Zur Ausstellung “Der König der Tiere” veröffentlichte der FR-Redakteur Herr Göpfert gerade eine recht harsche Kritik: “Kritik an Ausstellung über Kolonial-Maler”
Ich fand die Kritik nicht sehr fundiert, sie erschien mir teils ungerechtfertigt, teils aufgesetzt.
Darum habe ich mich durchgerungen, einen Leserbrief zu schicken:
“Sehr geehrte Damen und Herren,
sehr geehrter Herr Göpfert
„Die Ausstellung „König der Tiere“ in der Frankfurter Schirn stößt auf Kritik, schrieb Claus-Jürgen Göpfert am 21.11. in der FR unter der Überschrift „Kritik an Ausstellung über Kolonial-Maler“. Die Ethnologin Eva Raabe lobe zwar die Texte, doch diese blieben in ihrer Wirkung hinter den Bildern des Kolonial-Malers Wilhelm Kuhnert zurück.“ Nach Protest habe die Kunsthalle Schirn die Texte in der Ausstellung „König der Tiere“ geändert.
Ich hatte mir die Ausstellung am Donnerstag, dem 15.11. selbst angesehen – also vor der Änderung bzw. Ergänzung der Texte.
Natürlich hat der Tiermaler bei seinen Reisen die koloniale Infrastruktur genutzt – als ortsunkundiger Europäer hätte er sich kaum außerhalb der Städte so frei bewegen können, um Löwen, Elefanten, Straßen und Büffel sowie die afrikanische Savanne zu studieren. In der Ausstellung wird sowohl die Kolonialherrschaft und die verübten Gewalttaten als auch die Großwildjagd an sich an verschiedenen Stellen thematisiert.
Dass Kuhnert zunächst die kolonialistischen Strukturen hinnahm und nutzte, später aber offenbar anders darüber dachte, ist bereits in der einleitenden Biographie auf einem großen Wandtext zu lesen: Der Maler hat nämlich vor Gericht gegen den besonders brutalen Reichskommissars Carl (Karl) Peters ausgesagt. Peters war von 1893 bis 1895 Reichskommissar und bereits damals durch sein gewalttätiges Vorgehen gegenüber Afrikanern berüchtigt. So hatte Peters einen seiner Diener hinrichten lassen, weil der mit Peters afrikanischer Konkubine Jagodia ein Verhältnis eingegangen war. Kuhnert dokumentierte den gehängten Mann in einer Skizze – diese Skizze mit entsprechendem Text ist in der Ausstellung zu sehen.
Peters wurde wegen seiner brutalen Vorgehensweise schon 1895 wieder von seinem Posten abberufen, nach Deutschland zurückbeordert und 1897 in Unehren aus dem Staatsdienst entlassen.
Göpfert zitiert die Ethnologin und kommissarische Direktorin des Museums der Weltkulturen (Frankfurt) Eva Raabe: „Inhaltlich fehlt mir nichts“ – nur: die Texte blieben „in ihrer Wirkung hinter der Präsentation der Bilder zurück“.
Ja, natürlich – die SCHIRN KUNSTHALLE FRANKFURT ist ein Kunstmuseum, da sollten doch die Gemälde bzw. andere Kunstobjekte im Vordergrund sehen.
Weiter zitiert Göpfert Raabe: Durch die riesigen, dominant wirkenden Bilder entstehe ein Ungleichgewicht. „„Die Person und das Verhalten Kuhnerts“ während der Kolonialzeit müssten „visuell anders aufgearbeitet werden“. So aber stelle sich die Frage, ob die Ausstellung ein klischeehaftes Afrikabild aufnehme oder es kritisiere.“
Ja, Kuhnert hat ein Bild von Afrika geschaffen, dass aus monumentalen Landschaften und genauso monumentalen wilden Tieren besteht – Kuhnerts Bild(er) von Afrika prägen das Bild von Afrika vieler Deutsche bis heute. Kuhnert hat neben seinen Monumentalgemälden auch noch Bücher mit seinen Zeichnungen und seinen afrikanischen Abenteuern herausgegeben und seine Vorstellungen von Afrika nicht zuletzt über Sammelbildchen auf Schokoladenpackungen breitflächig unter die Leute gebracht. Auch zwischen den Buchdeckeln von Brehms Tierleben lauerte lange Kuhnerts Afrikabild.
Kuhnert war ein hervorragender Maler und Zeichner und hat sich und sein Bild von Afrika genial vermarktet – das ist in den Ausstellungstexten auch genauso zu lesen, mit kritischen Anmerkungen über die Klischeehaftigkeit.
Raabe „nannte es „wichtig, dass die Debatte um den Kolonialismus geführt wird.“ Dazu trage „König der Tiere“ in jedem Fall bei: „Ich habe in der Ausstellung viel gelernt, mich hat sie nachdenklich gestimmt.““
Da stimme ich ihr voll und ganz zu. Dass EthnologInnen und KunsthistorikerInnen in Bezug auf diese Ausstellung unterschiedlich Gewichtung haben, verwundert mich nicht. Das erwarte ich sogar. Schließlich haben beide unterschiedliche Perspektiven und Rollen in der kulturellen Diskussion und Deutung.
Zum Schluss des Artikel fährt Göpfert dann noch einmal schwerere Kritik auf:
„Kritischer äußerte sich der Fraktionsvorsitzende der Linken in der Frankfurter Stadtverordnetenversammlung, Martin Kliehm. „Diese Ausstellung kommt jetzt 100 Jahre zu spät“, sagte er im Gespräch mit der FR . Sie passe heute nur noch „in einen exklusiven Jagdclub im Westend“, erklärte der Computerspezialist.“
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