist mittlerweile ausgeräumt. Aber sie wiesen auch auf die Convention on International Trade in Endangered Species of Wild Fauna and Flora (CITES) hin, die beim Umgang mit Hybriden Vorsicht vorschreibt, wenn eines der Elterntiere zu einer geschützten Art gehört. Darum darf Hvalur hf das Walfleisch auch nicht vermarkten.
Außerdem empören sie sich darüber, dass der Blauwal-Hybride geschossen worden ist. Ein solch seltenes Tier habe einen hohen wissenschaftlichen Wert, etwa für ein besseres Verständnis der evolutiven und ökologischen Prozesse – “Blue whale x fin whale hybrids are extremely important for scientific efforts to better understand different evolutionary and even ecological processes. It is regrettable that over the last decades, at least four such hybrids have reportedly been killed in Icelandic whaling operations.”
Zu den Unterzeichnern gehören auch PhD Marianne Rasmussen, Director of the The University of Iceland‘s Research Center in Húsavík; Tomonari Akamatsu, PhD, Japan Fisheries Research and Education Agency; Simon Berrow, Chief Science officer, the Irish Whale and Dolphin Group; Peter Evans, Director, Ses Watch Foundation & School of Ocean Science, University of Bangor; Erich Hoyt Co-chair, IUCN SSC WCPA Marine Mammal Protected Areas Task Force; Carl C Kinze, Cetacean Atlas of Denmark; Prof. Prof. h. c. Dr Prof. Ursula Siebert, Institute for Terrestrial and Aquatic Wildlife Research (ITAW), University of Veterinary Medicine Hannover, Foundation. Diese Wissenschafterinnen arbeiten seit Jahrzehnten in der Wal-Forschung in verschiedenen Instituten, Institutionen und Gremien. Sie sprechen für den sehr großen Teil der wissenschaftlichen Community, die letale Methoden, also Forschungswalfang, in der Walforschung heutzutage vollständig ablehnt.
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